Bundesrat Daniel Schmid (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Ministerin!

1952/M-BR/2023

„Sie hätten beginnend ab 2024 die Möglichkeit 200 Euro pro Tonne CO2 in die LKW-Maut einzupreisen und damit auch die Verkehre entsprechend des Modal Split zu Gunsten der Bahn zu fördern – aus welchen Gründen haben Sie das nicht umgesetzt, während in Deutschland 200 Euro eingepreist wurden?“

Vizepräsidentin Margit Göll: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Wir haben ja im Bundesrat als einen der nächsten Tagesordnungspunkte genau diese Umsetzung, nämlich die Öko­logisierung der fahrleistungsabhängigen Maut in Österreich, in der Diskussion.

In diesem Sinne werden erstmals – wir haben gerade die Wegekostenrichtlinie diskutiert, und das ermöglicht uns die Wegekostenrichtlinie – CO2-Emis­sionen bei der Festlegung der Mauttarife berücksichtigt. Das ist ein wichtiger Schritt, damit zahlt sich auch der Umstieg auf emissionsfreie Lkws noch einmal deutlicher aus, den wir ja aus einem anderen Programm heraus fördern. Die Einnahmen, die wir dadurch erzielen, können wir zur nachhaltigen Gestaltung des Verkehrs einsetzen, zum Beispiel für E-Mobilität. Ein Teil der Förderung wird auch aus diesem Topf finanziert.

Zum Vergleich – wir werden es dann noch im Detail diskutieren –: In Österreich haben wir uns entschieden, dass wir die Tarife in drei Stufen erhöhen und das anlasten. Ich möchte zum Vergleich mit Deutschland schon eines sagen: Die Lkw-Maut in Österreich ist derzeit auf einem beachtlichen Niveau, nämlich auf 44 Cent pro Kilometer für einen Standard-Lkw, wenn man den hernimmt. In Deutschland ist sie aktuell bei 19 Cent.

Ich freue mich, dass der deutsche Kollege einmal nachzieht und da einen Schritt setzt. Er nutzt das Instrument, das ihm jetzt zur Verfügung steht. Auch 2024 werden unsere Mauttarife aber deutlich über den deutschen liegen. 2024 liegen sie in Österreich bei 47 Cent, in Deutschland bei 34,8 Cent. Wir haben auch da nach wie vor einen deutlichen Vorsprung zu Deutschland. Wir sehen eben die stufenweise Anlastung vor, und das bedeutet, diese Zahl erhöht sich in den Jahren 2025 und 2026 noch einmal.

Vizepräsidentin Margit Göll: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Daniel Schmid (SPÖ, Tirol): Es pressiert, werte Frau Ministerin! Wie stehen Sie dazu, dass die ÖBB als ein vom österreichischen Steuerzahler finanziertes Unternehmen in Ungarn Personal ausbilden lassen und dieses Personal mit dem kommenden Fahrplanwechsel österreichische Züge in Österreich führen soll?

Die ÖBB vertreten diesbezüglich die Meinung, dass dies auch zu ungarischen Löhnen geschehen sollte. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Halten Sie das für vertretbar? Ist es Ihr Ziel als Eigentümervertreterin, dass ungarische Arbeitsplätze mit österreichischem Steuergeld finanziert werden und zudem Lohn- und Sozialdum­ping durch ein Staatsunternehmen betrieben wird? (Bundesrat Steiner: Gute Frage!)

Vizepräsidentin Margit Göll: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Ich kenne jetzt die Details der Entschei­dung innerhalb der ÖBB nicht, und ich mische mich auch nicht in die operativen Entscheidungen eines Unternehmens ein – das ist auch nicht meine Aufgabe. Insofern kann ich jetzt auch keinen Kommentar zu dieser operativen Entscheidung abgeben.

Ich weiß aber, dass die ÖBB ein verantwortungsvoller, sozial verantwortungs­voller, arbeitsrechtlich verantwortungsvoller Arbeitgeber, einer der großen Lehrlingsausbilder dieser Republik sind – das unterstützen wir auch –, und deswegen bin ich mir sicher, dass die Entscheidungen innerhalb des Konzerns auch unter genau diesem Blickwinkel getroffen werden.

Vizepräsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Dr. Andrea Gitschthaler zu Wort gemeldet. – Bitte.

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Als Salzburgerin ist mir natürlich die A 10 ein großes Anliegen; sie wird ja dann auch bei der Debatte zum Bundesstraßen-Mautgesetz noch besprochen und erwähnt. Da geht es zum Beispiel um die Möglichkeit des Querfinanzierungszuschlages für den Süden ab der Anschlussstelle Salzburg Süd als Beitrag zur Finanzierung der Stadtregionalbahn zwischen Hallein und der Stadt Salzburg und darum, wie Sie dazu stehen.

Noch wichtiger ist mir natürlich diese aktuelle Situation: A 10 als Brennpunkt aufgrund der Tunnelsanierung. Es hat dazu schon Gespräche mit unserem Landeshauptmannstellvertreter Stefan Schnöll gegeben. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Bevölkerung an der Tauernautobahn, A 10, zu entlasten?

Vizepräsidentin Margit Göll: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Ich verstehe, Staus und Verzögerungen sind für niemanden erfreulich, und ich verstehe auch, dass es also eine unangenehme Situation ist, ganz egal, wo eine Baustelle ist oder aus welchem Grund sie notwendig ist. In dem Bereich geht es um auch eine sicherheits­technische Ausrüstung der Tunnelkette.

Bei Projekten mit dieser Größenordnung schaut die Asfinag natürlich immer sehr intensiv darauf, dass sie sie mit allen Beteiligten bestmöglich vorbereitet. Das ist auch da auf der Landesebene, auf der lokalen Ebene passiert. Diese Ebenen waren in die Planungen zu dieser Tunnelsanierung intensiv miteingebunden. Deswegen wurden schon im Vorfeld zahlreiche Maßnahmen ergriffen.

Die Asfinag hat aber auch immer gesagt – und auch ich in meiner allerersten Stellungnahme –: Jedes Optimierungspotenzial, das wir haben, werden wir nützen. Deswegen freue ich mich, dass wir auch in einem Gespräch mit den Bürgermeistern – in dem Fall – und mit dem Landesrat wesentliche Schritte zur Umsetzung von weiteren Maßnahmen auf den Weg gebracht haben.

Was ist das? – Erstens: Das Land wird Abfahrtssperren auf der Autobahn beantragen. Die muss das Land beantragen, und das Ministerium wird sie dann natürlich rasch verordnen. Die Asfinag hat bereits im letzten Sommer Personal für diese Kontrollen bereitgestellt und wird das natürlich, wie im letzten Sommer, wieder tun.

Zweitens: An verkehrsstarken Tagen wird ein punktuelles Lkw-Fahrverbot verordnet. Die Asfinag wird dazu die notwendigen Verkehrsanalysen durch­füh­ren, und auf dieser Basis wollen wir dann einen Plan einmal bis Ostern 2024 erstellen, in dem die verkehrsstarken Tage festgelegt sind. Auch dazu wird das Ministerium eine Verordnung erlassen.

Das allgemeine Lkw-Fahrverbot an den Wochenenden wird ausgeweitet. Es gilt in Zukunft am Samstag bereits ab 7 Uhr, denn damit nehmen wir den Druck aus den reisestarken Wochenenden, an denen man damit den Lkw-Verkehr vollständig vermeiden kann. Auch diese Maßnahme braucht eine entsprechende Verordnung, und da ist die Umsetzung für spätestens Anfang Dezember geplant.

Wir hoffen, dass das weitere Schritte sind, um die Situation vor Ort zu entspannen. Niemand kann die Baustelle wegzaubern, das ist leider eine notwendige Sanierung, aber alle Akteure und Akteurinnen sind bemüht, sie bestmöglich abzuwickeln.

Vizepräsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundes­rat Michael Bernard zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Frau Minister, in Österreich werden 609 480 000 Tonnen auf der Straße transportiert, auf der Schiene 102 233 000 Tonnen, mit Schiffen über die Donau 8 271 000 Tonnen, über die Rohrfernleitungen 64 635 000 Tonnen und über den Luftweg 221 Mil­lio­nen Tonnen.

Wenn jetzt laut Hauptfrage die Steuerungsmaßnahme hinsichtlich des Modal Splits noch mehr von der Straße zur Schiene gehen soll, ist meine Frage: Wenn es derzeit schon mit dem Personenverkehr, mit der Kapazität auf den Schienen jede Menge Probleme gibt, wie wollen Sie umsetzen, dass eben noch mehr Güter auf der Schiene transportiert werden?

Vizepräsidentin Margit Göll: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Herzlichen Dank – das ist tatsächlich einer der Schwerpunkte unserer Verkehrspolitik. Wir haben in Österreich Gott sei Dank einen guten Standard, auf dem man aufbauen kann, auch im euro­päi­schen Vergleich. Im Modal Split betrug der Schienenanteil im Jahr 2021 in Österreich 29,6 Prozent. Wir haben uns mit dem Mobilitätsmasterplan und auch im Einklang mit Maßnahmen auf der EU-Ebene vorgenommen, diesen Anteil zu steigern. Bei dem, was wir national machen können, schaffen wir es auf 34 Prozent, im EU-Gleichklang schaffen wir es auf 40 Prozent.

Natürlich ist das eine Herausforderung – viele der Themen haben wir schon diskutiert –, deswegen unterstützen wir es auch intensiv. Wir stellen ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Unterstützung des Schienengüterverkehrs mit verschiedenen Förderungen für die Manipulation und die Abwicklung bereit, aber vor allem auch – denn darum geht es ja: Kapazität der Infrastruk­tur – für die Frage der Anschluss- und Terminalförderungen, also zusätzliche Anschlussbahnen, zusätzliche Betriebsanschlüsse.

Wir haben im Rahmenplan der ÖBB auch einen Schwerpunkt darauf gesetzt, dass wir den Güterverkehr nicht aus dem Blick verlieren, ganz im Gegenteil: Zum Beispiel mit güterzuglangen Überholgleisen stellen wir sicher, dass wir die Abwicklung erleichtern können.

Das Dritte: Ein wesentlicher Faktor zur Steigerung der Kapazität auf der bestehenden Infrastruktur – Güter wie Personen – ist die Digitalisierung. Deswegen ist die Einführung des ETCS-Systems, also der digitalen Zug­steuerung, so wichtig, weil es die Steigerung der Kapazität auf der bestehenden Infrastruktur ermöglicht. Das geht im Güterverkehr hin bis zur Frage der digitalen Kupplung, bei der wir gerade auch intensiv dabei sind, uns mit unseren Nachbarländern Deutschland und Schweiz gut abzustimmen, damit wir auch die Manipulation im Güterverkehr einfacher und schneller machen. All das führt zu einer besseren und sichereren Auslastung der bestehenden Infra­struktur.

Vizepräsidentin Margit Göll: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Kittl zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Vielen Dank, Frau Ministerin, für Ihre langen Antworten! Als letzte Fragestellerin – es ist schon viel wiederholt worden – habe ich eine kurze Frage: Wie viele Einnahmen erwartet sich der Bund aus der neu eingeführten CO2-Lkw-Maut? Sie haben es schon gesagt, sie wird für E-Mobilität verwendet, aber vielleicht wollen Sie noch ein, zwei Sätze dazu sagen.

Vizepräsidentin Margit Göll: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Gerne – die Einnahmen aus der Anlastung externer Kosten für CO2 werden für das Jahr 2024 mit 138,3 Millio­nen Euro geschätzt und steigen dann schrittweise: 2025 auf 228,8 Millionen Euro, 2026 auf 319,7 Millionen Euro. Sie werden zur nachhaltigen Gestaltung des Verkehrs eingesetzt, also das heißt E-Mobilität, aktive Mobilität und Verkehrsdiensteverträge – das sind Beispiele dafür –, und genau für diese drei Bereiche werden wir 2024 die Einnahmen einsetzen.

Derzeit ist die Abbildung so, dass wir in der E-Mobilität 90 Millionen Euro, in der aktiven Mobilität 30 Millionen Euro und bei den Verkehrsdiensteverträgen 50 Millionen Euro aus diesen CO2-Anlastungseinnahmen, die in die nachhaltige Gestaltung der Mobilität gehen, einsetzen.

Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zur 10. und letzten Anfrage, 1947/M-BR/2023, und ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Sandra Lassnig, um die Verlesung der Anfrage.