10.50

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Ich habe mir (auf das Redner:innen­pult weisend) da die Stoppuhr eingestellt, aber nicht, weil ich in den nächsten Minuten einen Anruf erwarte. (Bundesrätin Zwazl: Das hätten wir dir eh nicht durchgehen lassen! – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Es ist mir eine Freu­de, dass der Bundesrat 102 Jahre nach seiner Gründung heute hier in diesem Saal das Licht des Tages erblickt – auch wenn es durch die Vorhänge etwas verdeckt ist – und wir alle bei dieser historischen Stunde dabei sein dürfen. (Beifall des Bundesrates Schreuder.) Wir haben hier den Saal mit den schönsten und größten Kronleuchtern des Hauses und (Zwischenruf des Bundesrates Steiner) mit den 17 Wappen der ehemaligen Kronländer der Donaumonarchie.

Es ist ja so – manche von Ihnen wissen es vielleicht –: Ich habe selbst bereits die Ehre gehabt, schon 20 Jahre in diesem Haus dienen zu dürfen, und so ver­bindet man mit jedem Platz und mit unterschiedlichen Räumen unterschiedliche Erinnerungen. Die Freude über diesen Saal ist aber nicht davon getrübt, dass ich andere Erinnerungen an diesen Saal habe, nämlich als Auskunftsperson im U-Ausschuss.

Erlauben Sie mir, hier eine kurze Replik anzubringen – ich werde anschließend sagen, in welchem Zusammenhang das zum aktuellen Tagesordnungs­punkt steht –: Ich bin hier als Auskunftsperson gesessen, ungefähr dort, wo jetzt Kollege Ebner sitzt. Ich bin hier befragt worden: von Herrn Rosenkranz von der FPÖ – ich würde sagen – hart, sachlich, fair; von Herrn Pilz auch hart, aber unsachlich, unfair und eiskalt (Heiterkeit der Bundesräte Spanring, Ofner und Steiner); von Herrn Petzner auch hart, auch unsachlich, auch unfair. Im Gegensatz zu Peter Pilz, der mehr so der kühle Typ war, der auf die Erre­gung der Auskunftsperson gewartet hat, war es bei Petzner umgekehrt: Er war von den eigenen Ausführungen so erregt, dass man als Auskunftsperson eigentlich ihn dann beruhigen müssen hat. Dann war da noch Kollege Otto Pendl von der SPÖ (Zwischenruf des Bundesrates Steiner), der war sachlich, unan­griffig – unangriffig nicht deshalb, weil er es nicht gekonnt hätte, sondern weil er von der Partei des Koalitionspartners war und es damals noch so war, dass man es unter Koalitionspartnern der Opposition überlassen hat, angriffig zu sein.

Warum führe ich das aus? – Es gibt ja immer die Möglichkeit, dass man Debatten so führt, dass es um die Sache geht, wie es zwei von diesen Kollegen eigent­lich gemacht haben, oder man kann sich selbst in den Mittelpunkt rücken und völlig desinteressiert an dem sein, worum es eigentlich geht.

Genauso ist es auch bei dieser Debatte, die wir hier führen. Ich glaube, es be­steht über vieles Konsens. Wir hatten letztes Jahr in Österreich über 100 000 illegale Grenzübertritte, und daher ist die Analyse, dass das europäische Asylsystem nicht funktioniert, wohl eine sehr breite Mehrheitsmeinung. (Zwischenrufe der Bundesräte Spanring, Ofner und Steiner.) Diese Erkenntnis, dass dieses System nicht funktioniert, ist nicht nur eine Erkenntnis von rechten oder konservativen Politikern, sondern diese Erkenntnis findet sich bereits im Jahr 2020 in einem Zitat aus dem Medienpapier der EU-Kommission. Es ist daher ganz klar, dass Handeln gefragt ist, und zwar auf nationaler Ebene und auf internationaler Ebene.

Auf nationaler Ebene möchte ich die Grenzschutzoperation Fox und das Ende der Visafreiheit mit Serbien erwähnen, die Verfahrensbeschleunigungen, die auf die Reise gebracht wurden, die 11 000 Außerlandesbringungen, die 700 Festnahmen von Schleppern im Jahr 2022 – wobei ich sagen muss, dass, wenn 700 Schlepper festgenommen werden, dies natürlich auch wieder ein Zeichen dafür ist, dass etwas nicht funktioniert, denn sonst wären die ja nicht im Lande gewesen.

Es ist daher natürlich sehr wichtig, dass in Richtung der Europäischen Union auf Umsetzung gedrängt wird, eben bei der Implementierung von Pilotprojek­ten für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen, bei der Schaffung von Rechts­grundlagen für eine Zurückweisungsrichtlinie und ebenso bei der Schaf­fung von Rechtsgrundlagen für Asylverfahren in sicheren Drittstaaten. Ich den­ke, es war völlig richtig, dass Österreich mit Bundeskanzler Nehammer und auch durch die Aktivitäten von Bundesminister Gerhard Karner sehr eindringlich eine klare Position bezogen hat, was den Schengenbeitritt von Rumänien und Bulgarien betrifft, und ein Veto eingelegt hat, da es eben wichtig war, ein System, das nicht funktioniert, fürs Erste einmal nicht zu erweitern. (Vize­präsidentin Kahofer übernimmt den Vorsitz.)

In dem Zusammenhang war es dann auch sicher so, dass das eine Grundlage da­für war, dass auch beim EU-Gipfel, an dem der Bundeskanzler teilgenom­men hat, ein Erfolg erreicht werden konnte, dass es nun finanzielle Unterstüt­zung (Zwischenruf des Bundesrates Steiner) zum Schutz der EU-Außen­grenzen gibt – wobei es natürlich so ist, dass der Schutz der Außengrenzen mit unterschiedlichen Technologien betrieben werden kann. Das Errichten von Zäunen ist eine Maßnahme von mehreren, aber es ist wichtig, dass die Europäi­sche Union ihre Außengrenzen schützt, wenn wir im Inneren der Europäi­schen Union Reisefreiheit haben möchten. Das hat eindeutig überhaupt nicht funktioniert, und daher ist es fundamental wichtig, dass es eine Kurs­änderung gibt und dass diese Kursänderung, die Österreich ganz klar forciert, auch konsequent durchgezogen wird. Dabei helfen uns ausschließlich Aktivitäten, dabei hilft uns ausschließlich Handeln, aber keine Wortspenden. Zu diesen Wortspenden zähle ich auch, wenn man sich in semantische Dis­kussionen darüber begibt, ob es jetzt eine Asylbremse gibt oder nicht. Tatsa­che – egal welche Wortwahl man verwendet – ist: Es gibt klare Maßnah­men, und hinsichtlich dieser Maßnahmen, die gesetzt wurden, gibt es auch be­reits erste Schritte in die richtige Richtung und erste Erfolge.

Ich möchte auch ganz klar in Richtung der Freiheitlichen Partei sagen: Angesichts unterschiedlicher Wortspenden wie jener unlängst von Landesrat Waldhäusl getätigten verstehe ich natürlich, dass es darauf entsprechen­de Reaktionen gibt. Viele meinen eben, dass man mit einer Schülerin nicht so rüpelhaft umgehen muss; das hat ja auch die freiheitliche Obfrau aus Salzburg gesagt. (Bundesrätin Schumann: Rüpelhaft? Das ist eine Untertreibung!)

Umgekehrt möchte ich aber auch sagen, dass allein mit der Kritik an der Freiheitlichen Partei natürlich für das Land selbst auch noch nichts weiter­gegangen ist. Das gilt natürlich auch in die Gegenrichtung: Wenn wir uns an den Freiheitlichen abarbeiten, sind wir, was die Maßnahmen und Ziele be­trifft, auch noch nicht weiter in die richtige Richtung gegangen.

Ich glaube daher, dass es sinnvoll ist, dass nicht nur die Regierungsparteien, sondern auch die anderen Parteien dort, wo die Schnittmengen im Ziel gegeben sind, und dort, wo Maßnahmen gemeinsam getragen werden, den Bundes­kanzler und den Bundesminister bei ihren internationalen Bemühungen unter­stützen, damit es uns gemeinsam gelingt, das europäische Asylsystem in die richtige Richtung weiterzuentwickeln. (Beifall bei der ÖVP.)

11.00

Vizepräsidentin Andrea Kahofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. Ich erteile es ihm.