18.39

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin, zuerst herzliche Gratulation zur Präsidentschaft und alles Gute für Ihr halbes Jahr mit vielen interessanten Themen und spannenden Inputs, die den Bundesrat in seiner Qualität und seiner Besonderheit nach vorne bringen – und nicht in diesem Schauspiel, in dem wir uns heute befinden!

Ich finde es verständlich, dass man versucht, die Sitzung in die Länge zu ziehen, damit man ein Abstimmungsergebnis bekommt, das man gerne hätte. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Es muss dann aber schon klar sein: Wir sitzen jetzt hier in diesem klimatisierten Raum, während es draußen unglaublich heiß ist und Menschen auf der Baustelle hackeln, die keine Chance haben, in einem klimatisierten Raum zu sein.

Es gibt Menschen, die nicht wissen, wie sie jetzt noch über die Runden kommen, die Angst davor haben, in den Supermarkt zu gehen, die Dinge herausnehmen und dann wieder ins Regal stellen müssen, weil sie sich diese nicht leisten können. Es gibt eine Inflation, die überbordend hoch ist. Wir haben eine Regie­rung, die es nicht geschafft hat, die Inflation zu dämpfen. Wir haben Themen wie den Mutter-Kind-Pass, der jetzt in den Eltern-Kind-Pass umgewandelt wird, diskutieren aber nicht darüber, wie wir wirklich die Väterbeteiligung anheben können.

Sie haben es in dieser Regierung nicht geschafft, den Ausbau der Kinderbil­dungs­­einrichtungen wirklich voranzutreiben. Es gibt in Österreich 100 000 Frauen, die gerne mehr Stunden arbeiten würden, die es aber nicht können, weil vielen nicht die Kinderbildungseinrichtungen zur Verfügung stehen, um ihre Kinder gut betreut zu wissen. Das ist ein Problem! (Beifall bei der SPÖ.)

Die FPÖ schickt die Herdprämie ins Rennen. Ganz ehrlich: Ist Ihnen klar, dass diese Nichtwahlmöglichkeit für die Frauen einen Lebensverdienstsum­menent­gang ergibt, der unglaublich hoch ist? (Bundesrat Steiner: Na, stimmt ja nicht!) Das ist für sie das größte Problem: Sie möchten mehr Stunden arbeiten und können es nicht. Das heißt, die Frau verliert Einkommen, die Frau verliert in der Folge im Arbeitslosengeld, wenn sie arbeitslos wird, und sie verliert dann in der Pension, und Sie haben nichts dagegen gemacht.

Diese Bundesregierung hat ganz bewusst hingesehen. Die EU hat jetzt bei den Barcelonazielen gesagt: Wir steigern die Betreuungsschlüssel für die über Dreijährigen!, und die Regierung hat gesagt: Nein, das alte Ziel von 33 Prozent brauchen wir gar nicht mehr zu erreichen, wir senken das Ziel, wir gehen auf 31,2 Prozent! – So schaut es aus.

Wie schaut es denn aus mit der Beteiligung von Vätern, mit den Chancen von Vätern? Wenn Väter wirklich die Chance haben wollen, in einem Betrieb zu sagen: Ich möchte gerne in Karenz gehen, ich möchte länger zu Hause bleiben!, sind sie oft Repressalien ausgesetzt, dass sie es gar nicht durchstehen. Da sagen Chefs zu ihnen: Bitte, du kommst doch nicht auf die Idee, dass du jetzt in Karenz gehst?! – So schaut die Realität aus. Diese Väter gilt es zu unterstützen. Es gibt viele junge Männer, die sagen: Ich möchte sehen, wie mein Kind aufwächst!

Die Grundlage für die Zukunft einer guten partnerschaftlichen, gemeinsamen Erziehung der Kinder geht nur über gute Kinderbildungsplätze, über die Möglichkeit von Ganztagsschulen und über ein Leben, das man sich leisten kann. Das sind die Probleme, die die Menschen haben, und nicht, wie ich mich fühle. Das ist nicht die für die Menschen wichtige Frage, nicht, dass ich mir etwas von der Seele rede, denn das ist nicht die Aufgabe der Rede, auch nicht die eines ideologischen Grundkampfs, sondern es geht darum: Wie kann ich das Leben und die Situation der Menschen verbessern? – Das ist unsere Aufgabe. Für nichts anderes sitzen wir hier. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Toll!)

Wir alle haben die verschiedensten Zugänge, aber es gibt Realitäten, und die Realitäten sind, dass es vielen Menschen in Österreich jetzt wirklich, wirklich schlecht geht. Die haben keinen schönen Sommer. Jeder Dritte kann sich keinen Urlaub leisten. Eltern haben große Sorgen, weil sie sich die Nachhilfe für die Kinder nicht leisten können. Wie viele Millionen Euro werden für Nachhilfe ausgegeben? Viele fürchten sich vor dem Schulstart der Kinder, weil sie ihn sich nicht leisten können. Das sind die Probleme, die wir haben, sonst haben wir keine. Wir müssen - - (Bundesrat Kornhäusl: Schulstartpaket! Aber Schulstartpaket! Aber ist auch nichts, gell!? Ist auch zu wenig, alles zu wenig!) – Schulstartpaket, ja, ein Paket hin, ein Paket her.

Wir haben 8 Prozent Inflation und einen Finanzminister, der sich in der „Presse­stunde“ hinstellt und sagt (Bundesrat Schreuder: Wir haben die Sozialleistungen valorisiert!): Gewinne sind schon etwas Gutes! Die Übergewinne schöpfen wir ab! – Sie haben nur ganz wenige Übergewinne abgeschöpft, Sie haben die Reichen reicher werden lassen, und die Armen werden ärmer. Das ist ungerecht (Bundesrätin Platzer: 60 Euro pro Kind!), und dagegen werden wir kämpfen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Platzer: 60 Euro pro Kind!)

Wir wollen ein gutes Leben für alle. Wir lassen niemanden auf diesem Weg zurück – niemanden lassen wir zurück! (Bundesrätin Platzer: 60 Euro!) –, weil wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für alle einen schönen Sommer wollen. Ob es mir gut geht, ist eine Frage, aber nicht die wichtige, sondern wichtig ist, dass es meiner Nachbarin gut geht, die ein kleines Kind hat und alleinerziehend ist, dass es dem Bauarbeiter gut geht, der bei der Hitze von 37 Grad hackeln muss, dass es der Fabrikarbeiterin, die Schichten fährt, gut geht. Das ist die Aufgabe, für die ich mich und wir alle uns berufen sehen. So schaut es aus! Wir brauchen uns nicht mit uns selber zu beschäftigen, sondern mit den Menschen. (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

18.44

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte.