9.48

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, ganz besonders herzlich willkommen bei uns im Bundesrat! Sehr geehrte Zuse­herinnen und Zuseher! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir eine ganz besondere Freude und auch Ehre, meine erste Rede im wieder eröffneten Parlament hier im Bundesratssaal anlässlich der Erklärung unseres Landes­hauptmannes Hans Peter Doskozil zur Vorsitzübernahme des Burgenlandes in der Länderkammer zu halten. Herzlichen Glückwunsch auch zur Über­nahme des Vorsitzes in der Landeshauptleutekonferenz, viel Freude mit der neuen Aufgabe und Kraft dafür, und nochmals: Herzlich willkommen im Bundesrat! Griaß di Gott schei! (Heiterkeit.)

Ich war und bin eine glühende Burgenländerin. Ich bin eine pannonische Mischkulanz. Mein Großvater stammte aus dem Norden, geboren wurde ich im Süden, aufgewachsen bin ich im Mittelburgenland, und ich habe auch mehr als eineinhalb Jahrzehnte in Wien verbracht, zuerst in der Schule, dann studierend und arbeitend, so wie viele andere Burgenländerinnen und Burgenländer auch. Gefühlt hat jeder und jede von uns eine Tante, die einst auszog, um in der Wiener Stadt zu leben und zu arbeiten.

Ich bin tief verwurzelt im Burgenland, ich bin Gemeindevorständin in meiner Heimatgemeinde, ich arbeite als Landesfrauengeschäftsführerin, ich bin Obfrau der Tageseltern Burgenland. Ich bin dadurch also tagtäglich ganz nah an den Menschen, die mir über ihr Leben, über ihre Fragestellungen, die sie beschäftigen, aber natürlich auch über ihre Probleme, Sorgen und Ängste be­richten. Da gilt es zu helfen, hier gilt es, die Lebensrealitäten der Men­schen ein Stück weit zu verbessern. Da können und müssen wir auch ansetzen, und das sehe ich als unsere Pflicht als Politikerinnen und Politiker.

Angesichts der Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, ist es ein zen­trales Anliegen, den Menschen in dieser schwierigen, belastenden Zeit Sicherheit und Stabilität zu geben. Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, dass die Bundesländer geschlossen auftreten und jedes Bundesland seine Stärken entsprechend nützt. Lassen Sie uns gemeinsam hier im Bundesrat und in enger Zusammenarbeit mit den Bundesländern und dem Bund daran arbeiten, die anstehenden, mitunter sicher nicht einfachen Aufgaben im Sinne der Men­schen zu meistern.

In meinem Berufsleben, aber auch in meinem Privatleben habe ich sehr oft da­von profitiert, von anderen zu lernen, und ich bin sicher, dass man sich auch von einem Bundesland etwas abschauen kann. Das Burgenland unter der Führung von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil unternimmt so eini­ges, um gerade jetzt in der Krise den Menschen zur Seite zu stehen. Für mich als Familiensprecherin hier im Bundesrat und als Landesfrauengeschäfts­führerin der SPÖ Frauen Burgenland ist es sehr schmerzlich, zu sehen, dass sich wirklich viele Menschen das tägliche Leben nicht mehr leisten können. Ganz besonders betroffen sind Frauen und Familien, unter ihnen sehr viele Alleinerziehende.

Ja, wir leben in herausfordernden Zeiten, und ja, Entschlossenheit ist gefragter denn je. Die Initiativen im Burgenland helfen den Menschen und im beson­deren Maße eben den Frauen und Familien.

Dieser Tage wurde ein weiteres Antiteuerungspaket für das Burgenland prä­sentiert. Es wird den flächendeckenden Mietpreisdeckel geben, mit dem das Land gemeinsam mit den Genossenschaften gegensteuert und die Mieten im Genossenschaftsbereich auf dem Niveau von Dezem­ber 2022 für zwei Jahre einfriert. Auch im Energiebereich ist das Burgenland aktiv und bietet in Kooperation mit der Burgenland Energie einen attrak­tiven Fixpreis an. Die Lösung gegen horrende Energiepreise ist selbst produzierte Energie aus erneuerbaren Energieträgern. Das Burgenland gilt in Sachen erneuerbare Energie als Vorzeigebundesland. Zu Spitzen­zeiten produziert das Burgenland schon jetzt mehr Strom, als es verbraucht. (Beifall bei der SPÖ.) Durch sinnvolle Maßnahmen wollen wir ab 2030 ohne Energieimporte auskommen, und ab dann macht das Land seine Energie­preise selbst.

Das Burgenland überzeugt mit familienfreundlicher Politik. Gratiskindergarten und bedarfsorientierte Kinderbetreuung sind riesengroße Entlastungen für die Familien. Mit dem Gratiskindergarten und der bedarfsorientierten Kin­derbetreuung haben wir im Burgenland die Rahmenbedingungen für Fa­milien enorm verbessert. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum einen ist es die finanzielle Entlastung, die mit dem Wegfall der Kinder­gartenbeiträge den Familien Ersparnisse bis in den vierstelligen Euro­bereich gebracht hat. Diese finanzielle Erleichterung kommt heutzutage, wo die Familien die Teuerungsrate besonders hart zu spüren bekommen, noch stärker zur Geltung. Zum anderen haben wir mit der gesetzlich geregelten und bedarfsgerechten Anpassung der Betreuungszeiten in den Kinderkrippen und in den Kindergärten und der Verringerung der Schließtage für Eltern und Familien sehr gute Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschaffen.

Dazu kommt das verpflichtende kostengünstige Angebot einer Ferienbetreuung für Schüler:innen. Es ist auch so, dass wir das heuer im Burgenland wieder anbieten werden und auch die Preise im Vergleich zum Vorjahr da nicht gestie­gen sind. Das ermöglicht oder erleichtert den Eltern, einen Beruf auszu­üben. Lassen Sie mich das an dieser Stelle anmerken: Teilzeit zu arbeiten ist für die meisten Menschen absolut kein Privileg.

Das Burgenland investiert jährlich über 36 Millionen Euro für eine qualitative Kinderbetreuung und Kinderbildung. Der Kindergarten ist die erste Bil­dungseinrichtung für unsere Jüngsten und damit eine wichtige Station in ihrer Entwicklung. Die Zukunft unserer Kinder und Familien muss uns allen etwas wert sein, denn die Kinder von heute sind die Erwachsenen von morgen.

Was wir aber auch unbedingt angehen müssen: Wir müssen – auch im Sinne der allgemeinen Gesellschaft – vor allem arbeitenden Müttern helfen, an diesen Schrauben müssen wir drehen. Das Burgenland ist ein Land, das Frauen unter­stützt. Wir setzen verschiedenste Maßnahmen, die den Frauen im Bur­genland zugutekommen.

Ich möchte zwei mir besonders am Herzen liegende Maßnahmen herausgreifen. Zum einen ist es die Frauenstrategie Gleich*in die Zukunft und zum ande­ren ist es die Alleinerziehendenförderung, die wir auch 2023 nicht nur weiterführen, sondern deren Budget wir auch verdoppelt haben. Mit der Frauenstrategie schenken wir dem Frausein im Burgenland noch mehr Bedeutung. Das war uns von Anfang an ein wichtiges Anliegen. Diese erste Frauenstrategie soll euch ein wichtiger Wegweiser für Frauenangele­genheiten und vor allem auch für die Gleichstellungszukunft des Burgenlandes sein. Gleichwertige Bezahlung, Möglichkeiten, um Beruf und Familie bes­ser vereinbaren zu können, Rollenbilder bereits bei Kindern aufbrechen – das wünschen sich Frauen im Burgenland, das ergab die Befragung zur Erstel­lung der Frauenstrategie. 1 600 Burgenländerinnen und Burgenlän­der – 12 Prozent davon auch Männer – haben online Fragen beantwortet. Die Ergebnisse dieser Frauenstrategie fließen nun in unsere politische Arbeit ein.

So haben wir in den vergangenen Monaten bereits viele Projekte umgesetzt, um Frauen bei ihrem Ein- oder Umstieg auf dem Arbeitsmarkt zu unterstützen, einige neue Initiativen für Frauen und Mädchen im Mint-Bereich ge­setzt und erstmals auch eine Schulung für Landesbedienstete ins Leben gerufen, um sie für den Themenbereich Gewalt an Frauen zu sensibilisieren.

Alleinerziehende – ich selbst bin auch alleinerziehend, ich weiß also, wie es ei­nem da mitunter geht – stehen oftmals emotional, organisatorisch und nicht selten finanziell vor großen Herausforderungen. Die monetäre Unter­stützung ist für sie daher eine wichtige Unterstützung, die – vor allem, aber natürlich nicht ausschließlich – Frauen zugutekommt und ihnen so wieder ein Stück Freiheit und Selbstbestimmtheit gibt. Auch im Burgenland ist die Familienform der Alleinerziehenden eine immer größer werdende Gruppe. Über 90 Prozent der Alleinerziehenden sind weiblich.

Auch mit dem Anstellungsmodell für pflegende Angehörige und dem höheren Mindestlohn – der Herr Landeshauptmann hat es vorhin erklärt, die Rei­nigungskräfte sind durchwegs weiblich und diese profitieren davon – sind wir im Burgenland Vorreiter für soziale Gerechtigkeit. Ob Sie es glauben oder nicht: Mein Vater hat einen Betrieb mit über 50 Mitarbeitern. Er erzählte mir, als wir über den Mindestlohn gesprochen haben, dass er schon lange den Mindestlohn bezahlt, und das gibt ihm recht, er ist nämlich sehr erfolgreich unterwegs mit seinem Unternehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Zwazl: Die Wirtschaft ist sozial!)

Gerade auch die Frauen profitieren von diesen Maßnahmen, denn damit werden gezielt Armut und Lohnungleichbehandlung bekämpft.

Ja, ich bin stolz auf mein Heimatbundesland und darauf, dass wir im Burgenland aufeinander schauen, denn genau das zeichnet die Burgenländerinnen und Burgenländer seit jeher aus und hat dazu beigetragen, dass sich das Burgenland so gut entwickeln konnte.

Gleichzeitig bin ich aber genauso stolz, Österreicherin zu sein und gemeinsam hier mit Ihnen allen für unser schönes Land und die Menschen, die hier wohnen, zu arbeiten. Machen wir Politik mit Hausverstand! Machen wir Politik für die Menschen! Für uns als Politikerinnen und Politiker muss gelten, dass Politik kein Selbstzweck sein darf, sondern vielmehr ein Auftrag, für die Menschen da zu sein. Politik muss den Menschen dienen. Ich persön­lich halte es da mit unserem Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident, lieber Günter, heute findet das erste Plenum unter deinem Vorsitz statt. Für deine Amtszeit wünsche ich dir auch von dieser Stelle aus alles Gute und viel Freude mit deiner neuen Aufgabe. Gerne leiste ich deiner Einladung Folge, um gemeinsam daran zu arbeiten, dass wir ein aktiver und somit starker Bundesrat sind und dass der Bundesrat so als eine Säule der Demokratie gestärkt wird. Und ich bin überzeugt, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, dieser Meinung werden auch Sie sein. Set­zen wir uns gemeinsam und solidarisch mit aller Kraft dafür ein, dass sich die Menschen in diesem Land das Leben wieder leisten können! Widmen wir uns diesen aktuellen Herausforderungen gemeinsam und miteinander mit aller Kraft! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

9.58

Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank, Frau Bundesrätin.

Bevor ich Herrn Bundesrat Bernhard Hirczy zum Mikrofon bitte, möchte ich noch zwei Vizepräsidenten außer Dienst heute hier begrüßen: Ewald Lin­dinger und Hubert Koller sind hier – herzlich willkommen im Bundesrat! (All­gemeiner Beifall.)

Bernhard, ich erteile dir das Wort. – Bitte sehr.