13.26

Bundesrätin Margit Göll (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2022 hätten etwa 393 000 Arbeitnehmer in Altersteilzeit gehen können. Nicht einmal 10 Prozent dieser Arbeitnehmer haben die Altersteilzeit in Anspruch genommen. Die große Mehrheit dieser 10 Prozent wiederum hat sich für die kontinuierliche Altersteilzeit entschieden und nicht für die geblockte. Die geblockte Altersteilzeit wählen jährlich nur 0,7 Prozent. (Bundesrätin Schumann: Ja, ... muss man mit dem Arbeitgeber ver­einbaren!) – Das möchte ich einmal zu Beginn meiner Rede festhalten, damit wir auch die Dimension der gesetzlichen Änderung realistisch betrachten können.

Wofür wurde denn die Altersteilzeit beschlossen? – Bei der Einführung wollte man älteren Arbeitnehmern die Chance geben, möglichst lange im Arbeits­prozess zu bleiben und dann Jahr für Jahr die Arbeitszeit zu verkürzen, um gesund in die Pension hinübergleiten zu können. Der Hintergrund für die geblockte Altersteilzeit war dagegen in jenen Branchen, die besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen waren, Arbeitnehmer früher aus dem Erwerbsleben herauszunehmen, ausscheiden zu lassen, damit jüngere Arbeitnehmer nachrücken können. Aus dieser Intention, Arbeitnehmer möglichst lange im Arbeitsprozess zu behalten, wurde also das Bemühen, sie schneller in Pension zu bringen.

Die Einführung der geblockten Altersteilzeit war eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme, um den Unternehmen die Möglichkeit zu geben, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, und deswegen hat es auch die Bedingung gegeben, dass ein Ersatzarbeitsplatz geschaffen werden muss, wenn jemand in die geblockte Altersteilzeit geht.

Wie sieht es aber heute am Arbeitsmarkt aus? – Jetzt ist die Lage trotz eines leichten Anstiegs der Arbeitslosenquote im September eine ganz andere. Ziel vieler Unternehmen ist es derzeit, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so lange wie möglich im Betrieb zu halten, weil es aufgrund der demografischen Entwick­lung, wir alle wissen das, einen eklatanten Mangel an Arbeitskräften in unseren Unternehmen gibt.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir verzeichnen derzeit 200 000 offene Stellen bei den Firmen und wir kriegen das natürlich auch bei unseren Firmen­besuchen mit. Dort wird natürlich um jeden Arbeitnehmer und um jede Arbeit­nehmerin gerungen und geworben, und jetzt zu fordern, die Altersteilzeit in ihrer bisherigen Form aufrechtzuerhalten, mit der wir Menschen früher aus dem Erwerbsleben holen, obwohl wir jede Arbeitskraft in unseren Betrieben brauchen (Bundesrätin Schumann: ... völlig egal ist, wenn er nicht mehr kann! – Zwischen­ruf des Bundesrates Schachner), das wäre der falsche Schritt. (Präsidentin Arpa übernimmt den Vorsitz.)

Die geblockte Altersteilzeit ist letztendlich ein Frühpensionierungsmodell. Deshalb ist es notwendig, gut und richtig, die Förderung für die geblockte Altersteilzeit in den nächsten fünf Jahren auslaufen zu lassen. Davon sind auch alle Fachleute überzeugt.

Wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, dann müssen das auch Gesetze tun. Das bedeutet längst nicht, dass ein Gesetz völlig obsolet ist. Das ist auch hier nicht der Fall. Die Altersteilzeit bleibt ja bestehen. Wir lassen nur nicht die konti­nu­ierliche Altersteilzeit bestehen. Nein, wir attraktivieren sie auch noch, wir bauen sie aus. Und dazu haben wir uns verschiedene Möglichkeiten überlegt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir bauen sie aus, indem wir den Arbeitnehmern ermöglichen, die Arbeitszeit um 20 Prozent bis 80 Prozent zu reduzieren, und das ist eine sehr gute Möglichkeit, die Arbeitszeit im Alter arbeitnehmergerecht zu gestalten. Das kommt natürlich insbesondere jenen Arbeitnehmern zugute, die aus gesundheit­lichen Gründen ihre Arbeit nicht mehr zu 100 Prozent schaffen können. Jene, die es nicht schaffen, in die Alterspension zu kommen, können jetzt ihre Arbeits­zeit bis auf 20 Prozent reduzieren. Ich denke, das ist eine sehr gute und wesentlich bessere Möglichkeit als die geblockte Altersteilzeit, wo man eine Zeit lang noch weiter 100 Prozent leisten muss. Wie soll denn das gehen, wenn man gesundheitlich beeinträchtigt ist? In solchen Fällen kann man jetzt eben auch dieses Modell wählen. Künftig nur mehr zu 20 Prozent arbeiten zu müssen, das wird bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen in den meisten Fällen möglich sein, und das ist auch die bessere Alternative. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Altersteilzeit bei jenen, die das möchten, muss nicht bei den 20 Prozent bleiben, sondern kann auch auf 80 Prozent erhöht werden. Bisher durften ja das maximal nur 60 Prozent sein. Das Gesetz hat bisher jenen, die in einem Unternehmen gerne länger gearbeitet hätten, nur die Möglichkeit gegeben, ihre Arbeitszeit um etwas mehr als die Hälfte zu reduzieren oder weiter die vollen 100 Prozent zu leisten, und das in Zeiten, in denen wir zunehmend älter werden und der Fachkräftemangel für uns alle ein großes Problem ist.

Was wir brauchen, ist, mit verschiedenen Modellen mehr Attraktivität für die Menschen zu schaffen, über das Pensionsalter hinaus im Erwerbsprozess zu bleiben. Ich kenne viele ältere Menschen, die noch gerne weiterarbeiten, weil sie eben noch Freude an der Arbeit haben. (Bundesrat Schachner: Da reden Sie mit den Falschen! ...!) Und wer Freude an der Arbeit hat, soll auch dazu motiviert werden, über das Pensionsalter hinaus aktiv zu bleiben. (Bundesrat Spanring: Mit 70 am Dachstuhl und so, gell?)

Die Arbeit der ÖVP ist auf die Zukunft gerichtet und nicht auf das Einzemen­tieren der Vergangenheit. Und wir sind es unseren Generationen schuldig, unseren Kindern und Enkelkindern (Bundesrat Spanring: Wir sind es ihnen schuldig, dass wir ihnen etwas zurückgeben für das, dass sie 45 Jahre gearbeitet haben): Wir müssen alles dafür geben und uns bemühen, dass möglichst viele Arbeit­nehmer das Regelpensionsalter erreichen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundes­rat Spanring: Das ist eine Schande! Das muss man sich erst einmal sagen trauen!)

Zum Schluss darf ich auf eine weitere Verbesserung hinweisen. Ich möchte auch den Bildungsbonus erwähnen, weil dieser natürlich eng damit verbunden ist. Mit der Erhöhung des Bildungsbonus werden mehr arbeitssuchende Menschen an Schulungsmaßnahmen teilnehmen können. Das ist eine sehr wichtige Maßnahme, insbesondere angesichts des Fachkräftemangels. Der Bildungsbonus wird Zehntausende arbeitssuchende Menschen unterstützen, sie werden die Möglichkeit nützen und sich in Schulungsmaßnahmen befinden. Der Bildungs­bonus und die Ausweitung der kontinuierlichen Altersteilzeit sind gute und sehr wichtige Maßnahmen, mit denen wir den Rahmenbedingungen für Arbeit und Wirtschaft künftig besser gerecht werden und die insbeson­dere den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern größere Flexibilität in der Altersteilzeit ermöglichen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.34

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Andrea Schartel. – Bitte.