20.39

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Frau Präsidentin! Werte Mitglieder des Bundesrates! Ich fange gleich beim Letzten an: Sie laufen da bei mir offene Türen ein. Es ist vollkommen richtig, zu sagen, dass wir in die Prävention und in die gesunden Lebensjahre mehr investieren müssen. Sturzprävention gehört dazu, nachgehende, aufsuchende Arbeit, wie sie die Communitynurses auch leisten (Bundesrat Ebner: Es wird viel gemacht!), gehört dazu, nämlich dann hinzugehen beziehungsweise vorher hinzugehen, bevor es eskaliert, um eben mehr gesunde Lebensjahre zu ermög­lichen. Das ist auch Thema der Gesundheitsreform.

Zum Gesetz selber: Das ist eine Forderung aller Bundesländer – ich sage das in aller Deutlichkeit im Bundesrat dazu –, egal welcher Couleur. Die haben das massiv eingefordert, wir haben das gemacht und geliefert. Die Pflege ist Länder­zuständigkeit. Was wir machen können, ist, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass die Pflege verbessert wird und auch Geldmittel zur Verfügung stehen.

Das haben wir jetzt zweimal gemacht: einmal beim ersten Paket, bei dem es darum gegangen ist, die schon erwähnten Gehaltserhöhungen durchzusetzen. Ja, das war ein Kraftakt, und jetzt geht es darum, das im Wege des Finanzausgleichs dauerhaft abzusichern. Das ist eine der großen Übungen, dafür wird es zusätz­liches Geld geben, der Pflegefonds wird aufgestockt werden, damit das dauerhaft verankert wird. Dasselbe gilt für das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz, selbiges gilt auch für die Stipendien und die berufsbegleitenden Unterstützun­gen.

Die Nostrifizierungserleichterungen sind ein ganz wesentlicher Teil: das zu beschleunigen, Bürokratie abzubauen. Gerade heute – weil angesprochen wurde, ich solle doch mit Bundesminister Kocher reden – haben wir alle großen Pflegeverbände Österreichs eingeladen gehabt, um genau darüber mit ihnen zu reden: Wo liegen die Probleme, wo sind die Handlungsmöglichkeiten, wie kann es gelingen, zusätzliches Personal in akkordierter Weise auch im Ausland anzuwerben, und zwar aktiv und nicht nur wartend?

Da kommt dann auch der Punkt ins Spiel, die Arbeitsbedingungen attraktiv zu gestalten, den Menschen eine Perspektive zu geben und das auch auf Augenhöhe zu machen, nicht in einer Art neokolonialem System. Ich freue mich, dass ich mit Herrn Bundesrat Obrecht einen Mitstreiter habe, er wird mir sicher dabei helfen, dass Wien auch zustimmt, die persönliche Assistenz als Anstellungsverhältnis zu verankern. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Schreuder: Jawohl!)

Wien wehrt sich vehement dagegen; warum, ist mir vollkommen unerklärlich. Ich habe die Haltung: Ja, es braucht diese Angestelltenverhältnisse (Bundesrätin Schumann:  ... einmal die Behinderten selber, was sie dazu sagen, ...!), weil alles andere nicht durchhaltbar ist, auch höchstgerichtlich nicht. Und Sie haben schon recht mit Ihrer Kritik, auch was die 24-Stunden-Betreuung betrifft: Auch da würden wir es brauchen, das dauert noch ein bisschen. Sehr gerne aber bei der persönlichen Assistenz, da ist nämlich dieser Pilotversuch, der jetzt gestartet wird, ein wirklicher Meilenstein, und alle Behindertenverbände sehen das so.

Ich bedanke mich da jedenfalls für Ihre Unterstützung. (Bundesrätin Schumann: Ja, aber leider nicht finanzierbar! Das war immer das Problem ..., das haben schon viele versucht!) – Die Finanzierung ist gesichert, sorry, keine Frage. (Bundesrätin Schumann: Ja, ja!) Die ist gesichert und da gibt es das Geld dafür. (Bundesrätin Schumann: Das müssen die Länder sichern!) – Nein. (Bundesrätin Schumann: Na, was denn?!) – Wissen Sie, ich bin ja in den Finanzausgleichsverhandlungen relativ tief drinnen, und das, was die Bundesländer jetzt angeboten bekommen, ist mehr als sie je zuvor in irgendeinem - - (Bundesrätin Schumann: Ich glaube, das sehen die Bundesländer anders!) – Sorry, da bin ich ein bisschen tiefer in der Materie drinnen und weiß, was am Tisch liegt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was die Bun­des­länder für Gesundheit und Pflege angeboten bekommen, ist mehr – nur für Gesundheit und Pflege – als in Summe im letzten Finanzausgleich. Und das ist, finde ich, auch notwendig. Ich kämpfe auch dafür, weil ich die Notwendigkeit sehe, weil dort – wie soll ich sagen? – die Dinge nur verbessert werden können, wenn neues Geld ins System hineinkommt.

Das ist in der Pflege dringend notwendig. Da wird das Geld allein aber nicht ausreichen, deshalb die Personalfrage. Und deshalb auch mein Argument: Wir müssen es im Bereich der Akquise, der Anwerbung von Arbeitskräften im Ausland schaffen! Da ist ein Wettbewerb aller europäischen Mitgliedstaaten im Gange und wir sind hintennach, weil wir in Österreich den Ruf haben – und das nicht ganz zu Unrecht –: Da will ich gar nicht hin, denn dort will man mich nicht haben!

Wir brauchen in diesem Bereich eine Willkommens- und keine Abwehrkultur! Wenn wir diese Abwehrkultur aufrechterhalten, werden wir einen Pflege­notstand generieren, und das muss man den Leuten auch in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei Bundesrät:innen von Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky. Zwischenruf der Bundesrätin Schumann. – Bundesrat Schennach: ... spricht Landeshauptmann Kaiser von dieser Stelle!)

Die Pflegeassistenz ist schon erwähnt worden, auch die Verlängerung der Aufschulung, die Nachgraduierung, also es gibt eine ganze Reihe von Punkten, die da ihre Wirkung entfalten. Die Erst-und Weiterverordnungen von Medi­zinprodukten halte ich für ganz wichtig, und auch, dass das Pflegepersonal, die Pflegekräfte die Kompetenz, die sie haben, wahrnehmen können. Wir brauchen nicht an jeder Stelle einen Arzt oder eine Ärztin! Das Pflegepersonal ist gut ausgebildet, die Qualität leidet nicht darunter – das sind dann oft die Bedenken. Es ist auch nicht gerechtfertigt, zu sagen, dass dann die Pflege zu Hause einen Mangel erleidet, denn wir haben die Kontrolldichte vervierfacht. Es finden im Gegensatz zu früher bis zu vier Hausbesuche pro Jahr statt, um die Pflege­qualität auch zu Hause sicherzustellen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

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