13.49

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte als Erstes auf den finanziellen Aspekt dieser Gesetzesnovelle eingehen.

Die Rednerin der ÖVP vorhin hat sich dafür gerühmt, dass die GIS-Gebühren abgeschafft werden. Das ist natürlich in zweifacher Form nicht ganz richtig. Erstens einmal gab es nie GIS-Gebühren. GIS ist der Name der Gesellschaft, die die Rundfunkgebühren, das ORF-Programmentgelt, die Landesabgaben und die Steuern eingehoben hat.

Die GIS gibt es nach wie vor, sie wird nur umbenannt. Das ist in diesem Fall konsistent, weil ja die Rundfunkgebühren abgeschafft werden, weil bei den Geldern, die die Gesellschaft in Zukunft einhebt, keine Gebühren mehr dabei sind, weswegen es sinnlos wäre, die Gesellschaft Gebühren Inkasso Service oder Gebühren Info Service zu nennen. In Zukunft wird ein ORF-Beitrag, der das Programmentgelt ersetzt, eingehoben, und deswegen heißt die GIS in Zukunft ORF-Beitrags Service GmbH; es ist aber ein und dieselbe juristische Person, nur mit einem anderen Namen.

Das große Problem dieser Reform ist, dass weiterhin die bundesgesetzliche Möglichkeit besteht, Landesabgaben einzuheben. Bei dieser ORF-Reform hätte gleich gesetzlich festgelegt werden können, dass das nicht mehr möglich ist.

Eine weitere beziehungsweise die noch größere vergebene Chance bei diesem Gesetzentwurf ist, dass die Gremienstruktur des ORF überhaupt nicht angetastet wird, in Wirklichkeit einzementiert wird. Das verdeutlicht, dass die Regierung die politische Einmischung durch den Stiftungsrat unter keinen Umständen ändern will. Gerade im Hinblick auf die wirklich bedenkliche Plat­zierung in der Rangliste der Pressefreiheit mit Platz 29 und die bekannt gewordenen Interventionsversuche diverser Politiker direkt bei Redakteuren des ORF sollte es eigentlich völlig selbstverständlich sein, dass die Regierung die Entpolitisierung des ORF fördert.

Aber ganz im Gegenteil, seit Jänner 2021 ist bekannt, dass es zusätzlich zur Regierungsvereinbarung auch einen Sideletter zwischen den Regierungsparteien ÖVP und Grüne gibt. Dieser enthält neben anderen Absprachen zu Posten und politisch heiklen Themen auch Absprachen zum ORF. Darin werden die ORF-Direktoriumsposten im Verhältnis drei zu zwei – drei ÖVP, inklusive General­direktor, zwei Grüne – aufgeteilt. Selbst der damalige Generaldirektor Alexander Wrabetz, der laut eigenen Angaben von den Absprachen wusste, war über deren Detailgrad erstaunt. Auch der ORF-Redakteursrat hat sich per Aussendung zur Thematik sehr kritisch geäußert. Es stellt sich nämlich die Frage, ob die aufgetauch­ten Absprachen überhaupt mit dem ORF-Gesetz, insbesondere § 1 Abs. 3, vereinbar sind.

Weiters gibt es auch gar keine Bemühungen, das völlig verfehlte Anhörungsrecht der Landeshauptleute bei der Bestellung der Landesdirektorinnen und ‑direktoren aufzuheben. Die Bestimmungen des ORF-Gesetzes erwecken den Anschein, als wären bei der Ernennung der Landesdirektorinnen und -direktoren vor allem politische Überlegungen ausschlaggebend. Deren Bestellung geht nämlich eine vermutlich positive Stellungnahme des jeweiligen Landes voraus – Anhörungs­recht der Länder in § 23 Abs. 2 Z 3 ORF-Gesetz. Dass sich die Landeshauptleute in die Personalangelegenheiten des ORF einmischen dürfen und sollen, steht dem Grundsatz eines unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks seit jeher diametral gegenüber. Die Beurteilung der Eignung eines Kandidaten bezie­hungsweise einer Kandidatin als Landesdirektorin, Landesdirektor soll nämlich ausschließlich auf objektiven und fachlichen Kriterien beruhen und nicht auf politischer Einflussnahme.

Dabei ist der Grundsatz der Unabhängigkeit des ORF im ORF-Gesetz eigentlich selbst an vielen Stellen ausdrücklich festgehalten, so etwa in § 4 Abs. 6 ORF-Gesetz. Für politische Einflussnahmen darf kein Platz sein. Diese Unabhängigkeit ist aber in Gefahr, wenn den Landeshauptleuten eine Art Vetorecht zukommt und die Möglichkeit besteht, dass potenzielle Direktorinnen und Direktoren sich zu politisch motivierter Berichterstattung verleiten lassen, um ihre Chancen für eine Ernennung oder Verlängerung zu erhöhen. Nicht zuletzt die Causa um den mittlerweile versetzten Direktor des niederösterreichischen Landesstudios, der massiv zugunsten der ÖVP in die Berichterstattung eingegriffen hat, zeigt den dringenden Reformbedarf.

Einmal mehr wird klar, dass die Regierung der langjährigen Forderung nach einer Entpolitisierung des ORF und seiner Gremien nicht nachkommt und es daher auch nicht zustande bringt, dass der öffentlich-rechtliche ORF unabhängig und im Sinne des ORF-Gesetzes arbeiten kann. Dazu wäre der wichtigste erste Schritt eine Neuorganisation der Gremien des ORF. Publikums- und Stiftungsrat sollen nicht mehr von parteipolitischer Logik dominiert werden. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

13.53

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundes­minister MMag.a Dr.in Susanne Raab. – Bitte. (Die Bundesrät:innen der FPÖ halten während der folgenden Rede wieder die Tafeln, auf denen jeweils „ORF Zwangs­steuer“, in roter Schrift durchgestrichen, steht, in die Höhe.)