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Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte natürlich zum Vorredner der FPÖ schon etwas deutlich sagen: Herr Kollege, natürlich hat schon jede Regierung Einsprüche seitens des VfGH – eine ganz, ganz wertvolle und ganz entscheidende Institution und ein wichtiges Fundament unserer Demokratie – gehabt. (Ruf bei der FPÖ: Na eh! Zuhören, Sinn erfassen!) Ich glaube, wir sind alle schon einmal zum Handkuss gekommen, jede Partei, und das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Jetzt sozusagen so zu tun, als wäre eine Regierung mehr davon betroffen als eine andere, weise ich zurück. Das ist das Wesen des VfGH, dass jede Regierung da auch einmal reparieren muss, und das ist auch gut so.

Warum stehen wir überhaupt in diesem Raum, warum gibt es dieses Gebäude überhaupt? Ich glaube, wir als Parlamentarier haben jetzt alle seit den letzten Monaten einen neuen Nebenjob – neben unserem Abgeordnetensein. Zumindest ich bin neuerdings hier im Haus auch zum Touristguide geworden. Ich glaube, das sind wir alle geworden, wir müssen unfassbar viele Führungen durch dieses neue Haus machen.

Was zumindest ich bei den Führungen, die ich immer mache, tue – ich möchte Sie wirklich dazu einladen, das auch zu tun –, ist, immer wieder darauf aufmerksam zu machen, dass es dieses Haus gibt, weil irgendwann nach einer Revolution – auf die man noch viel stolzer sein kann, finde ich, als Österreich das mitunter im Geschichtsbewusstsein ist, nämlich die Revolution von 1848; eine erfolgreiche Revolution (Bundesrat Buchmann: Eine bürgerliche!)  dann das Staatsgrundgesetz verabschiedet wurde. In Österreich hat es ein bisschen länger gedauert, muss man sagen, nämlich bis 1867. Das war die allererste Verfassung, die wir in Österreich hatten, und aufgrund dieser Verfassung steht auch dieses Haus. Das zu betonen finde ich auch immer ganz wichtig.

Wie wichtig eine Verfassung auch zum Schutz von Minderheiten ist, zeigt ja nur die Tatsache, dass aufgrund dieses Staatsgrundgesetzes von 1867 – das passt dann eigentlich auch zum Tagesordnungspunkt, den wir danach haben – zum Beispiel Juden und Jüdinnen in Österreich zum ersten Mal Bürger- und Bürgerinnenrechte hatten. Das gab es davor in diesem Land nicht!

Da sieht man, wie wichtig es ist, zum Schutz von Minderheiten eine Verfassung zu haben, damit eine Mehrheit nicht wie eine Dampfwalze über Minderheiten­schutz drüberfahren kann. Das halte ich für eine ganz, ganz wesentliche Aufgabe einer Verfassung. Deswegen sollen wir sie auch hochhalten und deswegen empfinde ich dieses Forum auch als eine gute Idee.

Zu diesem Forum, bei dem wir nur eine Kleinigkeit ändern, ist ja schon gesagt worden, dass wir damit eine Institution schaffen, die diese Bedeutung einer Ver­fassung auch für jeden Bürger und jede Bürgerin kommuniziert.

Die Krisen, vor allem jene des 2019er-Jahres, haben ja gezeigt – es ist oft von der „Eleganz der Verfassung“ gesprochen worden; ich finde immer noch, dass das ein sehr schöner Ausdruck ist –, wie wichtig diese Verfassung auch für uns ist: dass wir in Krisen ein Fundament haben, mit dem wir uns herausmanöv­rieren können und auf das wir auch vertrauen können.

Ich finde es wichtig, dass wir, alle Fraktionen, uns zumindest darauf einigen können – deswegen finde ich diese Einheit, also diesen einstimmigen Beschluss heute, auch wichtig –, dass wir alle hier uns durch diese Verfassung definieren; denn es ist wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger am Ende darauf vertrauen können, dass wir alle uns an die Verfassung halten, auf die wir angelobt sind. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

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