Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Thema Wasserstoff:

1946/M-BR/2023

„Bis wann können Unternehmen mit der Förderung für Erzeugungsanlagen mit einer Elektrolyseur-Leistung von 1GW, die in der Wasserstoffstrategie für Österreich angeführt ist, rechnen?“

Vizepräsidentin Margit Göll: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Es gibt jetzt eine sehr kurze Antwort: Die Verordnung, die eine derartige Förderung ermöglicht, ist im Ministerium fertig ausgearbeitet, ist derzeit in politischer Koordinierung, und ich hoffe, dass wir bald ein Agreement und eine Zustimmung des Koalitionspartners haben werden, dann kann sie nämlich in Begutachtung gehen.

Vizepräsidentin Margit Göll: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger (ÖVP, Steiermark): Ja bitte, und zwar: Mit der nationalen Wasserstoffproduktion können nur 10 Prozent des Gesamt­bedarfs an nötigem Ersatz für fossiles Gas abgedeckt werden. Wie lautet die notwendige Importstrategie Ihres Ministeriums und welche konkreten Abschlüsse gibt es mit den potenziellen Lieferländern?

Vizepräsidentin Margit Göll: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Klar ist – und da haben Sie vollkommen recht –, auch wenn wir Wasserstoff gezielt einsetzen und nicht ver­schwenden, haben wir einen hohen Importbedarf. Wir werden das nicht durch Produk­tionskapazitäten in Österreich decken können. Das ist vergleichbar mit unserem Importbedarf an fossilem Erdgas, da decken wir auch circa 10 Prozent des Jahresbedarfs durch nationale Produktion. Wir intensivieren deswegen die Kooperation und die strategische Zusammenarbeit mit potenziellen Handelspart­nern für Wasserstoff, ganz konkret ist Nordafrika derzeit ein Schwerpunkt. Wir sind in Verhandlungen mit Tunesien und Ägypten für ein Memorandum of Understanding betreffend erneuerbaren Wasserstoff. Das ist die eine Seite, also die Aufbringung, der Energieträger selbst.

Auf der anderen Seite geht es um die Infrastruktur: Wir sind intensiv am Unterstützen des Auf- und Umbaus einer geeigneten Wasserstoffinfrastruktur, denn sonst kommen wir überhaupt nicht zu den Importen. Wir sind da als Binnenland leider mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Das betrifft – was tun wir konkret? – den Aufbau europäischer Wasserstoffkorridore, der da entscheidend ist.

Für Österreich ganz besonders wichtig ist der südliche Wasserstoffkorridor: Italien–Österreich–Deutschland. Dieser ist von der Europäischen Kommission auch als einer der drei großen Importkorridore identifiziert worden. Wir haben eine trilaterale Arbeitsgruppe initiiert, gemeinsam mit Deutschland und Italien, die ein abgestimmtes Vorgehen sowohl auf regionaler als auch auf europäischer Ebene möglich macht. Da sind nicht nur die Nationalstaaten vertreten, sondern auch die Fernleitungsnetzbetreiber und die Regulatoren. Dort beschäftigt man sich intensiv mit den notwendigen Projekten und allem, was dazugehört. Wir haben die österreichischen Projekte der GCA, also der Gas Connect Austria, und der TAG im Rahmen ihrer Bewerbung als Projects of Common Interest auf europäischer Ebene aktiv unterstützt, damit wir – mit vielen dieser Schritte – am europäischen und internationalen Wasserstoffmarkt, der gerade entsteht, eben bestmöglich integriert sein können.

Vizepräsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Michael Wanner zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Frau Ministerin! Die alternativen Energiequellen, insbesondere die erneuerbaren, stellen einen zentralen Baustein zur Absicherung gegen Krisenszenarien dar, zum Beispiel einem Blackout.

Was tun Sie beziehungsweise Ihr Ministerium in Anbetracht möglicher Energiekrisen, einer Energieknappheit, um die Bevölkerung in Österreich vor einem Blackout zu schützen?

Vizepräsidentin Margit Göll: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Ich möchte zu Beginn dieser Debatte eines voranstellen: Österreich hat eines der sichersten und auch ausfallsichersten Stromsysteme der Welt, und wir tun alles, damit das so bleibt und sich eben nicht ändert.

Wir haben im letzten Jahr mit dem österreichischen Regulator und mit dem Netzbetreiber auch im Strombereich diverse Szenarien gerechnet, und selbst im letzten Jahr – der Energiekrise, der erhöhten Abhängigkeit und Vulnerabilität – hat sich gezeigt: Unser Stromsystem ist sicher und kann mit Krisensituationen umgehen; wir haben auch letztes Jahr kein erhöhtes Blackoutrisiko gehabt.

Trotzdem gilt es natürlich, auf vielen Ebenen dafür zu sorgen, dass das genau so bleibt. Das bedeutet einerseits Ausbau der erneuerbaren Energie und auch, einen Fokus darauf zu setzen, dass diese netzdienlich und lokal verbraucht wird. Das machen wir mit dem Fokus auf Energiegemeinschaften, um ein Beispiel zu nennen. Wir fördern und unterstützen alles, was Flexibilität und Strom­speicherung ermöglicht. Ich freue mich – ich hatte gerade gestern Besuch –, dass Oberösterreich ein neues Pumpspeicherkraftwerk hat, aber wir unterstützen auch Batteriespeicher, stationäre Batteriespeicher, Heimspeicher und alles, was Flexibilität im Netz ermöglicht.

Der dritte Punkt ist natürlich der Netzausbau. Unser Netz ist in die Jahre gekommen, also ganz viele Leitungen sind einfach im Reinvestitionszyklus, den es sowieso gibt. Dazu kommen die Anforderungen der Digitalisierung, dazu kommen die Anforderungen der Dezentralisierung; natürlich, wir stellen von ein paar großen Kraftwerken auf ein sehr dezentrales Stromsystem um. Auch da sind wir intensiv dran, zum Beispiel mit einer Novelle des Elektrizitätswirt­schafts­gesetzes, auf den unterschiedlichsten Ebenen den Netzausbau zu unter­stützen. Mit dem österreichischen Netzinfrastrukturplan, der gerade in Fertig­stellung ist – er war schon in Konsultation –, stellen wir erstmals ein Gesamtbild der notwendigen Netzinfrastruktur für die Energiewende zur Verfügung.

Vizepräsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bun­desrat Klemens Kofler zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Klemens Kofler (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Ich hätte eine Frage, und zwar: Wie viele Projekte sind da bereits eingereicht worden beziehungsweise in Bau? Was ist da für ein Gesamtvolumen an in Wasserstoff gespeicherter Energie zu erwarten? Was würde dann die Kilowattstunde kosten?

Vizepräsidentin Margit Göll: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Die genaue Anzahl der Projekte kann ich Ihnen jetzt nicht nennen; ich kann Ihnen kursorisch Beispiele von Investitionen, die von Unternehmen bereits getätigt werden oder getätigt wurden, nennen, aber die Zahl muss ich Ihnen nachreichen, weil da ja nicht das Ministerium baut, sondern eben private Akteure, Akteurinnen. Ich werde schauen, ob wir im Ministerium eine Zahl für Sie haben.

Die Kostenkurve ist wie bei allen anderen erneuerbaren Energieträgern stark degressiv. Wenn man sich das anschaut: Die Kostenentwicklung bei der Fotovoltaik geht massiv nach unten, dieselbe Kurve haben wir bei allen Technologien, aber da sind wir beim Wasserstoff natürlich am Beginn der Reise, das ist völlig klar. Die Zahlen muss ich Ihnen aber nachliefern; also ich muss schauen, ob wir sie erheben können, das kann ich aus dem Stand nicht beantworten.

Vizepräsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sie haben jetzt eh schon viel zur Importstrategie gesagt, was Wasserstoff betrifft, mich würde aber noch interessieren, welche weiteren besonders wichtigen Maßnahmen in der österreichischen Wasser­stoffstrategie verankert und auch in Umsetzung sind.

Vizepräsidentin Margit Göll: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herzlichen Dank! Wir haben mit der Wasserstoffstrategie erstmals einen Blick auf die gesamte Wasserstoffwert­schöpfungskette, also von Aufbringung über Nachfrage bis hin zur Infrastruktur, zu Forschung und Markteinführung, und diesbezüglich schon etliche Maßnahmen auf den Weg gebracht. – Ich nenne jetzt nur ein paar Leuchttürme.

Schauen wir zuerst auf die Aufbringungsseite, die Produktion von erneuerbarem Wasserstoff: Wir unterstützen einerseits Ipcei, also Important Projects of Common European Interest, zum Thema Wasserstoff. Die Investitionsförderung für Elektrolyseanlagen habe ich vorhin schon erwähnt. Wir hoffen, dass wir damit rasch in Begutachtung gehen können. Auch das Grüngasgesetz mit einer Grüngasquote wird die Erzeugung und den Einsatz von erneuerbarem Wasserstoff positiv beeinflussen. – Das ist die Aufbringungsseite.

Gleichzeitig fördern wir die Nachfrageseite. Das vorhin schon erwähnte Programm Transformation der Industrie führt dazu, dass die energieintensive Industrie, in der Wasserstoff oftmals die einzige Option, zu dekarbonisieren, ist, auch tatsächlich umstellt und damit eine stabile Nachfrage für die Aufbringungsseite geschaffen wird. Auch in der regulären Umweltförderung haben wir Mittel für Elektrolyseurprojekte bereitgestellt.

Es gibt einen dritten Bereich: die notwendige Infrastruktur. Da haben wir im gerade erwähnten Netzinfrastrukturplan auch schon Wasserstoff mitbeachtet und mitbehandelt. Warum? – Weil sich damit Erzeugungs- und Ver­brauchszentren verändern, die Leitungskapazitäten und -notwendigkeiten verändern. Wir haben auch eine umfassende Studie zur Rolle der Gas­infrastruktur und der zukünftigen Rolle der Gasinfrastruktur veröffentlicht. Wir sind uns aber sehr bewusst, dass gerade bei der Gasinfrastruktur die Aufgabe besteht, auf europäischer Ebene zu guten Regelungen zu kommen, denn das ist kein nationales, sondern ein europäisches Thema. Da arbeiten wir inten­siv mit.

Auch im Bereich Forschung und Entwicklung werden wir in den FTI-Maß­nahmen 2024 da einen Schwerpunkt setzen.

Das sind ein paar der Maßnahmen, die wir bei Forschung, Aufbringung, Transport und Verbrauch setzen. Was mich aber besonders freut, ist, dass es gelungen ist – das klingt banal, ist aber wichtig –, mit der Hydrogen Partnership Austria, Hypa, eine gemeinsame Plattform aller Akteure – öffent­liche Hand, Wirtschaft, Forschung und Gesamtgesellschaft –, eine zentrale Anlaufstelle zu haben und das dort zu bündeln. Deswegen auch noch einmal: Danke an Wolfgang Anzengruber, der dort im Beirat den Vorsitz übernommen hat.

Es ist, glaube ich, wichtig, dass wir in diesem Bereich unsere Energien bündeln. Wir wollen auch in Zukunft über die Umsetzungsfortschritte in der Wasser­stoffstrategie berichten.

Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 9. Anfrage, 1952/M-BR/2023. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Daniel Schmid, um die Verlesung der Anfrage.