12.56

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Besucher, Besucherinnen, die uns heute hier die Ehre erweisen! Liebe Zuhöre­rinnen und Zuhörer zu Hause vor den Bildschirmen! Ich bin vor Kurzem, vor ein paar Tagen zum ersten Mal Oma geworden. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Kofler.) – Danke (Heiterkeit der Rednerin), das zu erzählen ist jetzt aber nicht der Grund, warum ich hier ans Rednerpult gekommen bin.

Meine Enkelin ist am 29.9. zur Welt gekommen, etwas zu früh, der errechnete Geburtstermin wäre nämlich der 3.11. gewesen. Das heißt, es war für die Familie immer eine Zitterpartie oder eine fragliche Situation, welche Regelungen jetzt für sie gelten, auch weil bei diesem Gesetzentwurf der Zeitpunkt des Inkraft­tretens ständig geändert wurde: Einmal war es der 31. August, davor war sogar von Juli die Rede, jetzt ist es wieder der 1. November. Das heißt, sie wissen jetzt: Okay, die neue Regelung gilt für uns nicht.

Eine Freundin meiner Schwiegertochter bekommt ihr Baby sicher erst nach dem 1. November, das heißt, die Regelungen gelten für sie. Sie ist unglaublich verunsichert, weil sie natürlich auch weiß, dass sie jetzt weniger Karenzzeit zur Verfügung haben. Eine Teilung wollen beide. Kollegin Kittl hat hier ein fast martialisches Bild von den bösen Männern gezeichnet, die nicht in Karenz gehen wollen, weil sie so patriarchalische Gesinnungen haben und keine Carearbeit übernehmen wollen. Das ist eine Familie, die ich gut kenne, da will der Partner sehr gerne Carearbeit übernehmen und möchte sich auch sehr gerne um sein Kind kümmern, nur: Es geht sich finanziell nicht aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist eine ganz normale Familie, die sich eine Eigentumswohnung angeschafft und einen Kredit aufgenommen hat, und die Kreditzinsen gehen jetzt ins Unermessliche – das wissen Sie alle –, die Lebenshaltungskosten sind unglaub­lich hoch. Sie müssen auf jeden Cent, jeden Euro schauen und können es sich nicht leisten, jetzt auf einen Teil des Einkommens zu verzichten, auch nicht während zweier Monate. Das heißt, sie fallen um die zwei Monate um, ihnen wird das weggenommen, und sie empfinden es auch so, dass ihnen diese zwei Monate weggenommen werden. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Sie haben nichts von Ihren Erklärungen und von Ihren Beschwichtigungen, dass man die Zeit halt teilen soll und dass es da ja um ein gesellschaftliches Bild geht, und so weiter und so fort. Sie haben von all diesen salbungsvollen Worten nichts, sondern sie haben nur das Ergebnis, dass ihnen zwei Monate Familienzeit weggenommen werden.

Parallel dazu gibt es keine Vorsorge dafür, dass die Kinder dann auch wirklich betreut werden können. Die Mutter muss arbeiten gehen, lebt aber im ländlichen Raum, wo die Kinderbetreuungssituation nicht zufriedenstellend ist. Sie alle wissen das: Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in der gegenwärtigen Kinderbetreuungssituation nicht gewährleistet, schon gar nicht im ländlichen Raum. Das heißt, sie wissen noch nicht, wie sie tun wer­den. Die Eltern sind auch noch berufstätig, das heißt, sie schweben jetzt in der Luft.

Sie haben ursprünglich auch mit einer anderen Ausgangslage gerechnet, denn die sind schwanger gew- - Man sieht das immer als wir; wir sind auch immer alle mit der Enkelin schwanger gewesen, das ist so in der Familie, man sieht das immer als wir, als Gesamtheit. Sie ist zu einem Zeitpunkt schwanger geworden, als es noch diese Regelung mit den 24 Monaten gab. Das heißt, das ist auch ein Eingriff in den Vertrauensschutz der Menschen, der Familien. (Beifall bei der SPÖ.)

Das sollten Sie sich bitte auch vergegenwärtigen: Es hat, als die Familien gegrün­det wurden, mit dieser Regelung eigentlich niemand gerechnet. Das ist ein Eingriff in den Vertrauensschutz. Das sollte man sich auch vergegenwärtigen.

Es ist in den Beiträgen schon ausgeführt worden, und Sie wissen das: Es geht bei diesem Gesetzesvorhaben um die Umsetzung einer EU-Richtlinie, die schon längst hätte umgesetzt werden sollen. Diese wird jetzt aber nicht nur verspätet umgesetzt, sondern auch falsch umgesetzt, weil: Wir wissen, bei der Umsetzung von EU-Richtlinien oder speziell bei dieser gibt es auch einen Passus betreffend ein Verschlechterungsverbot, und genau diese Regelung, die hier geschaffen wird, bedeutet eine Verschlechterung für viele betroffene Familien.

Das heißt, da ist auch eine EU-Rechtswidrigkeit zu überprüfen. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass sich die Europäische Kommission mit diesem Umsetzungsversuch, sage ich einmal, wird auseinandersetzen müssen; eventuell sogar auch der EuGH, weil es wie gesagt keine Herabsetzung des Schutz­niveaus geben darf. Das haben wir hier, weil auch die Systeme nicht ineinander greifen: Wir haben jetzt auf der einen Seite eine verkürzte Karenzzeit, wir haben auf der anderen Seite eine nicht zufriedenstellende Kinderbetreu­ungs­situation. Es werden zwar irgendwelche Mittel angekündigt, die ausgeschüttet werden sollen, damit man da schneller zu einem Finanzausgleich kommen konnte, aber das sind alles nur Versprechungen. Wir wissen noch nicht, was wo ankommt, wir wissen aber, dass die Kinderbetreuungs­situation absolut unzuverlässig und unzu­reichend ist und dass es keinen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gibt. Diesen fordern wir, nämlich ab dem ersten Lebensjahr, und zwar so, dass Beruf und Familie für beide Elternteile vereinbar sind – das haben wir nicht.

Der arbeitsrechtliche Schutz ist nicht gegeben – das greift alles nicht ineinander. Die Systeme werden immer komplizierter, sodass es auch für Beratungsstellen unglaublich schwierig ist, eine zuverlässige Beratung zu geben. Die genannten Familien, speziell die eine Freundin, von der ich gesprochen habe, hat bei verschiedenen Stellen angerufen und war vorstellig, sie wollte sich erkundigen, und alle mussten ihr sagen: Es tut mir leid, liebe Frau, ich kann Ihnen nicht sagen, was jetzt wirklich sein wird. Schauen wir einmal, was tatsächlich beschlossen wird!

Es ist eine Unsicherheit, die bei den Familien geschaffen wird, sodass ich sage, das ist wirklich verantwortungslos, was da zusammengepfuscht worden ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der FPÖ.) Das ist wirklich verantwor­tungslos und das ist eine Politik auf Kosten der Familien Österreichs. Stolz brauchen Sie auf das wirklich nicht zu sein! (Beifall bei der SPÖ.)

13.03

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Böhmwalder. – Bitte schön.