15.26

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Hohes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Momentan haben wir keine Gäste. (Bundesrätin Zwazl – erheitert –: Galerie gibt’s keine! – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.) – Nein, haben wir nicht, aber: Liebe Zuseher im Livestream!, und vor allem: Werter Herr Minister! Jetzt geht es wieder einmal um das Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz. Ich habe ja schon über dieses Gesetz gesprochen und habe schon mehrmals einige Punkte angespro­chen, die für mich und für viele, vor allem für die Betroffenen, nicht in Ordnung sind. Heute geht es in Wahrheit um eine Abänderung, und es geht wieder darum, dass eine ganze Gruppe vergessen wurde – so wie beim letzten Mal schon, als es sehr viele waren –: Jetzt geht es um die Leiharbeits­kräfte.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber, bevor ich auf das Thema eingehe, auch in den Raum stellen, dass wir uns darüber Gedanken machen müs­sen – beziehungsweise dass Sie sich und wir alle uns Gedanken darüber machen müssen –, warum es im Bereich des Gesundheits- und Pflegewesens immer mehr Leiharbeitskräftebedarf gibt (Zwischenruf des Bundesrates Preineder), wa­rum immer mehr Menschen, die diese Berufe gelernt haben, die diese Be­rufe ausgeübt haben, sich jetzt Leiharbeitsfirmen zuwenden.

Ich habe gerade einen Bericht von einer diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin gelesen, warum sie diesen Weg gewählt hat. Sie hat diesen Weg deshalb gewählt, weil sie als Leiharbeitskraft in ihrem Beruf wesent­lich mehr Rechte hat. Sie sagt ganz klar, sie kann sich aussuchen, ob sie Wochen­enddienste macht, sie kann sich aussuchen, ob sie Überstunden macht, sie kann sich auch aussuchen, ob sie bereit ist, sich auf andere Stationen versetzen zu lassen.

Damit kommen wir zu einem Punkt, der nicht unwesentlich ist, wenn wir darüber reden, dass das Gesundheits- und Pflegesystem verbessert werden muss, dass wir Menschen in den Beruf bringen müssen, dass wir Menschen in diesem Beruf halten müssen: Die Rahmenbedingungen passen nicht. Sie passen einfach nicht.

Glauben Sie mir, ich selbst habe in der Familie, im Freundeskreis diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen, die mir erzählen, dass sie knapp vor Dienstbeginn einfach auf Stationen eingeteilt werden, auf denen sie noch nicht einmal in ihrer Ausbildung gearbeitet haben, und dass das unverant­wortlich und gefährlich ist und dann nicht geklärt ist, wie es mit Haftungen und Verantwortungen ausschaut – abgesehen davon, was das mit einem Men­schen macht, der weiß, dass er jetzt unvorbereitet an einen Arbeitsplatz muss, an dem er durchaus auch Menschenleben gefährdet.

Wenn wir wollen, dass wir dieses System in Österreich wieder auf eine gesunde Basis stellen, dass wir Rahmenbedingungen schaffen, damit wir sagen kön­nen, jede Österreicherin und jeder Österreicher geht ruhigen Gewissens in Be­handlung, weiß, dass er im Notfall gut versorgt ist, dass genug Personal, genug ausgebildetes Personal da ist, dann müssen wir politisch einfach wirklich in die Tiefe gehen. Eine Pflegereform ist nicht mit Zahlungen erledigt.

Damit sind wir jetzt beim Thema der Zahlungen: Es ist richtig, dass auch die Leiharbeitskräfte in diese Pflegeprämie aufgenommen werden, aber es gibt noch immer ganz, ganz viele Gruppen, die nicht drinnen sind – noch immer sind es die OP-Assistentinnen und -Assistenten, noch immer sind es alle Beschäftig­ten im internen Transport der Krankenhäuser, die nicht aufgenommen wor­den sind. Diese sind genauso wichtig zur Aufrechterhaltung des gesam­ten Systems, zur Versorgung der Menschen, und sie sollen den gleichen An­spruch haben. Ich frage mich, warum sie nicht auch gleich in diese Ände­rung mitaufgenommen werden, warum diese Gruppen nicht auch berücksichtigt werden.

Herr Minister, ich habe Ihnen beim letzten Mal einen Brief aus einem nieder­österreichischen Krankenhaus vorgelesen (Ruf bei der SPÖ: Lies ihn noch einmal vor!), den ich jetzt nicht mithabe (Heiterkeit bei der SPÖ), aber ich denke und hoffe doch, dass Sie sich daran erinnern. Es geht darum, was Men­schen, die in diesen Berufen, die wir angeblich politisch so hoch schätzen, ar­beiten, von dieser Regelung halten, wie sie es empfinden, und darum, welche Gräben aufgerissen werden, welche Differenzen es jetzt in den Kranken­häusern gibt, wenn die OP-Schwester die Prämie bekommt und die OP-As­sistentin, die die gleiche Arbeit, die gleiche Tätigkeit verrichtet, diese nicht bekommt. Das hat Gräben aufgemacht, die noch immer nicht geschlossen sind.

Es sind Mittel in der Höhe von 570 Millionen Euro seitens des Bundes zu­gesichert: Was ist, wenn es mehr wird? Ich kann da nichts darüber lesen, wie die Finanzierung sichergestellt sein wird, wenn es darüber hinausgeht. Gibt es dazu klare Vorgaben? Gibt es da einen genauen Finanzplan? Hat man sich über­legt, wie das dann gestaltet wird?

Für mich ist auch noch ein kritischer Punkt, dass sich die Mittelausschüttung des Bundes an die Länder noch immer an der Bevölkerungszahl orientiert. (Bun­desminister Rauch: Das stimmt nicht mehr!) – In diesem Gesetzesbeschluss steht es aber noch so. (Bundesminister Rauch: Nein, stimmt nicht!)

Was noch ganz besonders bedenklich stimmt, ist, dass wir hinsichtlich der Höhe dieser Prämie noch immer von einer Kann- und von keiner Mussregelung sprechen, denn es steht wieder drinnen: Es können bis zu 2 460 Euro inklusive Dienstgeberbeiträgen ausbezahlt werden. – Das kann nicht sein, dass in Eisenstadt andere Prämien ausbezahlt werden als in Bregenz. Es kann nicht sein, dass in ganz Österreich Menschen, die das Gleiche tun, die den gleichen Beruf haben, die die gleiche Arbeit ausführen, unterschiedliche Prämien dafür bekommen. Das kann nicht sein! Da muss es zu einer Gleichstellung kom­men, denn auch das ist Diskriminierung, genauso wie das Ausschließen von ein­zelnen Berufsgruppen in diesem Bereich.

Diese Ungleichstellungen müssen weg! Wenn wir die Zukunft des Gesundheits­wesens und des Pflegewesens absichern wollen, und das ist die Zukunft von uns allen, von jedem in Österreich, dann müssen wir endlich eine echte Pfle­gereform angehen.

Auch das habe ich beim letzten Mal gesagt: Es war für mich durchaus zu erklären, warum Sie gerade in der Zeit, als alles hochgekocht ist, als das gesamte Personal im Gesundheits- und Pflegebereich wirklich schon an den Grenzen war, als die großen Demos ausgerufen waren, mit Ihrer Pflegereform gekommen sind. Seither ist aber nichts weitergegangen, es ist noch immer das Reförm­chen, es sind noch immer die Ansätze. Es sind nach wie vor keine nachhaltigen, zukunftsorientierten Ansätze. (Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl.) Wir müssen endlich ins Tun kommen, denn es ist nicht mehr viel Zeit!

Jetzt aber noch einmal zurück zum Thema, zu diesem stückchenweise Reparie­ren dieser Pflegeprämie, dem Zweckzuschussgesetz: Da gilt es noch, dazu­zusagen, dass diese Boni nicht die Lösung sein können. Es ist notwendig, dass diese Menschen die finanzielle Wertschätzung wirklich als Gehaltsbestandteil und nicht als Bonus bekommen. Deshalb bringe ich einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Echte Wertschätzung beim Gehalt statt einmalige Boni für die Pflege!“

(Bundesrat Kornhäusl: Das ist eine Themenverfehlung!)

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, den Entgelt-Erhöhungszuschuss als echten Gehaltsbestandteil ab dem Jahr 2023 umzusetzen, diesen dauerhaft zu verankern und entsprechende Vorlagen zur Umsetzung des Vorhabens dem Nationalrat und dem Bundesrat zur Be­schlussfassung vorzulegen.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Rauch: Das haben wir eh schon ge­macht! Das ist alles erledigt!)

15.36

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Der von den Bundesräten Andrea Kahofer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Echte Wertschätzung beim Gehalt statt einmalige Boni für die Pflege!“ ist ge­nügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Kollegin.