17.09

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher und Gäste hier bei uns im Haus! Nach der umfassenden Themenverfehlung von Herrn Kollegen Pröller (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ) möchte ich zu dem eigentlichen Thema zurückkommen. Vorher aber noch ein Hinweis (in Richtung Bundesrat Pröller): Ich weiß nicht, haben Sie schon einmal einen Kindergarten von innen gesehen? Eine Kindergartengruppe? (Bundesrat Pröller nickt.) – Tatsächlich! Und da gab es laufend solche Vorfälle? (Bundesrat Pröller: Laufend nicht, aber es gibt sie!) – Ja, okay, passt! Passt! Es ist ein bissl so rübergekommen.

Zum eigentlichen Punkt: Ich habe ja schon oft darüber gesprochen, dass die ersten Bildungseinrichtungen für Kinder wirklich einen ganz, ganz wesentlichen Beitrag zur Chancengleichheit leisten. Die Bildungsforschung ist da recht eindeutig, nämlich dass die Betreuung und Bildung in elementaren Bildungsein­richtungen wirklich die Basis für eine erfolgreiche Bildungs- und Berufslaufbahn sind.

Erst vor Kurzem haben wir die 4,5 Milliarden Euro, die wir jetzt in die elementarpädagogische Bildung stecken, beschlossen. Das sind 50 000 dringend benötigte Betreuungsplätze, auch von den Eltern dringend benötigt, sie sind auch für die ganz wichtig. Von der FPÖ kommt oft dieses Argument: Die Eltern würden die Kinder in den ersten Jahren eigentlich eh viel lieber zu Hause selber betreuen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)  Das sagen die Eltern nicht, weil sie wirklich eine Wahl haben und weil sie es so toll finden, ihre gewohnten Posten nach der Kinderbetreuungszeit nicht mehr vorzufinden. Das sagen die Mütter auch nicht, weil sie den Karriereknick so super finden, sondern das sagen sie, weil es wirklich oft keine Betreuungsmöglichkeiten in elementaren Bildungs­einrichtungen gibt. (Bundesrates Spanring: Es gibt ja auch welche, die gehen ...! Ist eh gescheiter, wenn die Karriere an erster Stelle steht, ist es eh besser! Nur Karriere, keine Kinder!) – Wisst ihr was? Was ich wirklich interessant finde, ist, dass ihr echt die Chuzpe habt, sobald bei euren Reden irgendwer ein Wort, einen Satz hineinruft, euch aufzuregen: Dann melde dich zu Wort, du kannst dich ja eh zu Wort melden! (Bundesrat Spanring: Sie können sich eh aufregen, Frau Bundes­rätin! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Dann seid aber ihr diejenigen, die am lautesten poltern, ständig bei jeder Rede so lange reinquatschen, so lange reinhauen, bis man nichts anderes mehr versteht. Irgendwie weiß ich nicht, was da nicht ganz stimmt mit euch. (Bundesrat Spanring: Nichts wissen, das ist eine gute Einsicht, eine gute Erkenntnis!) – Genau, das sagt der Richtige.

Das liegt oft daran, dass es einfach nicht genug Betreuungsmöglichkeiten in den elementaren Bildungseinrichtungen gibt. Diese 4,5 Milliarden Euro sind also wichtig und gut.

Die andere Sache ist – wir haben es eh schon gehört – der Personalmangel. Der rührt natürlich teilweise von den mehr als schwierigen Arbeitsbedingungen her; nicht umsonst – wir haben es auch gehört – gehen Elementarpädagoginnen und ‑pädagogen mittlerweile regelmäßig auf die Straße, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Ich kenne mehrere Elementarpädagoginnen und ‑pädagogen in meinem Bekannten-, in meinem Freundeskreis, die entweder komplett ausgebrannt sind, ihren Beruf bereits an den Nagel gehängt haben, um der totalen Erschöpfung zuvorzukommen, oder die nach einer Ausbildung und nach wenigen Monaten Praxis gleich gar nicht wirklich in den Beruf einsteigen, weil sie sehen, unter welchen Bedingungen sie mit den Kindern arbeiten sollen: schlechter Pädagog:innen-Kinder-Schlüssel, überbordende bürokratische Aufgaben statt Bildungszeit, und, und, und.

Wir haben auch schon gehört, dass das Ländersache ist. Auch wenn es Bundes­länder gibt, die da zumindest schon in die richtige Richtung lenken, fürchte ich, dass es noch ein bissl eine Durststrecke geben wird, bis die Arbeitsbedingungen so sind, dass wir die Menschen, die mit unseren Kindern arbeiten, nicht verlieren, dass Menschen den Beruf wieder ergreifen wollen und auch gerne ausüben und nicht nach wenigen Monaten demoralisiert aufgeben.

Der zweite Bereich in Bezug auf den Personalmangel – nämlich genau der, für den wir als Bund tatsächlich zuständig sind – ist die Ausbildung. Da haben wir seit Beginn der Koalition mit einer Ausbildungsoffensive, die sich sehen lassen kann, wirklich viel getan – und das in einem Tempo, das sich wirklich sehen lassen kann.

Es gibt viele neue Ausbildungsmöglichkeiten, gerade für Menschen, die sich erst später im Leben dazu entschließen, diesen Beruf zu ergreifen. Das ist wirklich eine sensationelle Sache. Ich kann mich gut daran erinnern, als vor einigen Jahren eine Freundin mit damals 50 Jahren tatsächlich mit 14-Jährigen gemein­sam in der Bakip die Schulbank gedrückt hat, weil es einfach keine andere Möglichkeit für sie gab, diesen Beruf zu ergreifen, Elementarpädagogin zu werden.

Einige der Ausbildungsmöglichkeiten, die wir im sekundären und tertiären Bereich geschaffen haben, sind eh schon erwähnt worden: der Hochschul­lehrgang Elementarpädagogik für Quereinsteiger:innen; ganz wichtig für inklusive Elementarpädagogik ist der zweisemestrige Lehrgang für die Basop-Absolvent:innen; der Aufbaulehrgang für Assistent:innen ist auch ganz wichtig, und eben die beiden jetzt neu dazugekommenen. Wie schon gesagt sind das wirklich wichtige Bausteine. Mit dem vorliegenden Gesetz schaffen wir jetzt für diese Menschen die Berufsberechtigung.

Ganz wichtig ist auch, dass viele dieser Bereiche mit Förderungen für die Ausbildungszeit verbunden sind. So wurden die Fachkräftestipendien für die Elementarpädagogik geöffnet, damit sich Interessierte den Umstieg tatsächlich auch leisten können.

Ich bin ein gutes Beispiel dafür, warum das wichtig ist: Ich arbeite seit über 20 Jahren mit Kindern, habe mir mein Wissen über Lehrgänge, Seminare, Kurse erarbeitet, was ich neben Kindern, Familie und Beruf machen konnte. Ich habe mich mit Mitte 20, Ende 20 sehr intensiv darum bemüht, tatsächlich auch eine pädagogische Basisausbildung zu machen, aber es war einfach finanziell nicht machbar. Ich war für die Finanzierung einer fünfköpfigen Familie mitverant­wortlich und konnte es mir nicht leisten, mehrere Semester an einer Bakip zu lernen. Ein Fachkräftestipendium hätte das damals wirklich sehr vereinfacht.

Ein Punkt, der ja auch immer wieder zu Recht angeführt wird – ich meine, das ist ein bissl ein Luxusproblem –, ist, dass wir jetzt so viele Ausbildungsmöglichkeiten haben, dass Interessierte die Orientierung verlieren. Das ist eine Herausfor­de­rung. Der Punkt ist auch aufgenommen worden, so wird es eine Onlineplattform ähnlich wie die Plattform Klasse Job mit einem Überblick über die verschiedenen Ausbildungsformen, die Ausbildungswege, die Voraussetzungen und auch – ganz wichtig – die Fördermöglichkeiten geben. Das ist also alles in allem eine gute Sache, und ich freue mich, dass wir bei diesem Punkt einen breiten Konsens haben. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.17

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Martin Polaschek. – Bitte.