15.54

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuseher zu Hause! Frau Kollegin, a Laungs und a Broads täte man im Burgenland sagen; fürs Protokoll: ein Langes und ein Breites – viel reden, nichts sagen, Zeit schinden. (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Hahaha!)

Der Mutter-Kind-Pass ist und war ein familienpolitischer Meilenstein, als er in den Siebzigerjahren eingeführt wurde. Wir Sozialdemokrat:innen sind aber äußerst skeptisch, was die Ausgestaltung der aktuellen Vorlage betrifft. (Zwischen­ruf des Bundesrates Spanring.) Wir werden dem heute zu beschließenden Eltern-Kind-Pass so nicht zustimmen.

Wie ernst uns dieses Thema ist, zeigt, dass Kollege Günter Kovacs, der aus gesundheitlichen Gründen heute eigentlich nicht dabei hätte sein können, heute da ist. Danke, Günter, dass du die Anliegen der Familien im Land so ernst nimmst! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrät:innen Spanring und Doppler.)

Warum stimmen wir nicht zu? – Das ist ganz einfach: Die Umsetzung ist schlichtweg mangelhaft. Die Gesundheitsdaten von Frauen sind sensibel und schützenswert. Es bekommen immer noch die Frauen die Kinder. Den Schutz dieser hochsensiblen Gesundheitsdaten sehen wir als gefährdet an. Nunmehr haben 400 Familienberatungsstellen Zugriff auf den Eltern-Kind-Pass, weil sie als Gesundheitsdienstanbieter gelten. Auch die verpflichtende Elternberatung, die da so hereinschwebt, sehen wir problematisch. Es ist zu befürchten, dass man so zu einer Schwangerschaftsabbruchstatistik durch die Hintertür gelangt. (Bundesrätin Miesenberger: Wieso? Das wird ja nicht dokumentiert!) Das ist eine höchstpersönliche Angelegenheit jeder Frau. Da werdet ihr noch mit unserem massiven Widerstand zu rechnen haben.

Die weiteren Kritikpunkte neben diesen 400 Familienberatungsstellen, die als Gesundheitsdienstleister gelten: Nicht im Untersuchungsprogramm enthalten sind zum Beispiel so wichtige Vorsorgeuntersuchungen oder -behandlungen, die Logopäd:innen, Ergotherapeut:innen, Psycholog:innen oder auch Zahnärzt:innen anbieten. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Gerade die Coronapandemie hat uns gezeigt, wie wichtig gerade die psychologische Gesundheit ist. Mit dem Eltern-Kind-Pass wird eine weitere Gesundheitsdatenblackbox erstellt. Darin werden die Untersuchungsdaten von Schwangeren und Kindern 30 Jahre lang gespeichert. Das ist unverhältnismäßig – das muss ich Ihnen nicht sagen – und widerspricht dem Grundsatz der Datenminimierung.

Besonderer Dank gilt dem ÖGB, der in seiner Stellungnahme einen Grund­rechts­eingriff aufgezeigt hat. Dadurch hätten auch Daten zur psychischen Gesundheit von Müttern in den Eltern-Kind-Pass eingetragen und vom Vater abgerufen werden können. Gott sei Dank hat der ÖGB darauf beharrt, dass die Daten – vor allem zur psychischen Gesundheit der Mutter – nicht vom Vater einsehbar sind. Das ist nämlich ein wichtiger Erfolg für viele Frauen, vor allem, wenn es zu einer strittigen Trennung kommt, um etwa Missbrauch bei der Regelung der Obsorge zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Leistungen des Eltern-Kind-Passes sollen deutlich erweitert werden. Dafür sind wir eh, nur liefert das Gesetz dazu keine genauen Angaben. Der Umfang und die Art der ärztlichen Untersuchungen und Hebammenberatungen sind per Verordnung durch den Gesundheitsminister im Einvernehmen mit der Familienministerin festzulegen. Die Ermächtigungen sind zu weitreichend und vom Gesetz nicht ausreichend determiniert. Es ist nicht auszuschließen, dass künftig eine verpflichtende Elternberatung als Voraussetzung für den Kinderbe­treuungsgeldbezug in voller Höhe kommt.

Ganz nebenbei: Ganz ehrlich, glauben Sie wirklich, liebe Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und den Grünen, dass sich eine Änderung der Bezeichnung von Mutter-Kind-Pass auf Eltern-Kind-Pass tatsächlich positiv auf eine beabsichtigte stärkere Beteiligung von Vätern auswirkt und dann mehr Väter in Karenz gehen? – Das glaubt ihr ja selber nicht. Die Antwort ist: Nein. (Zwi­schenruf des Bundesrates Zauner.)

Wenn man dieses Ziel ernsthaft verfolgt, müssten viel mehr greifbare Maß­nahmen gesetzt werden, die wirklich helfen, etwa den Partnerschaftsbonus von derzeit rund 500 Euro auf 1 000 Euro pro Elternteil zu erhöhen, den Familien­zeitbonus zu erhöhen oder beispielsweise die Geldleistung während des Papa­monats auf die Höhe des fiktiven Wochengeldes anzuheben.

Auch Maßnahmen wie die kürzlich angekündigte Streichung von zwei Monaten Karenz für Mütter fördern die Väterbeteiligung absolut nicht. A long story short: Es gibt noch viel zu viele offene Fragen, deshalb werden wir dem Eltern-Kind-Pass in dieser Form nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.59

Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Johanna Miesenberger. – Bitte.