20.30

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause, die uns via Livestream zusehen! Schade, dass Frau Bundesrätin Steiner-Wieser erst jetzt wie­der hereingekommen ist, denn sie hätte gerade in den letzten Minuten sehr eindrucksvoll mit anhören können, wie es in den Gemeinden ausschaut. Wenn man sich in unseren Reihen hier umschaut, würde 1 Minute nachfragen schon viel, viel ändern, vielleicht auch bei der FPÖ, denn auch wir haben ganz viele Bürgermeister und Bürgermeisterinnen in unseren Reihen. (Rufe bei der ÖVP: Wir auch! Na ganz viel eigentlich nicht!) Die könnten Ihnen alle ganz kurz und bündig erklären, dass die Eltern Kinderbetreuung fordern. Wenn die Gemeinden Kinderbetreuung zur Verfügung stellen, dann sind die Einrichtungen in kürzester Zeit voll. (Bundesrat Ofner: Weil keine Wahlmöglichkeit besteht!) Ihr wollt das aber nicht hören.

Das wundert mich ja eh relativ wenig – euch kennt man ja mittlerweile (Zwi­schenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser) –, aber nichtsdestotrotz ist es schockierend, dass ihr nach wie vor im pädagogischen Mittelalter, nein, sogar in der pädagogischen Steinzeit stecken geblieben seid. (Beifall bei der SPÖ so­wie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen. – Heftiger Widerspruch bei der FPÖ.) Ja, das müsst ihr euch jetzt auch gefallen lassen, denn ihr spart auch nicht mit Häme. (Bundesrat Ofner: Wahlmöglichkeit!)

Wenn es nach euch geht, dann hat eine Frau gefälligst eine brave Mutter von so fünf Kindern zu sein, muss kochen, muss den Mann zu Hause versorgen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Nein! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Die Mama muss zu Hause bleiben, kochen, putzen, Wäsche waschen, und der Mann, der starke Vater sozusagen, der darf arbeiten gehen und der bringt das Geld nach Hause. Also kurz zusammengefasst: Wenn es nach euch geht, dann sollen die Frauen weiterhin, auch heute noch, von ihren Ehemännern, von den Ehepartnern finanziell abhängig sein. Das wollt ihr in Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der Grünen sowie der Bundesrätin Zwazl. – Widerspruch bei der FPÖ.)

Dazu muss man euch ganz klar sagen: Kommt endlich in der pädagogischen Ge­genwart an und schaut ein bisschen in die Zukunft! Ihr seid einfach ewig­gestrig, und das ist wirklich dramatisch. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ja, ich ken­ne euch eh, danke. Ein Kochrezept hätte es vorhin auch getan. Vielen Dank!

Eigentlich wollte ich aber auf ein ganz anderes Thema zu sprechen kommen. Ich bin eigentlich einigermaßen verwundert, dass sich heute bis dato niemand aus Niederösterreich zu Wort gemeldet hat, denn das Land Niederösterreich stellt sich ja selbst gerne als das Kinderland, als das Familienland dar. Viele werden es nicht wissen - - (Unruhe im Saal. – Bundesrätin Schumann: Na hallo!) Ich würde nur gerne noch - -

Vizepräsidentin Andrea Kahofer: Darf ich bitte um Ruhe im Saal bitten! (Bundes­rätin Schumann: Ja, aber wirklich!)

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (fortsetzend): Es ist schön, dass man die FPÖ einmal so in Rage bringen kann.

Zurück nach Niederösterreich: Da gibt es nämlich eine Besonderheit, und, wie gesagt, viele hier herinnen werden das vielleicht gar nicht wissen. In Nie­derösterreich ist es nämlich so, dass es in der Elementarpädagogik in den Kin­dergärten zwei verschiedene Zeiten gibt. Da gibt es den Vormittag, das ist die sogenannte Lernzeit (Bundesrat Bader: Bildungszeit, Frau Kollegin!) – oder Bildungszeit; Entschuldigung, Herr Kollege (Bundesrat Bader: Wenn wir schon gescheit reden, dann reden wir richtig gescheit!), vielen Dank für die Berichti­gung! –, und der Nachmittag ist die sogenannte Betreuungszeit. Warum be­tone ich das so? – Deswegen, weil es in Niederösterreich so ist, dass nur die Lern­zeit, die Bildungszeit am Vormittag kostenlos ist; die Nachmittagszeit müssen die Eltern dann finanziell selbst bestreiten.

Das heißt also – und das muss man sich eigentlich einmal auf der Zunge zerge­hen lassen, denn das ist wirklich skurril –, in Niederösterreich ist es so, dass dem zweijährigen, dreijährigen Kind in der pädagogischen Einrichtung dann um 12 Uhr quasi der Ball aus der Hand fällt, weil es weiß, dass es jetzt nichts mehr lernen darf, weil es ja nur mehr betreut wird. Das ist schon irgendwie sehr skurril und kommt der Realität der Menschen und der Realität der Familien überhaupt nicht nahe. Noch dazu sind es heutzutage zwischen 400 Euro und so­gar 500 Euro, die die Eltern für diese Halbtagesnachmittagsbetreuung zu zahlen haben.

Darüber hinaus, und das muss ich auch als Pädagogin dazusagen, schockiert mich nach wie vor, dass das in Wahrheit eine Diskreditierung der Pädagoginnen und Pädagogen im Elementarbildungsbereich ist. Sozusagen: Das bisschen Spielen, das geht eh so nebenbei. Das heißt, man bringt dem Personal in elemen­tarpädagogischen Einrichtungen nicht die entsprechende Wertschätzung entgegen, die es eigentlich verdient hätte. Darum gehen auch – wir haben es heute ja auch schon gehört – bei Weitem nicht genug von denen, die die Ausbildung machen, dann auch tatsächlich in den Beruf. (Unruhe im Saal.) Gerade wer so denkt, dass nämlich die Betreuung in den elementarpädagogischen Einrichtungen für die Kleinen nur ein bisschen Spielen ist, der hat das Wesen und vor allen Dingen auch die Bedeutung der Elementarbildung ganz und gar nicht verstanden. (Vizepräsidentin Kahofer gibt das Glockenzeichen.)

Immerhin, und damit komme ich jetzt sogar ein bisschen zum Positiven, hat es aber vor einigen Monaten dann doch auch in Niederösterreich einen Meilenstein gegeben, denn da ist die ÖVP draufgekommen, dass die SPÖ Niederöster­reich eigentlich ein ganz gutes Kinderprogramm entwickelt hat. Sie hat sich dann gedacht, dass sie davon einfach so ungefähr 75 Prozent abschreibt und das dann umsetzt. Das ist im Oktober letzten Jahres passiert. Die wichtigsten Aspek­te fehlen allerdings nach wie vor, nämlich: Der Nachmittag ist nach wie vor nicht kostenfrei, es sind die Kleinen, unter Zweijährigen nach wie vor in keiner Form einbezogen und es sind auch nach wie vor tagsüber nicht die entspre­chenden Betreuungszeiten gegeben. Das heißt, Eltern, die ganz früh in die Arbeit müssen oder länger arbeiten müssen, haben keine Möglichkeit, die Kinder be­treut zu wissen, und noch vieles andere mehr.

Es war ein Wahlzuckerl, das man noch schnell umgesetzt hat. Wie die Gemein­den das Ganze in der Geschwindigkeit umsetzen können, ist dann ein an­deres Kapitel. Aber sei’s drum! Ich bin grundsätzlich optimistisch, dass jetzt in der neuen Funktionsperiode des Landtags ein guter Schritt in Richtung hin zu einer wirklich noch besseren, qualitätvollen Elementarbildung gesetzt werden kann, nicht zuletzt auch mit unserer Landesrätin und unserem Landesrat. Da wird vieles auf den Weg gebracht werden.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen, Herr Minister, noch mitgeben: Sie haben es ja heute selber gesagt, dass Ihnen die Elementarpädagogik am Herzen liegt. Da sage ich: Machen Sie es einfach zur Chefsache! Schauen Sie, dass es einen Rahmenplan gibt, der über das gesamte Bundesgebiet hinweg gleich ist, schauen Sie, dass es die besten Angebote, die es in Wien, im Burgenland, in Kärnten gibt, in ganz Österreich gibt! Sie haben es in der Hand; setzen Sie es einfach um! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

20.38

Vizepräsidentin Andrea Kahofer: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Andreas Ar­thur Spanring. Ich erteile ihm dieses.