14.56

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die erschütternde Serie von Morden und Gewaltverbrechen an Frauen nimmt leider kein Ende, und Österreich ist da trauriger Spitzenreiter.

Wir haben das ja schon unzählige Male hier im Hohen Haus thematisiert und auch wirksame Maßnahmen eingefordert. Geschehen ist leider wenig, zumindest zu wenig, wie die traurige Realität zeigt, wie auch Kollegin Eder-Gitschthaler vorhin gerade geschildert hat.

17 – mutmaßlich 17 – Frauenmorde sind einfach ein unglaublich erschütterndes Signal, und heute wird mit dieser 15a-Vereinbarung, dieser Bund-Länder-Vereinbarung für mehr Gewaltschutzmittel und Schutzunterkünfte für Frauen und Kinder zwar ein kleiner Schritt gesetzt, aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.

Das ist begrüßenswert, insbesondere, dass es sich, wie es sich abzeichnet, da um eine Konsensmaterie handeln wird, dass ein gemeinsames Zeichen gesetzt wird. Das ist in dieser erschütternden Ausgangslage absolut erfreulich und begrüßens­wert. 90 Plätze für Frauen und ebenso viele für Kinder sollen mit diesen Mitteln geschaffen werden, inklusive Betreuung und psychosozialer Beratung für Frauen und Kinder, die ja oft traumatisiert sind, gerade wenn sie Gewalthandlungen gegen die eigene Mutter mitansehen mussten.

Ich möchte auch in Erinnerung rufen, dass Österreich insbesondere in den Neun­zigerjahren und in den Folgejahren in Sachen Gewaltschutzgesetze als Vorbild­land gegolten hat. Mit Frauenministerinnen wie einer Johanna Dohnal, einer Barbara Prammer, um nur einige zu nennen, wurden europaweit die ersten Gewalt­schutzgesetze auf Schiene gebracht, mit dem revolutionären Ansatz des Weg­weiserechts, das heute Betretungs- und Annäherungsverbot heißt.

Das Prinzip dahinter lautet, dass die gewalttätige Person weggewiesen wird und nicht das Opfer das gewohnte Umfeld verlassen muss. In der Praxis sieht es dann aber doch oft so aus, dass die Eigentumsverhältnisse oder auch die Sicher­heitsverhältnisse genau dieses Prinzip nicht zulassen und es eben gesicherte Unterkünfte für die Opfer braucht.

Je nach Sicherheitsbedürfnissen gibt es ein abgestuftes System, beginnend mit den Frauenhäusern, die quasi fast Hochsicherheitstrakte darstellen und höchste Sicherheitsstandards bieten. Sehr oft sind die Adressen dieser Häuser bewusst gar nicht bekannt, um eben ein weiteres Nachverfolgen der Opfer zu verhindern. Solch ein Aufsuchen eines Frauenhauses ist natürlich ein ganz gravierender Schritt, weil die Frauen und eben auch die Kinder ihr gewohntes Umfeld verlassen müssen, in dem gerade die Kinder in die Schule gehen, wo sie ihren Freundeskreis haben.

Die Steiermark ist deshalb schon sehr früh den Weg einer regionalen Versor­gung mit Schutzwohnungen, mit Übergangswohnungen möglichst in allen Regionen gegangen. Da kann sich die Salzburger Landesrätin einiges an Best-Practice-Beispielen anschauen – das würde ich auch sehr empfehlen –, weil sich genau dieser regionale Ansatz und die Anbindung an Frauenberatungs­stellen, die durch ihr qualifiziertes Personal Frauen und Kinder in dieser Ausnah­me­situation auch bestens betreuen können, sehr, sehr bewährt haben. Da ist es natürlich sehr, sehr begrüßenswert, dass dieses langjährige Engagement nun auch bundesseitig stärker unterstützt wird und so auch ausgebaut werden kann.

Wir in der Steiermark haben auch einen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für Gewaltopfer, und auch da wäre es wünschenswert, dass dieser Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe auf Österreich ausgedehnt werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist nämlich gerade in Zeiten wie diesen notwendig – der Bedarf steigt leider stetig –, wie uns das besonders derzeit aus diesen Einrichtungen auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitgeteilt wird: Insbesondere die gestiegenen Lebenshaltungskosten – vor allem fürs Wohnen, für Lebensmittel, für Energie – veranlassen immer mehr Frauen, an belastenden Beziehungen, an problema­ti­schen Beziehungen, ja, auch an Gewaltbeziehungen festzuhalten, und der finanzielle Druck – das wird auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitgeteilt – sei sehr oft Auslöser für Konflikte und auch für Gewalthandlungen.

Deshalb sind insbesondere Maßnahmen zu Gleichstellung und Lohngerechtigkeit und auch der Kampf gegen die Teuerung Gewaltprävention im weiteren Sinne. Auch das muss in Zeiten wie diesen in Erinnerung gerufen werden: dass hier unglaublich viel zu tun ist, weil die Bevölkerung mit den Belastungen des Alltags einfach nicht mehr zurande kommt.

Was Gewaltprävention im engeren Sinn angeht: Auch dort muss noch viel, viel mehr geleistet werden. Gewaltprävention muss schon in frühester Jugend vermittelt werden. Gewaltfreie Konfliktlösung muss am besten schon in der Schule vermittelt werden (Ruf: Kindergarten!), idealerweise durch einen Ethikunterricht für alle. Es muss einfach wirklich in Fleisch und Blut übergehen, wie man friedlich, gewaltfrei Konflikte löst, und diesbezüglich ist noch einiges zu tun. Da sind natürlich alle gefragt, das ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag, es ist aber vor allem ein Auftrag an die Politik.

Darüber hinaus muss alles daran gesetzt werden, dass die Istanbulkonvention zum Gewaltschutz auch in Österreich vollumfänglich umgesetzt wird – mit mehr Geld für Gewaltschutz. Die Frauenberatungsstellen und Gewaltschutzzentren haben es ja ausgerechnet: 228 Millionen Euro wären notwendig. Kollegin Eder-Gitschthaler hat ja auch angeführt, dass jede dritte Frau von Gewalt betroffen ist, und so erklärt sich natürlich auch dieser hohe Betrag. Es ist einfach dringend notwendig, die Frauen, potenzielle Gewaltopfer zu schützen, und dafür muss auch das notwendige Geld in die Hand genommen werden.

Wir sehen leider auch in der Praxis, dass viele – viel zu viele! – mutmaßliche Täter aus Mangel an Beweisen in einem Verfahren einfach unbestraft bleiben – oder es kommt erst gar nicht zu einem Verfahren –, und sie fühlen sich dann bestärkt. Da braucht es also dringend eine bessere Dokumentation durch Gewaltschutzambulanzen. Diese brauchen wir auch österreichweit flächendeckend, weil das ein unglaubliches Signal auch für die Opfer ist, die sich dann oft gar nicht trauen, sich zu wehren, weil sie der Ansicht sind, es werde ihnen ohnehin nicht geglaubt, weil sie Verletzungen nicht beweisen können. – Also auch da ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

Heute wird aber zumindest ein Hoffnung verheißendes Zeichen gesetzt, indem dieser gemeinsame Schritt gegen Gewalt hoffentlich dann auch wirklich einstimmig gesetzt wird, und dafür danke ich schon jetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

15.05

Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Bundesrat Markus Leinfellner. – Bitte sehr.