12.30

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Staatssekretär! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Haus und vor den Bildschirmen! Ich fange mit dem Positiven an, weil ich glaube, dass man das manchmal braucht. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja, das braucht man! Bundesrat Gfrerer: Gibt’s was Negatives auch?) Ich freue mich sehr, dass es Verbesserungen bei der Pflegefreistellung gibt. Das ist ein wichtiger Schritt, das war eine langjährige Forderung der Sozialdemokratie und der Gewerk­schaftsbewegung. Jetzt ist kein gemeinsamer Haushalt mehr notwendig, um die Pflegefreistellung zu erlangen, und alle Personen, die in einem Haushalt leben – auch wenn sie nicht in einem verwandtschaftlichen Verhältnis stehen –, bekommen nun die Pflegefreistellung. Das ist gut und das ist wichtig.

Jetzt kommen wir zu jenen Punkten, die schwierig sind, die vor allen Dingen für Frauen schwierig sind. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Wir sind ganz, ganz stark dafür, dass sich die Väterbeteiligung in Österreich erhöht. Das ist ein wirklich wichtiger Punkt, um Gerechtigkeit in der Verteilung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie in der Verteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit zu erreichen. Aber die Methode, wie das gemacht wird, ist nicht die richtige.

Das ist die falsche Methode und es ist schlecht gemacht. Warum ist es schlecht gemacht? – Das ist ganz eindeutig: Es wurde eine EU-Richtlinie umge­setzt, aber viel zu spät – erst nach einem Jahr – und dann schnell und klammheimlich und in einer Form, die in vielen Stellungnahmen großen Wider­stand hervorgerufen hat. Dieser Widerstand kam völlig zu Recht, weil die Karenzzeit vor allem für Frauen – Frauen tragen die Hauptlast der Betreuungs­pflichten – von 24 Monaten auf 22 Monate verkürzt wird und damit für viele Frauen ein riesiges Problem geschaffen wird. Unsere Kinderbetreuungs­ein­richtun­gen sind derzeit nicht so weit ausgebaut, dass jede Frau sagen könnte: Ich gehe nach 22 Monaten wieder zurück in meinen Beruf! – Das haben wir nicht. Das bringt die Frauen in größte Verzweiflung, weil sie nicht wissen, wohin sie ihr Kind geben sollen, wenn sie nach 22 Monaten wieder in ihren Beruf zurück­gehen wollen.

Der Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen für die unter Dreijährigen ist nicht so weit vorangeschritten. Die Regierung ist da mehr als säumig. Wir wissen, dass all das verhindert wurde, mit dem man einen starken Ausbau erreicht hätte. Für das Machtding des ehemaligen Bundeskanzlers hat man einen wirklichen Ausbau der Kinderbetreuung verhindert, und jetzt stehen die Frauen vor dem Problem, nach 22 Monaten zurück in den Beruf zu müssen und sich zu fragen, wie sie das machen sollen. Wenn sie nicht zurückkehren, dann steht die Entlassung im Raum. – Ganz ehrlich, so sieht doch keine zukunfts­trächtige Familienpolitik aus!

Ich darf Ihnen etwas von allen Fraktionen der österreichischen Gewerkschafts­bewegung ausrichten: Alle gemeinsam, sowohl die unabhängige Gewerk­schaftsfraktion als auch die FCG und die FSG, alle Fraktionen sagen, dass das eine Regelung ist, die für die Frauen ganz, ganz schlecht ist. Sie haben es nicht bedacht und Sie haben nichts umgesetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man bedenkt, was diese Regierung den Frauen antut, dann kann man sagen, dass das schon gewaltig ist: Der Herr Arbeitsminister hat den Frauen ausgerichtet: Ihr arbeitet Teilzeit; wenn ihr das macht, dann wäre es schon gescheit, dass man euch vielleicht die Sozialleistungen kürzt! – Was für ein Ansinnen, unglaublich! Die Welle der Entrüstung war extrem hoch und völlig berechtigt.

Aber Sie lassen nicht nach, nein! Sie schauen nicht auf die Frauen, die dieses Land in der Coronazeit am Laufen gehalten haben, die in der Produktion, in der Pädagogik, in der Pflege, im Gesundheitsbereich gearbeitet haben, die im Homeoffice trotz Doppelbelastungen wirklich Großartiges geleistet haben. Die Antwort der ÖVP und die Antwort dieser Regierung darauf ist: Teilzeitkräfte, euch machen wir jetzt das Leben schwer, aber die Rahmenbedingungen verbessern wir nicht! – Das ist wirklich, wirklich unanständig! (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

Ich dachte, jetzt gäbe es einmal einen Denkprozess und das würde sich ändern. Aber nein, der Kanzler hat sein Herz und seine Gedankenwelt in weinseliger Laune geöffnet und gesagt: Die Frauen, die Teilzeit arbeiten und keine Betreu­ungspflichten mehr haben, die sollen jetzt bitte endlich mehr arbeiten! – Na, das ist schon gewaltig! Zuerst wird nichts dafür getan, dass Frauen die Chance haben, Familie und Beruf zu vereinbaren, sondern an allen Ecken und Enden gebremst, und dann wird gesagt: Aber jetzt geht ihr hackeln! – So schaut das aus: Der Druck auf die Frauen wird erhöht! So schaut das bei dieser Bundesregierung aus.

Obwohl die Grünen sagen: Wir sind nicht so und wir wollen das gar nicht so!, tragen sie es mit. Diese Verkürzung der Elternkarenz tragen auch die Grünen mit, und das wird eine riesige Belastung sein. Das ist aber nicht das Einzige, das als Belastungswelle auf die Frauen zukommt: Die Abschaffung von: 45 Jahre sind genug!, ist gerade für Frauen ein schwerer Schlag. Ab 1.1.2024 wird das Pensionsantrittsalter der Frauen ganz rasch angehoben. Sie wären jetzt in den Genuss davon gekommen und haben keine Chance mehr darauf. – Auch das ist unanständig!

Was wir heute noch beschließen werden – wir als Sozialdemokratie werden es nicht beschließen, aber im Bundesrat wird es beschlossen werden –, ist die Abschaffung der geblockten Altersteilzeit. Das ist wieder ein schwerer Schlag für die Frauen, vor allem für die Frauen in den hoch belastenden Berufen, in der Pflege oder in der Produktion. Ist man in der Schichtarbeit tätig, ist das variable Modell nicht möglich. Die Frauen, die am Bandl stehen und da unter schwie­rigsten Bedingungen hackeln, haben zukünftig keine Chance, in die geblockte Altersteilzeit zu gehen. Das ist wirklich unanständig! (Beifall bei der SPÖ. Ruf bei der SPÖ: Genau! Bundesrat Kornhäusl: Es gibt sie ja!) – Nein, in der Schichtarbeit können sie es nicht, gerade in der Pflege. Erkundigen Sie sich, Herr Kollege, und nicht jetzt gescheit hereinreden! (Bundesrat Kornhäusl: Ah, in der Schichtarbeit! Entschuldigung, ich hab’ nicht zugehört, tut mir leid! Musst lauter reden!) – Gut, passt schon, alles gut. Für die Frauen ist es aber nicht gut.

Ich darf noch einmal auf Ihren Spruch zurückkommen: Leistung muss sich lohnen! (Bundesrat Kornhäusl: Richtig! Richtig!) – Toller Spruch, ja, da können wir alle mit, super, und wir begünstigen die Überstunden! Alles klar, aber die Leistung der Frauen, die in Teilzeit arbeiten, lohnt sich nicht. (Bundesrat Kornhäusl: Warum?) Wenn man nämlich in Teilzeit eine Überstunde macht, dann gibt es einen dreimonatigen Durchrechnungszeitraum, das heißt, drei Monate lang wird beobachtet, ob das vielleicht doch noch ausgeglichen werden kann, und dann gibt es einen Zuschlag von 25 Prozent. Für Frauen in Teilzeit – und das sind hauptsächlich Frauen – lohnt sich Leistung nicht. Da schauen Sie nicht hin, und, ganz ehrlich, das ist ebenfalls unanständig! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie jetzt auch noch daran denken – und das ist ja in Planung –, die Mittel für das AMS zu kürzen, dann werden auch die Mittel für die Frauenbera­tung gestrichen, und auch das ist ein Schaden für die Frauen. Das ist also in Summe ein riesiges Belastungspaket für die Frauen. Ganz ehrlich, man kann den Frauen nur sagen: Seien Sie wachsam, denn mit einer Regierung aus ÖVP und Grünen wird Ihre Situation schlechter! – Das beweisen Sie heute auch wieder mit diesem Gesetz.

So kann man mit Frauen nicht umgehen und so kann man vor allen Dingen nicht mit Frauen umgehen, die unser Land am Laufen halten und die so viele Doppel- und Dreifachbelastungen haben. Es geht nicht nur um die Frage der Familie. Es geht um die Frage der Frauen und deren Zukunft. Für sie und ihre Situation muss es Verbesserungen geben, nicht Verschlechterungen, so wie Sie das jetzt machen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Kofler.)

12.38

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Heike Eder. – Bitte schön.