Antrittsansprache des Präsidenten

Präsident Günter Kovacs: Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Frau Vize­präsidentin! Herr Vizepräsident! Geschätzte Bundesrätinnen und Bun­desräte! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lange vor dem Antritt meiner Präsidentschaft war mir klar: Das wird eine ganz besondere Vorsitzperiode – mit der Eröffnung des Parlamentsgebäudes, des neuen Bundesratssitzungssaals, mit den vielen Aktivitäten rund um diese Eröffnung und mit der Angelobung des Herrn Bundespräsidenten vor drei Wochen.

Ungewöhnlich ist es auch, dass ich den Vorsitzenden der Landeshaupt­leutekonferenz, Herrn Landeshauptmann Mag. Hans Peter Doskozil, inner­halb weniger Wochen bereits zum zweiten Mal hier in der Länderkam­mer begrüßen darf, was mich besonders freut.

Herr Landeshauptmann, noch einmal: Herzlich willkommen! Danke, dass du heute hier bist und deine Erklärung als Vorsitzender der Landes­hauptleutekonferenz abgeben wirst. Ich hoffe doch sehr, dass es in nächster Zeit noch weitere Gelegenheiten geben wird, dich hier im Parlament begrü­ßen zu dürfen.

Auch die kommenden Wochen und Monate werden eine sehr intensive Zeit, und das ist auch gut so, denn das zeigt, dass der Bundesrat ein aktiver Bundesrat ist, das zeigt, dass der Bundesrat – mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen – einen sehr hohen Stellenwert hat. Liebe Bundesrätinnen und Bundesräte, herzlichen Dank!

Mein besonderer Dank gilt auch meiner Vorgängerin Korinna Schumann, die im vergangenen Halbjahr für Wien die Bundesratspräsidentschaft ausge­übt hat. – Liebe Korinna, ich danke dir für die wertschätzende und gute Zusammenarbeit bei der Übergabe der Präsidentschaft und auch darüber hinaus. Danke für eine Präsidentschaft, die von großem Engagement und Einsatz geprägt war. Herzlichen Dank! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. Bundesrätin Schumann neigt den Kopf.)

Das Ziel von Korinna Schumann war es, den Bundesrat zu stärken. Dem möchte ich voll und ganz beipflichten, denn der Stellenwert des Bundesrates, die Aktivitäten des Bundesrates, sein Wirken geben auch eindrucksvoll Antwort auf Fragen, die immer wieder zu den Aufgaben und Kompetenzen der Länderkammer gestellt werden.

Manche Zentralisten gehen auch so weit, den Bundesrat insgesamt infrage zu stellen. Manche reden von einer Zusammenlegung von Ländern und überhaupt vom Ende des Föderalismus in Österreich. Dieser Meinung kann man ja durchaus sein, es wird Sie aber nicht überraschen, dass ich als Präsident und Mitglied des Bundesrates anderer Meinung bin. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um diese Meinung auch zu begründen.

Meine Damen und Herren, ich war Vizebürgermeister von Eisenstadt, ich war lange im Gemeinderat, bin jetzt momentan im Gemeinderat in Eisenstadt, ich war Abgeordneter zum Burgenländischen Landtag, und diese Funktionen auf kommunaler und auch auf Länderebene bringen es mit sich, dass es sehr viele persönliche Begegnungen und Gespräche mit den Menschen vor Ort gibt. Man wird immer wieder unmittelbar und persönlich angesprochen und mit den Sorgen und Anliegen der Menschen konfrontiert, gerade jetzt in diesen schwierigen Zeiten.

Dann schaut man natürlich, dass man den Menschen hilft, dass man an Lösungen arbeitet, dass Gesetze beschlossen oder geändert werden. Es ist doch das Wesen der Politik und auch unser Auftrag als gewählte Mandatarinnen und Mandatare, dass wir die Lebenssituation von Menschen verbessern. Das funktioniert meiner Meinung nach besser, wenn man die Lebenssituatio­nen kennt, wenn man nahe bei den Menschen ist und weiß, wo wirklich der Schuh drückt.

Beim Thema Föderalismus geht es natürlich auch um die wirtschaftliche Ent­wicklung in den Regionen, um Arbeitsplätze, um Infrastruktur und um Energie, um Bildung, um Kinderbetreuung, um die medizinische Versorgung, um die Pflege unserer älteren Menschen und um vieles, vieles mehr.

Der Herr Landeshauptmann hat hier am 12. Jänner von „maßgeschneider­ten Lösungen“ gesprochen, die der Föderalismus möglich macht. Bei allen Gemeinsamkeiten der Länder gilt: Es gibt in vielen Bereichen andere Strukturen, aber auch andere Voraussetzungen. Jedes einzelne Bun­desland hat seine besonderen Stärken, aber auch seine beson­deren Herausforderungen. Daher brauchen wir auch den Föderalismus, daher brauchen wir Subsidiarität, daher brauchen wir auch starke Länder und einen starken Bundesrat als Stimme für die Länder und für die Menschen in allen Regionen Österreichs. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Der Föderalismus ist quasi ein Garant dafür, dass keine Region zurückgelassen wird. Meine Damen und Herren, wir dürfen auch keine Region zurücklas­sen, wir dürfen auch keine Menschen zurücklassen. Da gibt es in der heutigen Zeit, die von einem schrecklichen Krieg, die von Krisen und Katastro­phen geprägt ist, wirklich sehr, sehr vieles zu tun.

Empathie und Menschlichkeit sind gefragt, um dort zu helfen, wo Menschen in Not sind. Empathie und Menschlichkeit sind auch gefragt, wenn sich die Menschen hier bei uns das Leben immer weniger leisten können, wenn Mieten, Strom und Gas so teuer werden, dass sich das mit kleinen Pen­sionen, mit einem kleinen Einkommen nicht mehr ausgeht, wenn auch der Mit­telstand nicht mehr weiß, wie er bei diesen Teuerungen über die Runden kommen soll. Da darf sich die Politik nicht verstecken. Da muss man vom Reden ins Tun kommen, und die Länder zeigen das vor.

Nicht das einzige, aber ein gutes Beispiel dafür ist das Burgenland, mein Heimatland, wo schon im vergangenen Jahr ein Wärmepreisdeckel beschlos­sen wurde und der Herr Landeshauptmann vor wenigen Tagen auch einen Mietendeckel und fixe Tarife für Strom und Gas vorgestellt hat. Das sind Maßnahmen, die bei den Menschen ankommen. Das ist effektive Hilfe. Anmerken möchte ich in diesem Zusammenhang im Übrigen auch, wie wichtig es war, damals schon, 2020, den Mindestlohn einzuführen. Es ist eigentlich ganz einfach: Die Menschen müssen von dem, was sie ver­dienen, auch leben können.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, gestatten Sie mir, dass ich noch einen Punkt anspreche. Auch bei diesem Punkt geht es um Menschlichkeit, und das ist auch der Schwerpunkt und das Motto meiner Präsidentschaft: Pflege und Gesundheit leistbar, qualitativ und wohnortnahe sicher­stellen. Vielen von Ihnen wird die Situation in der Pflege entweder aus dem eigenen Familienumfeld oder aus Berichten bekannt sein. Die Pflege und die damit verbundene Herausforderung sind aus meiner Sicht ein ganz großes und wichtiges Thema unserer Zeit. Die zuletzt beschlossene Pfle­gereform hat zwar durchaus punktuell Verbesserungen gebracht, aber ich denke, wir brauchen da noch mehr, und auch da sind es die Länder, die gute Beispiele dafür liefern, wenn ich zum Beispiel an das Pflegepa­ket des Landes Tirol denke, das im Vorjahr beschlossen wurde.

Erst vor einer Woche hat der burgenländische Landesrat Heinrich Dorner das burgenländische Pflegemodell in Brüssel, im Ausschuss der Regionen, vor­gestellt. Diese Pflegeinitiative hat fast einhellige Zustimmung gefunden und das ist ein ganz tolles Zeichen, eine wichtige Bestätigung. Denn was brauchen wir? – Wir brauchen ganz einfach nachhaltige Lösungen, Zu­kunftsmodelle, damit sich pflegebedürftige Menschen darauf verlassen können, dass sie die bestmögliche Pflege bekommen. Wir brauchen nachhaltige Lösungen, auf die sich Familienangehörige auch verlassen können.

Ich darf auch jetzt schon ankündigen, dass ich im Rahmen meiner Präsident­schaft zu einer Enquete einladen werde, die sich mit dem Thema Pflege, mit den enormen Herausforderungen in diesem Bereich und mit Zukunftsmodellen zum Thema Pflege befassen wird.

Eine ebenso große Herausforderung sind das Gesundheitswesen und die Si­cherstellung der medizinischen Versorgung gerade auch im ländlichen Raum. Da sind die Länder immer mehr gefordert, eigene Lösungen zu erarbei­ten. Auch da hören wir jeden Tag die Sorgen der Menschen. Daher ist sicherzustellen, dass es im stationären, aber auch im niedergelassenen Be­reich genügend Ärztinnen und Ärzte gibt. Jetzt gilt es sicherzustellen, dass es gute Rahmenbedingungen für das Pflegepersonal gibt, das gerade in Zeiten der Pandemie auch Übermenschliches geleistet hat.

Der Herr Landeshauptmann hat bereits angekündigt, dass es bei den Finanzausgleichsverhandlungen nicht nur ums Geld, sondern auch um die Strukturen gehen wird. Das ist auch wesentlich, weil nur dadurch nachhaltige Lösungen geschaffen werden. Es braucht eine qualitativ gute Gesundheitsversorgung, die wohnortnah und leistbar ist, und keine Zweiklassenmedizin, denn Gesundheit darf nicht das Privileg weniger werden. Eine gute Gesundheitsversorgung muss für alle Menschen in diesem Land, egal ob sie im urbanen oder im ländlichen Raum leben, auch für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen dauerhaft gewährleistet werden. (Bei­fall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Ich bin da aber auch sehr zuversichtlich, dass das Verhandlungsteam der Länder mit Landeshauptmann Doskozil, Bürgermeister Ludwig und den Landes­hauptleuten Stelzer und Wallner beim Thema Gesundheit, aber auch bei allen anderen großen Fragen des Finanzausgleichs im Sinne der Bevölkerung sinnvolle, gute und nachhaltige Ergebnisse erzielen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als wir das Parlament am 12. Jänner eröffnet haben, war viel von einem respektvollen Miteinander in diesem Haus die Rede. Auch ich möchte das natürlich unterstreichen, gerade als Burgenländer, da im Burgenland immer schon das Miteinander gesucht wurde. Ich möchte aber auch betonen, dass gerade im Bundesrat – auch über alle Parteigrenzen hinweg, auch bei unterschiedlichen Standpunkten – eigentlich immer sehr fair miteinander umgegangen wurde. Ich möchte mich dafür bei Ihnen, liebe Kollegin­nen und Kollegen, sehr herzlich bedanken, denn das ist nicht selbstver­ständlich. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Ich sehe das auch als eine sehr, sehr große Stärke und ich hoffe sehr, dass das auch in Zukunft so bleiben wird. Als Präsident werde ich in diesem Halb­jahr auf jeden Fall versuchen, mein Bestes zu tun, um einen positiven Beitrag dazu zu leisten. Ich lade Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein, gemein­sam dafür zu arbeiten, dass der Bundesrat – eine Säule der Demokra­tie – weiterhin gestärkt wird, dass der Bundesrat durch sein Wirken weiterhin einen Beitrag zur positiven Entwicklung Österreichs, der Bundesländer und der Menschen in unserem Land leistet. – Herzlichen Dank für die Auf­merksamkeit. Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)