16.54

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Lieber – ich glaube, Kollege Schmid legt auf Genosse Wert – Genosse Schmid; ja, genau! Also: Liebe Kollegen und Genossen! (Heiterkeit des Redners. – Bundesrat Schmid: Ich glaube, Sie sind kein Genosse!) – Kollegin Gitschtha­ler, ich glaube, jetzt wissen es auch die letzten Zuschauer, dass am 23. April Landtagswahlen in Salzburg sind. Sie haben eine wunderschöne Wahlkampfrede gehalten. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ. – Allgemeine Heiterkeit.)

Ich will aber den Frieden im Wahlkampf nicht stören und will auf diese Rede und ihren Wahrheitsgehalt nicht eingehen. Ich darf nur auf eines hinweisen: Mag ja alles sein, dass schöne Papiere gemacht worden sind und Vorhaben, Gesetze und Landesverordnungen beschlossen worden sind, aber trotzdem zählt Salzburg zu den Bundesländern mit dem teuersten und am schwersten leistbaren Wohnraum. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Jetzt kriegst sogar von der Seite Applaus! – Zwischenruf bei der FPÖ.) So ist es halt. Nicht jede Maßnahme und jedes Papier, das man macht, sind von Erfolg gekrönt. (Bundesrat Schreuder: Denk drüber nach!)

Jetzt komme ich aber gleich zur Dringlichen Anfrage und zu den Genossen. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Schennach: Risiko! – Bundesrat Schreuder: Denk drüber nach!) Also der 23. April hat einen großen Vorteil, dass nämlich diese Dringliche Anfrage nicht von der SPÖ Wien und ihren Mandataren einge­bracht wurde, wie das sonst üblich ist, sondern von den Salzburger Kolle­gen oder Genossen. (Bundesrat Schreuder: Warum könnte das sein? Was könnte der Grund sein? Komisch!) Das ist natürlich hochinteressant, weil ich, wenn die Wiener das gemacht hätten (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen), gesagt hätte: Also das ist ja kühn, das ist ja kühn! (Bundesrat Schreuder: Was könnte denn da der Grund sein? Keine Ahnung!) Aber: Der 23. hat diese Kühnheit verhindert, deswegen muss ich mich nicht ganz genau mit der Situation in Wien auseinandersetzen.

Zu allen Vorrednern, zu den Antragstellern und auch zur Frau Staatssekretär: Das wichtigste und zentrale Element dieser enormen Steigerung der Wohnkosten und der Wohnungsknappheit hat keiner erwähnt, auch die Frau Minister nicht, weil es natürlich politisch unkorrekt ist. Alle wundern sich: Die Kosten steigen. – Wer ist schuld? – Die Spekulanten, die Leerstände, was weiß ich (Bundesrat Schennach: Das sind die Russen!), der liebe Gott oder die FPÖ, würde Kollege Schennach sagen (Bundesrat Schennach: Seine Russen!), ja, weil sie noch nicht der SPÖ beigetreten ist. (Bundesrat Schennach: Ihre Mandanten! – Heiterkeit bei Bundesrät:innen von SPÖ und Grünen.)

Ich darf einmal auf eine kleine Sache hinweisen, nämlich darauf, dass der Wohnungsmarkt auch ein Markt ist – das ist ja vor allem in der ÖVP bekannt, bei den Kollegen und Genossen vielleicht nicht so ganz –, das heißt, von Nach­frage und Anbot geregelt ist. Jetzt darf ich weiters daran erinnern, dass die österreichische Wohnbevölkerung in den letzten Jahrzehnten von 7 Millionen auf 9 Millionen gestiegen ist. Ich darf darauf hinweisen (Bundesrat Schennach: Ist ja gut, oder?), dass allein im Jahr 2022 108 000 Asyl­werber nach Österreich gekommen sind, 76 000 Ukrainer, die keine Asyl­werber sind, sondern Vertriebene, die also durchaus in den Wohnungsmarkt geströmt sind, und 30 000 Sonstige. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

In Wien beispielsweise, derzeitiger Stand: Jänner 2023, gibt es – ich schaue lieber, dass ich die Zahlen ganz korrekt zitiere (eine Unterlage in die Höhe haltend) – eine Wohnbevölkerung von ungefähr 1,95 Millionen. Von diesen 1,95 Millionen sind 1,1 Millionen nicht Wiener, sondern österreichi­scher Herkunft – das beinhaltet alle unsere Freunde aus dem Burgenland, aus Salzburg, Tirol, alle Freunde, Kollegen und Genossen aus dem Land – und 822 000 ausländischer Herkunft – das hat jetzt nichts mit dem Pass zu tun –, das sind immerhin 42,6 Prozent.

Selbst wenn man sagt, ja, die Asylwerber, die da gekommen sind, belasten den Wohnungsmarkt eh nicht (Bundesrat Schennach: Sind da die Deutschen dabei?), weil die in Traiskirchen und Co wohnen, dann wird man sich doch zu­gestehen - - (Bundesrat Schennach: Sind die Deutschen eingerechnet?) – Die  Deutschen sind eingerechnet, natürlich, Zuwanderer (Ruf bei der ÖVP: Sind ja Ausländer!), ich glaube nicht, dass Deutsche keine Wohnraumbeansprucher sind (Zwischenruf bei der SPÖ), dass die alle in Zelten und Wohnwägen wohnen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Alle diese Leute, die hereinkommen, beantragen, beanspruchen und benutzen Wohnraum. Wenn man eine Diskussion, eine einigermaßen ehrliche Dis­kussion über das Thema Wohnen – Flächenfraß, weil Kollegin Eder-Gitschthaler das so schön gesagt hat – anstimmt, dann muss man das als Erstes in die Diskussion einbringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Man muss fragen: Wollen wir das?, und wenn man sagt: Ja, das wollen wir, wir wollen nicht sieben, wir wollen acht, neun, zehn, elf, zwölf Millionen in Österreich!, dann muss man aber sagen: Natürlich werden diese wohnen wollen, natürlich werden sie Bauland wollen, vielleicht auch Grünland zu Erholungs­zwecken. (Ruf bei der ÖVP: Einkaufszentren!)

Daher: Man muss mehr Land versiegeln, man muss mehr Grünland in Bauland umwandeln und man muss akzeptieren, dass ein hoher Druck auf den Woh­nungsmarkt besteht, der dazu führt, dass – Spekulation hin oder her – die Mieten tendenziell steigen.

Diese Frage stellt sich aber niemand, und dadurch entstehen solche Diskussionen wie die heutige hier (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl), dass man meint, die Errichtung von Chalets irgendwo in den Bergen störe den Wohnungsmarkt. – Ja, glaubst du, lieber Antragsteller (in Richtung Bundesrat Egger-Kranzinger) – Entschuldigung, das muss ich dich fragen (Zwischen­ruf des Bundesrates Egger-Kranzinger) –, ernsthaft, dass in die Chalets – also Hüttendörfer, die auf der Turracher Höhe, am Klippitztörl, in Gerlos er­richtet werden (Egger-Kranzinger: Was passiert mit ...?), Wohnungssuchende hinziehen würden, wenn das nicht kapitalistische Auswanderer sind? (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Die werden den Markt nicht kaputt machen. (Egger-Kranzinger: Wie war das mit dem Markt? Marktverständnis: fünf!) Dass diese Hüttendörfer und Chalets am Ortsrand von Klagenfurt oder Wien errichtet würden, habe ich noch nicht gehört. (Ruf bei der SPÖ: Der redet so einen Schas zusammen!) Ich weiß, die gibt es nur irgendwo von 1 400 bis 2 000 Meter Höhe, mindestens 100 Kilome­ter von der nächsten größeren Stadt entfernt. (Ruf bei der SPÖ: Sie haben keine einzige ...!)

Nur weil wir uns den Dingen nicht stellen und weil wir Scheindiskussionen führen, weil wir die politisch unkorrekten Fakten ausblenden, machen wir solche Dinge. (Ruf bei der SPÖ: Was sagt Kollegin Svazek zu den Chaletdörfern?) Da kommen dann die Chalets am Klippitztörl dran.

Das Nächste ist die Leerstandsabgabe: Ja, mag sein, dass man dadurch ein paar Wohnungen zurückbekommt, aber die Leerstände in Wien – dazu gibt es keine genauen Statistiken; 30 000, 35 000 hört man (Bundesrat Obrecht: Blöd­sinn!) – sind ja nicht alle im Besitz von Spekulanten, die sind teilweise so­gar im Besitz von Wiener Wohnen – teilweise. (Bundesrat Obrecht: 6 000 von 220 000, das sind nicht einmal 3 Prozent!) – Was? (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, ja, aber ich sage ja: teilweise. Habe ich das richtig gesagt: „teilweise sogar in Besitz von Wiener Wohnen“? (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Obrecht.)

Glauben Sie, dass eine Zuwanderung von 2 oder 2,5 Millionen Leuten mit einer Leerstandsabgabe auch nur einigermaßen in den Griff zu bekommen ist? Glauben Sie wirklich, dass die klassischen Wohnungsinvestoren und -spekulan­ten die Wohnungen jahrelang leer stehen lassen? – Die lassen sie viel­leicht einmal ein Jahr leer stehen. (Bundesrätin Kittl: Ja, sie steigen von selbst! Überlegen Sie!) Es gibt Einzelfälle – ja, die gibt es, das macht auch Tau­sende Wohnungen aus –, da stehen die Wohnungen aus spekulativen Gründen zwei, drei Jahre leer. Es gibt Insolvenzen von Bauträgern, im Zuge de­rer die Wohnungen dann fünf Jahre leer stehen, weil sie fast fertig, aber nicht bewohnbar sind, weil es dann unendliche Rechtsstreitigkeiten gibt. Das gibt es, aber das ist ja nicht das Problem.

Was ich deshalb von allen Diskutanten, Anfragestellern und auch Anfragebeant­wortern einmahnen würde, ist eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem Problem, das wir haben. Natürlich ist die allgemeine Inflation auch an der Wohn­inflation schuld oder mit schuld. Natürlich wird gegen diese Inflation nichts gemacht. Das haben wir heute sowohl von Regierungsseite, von Kollegin Gitschthaler, als auch von der SPÖ gehört. Natürlich gibt es eine Flut von einzelnen Geschenken, Zuschüssen und Unterstützungen, wie auch immer man das nennt. Das kennen wir ja seit fast drei Jahren. Das sind lauter Dinge, die, modern ausgedrückt, Painkiller für die leidende und betroffene Bevölkerung sind, aber nicht in Ansätzen den Kern der Sache treffen.

Da brauche ich ja nur über die Energiekosten zu reden: Es ist in einem Jahr unmöglich gewesen, irgendeine Initiative seitens der hier Herrschen­den zu starten, um die Energieversorger dazu zu zwingen, die exorbitanten Gewinne, die da gemacht werden, herauszugeben oder durch Senkung der Tarife an die Kunden weiterzugeben.

Und das Letzte – noch einmal zur Regierung gesagt –: Dann werden solche Dinge gemacht wie die letzte Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, durch die ermöglicht wird, dass gemeinnützige Wohnbauträger bis zu drei Objekte in von ihnen errichteten gemeinnützigen Anlagen an sogenannte Anle­ger verkaufen. Das steht zwar im Gesetz so nicht ausdrücklich drinnen, ist aber die Folge dieser Regelung – das wird von keinem Juristen bestritten. Das ist auch nicht unbedingt ein Beitrag zur Erhaltung eines sozial leistbaren Wohn­niveaus, wenn man ermöglicht, dass sogar soziale Wohnbauträger bis zu drei Objekte an sogenannte Anleger verkaufen.

Aus diesem Grund: Ich danke für die Aufmerksamkeit, denn das Thema ist sehr groß, und wenn wir nicht bereit sind, uns der zentralen Frage auch nur zu stellen, dann, glaube ich, verdienen wir es nicht, dass uns die Bevölkerung sehr viel Aufmerksamkeit bei unseren Diskussionen schenkt. – Vielen Dank. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

17.04

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin MMag.a Elisabeth Kittl. – Bitte, Frau Bundesrätin.