19.22

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Danke, lieber Kollege Buchmann, dass du – wie hat es Hübner ausgedrückt: wir haben das im Ausschuss besprochen – gesagt hast, dass das eigentlich mit überwältigender Mehrheit von drei Fraktionen ab­gelehnt wurde. (Heiterkeit des Redners sowie des Bundesrates Schreuder.) Wenn das „besprochen“ heißt, soll es so sein.

Zwei Kontraredner zu einem Bericht über europäische und internationale Angelegenheiten, Arbeitsprogramm der EU: Im Grunde ist darin der Stand der Diskussion innerhalb der Europäischen Union und dazu die österreichi­sche Position zusammengefasst. Ich schließe mich noch einmal Kollegen Buch­mann an: Hinsichtlich der Erweiterung der Europäischen Union, Herr Außenminister, kann es natürlich nur klarer Fokus von Österreich sein, dass der Westbalkan selbstverständlich in der Poleposition steht.

Mit Mazedonien laufen die Verhandlungen seit 15 Jahren, mit Montenegro mehr als zwölf Jahre, und mit dem Kosovo kommen wir Stück um Stück voran. Sogar im Europarat ist der Kosovo ja schon Teilmitglied, und wir hoffen, beim Summit in Island – ich weiß nicht, ob Sie oder der Bundeskanzler zum Summit fahren – den Kosovo gänzlich aufnehmen zu können. Bei der Venice Commission und bei der Bank des Europarates ist der Kosovo – übri­gens im Unterschied zu Österreich – bereits Mitglied.

Die Ukraine, Moldau und Georgien – da ist ganz viel Symbolik drin –, alle drei Länder haben besetzte Territorien: Transnistrien in Moldawien, Abchasien und Ossetien in Georgien und der Donbass und die Krim, was die Ukraine be­trifft. Das heißt, es wird ein sehr, sehr langer Prozess, und ich habe den Vertretern dieser drei Länder bei jeder Möglichkeit, zuletzt bei der Cosac auch gesagt: Die Hauptverpflichtung Europas ist einmal, den Westbalkan zu priorisieren, denn der Westbalkan braucht diese Stabilität.

Herr Außenminister, ich hätte ein paar Fragen. Ich glaube, Kollege Hübner war es, der die Friedensfazilität angesprochen hat. Bisher hat die Europäische Union 12 Milliarden Euro an Hilfe für die Ukraine geleistet. Davon wurde auch Munition und so weiter beschafft, und Österreich hat sich bei der Liefe­rung und Beschaffung von Waffen und Munition immer konstruktiv enthalten. Meine Frage ist: Wird diese konstruktive Enthaltung in Zukunft mit Malta und Irland auch weiterhin besprochen, denn es ist ja geplant, dass auch andere Mittel der Europäischen Friedensfazilität zur Verfügung gestellt werden sollen?

Nächste Frage: Unter schwedischem Vorsitz sollte eigentlich der große Moment kommen, dass die Europäische Union endlich der Istanbulkonvention des Europarates beitritt. Können Sie uns ein bisschen berichten, ob das jetzt realis­tisch ist? Das ging bei unserer Aussprache mit der schwedischen Botschaf­terin nicht so genau hervor, deshalb rechnen wir, dass Sie als Außenminister das wahrscheinlich besser wissen.

Das Nächste ist: Ich selber bin jetzt seit zehn Jahren – zehn Jahre! – an den Gesprächen beteiligt, dass die EU als Gesamtes dem Europäischen Men­schenrechtsgerichtshof beitritt. Das wäre eine Sensation, und es würde sich nicht so viel ändern, außer dass sich die gesamte Europäische Union als Ganzes, als internationale Gemeinschaft hinter dem Europäischen Menschen­rechtsgerichtshof einfindet und viele Staaten dadurch auch weniger Chancen haben, sich den Erkenntnissen und Urteilen des Europäischen Men­schenrechtsgerichtshofes zu entziehen oder diese nicht umzusetzen.

Eine weitere Frage: Der Bundeskanzler war vor einem Jahr in Serbien, und da hat er gemeint, er versteht, dass Serbien die Sanktionen nicht mitträgt. Er hat aber auch gemeint, er befürwortet einen noch schnelleren Beitritt des Westbalkans zur Europäischen Union. Ist das die Position der EU oder ist das ein Sonderweg Österreichs, was das betrifft?

Der frühere Bundeskanzler, dem Sie ja besonders nahestanden, stand dem früheren wie heutigen israelischen Premierminister sehr nahe. Ich habe eine Frage betreffend diese umstrittene Justizreform, die in Israel auf den Weg gebracht wird, die Hunderttausende Menschen auf die Straße treibt, weil diese sich wehren, dass durch diese Reform im Grunde die Demokratie und vor allem die Unabhängigkeit der Justiz abgeschafft wird: Wie sieht da die Posi­tion Österreichs zu diesen Vorgängen aus? Gibt es bilaterale Kontakte zu Israel? Hat die EU da entsprechende Kontakte? (Vizepräsident Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Eine allerletzte Frage, Herr Außenminister, die Sie aus dem Handgelenk be­antworten können: In diesem Bericht ist ganz klar, dass Österreich eine strategische Partnerschaft mit dem Welternährungsfonds plant, und zwar im Rahmen von ungefähr 60 Millionen Euro im Zeitraum von 2023 bis 2025.

Das ist interessant und ich begrüße das – wahrscheinlich die Kollegen am rechten Flügel weniger, weil es ja eine internationale Zusammenarbeit ist. Was aber bedeutet in diesem Zusammenhang „strategische Partnerschaft“? Was ist darunter zu verstehen und wie wird das finanziert?

Ich verschließe mich nicht der eingangs diskutierten Frage, die wir ja auch im EU-Ausschuss abgelehnt haben. Ich denke, wir sollten ein wenig weniger Mythos um diese Rücknahmeübereinkommen machen. Nach dem Kanzler und dem Innenminister war ich in Marokko. Marokko denkt nicht daran, straf­fällige Staatsbürger und -bürgerinnen in sein Land zurückzunehmen. Es ist besser (Zwischenruf des Bundesrates Spanring) – ja, lieber Kollege Spanring –, das Geld, das wir in sinnlose Abschiebeaktionen stecken, lieber in sinnvolle Integra­tionsbemühungen zu stecken. Das haben wir ja gerade mit der Fami­lie aus Haslach gesehen. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

In diesem Sinne: Wir werden diesen Bericht zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich erteile Herrn Kollegen Schreuder das Wort, wenn er mir das erlaubt.