20.59

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Intention dieses Gesetzes ist super: Es geht darum, Hürden im Arbeitsmarktzugang für aus der Ukraine Vertriebene zu beseitigen. Da kann ich mit. Das ist eine Intention, die ich verfolgen kann. (Bundesrat Schreuder: Na dann!) Nur: Machen wir das mit diesem Gesetz tatsächlich? – Die Antwort ist leider: Nein.

Warum sage ich das? – Die Beschäftigungsbewilligungspflicht wird für aus der Ukraine Vertriebene beseitigt. Die Beschäftigungsbewilligung wurde in der Vergangenheit aber ohnehin ohne Arbeitsmarktprüfung an aus der Ukraine Vertriebene vergeben. Ganz ohne Prüfung wurde diese unbürokratisch sofort bei Antragstellung erteilt.

Es gibt nur eine Sache, die vom AMS gemacht wurde: Es wurde gemonitort, also man hat die Daten behalten und die Kontrolle behalten und man hat vorab die Lohn- und Arbeitsbedingungen dieser Menschen geprüft. Man hat sich also angeschaut, ob die Arbeitsbedingungen der Ukrainerinnen und Ukrainer dort vor Ort passen. Das geben wir auf. Wir beseitigen damit also nicht eine bü­rokratische Hürde, wie das dargestellt wird, wir beseitigen ein bisschen etwas von einem Schutzniveau, nämlich die Sicherheit für die Menschen, dass die Arbeit, in die sie sich begeben, auch tatsächlich in Ordnung ist. Das ist eine Sache, die finde ich nicht gut. Da kann man noch so oft sagen, man beseitigt damit Hürden – das tut man nicht, man beseitigt Schutzmechanismen.

Das Zweite, und das ist ein bisschen ein Stückwerk, ist die Frage der Stammmit­arbeiter. Worum geht es da konkret? – Wenn sie zwei Jahre hintereinan­der Stammsaisonniers waren, war bislang vorgesehen, dass sie Sprachkenntnisse auf dem Niveau A2 haben, das ist ein bisschen mehr als rudimentäre Sprachkenntnisse, und dann bekommen sie die Rot-Weiß-Rot-Karte, also einen unbeschränkten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt. Ein paar an­dere Kriterien gibt es auch noch, aber das ist der Knackpunkt.

Der Punkt ist nur: Jetzt wollen wir von A2 auf A1 runter. Mit mir kann man ja über vieles diskutieren, aber der Punkt ist, es geht wieder um dieselben Branchen wie immer, wenn es bei der ÖVP um etwas geht: Es geht um den Tourismus und es geht um Land- und Forstwirtschaft, um diese beiden Branchen geht es – Branchen, die bekanntlich natürlich auch oftmals Schindluder treiben, muss man leider sagen. (Widerspruch bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bun­desrätin Platzer.) – Ja, ist das so? Ich kann Ihnen das sogar statistisch be­legen: 4 Prozent aller Arbeiterkammermitglieder sind in der Gastro, in der Hotel­lerie beschäftigt; 10 Prozent aller Beratungsfälle kommen aus dem Feld. (Bundesrätin Schumann: Ja genau!) Das zeigt, dass da etwas im Argen und im Schiefen liegt. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Bundes­rätin Platzer.)

Dass Sie dann von A2 auf A1 runtergehen, führt als Ergebnis nur zu einem: nämlich dass noch mehr Arbeitnehmer:innen in dem Fall aus dem Ausland dazu­kommen können. Sie schaffen sich eine industrielle Reservearmee; das ma­chen Sie, anstatt die Arbeitsbedingungen dort tatsächlich zu verbessern, und das ist auch eine Sache, die ich nicht unterstützen kann.

Das Dritte – das ist vielleicht ein bisschen ein weniger starker Fauxpas, aber es ist trotzdem nicht schlüssig –: Für den Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte gibt es ein Punktesystem, man hat für Sprachkenntnisse Punkte bekommen, Deutsch und Englisch waren es bisher; jetzt führt man drei Sprachen dazu ein, nämlich BKS – also Bosnisch, Kroatisch, Serbisch –, Spanisch und Französisch nimmt man rein. Die Frau Staatssekretärin hat bereits in der Nationalratsdebatte erklärt, warum Spanisch dazugekommen ist, und das erschließt sich mir total, der Argumentation kann ich folgen: Spanisch ist eine große Weltsprache, absolut nachvollziehbar. BKS kann ich vielleicht ein bisschen nachvollziehen, da weiß ich ungefähr, wo der Gedanke her­kommt. Bei Französisch fällt es mir schon wesentlich schwerer. Warum nicht Italienisch? Das könnte im Tourismus in Österreich genauso praktisch sein. Man hat diese drei Sprachen genommen.

Ich habe die Fachmitarbeiter des Ministeriums gefragt, ob es ein verallge­meinerungswürdigeres Prinzip dafür gibt, dass diese drei Sprachen ausgewählt wurden. Man hat mir gesagt: Nein, es gab schon Erwägungen, aber so ein Prinzip gab es nicht. – Man hat die drei Sprachen anscheinend gewürfelt, und das ist ein bisschen zu wenig. Ein bisschen eine wissenschaftliche Fundie­rung für Gesetzesvorhaben wäre schon eine gute Sache. – Frau Staatssekretärin, Sie sind ja in die Redner:innenliste eingemeldet: Im Nationalrat haben Sie es nicht begründet, vielleicht begründen Sie es hier: Warum Französisch, warum nicht Italienisch? Ich wäre persönlich sehr auf Ihre Antwort gespannt.

Dieses Gesetz – und damit bin ich schon beim Abschluss – ist nämlich eine Sache: Es sind vier Absätze, dabei sind drei Böcke geschossen worden, zwei davon sehr grob. Das ist ein Riesenpfusch, für den ich null Verständnis habe. (Beifall bei der SPÖ.)

21.03

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Heike Eder. – Bitte, Frau Bundesrätin.