11.55

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister, Sie haben heute schon von Marketing gesprochen. Mit dem Begriff Asylbremse betreiben Sie genauso Marketing. Das ist ein Begriff, der nichts bedeutet. Sie haben auch nicht erklärt, was Sie eigentlich damit meinen. (Bundesminister Karner: Asylmissbrauch!) – Ja.

Sie meinen mit Asylbremse sicher kein Insekt, sondern beziehen sich mit dem Wort Bremse auf den Mechanismus, der eine Geschwindigkeit verringern soll. Sie wollen aber wahrscheinlich auch nicht die Geschwindigkeit von etwas verringern, sondern Zahlen verkleinern.

Die Frage ist: Welche Zahlen gibt es im Kontext von Asyl, die man senken könnte? – Es gibt die Zahl der Antragstellungen. Ich nehme nicht an, dass wir nationalstaatlich Einfluss nehmen können, damit die Zahl der Antrag­stellungen verringert werden kann. Das wäre ja etwas, das im europäi­schen Kontext zu lösen wäre.

Ich nehme nicht an, dass Sie mit dem Wort Bremse meinen, dass Sie – was von der Zahl der Antragstellungen zu trennen ist – die Zahl der Verfahren ver­ringern werden können, denn nicht jede Antragstellung führt auch in Österreich zu einem Verfahren.

Ich nehme nicht an, dass Sie die Zahl der Personen, die in Grundversorgung sind, verringern möchten, und ich glaube auch nicht, dass Sie die Zahl der Per­sonen, denen Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wird, verringern möchten.

Ihrer Rede vorhin entnehme ich, dass es Ihnen um die Verringerung von Missbrauch im Kontext von Asyl geht. Wo kann es beim Thema Asyl Missbrauch geben? – In Wirklichkeit weiß man erst im Nachhinein (Zwischenbemerkung von Bundesminister Karner), nach Abschluss des rechtsstaatlichen Verfahrens, ob aufgrund eines Antrags Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wird oder nicht, weil in jedem Fall in einem rechtsstaatlichen Verfahren eine Einzelfallprü­fung vorzunehmen ist, wenn ein Asylantrag gestellt wird, was wiederum auch der von Ihnen – was wiederum Marketing ist – ins Spiel gebrachten soge­nannten Zurückweisungsrichtlinie widerspricht. Eine solche ist nicht möglich.

Nun kann es Fälle geben, in denen sich ziemlich bald herausstellt, dass ein Asylantrag nicht positiv beschieden wird. Ob das Ganze rechtsmissbräuchlich ist: Dafür gibt es ein rechtsstaatliches Verfahren. Es gibt bei jedem Antrag – nicht nur in einem Asylverfahren –, der an eine Behörde gestellt wird, die Mög­lichkeit, dass er rechtsmissbräuchlich gestellt wird. Um das zu klären, braucht man aber ein rechtsstaatliches Verfahren, und man braucht vor allem auch einen Instanzenzug.

Wo kann es im Asylkontext noch Missbrauch geben? – Sie haben das Problem von Schleppern, von Kriminalität auf diesem Gebiet angesprochen. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir die Schlepperkriminalität senken wollen. Wie kann man das am ehesten schaffen? – Indem es legale Fluchtmöglich­keiten für Personen gibt, die es sich leisten können – Personen, die die kriminel­len Dienste von Schleppern in Anspruch nehmen, sind ja nicht die, die über­haupt kein Geld haben, sondern jene, die sich diese zumindest vierstelligen Euro­beträge für die Schlepperei leisten können –, indem man den Schleppern das Geschäft nimmt. Man nimmt den Schleppern das Geschäft nicht, indem man höhere Zäune oder mehr Zäune baut, sondern indem man legale Möglich­keiten für Asylanträge schafft.

Im Asylverfahren, da sind wir uns alle auch fraktionsübergreifend einig, gibt es definitiv Verbesserungsmöglichkeiten. Wir haben es heute schon gehört: Eine Möglichkeit wäre, ein einheitliches europäisches Asylverfahren zu machen, nämlich in der Form, dass das Asylverfahren nicht automatisch in den Außengrenzstaaten durchgeführt wird und dass diese nicht ausschließlich für die Grundversorgung zuständig sind. Im Asylverfahren geht es darum: Wo können Anträge eingebracht werden? Wie schaut das Rechtsmittelverfahren aus? Werden rechtsstaatliche Standards eingehalten?

Es geht weiters darum – das haben wir auch schon gehört –, dass die Ausreise von Personen, denen nach einem rechtsstaatlichen Verfahren kein Asyl oder subsidiärer Schutz zukommt – sei es eine freiwillige Ausreise oder eine solche mit Zwangsmaßnahmen –, mit Sanktionen im Verhältnis zu den Staaten, in die die Personen ausreisen müssen, durchgeführt wird. Dafür gibt es Möglichkeiten, entweder was die Visapolitik gegenüber diesen Staaten be­trifft oder was finanzielle Möglichkeiten, Förderungen der Europäi­schen Union betrifft. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundes­rätinnen Hauschildt-Buschberger und Kittl.)

12.00

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu einer abschließenden Stellungnahme hat sich noch einmal der Herr Bundesminister für Inneres zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm und bitte ihn, eine Redezeit von 5 Minuten nach Möglichkeit ein­zuhalten. Zur Erklärung: Das ist ein Wunsch der Präsidiale und nicht Bestandteil der Geschäftsordnung. – Bitte, Herr Minister.