17.29

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mich persönlich freut es ja, dass die Staatssekretärin ihren Sinn für Humor behalten hat. Ganz ehrlich, ich habe ein bisschen schmunzeln müssen: Im Kompetenzbereich des Bun­des sei bereits sehr viel passiert, was leistbares Wohnen betroffen hat. – Das finde ich schon eine mutige Ansage. Von 34 Vorhaben, die sich die Bun­desregierung schon damals, 2019, vorgenommen hat, sind bislang drei in Um­setzung, 31 stehen noch aus.

Auch eine weitere Antwort hat ganz gut dazu gepasst. Wir wollten nämlich wissen, wie es denn mit den anderen 31 ausschaut, und die Antwort darauf war: Die Abarbeitung kann nicht vorweggenommen werden! – Na ja, vorweg­genommen werden: Wir sind jetzt im Jahr 2023. Diese Bundesregierung wird vielleicht kürzer, aber längstens bis 2024 im Amt sein. Wann kann man denn damit rechnen, dass man die Projekte oder die Ergebnisse der Projekte erfährt oder irgendwann bekommt? Bei der Angelobung einer neuen Regierung wird es dann zu spät sein, und von 2019 bis jetzt, da könnte schon etwas passiert sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe noch ein paar andere Sachen von Ihren Antworten mitschreiben können, will aber zuerst noch auf Kollegin Eder-Gitschthaler replizieren, die völ­lig zu Recht gesagt hat, Salzburg sei ein wunderschönes Bundesland. (Bun­desrätin Eder-Gitschthaler: Ja, sehr schön!) – Das finde ich auch, ich bin gern in Salzburg, man kann gleichzeitig aber auch sagen, dass vielleicht der Wohnungsmarkt in Salzburg nicht so gut läuft und dass das auch ein Versagen der Landesregierung ist. Man kann nämlich das eine sagen und das ande­re auch. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine ganz besondere Chuzpe, die immer wieder vonseiten der ÖVP kommt, ist: Erleichterungen beim Kauf des ersten Eigentums, das soll es sein, Erleich­terungen beim ersten Eigenheim statt einer Mietpreisbremse! – Ich frage mich da immer – tatsächlich, das ist wirklich eine Frage für mich –, ob wir in unterschiedlichen Universen leben, denn ich kenne niemanden, der sich das leisten kann, wirklich niemanden, und wir sagen das immer wieder. Viel­leicht aber kennen Sie die jungen Leute, die 500 000 Euro auf der hohen Kante haben. Ich kenne sie nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Für mich klingt das tatsächlich immer nach dem Ausspruch von Marie Antoinette: Wenn sie sich kein Brot leisten können, dann sollen sie eben Kuchen essen! (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Das ist zynisch!) – Ja, tatsächlich ist es zynisch. Es ist zynisch, Leuten, die sich sicher kein Eigentum leisten können, zu sagen: Na ja, macht es doch einfach! Wir machen nichts bei der Miet­preisbremse, denn: Kauft euch einfach ein Eigentum! Es ist uns egal, ob ihr kein Geld dafür habt! – Das ist zynisch. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Es ist wirklich schön, wenn Sie beim geförderten Mietbereich etwas machen, das ist tatsächlich eine gute Sache. Was Sie nicht dazugesagt haben, ist, dass das in Salzburg nicht einmal eine von fünf Wohnungen betrifft, so gering ist der Anteil an geförderten Wohnungen. Das sollte man der Vollständigkeit hal­ber dazusagen. Der Vergleich macht sicher: In Wien sind über 60 Prozent aller Wohnungen im geförderten Bereich oder im Eigentum der Stadt. Das ist tatsächliche Politik zugunsten von Mieterinnen und Mietern! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben zusätzlich auch noch erwähnt, dass man in Salzburg auf den Stopp der Spekulation mit Grund und Boden setzt. – Super, das ist eine Parole, die, glaube ich, alle hier unterschreiben. Wie läuft es denn damit? (Heiterkeit bei der SPÖ.)  Also ich habe das Gefühl, es läuft nicht gut. Kollegin Kittl hat völ­lig zu Recht gesagt, dass man sich da von Wien etwas abschauen kann – das ist auch richtig, das haben wir damals gemeinsam mit den Grünen gemacht –, nämlich die Widmungskategorie sozialer Wohnbau.

Worum geht es konkret? – Sie kennen das Beispiel vermutlich alle: Es gibt Grünland, das steht einfach da, irgendein Spekulant kauft sich dieses Grünland und hofft darauf, dass es in Bauland umgewidmet wird, und dann kann er es um ein Vielfaches des Preises verkaufen.

Das wollten wir in Wien nicht, deswegen haben wir gesagt: Wenn das in Bauland umgewidmet wird, dann muss das in die Kategorie geförderter Wohnbau umgewidmet werden. Zwei Drittel der Wohnungen, die dort errichtet werden, sollen dann geförderte sein, damit wir der Spekulation mit Grund und Bo­den auch wirklich Herr werden, weil das tatsächlich ein Problem ist. Ich verstehe auch nicht, warum man sich das zum Beispiel nicht abschauen würde. Ich glaube, dass das eine extrem sinnvolle Maßnahme – quer durch Österreich – ist; deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Flächenwidmung ,Sozialer Wohnbau‘ zur Schaffung von leistbarem Wohn­raum in den Bundesländern“

Worum geht es dabei konkret?

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für EU und Verfas­sung im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert die Flächenwidmungskate­gorie ,Sozialer Wohnbau‘ zu fördern und dem Nationalrat sowie dem Bundesrat ein Gesetzespaket vorzulegen, das die verfassungsrechtliche Absicherung der Flächenwidmung ,Sozialer Wohnbau‘ (in Artikel 11 Abs. 1 Z 3 B-VG) imple­mentiert.“

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Dies deshalb, damit das auf fixen Beinen steht, noch mehr, als es das jetzt schon tut, und damit es noch einen positiven Anreiz für die anderen Bundesländer gibt, da nachzuziehen, weil es ein Erfolgskonzept ist und weil es eine Nachahmung verdient.

Neben all dem komme ich auch noch zu einer anderen Sache, die Kollegin Kittl vorgebracht hat. Da waren einige richtige Sachen dabei, ein paar Sachen sehe ich anders. Vielleicht fangen wir mit jenen an, die ich genauso sehe: Eine der wichtigsten Aufgaben von uns Politikern ist es, genügend Wohnraum zu schaffen oder zumindest Maßnahmen zu setzen, damit das ermöglicht wird. Wien ist da tatsächlich ein Vorreiter, es kommen regelmäßig Delegationen aus dem Ausland hierher, um sich den sozialen Wohnbau in Wien anzuschauen.

500 000 Menschen wohnen in einem Gemeindebau, in 220 000 Gemeindewoh­nungen. Ich selbst bin in einer solchen aufgewachsen und bin sehr glücklich darüber. 4 000 neue werden jetzt auf den Weg gebracht, damit wir an diesem Modell ansetzen und auch weiterbauen. Der geförderte Wohnbau wird in Wien forciert. Warum? – Weil wir wissen: Wenn wir ein Angebot schaf­fen, wenn wir schauen, dass möglichst viele Wohnungen gebaut werden, können wir auch gleichzeitig den Preis drücken, und zwar nicht nur bei den Woh­nungen, die der Stadt selbst gehören, die von der Stadt gefördert werden, son­dern zusätzlich erreichen wir einen preisdämpfenden Effekt bei den pri­vaten Wohnungen, denn deren Vermieter können dann nicht irgendeinen Preis verlangen. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil Sie den Leerstand angesprochen haben und gemeint haben, es gibt bei Wiener Wohnen durchaus Leute, die illegalerweise einen Zweitwohn­sitz in einer Gemeindewohnung haben: Natürlich, deswegen geht ja Wien teilweise auch mit Privatdetektiven vor, wenn sich ein Verdacht erhärtet. Wenn Sie also konkret eine Verdachtslage haben, bitte diese einfach Wiener Wohnen zu melden! Die gehen dem gerne nach. Es ist ja auch in unser aller In­teresse, dass leistbares Wohnen jenen Leuten zugutekommt, die es wirk­lich brauchen.

Ich glaube, da reden wir eigentlich nicht gegeneinander, deswegen habe ich das Argument nicht verstanden, warum Sie das jetzt genauso aufgreifen. Ich glaube, die Stadt macht da fast alles, was sie kann. Ich wüsste nicht, wie es viel besser geht, aber wenn Sie da Ideen haben, greifen wir diese gerne auf.

Die einzige Idee, die dann immer kommt und die wir auch unterstützen, die wir auch schon öfters eingebracht haben, aber halt auf Bundesebene, nicht auf Landesebene – warum, erkläre ich gleich –, ist die Leerstandsabgabe. Ich war erstaunt, dass die Staatssekretärin gemeint hat, die Leerstandsabgabe sei nicht im Regierungsprogramm enthalten – das war eine offizielle Antwort. Ich zi­tiere aus dem Regierungsprogramm – offiziell –: „Die Bundesregierung möch­te das Angebot an Wohnungen vergrößern und wird zu diesem Zweck gemein­sam mit den Ländern den Leerstand mobilisieren.“

Okay, da steht nicht die Abgabe drinnen, aber was bedeutet es denn sonst? Was bedeutet es denn sonst, wenn es nicht die Abgabe ist? (Bundesrat Buch­mann: ...  teleologisch das nachzuvollziehen ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, Sie haben absolut recht, wörtlich steht es da nicht drinnen, aber ich kann das nicht anders deuten als im Sinne einer Leerstandsabgabe. Das ist ein bisschen eine Mogelpackung, zu sagen, es stehe nicht drin.

Dann haben Sie auch noch gesagt: Der Lenkungseffekt von so einer Abgabe wird von Experten bezweifelt. – Was stimmt, ist: Wenn es niemandem wehtut, gibt es tatsächlich keinen Lenkungseffekt. Und jetzt haben wir genau das Pro­blem, das wir bei diesem Thema immer haben. Wien hatte ja schon so eine Leerstandsabgabe mit einem starken Lenkungseffekt. Das hat die Leute wirklich etwas gekostet. Deswegen hat es der Verfassungsgerichtshof aufgehoben, weil er gesagt hat: Liebe Stadt Wien, das dürft ihr nicht, da muss der Bund ran, der Bund muss so eine Abgabe schaffen! – Das ist auch der Grund, warum wir es immer vom Bund fordern: Weil die einzige Leerstandsabgabe, die wir im Land umsetzen dürfen, eine ist, die keinen mobilisierenden Effekt haben darf. – Na super! Was fangen wir mit so einer Leerstandsabgabe an?

Ganz im Gegenteil, die Bundesländer, die das aus hehren Motiven – das wird so sein – machen, nehmen den Druck vom Bund ein bisschen raus, weil es dann heißt: Es gibt ja ohnehin schon eine Leerstandsabgabe! – Das ist aber eine Mogelpackung, auch da. Die Leerstandsabgabe, die einen mobilisierenden Effekt hat, durch die also wirklich Wohnraum geschaffen wird, ist eine, die nur vom Bund eingeführt werden kann. Sie wird regelmäßig von der ÖVP ver­hindert, und kein Mensch versteht, warum. Es gibt auch ÖVP-Landeshauptleute, die sie fordern, und trotzdem machen Sie sie auf Bundesebene nicht. Das geht mir nicht ein. Deswegen glaube ich, dass es auch eine Notwendigkeit gibt, über den Entschließungsantrag des Kollegen Schmid eine namentliche Abstimmung durchzuführen, um zu sehen, wie es die Bundesrätinnen und Bun­desräte in diesem Haus tatsächlich mit einer Leerstandsabgabe halten, und zwar nicht mit einer Leestandsabgabe der Länder, die keinen mobilisie­renden Effekt hat, sondern mit einer echten Leerstandsabgabe, die nur der Bund umsetzen kann und die er endlich umsetzen muss. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

17.38

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Flächenwidmung ,Sozialer Wohnbau‘ zur Schaffung von leistbarem Wohnraum in den Bundesländern“ ist genügend unterstützt und steht dem­nach mit in Verhandlung.

Herzlich willkommen an die weitere Gästegruppe in unserem Haus: Willkommen im Bundesrat! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Silvester Gfrerer. – Bitte, Sie sind am Wort.