17.18

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Elisabeth, du hast bei deiner Rede richtigerweise gesagt, man fühlt sich bei vielen Reden heute an Wahlkampfreden erinnert. Deine Rede ließe vermuten, dass eine Wienwahl kurz bevorsteht. (Beifall bei der SPÖ.) Sie hätte besser in das Rathaus gepasst als hier in den Bundesrat. (Beifall eines Bundesrates der FPÖ.)

Zum Thema Wohnkosten, Senkung von Wohnkosten oder Probleme der stei­genden Wohnkosten möchte ich einmal ein bisschen ausholen und den Kontext der Wohnkosten darstellen.

Wie setzen sich die Wohnkosten zusammen? – Einerseits aus den Kosten für den Wohnraum per se, andererseits aus den Betriebskosten – verbrauchs­abhängigen Betriebskosten, verbrauchsunabhängigen Betriebskosten, Kosten für Heizen, Kosten für Strom. Die Kosten für den Wohnraum per se splitten sich dann auch wieder auf, je nachdem, ob es sich um Wohnen im Eigentum, in einer Genossenschaftswohnung oder in Miete handelt; auf der einen Seite haben wir Mietwohnungen, die einem Mietendeckel unterliegen – Richt­wertsystem, Kategoriemieten –, und andererseits Mietwohnungen, die keinem Mietendeckel unterliegen. Darüber hinaus kann man auch noch die Diffe­renzierung vornehmen: Wohnungen, die der öffentlichen Hand gehören, und Wohnungen, die nicht der öffentlichen Hand gehören.

Bei vielen Problemen, die heute hier angesprochen werden oder die in der öffentlichen Diskussion angesprochen werden, wird halt immer nur ein kleiner Teil beleuchtet, nicht, um welche Wohnungen es eigentlich geht und um welchen Teil der Kosten es eigentlich geht.

Wenn Schwerpunkte in dieser Debatte die Themen Leerstand und Leerstandabgabe sind, beginnt das Problem ja bereits damit, sich zu überlegen, was Leerstand ist. Liegt Leerstand nur dann vor, wenn eine Wohnung, die vermietbar ist, nicht vermietet ist, oder ist auch das Leerstand, wenn eine Wohnung zwar nicht vermietet ist, aber der Eigentümer dort einen Wohnsitz gemeldet hat oder keinen Wohnsitz gemeldet hat und sie nutzt oder nicht nutzt, vielleicht Teile der Familie sie nutzen oder es ein Zweitwohn­sitz ist? Genauso ist Folgendes zu bedenken: Wenn eine Wohnung vermietet ist, kann das ja trotzdem ein Leerstand sein, wenn sie nicht zur Deckung eines dringenden Wohnbedürfnisses genutzt wird, entweder ohne Kenntnis oder Ein­willigung des Vermieters oder mit Kenntnis oder Einwilligung des Vermieters.

Im Sinne einer effizienten Nutzung von Wohnraum wäre es natürlich günstig, wenn der Leerstand so niedrig wie möglich oder so niedrig wie erforder­lich gehalten wird, weil Grund und Boden ein begrenztes Gut ist. Sagen wir es aber einmal so: Ein gewisses Minimum an Leerstand ist auch notwendig, weil es ja sonst nicht möglich wäre, dass irgendjemand übersiedelt. Bei einem Mieterwechsel – es muss ja nicht einmal ein Mieterwechsel sein, es kann ja auch ein Eigentümerwechsel sein – ist es auf jeden Fall für einen bestimmten Zeitraum notwendig, dass die Wohnung leer steht.

Wenn es jetzt darum geht, dass eine Leerstandsabgabe eine Lenkungs­maßnahme sein soll, muss man sich überlegen, welcher Einfluss denn eigentlich auf den Markt genommen werden soll, den das Wohnungswesen ja nach wie vor darstellt, und zwar welche Lenkungsmaßnahme, die nicht bereits durch Marktmechanismen erledigt werden kann.

Jetzt geht es da um eine Wohnung, die der Eigentümerin Einkünfte bringen könnte. Da fallen ja nicht nur für den Leerstand Kosten an, und zwar tatsächliche Kosten, Ausgaben – sagen wir einmal 2 Euro pro Quadratmeter im Monat verbrauchsunabhängige Kosten, wenn man Strom und Heizung ab­stellt, was auch nicht immer möglich ist –, aber dazu kommen, wenn man in Volkswirtschaft – oder vielleicht ist es Betriebswirtschaft – ein biss­chen aufgepasst hat, auch Opportunitätskosten, weil jede Wohnung, die man nicht vermietet, einen Einnahmenausfall mit sich bringt.

Je nachdem, welche Art von Wohnung das ist – ob die Wohnung einem Mie­tendeckel unterliegt oder nicht –, sind das vielleicht 6 Euro pro Quadrat­meter, 8 Euro pro Quadratmeter, 15 Euro pro Quadratmeter Opportunitätskos­ten, die durch diese leere Wohnung entstehen. Dann darüber zu reden, zu den 6 bis 17 Euro, wenn man jetzt die tatsächlichen Ausgaben dazurechnet, auch noch eine sogenannte Leerstandsabgabe von 1 bis – ich weiß nicht – 4 Euro draufzuschlagen, um den Leerstand um vielleicht noch einmal 20 Prozent zu den schon vorhandenen Kosten zu verteuern: Ich weiß nicht, ob das irgend­welche Lenkungseffekte erzielen könnte. Das wäre im Wesentlichen eine schwer administrierbare Einnahmenbeschaffungsaktion, die keine Lenkungseffekte hat.

Wenn man also, um das Argument einmal weiterzuspinnen, solch eine Leer­standsabgabe einführen wollte, dann müsste man eine ganze Menge von Ausnahmen schaffen, denn treffen möchte man ja eigentlich nur die Objekte der bösen Spekulanten, der Immohaie, nicht aber diejenigen leer stehenden Wohnungen, für die es einen guten Grund gibt, bei denen es einen nachvollzieh­baren Grund gibt, warum sie leer stehen – beispielsweise weil eine Wohnung frei geworden und in Zukunft eine Nutzung für einen anderen Mieter geplant ist, eine Eigennutzung, eine Nutzung für einen Familienangehörigen, die aber erst in der Zukunft geplant ist und nicht in zwei Monaten.

Das Problem mit den Befristungsregelungen ist: Wenn eine Nutzung in einem Zeitraum, der weniger als drei Jahre in der Zukunft liegt, geplant ist, muss man sie in der Zwischenzeit leer stehen lassen, oder man findet einen Tatbestand, der nicht unter die Befristungsregelung fällt, also irgendjemand braucht die Wohnung für einen beruflichen Zweitwohnsitz oder so etwas. Dann gibt es die Fälle, bei denen die Wohnung saniert werden muss, im Moment aber die Liquidität der Eigentümerin nicht gegeben ist, um die Wohnung sanie­ren zu können, weswegen die Sanierung länger dauert. Dann steht die Wohnung auch länger leer, als selbst die Vermieterin das gerne haben würde – da noch mit irgendwelchen Strafsteuern draufzugehen, bringt auch keinen Lenkungseffekt.

Daher stelle ich mir folgende Frage: Wenn man, abgesehen von Überschriften und Wahlkampfreden, einen Lenkungseffekt erzielen möchte, um das An­gebot an Wohnraum zu erhöhen, indem man vermeidbare Leerstände verrin­gert – was ja eigentlich etwas Gutes wäre, weil die Senkung der Kosten durch Steigerung des Angebotes ein Marktmechanismus ist, wobei ich mich ge­freut habe, dass so etwas angesprochen wird –, muss man sich überlegen, wie man das im Detail legistisch umsetzen kann, damit man auch nur die trifft, die es treffen soll, und nicht überwiegend diejenigen trifft, die man gar nicht treffen will. Ich stelle mir das sehr schwer vor. Ich habe noch keinen Vor­schlag gesehen, der über Überschriften und Wahlkampfreden hinausgeht. (Zwischenruf des Bundesrates Egger-Kranzinger.)

Jetzt zu konstruktiven Vorschlägen, wie unserer Meinung nach das Angebot an leistbarem Wohnraum vergrößert werden kann: Punkt eins wäre, dass man tatsächlich die Bauordnung und die Raumplanung als Instrument der Wohnraumschaffung nutzt. In den letzten Jahren war ja in Österreich zu beob­achten, dass bei den Wohnbauträgern und Projektentwickler:innen der Trend anteilsmäßig eher zum frei finanzierten Wohnbau geht, also weniger mit öffentlichen Fördermitteln gearbeitet wird, was zu einer Verteuerung von Wohnraum führt und außerdem die Schaffung von Eigentumswohnungen, von Wohneigentum erschwert.

Diese Entwicklungen könnte man abfedern und man könnte diesbezüglich ausgleichend wirken, wenn auf Landesebene die Bauordnungen innovativ ge­staltet werden und vor allem die Gemeinden eine vorausschauende Raumplanung machen. Ein Beispiel könnte etwa sein, dass im Flächenwid­mungsplan gezielt Bauland ausgewiesen wird, auf dem ein Mindestan­teil an gefördertem Wohnraum errichtet werden muss (Beifall des Bundesrates Egger-Kranzinger), um ein besser durchmischtes Angebot sicherzustellen.

Weiters gibt es bekanntlich das Problem, dass die stark gestiegenen Grundstückspreise, die einen großen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen, für das Steigen der Wohnkosten verantwortlich sind. Da könnte, da Grund­stücke ein knappes Gut sind, ein verbindliches und aktives Flächenmonitoring und ‑management der Gemeinden dafür sorgen, dass bereits ausgewie­senes beziehungsweise brachliegendes Bauland besser genutzt wird und keine neuen Flächen, die dann oft in Randlagen liegen – was, wie wir heute auch schon gehört haben, ein Problem ist –, in Anspruch genommen werden.

Zusätzlich könnte durch eine gezielte Erhöhung der zulässigen Bebauungsdichte dort, wo es möglich ist, mehr Wohnraum auf den bereits vorhandenen Grundflächen errichtet werden.

Beide Maßnahmen reduzieren außerdem den Bodenverbrauch, damit auch die Gesamtkosten von Wohnbauprojekten und in direkter Konsequenz den Kaufpreis der Wohneinheiten.

Die zweite Möglichkeit, die ich heute ansprechen möchte, wäre die Förderung innovativer Wohnmodelle, zum Beispiel wenn in der Widmungskategorie gemischtes Baugebiet die Möglichkeit geschaffen wird, dass Betriebsgebäude neu genutzt werden, indem die Umwidmung zu Wohnzwecken erleichtert wird. Da gibt es etwa in den Niederlanden ein Beispiel, das wir uns angeschaut haben, bei dem frühere Betriebsgebäude bereits erfolgreich umgerüstet werden, um Wohnbedarf zu decken. Das hat wiederum den Vorteil, dass in oft günstiger Lage neuer Wohnraum entsteht und wiederum keine zusätzliche Bodenversiegelung erforderlich ist.

Was uns NEOS auch vorschwebt und wo man etwas machen könnte, ist, dass für jüngere erstmalige Käufer beziehungsweise Käuferinnen von Eigen­tumswohnungen mehr Grundstücksflächen für leistbaren Wohnraum im Rahmen des geförderten Wohnbaus zur Verfügung gestellt werden, weil sich auch da zumindest mittelfristig enorme Chancen für günstigeren Wohnraum ergeben würden. – Vielen Dank.

17.29

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster ist Herr Bundesrat Mag. Sascha Obrecht zu Wort gemeldet. – Bitte, Sie sind am Wort.