17.41

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Jetzt stehe ich heute zum zweiten Mal hier vorne, um eigentlich zu einem identen Themenbereich wie in der Aktuellen Stunde zu reden. Ich habe in der Aktuellen Stunde schon sehr viel gesagt. In Wirklichkeit wiederholen sich die Kolleg:innen von der FPÖ schon wieder in ihren Inhalten, die ich bekanntlich nicht teile.

Natürlich könnte ich auch auf ganz rationale und faktenbasierte Art jeden Satz der FPÖ-Dringlichen beziehungsweise die sich daraus ableitenden Forde­rungen widerlegen, aber ich denke, das ist wahrscheinlich zumindest auf dieser Seite eine Rede ins Leere. Mir fällt da ganz spontan Kollege Hübner ein, der hier vorne steht und sagt: Wir brauchen beschränkte Asylgewährung, ein Jahr, 1,5 Jahre. – Ich frage mich, ob jemand von der FPÖ schon einmal einen Asylbescheid in der Hand gehabt hat. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Die sind auf drei Jahre beschränkt, und nach drei Jahren wird das übrigens erst überprüft, bevor es dann von Amts wegen in die Verlän­gerung geht. Es gibt den subsidiären Schutz. Der ist sowieso nur auf ein Jahr und wird dann überprüft.

Dann frage ich mich natürlich ganz besonders: Wenn jemand Asyl bekommt, bekommt er es zum Beispiel aufgrund seiner politischen Gesinnung. Wie soll sich denn die in anderthalb Jahren derartig verändern, dass er in seinem Heimat­land plötzlich nicht mehr verfolgt ist?– Es tut mir leid, da fehlt mir persönlich die Fantasie. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Hübner: Das soll sich im Heimat­land ändern! – Bundesrat Steiner: Vielleicht hat sich im Heimatland etwas geändert!)

Jemand, der das Prinzip der Asylgewährung verstanden hätte, würde nicht in je­dem zweiten Satz stattdessen von illegaler Migration reden, denn – das muss man schon ganz vorne hinstellen – wie lässt sich denn unterscheiden, ob jemand Asylschutz bekommen muss? – Man muss den Menschen als Erstes einmal befragen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Dann brauchen Sie einen guten ...!)

Äußerlich sichtbar gepeinigte Folteropfer schaffen es wirklich selten bis in ein Land, das ihnen Schutz gewährt. Botschaftsasyl, wie es das früher einmal gegeben hat – die Frauen in Afghanistan würden das zum Beispiel bitter not­wendig haben –, gibt es nicht mehr.

Da ist übrigens auch das Thema sichere Fluchtrouten und so weiter mitabge­handelt. Also ich habe in meiner 30-jährigen Praxis Frauen mit Kindern gesehen, die den Tod hinter sich gelassen haben, um dann über das Mittelmeer – Kollege Schennach hat es gesagt – in den Tod zu gehen, die teilweise ihre Kinder verloren haben, die im Mittelmeer ertrunken sind. Keine Mutter – ich ha­be selber drei Kinder – würde ihr Kind einer höheren Gefahr aussetzen, als unbedingt notwendig ist. (Beifall bei den Grünen sowie der Bun­desrät:innen Neurauter, Eder und Schwindsackl.)

Warum weise ich jetzt noch einmal darauf hin? – Um die Absurdität klarzuma­chen. Wenn ich äußerlich unbeschadet, gesund aussehend zu meinem Arzt gehe, werde ich nicht an der Türe der Arztordination abgewiesen, sondern mir wird die Türe geöffnet, und der Arzt oder die Ärztin fragt mich, warum ich zu ihm oder ihr komme. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Dann erst entscheidet der Arzt oder die Ärztin, ob ich einer Behandlung bedarf, welches Medikament ich bekomme oder ob ich aus seiner oder ihrer Perspek­tive vielleicht gesund bin. (Bundesrat Steiner: Sie brauchen viele Medikamente!)

Deshalb müssen die Menschen auch zuerst zu ihren Asylgründen befragt werden und dann muss eine Entscheidung getroffen werden. Jemanden wegzuschi­cken, dem in seinem Heimatland der Tod droht, wäre, wie wenn ich einer Krebs­patientin sage: Na ja, von außen sehen Sie eh ganz gesund aus. Sie bedürfen keiner ärztlichen Versorgung. – Das geht sich nicht aus. Es tut mir wirklich leid, das geht sich nicht aus. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätinnen Zwazl und Neurauter.)

Ein weiterer Punkt, der immer ganz gerne genannt wird, ist der viel zitierte Pullfaktor. Also wir haben ja die Push- und Pullfaktoren und so weiter. Wir haben ja viele Fachbegriffe, aber das möchte ich jetzt auch noch einmal ganz kurz an einem kleinen Beispiel deutlich machen.

Kennen die Kollegen von der FPÖ eigentlich den derzeitigen Auszahlungsbetrag des Verpflegungsgeldes an Kinder in der Grundversorgung? Ideen? (Bundes­rat Steiner: Was willst du wissen?) – 3,30 Euro. Das sind 100 Euro pro Monat bei privater Grundversorgung. Mit 3,30 Euro pro Tag kann man eine Semmel, einen Apfel, einen Liter Milch kaufen und vielleicht noch ein günstiges Nudelge­richt kochen. Ob man damit satt wird oder ob das den Anreiz zum Verlassen seiner Heimat darstellt, diese Überlegung überlasse ich gerne Ihnen. (Bundesrat Ofner: Nein, aber euer Klimabonus! Der ist super!)

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass wir uns – Kollege Schen­nach und auch Kollege Köck haben es ausführlich ausgeführt – völker­rechtlich dazu verpflichtet haben, Menschen gemäß der Genfer Flüchtlingskon­vention Schutz zu gewähren. Das ist gut und richtig. Ich wünsche nieman­dem, der in Not gerät, Asyl in Anspruch nehmen zu müssen, denn – jetzt bringe ich noch ein ganz profanes Zitat – wie schon Georg Danzer sagte: Nie­mand verlässt seine Heimat ohne Grund. (Bundesrat Spanring: Und was ist mit den 85 Prozent, die abgelehnt werden?)

Hören wir endlich mit Populismus und Polemik auf, wenn es um die Wahrung und die Einhaltung von Menschenrechten geht! Suchen wir gemeinsam nach Möglichkeiten und Lösungen auf europäischer und nationaler Ebene, damit Menschen nicht fliehen müssen! Dazu zählen natürlich das Verhindern von Kriegen, das Beenden von Kriegen, die Friedenssicherung (Bundesrat Spanring: Ihr tut aufschaukeln!) und – damit sich in Zukunft nicht ganz viele Men­schen auf die Reise machen müssen – der Klimaschutz. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Hirczy.)

17.47

Vizepräsidentin Andrea Kahofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Christoph Steiner. Ich erteile ihm dieses.