13.23

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Bundesminister, was hat Sie da geritten, dass Sie eine Privilegiendebatte über die Teilzeitarbeit beginnen? Wir wissen, dass in Österreich 80 Pro­zent aller Teilzeitbeschäftigten Frauen sind. Wir wissen auch, was die Frauen verdienen, und wir wissen auch, unter welchen Problemstellungen die Frauen leiden.

Das ist auf der einen Seite die fehlende Kinderbetreuung. Wir weisen bereits seit Jahren darauf hin, dass wir einen Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen brauchen, um überhaupt die Möglichkeit oder die Wahlfreiheit für Frauen sicherzustellen, dass sie entscheiden können, wie viele Stunden sie arbeiten. Sie hatten dreimal die Chance, dies umzusetzen: im Resilienzfonds, in der 15a-Vereinbarung, jetzt im Budget. Es ist jedes Mal nicht passiert, der Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz ist noch immer nicht umgesetzt.

Herr Bundesminister, ich darf Ihnen sagen, viele Kolleginnen haben Arbeits­bedingungen, unter denen sie Vollzeitarbeit gar nicht schaffen würden. Eine Kollegin aus der Pflege hat gesagt: Wenn ich Vollzeit arbeiten muss, werde ich krank, und zwar schwer krank, ich schaffe diese Belastung nicht mehr. Das heißt, man muss erstens einen Blick darauf richten, wie die Rahmenbedin­gungen für Frauen sind. Man muss zweitens einen Blick darauf richten, wie die Arbeitsbedingungen für die Menschen sind: Heißt das, dass Frauen viel­leicht nur Teilzeit arbeiten können, weil die Arbeitsbedingungen zu schwie­rig sind? Und es braucht Zukunftsprogramme, die helfen, dass die Teilzeit sozu­sagen nicht zum attraktiven Programm wird, weil es gar nicht anders geht. Man muss überlegen, wie man dazu beitragen kann, dass die Anzahl der Teilzeit­beschäftigten geringer wird, und zwar nicht nur dann, wenn der Wirtschaft einfällt: Ui, jetzt bräuchten wir Arbeitskräfte. In der Zeit, als Arbeitskräfte nicht so dringend nötig waren, hat man nicht darüber gesprochen.

Was für mich schon erstaunlich ist: Jetzt entdeckt die ÖVP die Frauen. Während der gesamten Coronazeit waren die Frauen kein Thema, seit Beginn der Teuerung, unter der die Frauen besonders leiden, waren sie kein Thema. Jetzt auf einmal, da Arbeitskräftemangel herrscht, sind sie ein Thema, aber in der Negativform, ganz einfach mit der Drohung: Wir kürzen euch die Sozialleis­tungen! (Bundesrat Bader: Das ist doch nicht wahr! – Zwischenruf der Bun­desrätin Eder-Gitschthaler.) Also bitte, so kann es doch nicht gehen! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der FPÖ.)

Ja, diese Milch ist vergossen. Und: Was würden Sie denn gerne kürzen? Die Familienleistungen? Die Versicherungsleistungen? Die Leistungen für die Kinder? Wollen Sie noch mehr Kinderarmut? Ist das die Zielrichtung für die Bestrafung dafür, dass jemand gar nicht anders kann, als Teilzeit zu arbei­ten? So kann man doch mit den Menschen nicht umgehen! Das ist unmöglich, ganz ehrlich.

Frau Bundesrätin Eder-Gitschthaler, ich schätze sehr, dass Sie den Mut hatten, das hier so klarzustellen, dass Sie sich hinter die Frauen gestellt haben. Es wäre auch gut für die Grünen gewesen, nicht ein reines Wienbashing zu machen, Frau Bundesrätin Kittl – sie ist jetzt gerade nicht da –, sondern herauszuge­hen und auch klarzustellen, dass es da einen Stopp gibt. Bei einer Privilegiende­batte über die Frage der Teilzeitbeschäftigung spielen wir nicht mit, das ist wahrlich unanständig.

Herr Bundesminister, Sie sind bereits zurückgerudert, rudern Sie weiter zurück und beenden Sie diese Art der Debatte, und zwar ganz dringend! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Schartel. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

13.27

Vizepräsidentin Andrea Kahofer: Ich darf Herrn Bundesminister Martin Kocher das Wort erteilen. – Bitte.