18.22

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte kurz den Kontext darstellen, in dem jetzt wieder außerordentliche Ausgaben im Pensionssystem beschlossen werden sollen. Es gibt einen ganz aktuellen Rechnungshofbericht vom 13. Oktober zum Thema Nachhaltigkeit des Pensionssystems. Da werden zum Beispiel Schlussfolgerungen getroffen, wie dass umfassender Handlungs­bedarf besteht, aber gleichzeitig klare Kriterien fehlen, um beurteilen zu können, ob das Pensionssystem nachhaltig ist.

Da stellt der Rechnungshof fest, dass weder die Alterssicherungskommission noch die Bundesregierung eine gesamthafte Aussage über die langfristige Finanzierbarkeit des Pensionssystems treffen können oder wollen.

Da stellt der Rechnungshof fest, dass seit 2005 die Pensionsanpassung nur zweimal, wie es eigentlich vorgesehen ist, mit einem am Verbraucherpreisindex orientierten Anpassungsfaktor erfolgt ist.

Da stellt der Rechnungshof fest, dass Prognosen nach Umsetzung der Angleichung des gesetzlichen Frauenpensionsantrittsalters von einer Stagnation des effektiven Pensionsantrittsalters ab Mitte der 2030er-Jahre ausgehen, obwohl auch dann noch die Lebenserwartung weiter steigen wird; und da beschreibt der Rechnungshof, dass der Aufwand für die gesetzliche Pensions­versicherung 2020 bei 47,254 Milliarden Euro gelegen ist, wovon der Pensionsaufwand 41,673 Milliarden Euro waren und der Rest die Ausgleichs­zulage, wobei ein großer Teil mit Pflichtbeiträgen aus der Pensionsversicherung, Pflichtbeiträgen der Erwerbstätigen, in Höhe von 32,526 Milliarden Euro finanziert wurde, aber rund 30 Prozent der Aufwendungen, konkret 14,165 Mil­liarden Euro, öffentlich finanziert worden sind, davon 10,197 Milliar­den Euro aus dem Bundesbeitrag, abgesehen davon zusätzlich Ruhebezüge für Beamte in Höhe von 12,7 Milliarden Euro; aber darum geht es ja nicht.

Zweiter Kontext aktuell: Budget 2024. Das ist grundsätzlich nicht Thema bei uns im Bundesrat. Die Auswirkungen der hier zu beschließenden Maßnahmen werden sein, dass die Ausgaben in der UG 22, wo es um Pensionsversicherung geht, im Vergleich zum Vorjahr um 19,4 Prozent steigen werden.

Die Gründe dafür liegen auf der einen Seite in der Demografie, der steigenden Anzahl an Pensionsbezieherinnen und -beziehern, in unterschiedlich starken Jahrgängen, aber auch in Punkten, die hier beschlossen werden, wie zum Beispiel die Aussetzung der Aliquotierung der erstmaligen Pensionsanpassung für 2024 und 2025, die Höhe der Pensionsanpassung 2024, die Verschiebung – die schon passiert ist – der schrittweisen Anhebung des Frauenpensions­antrittsalters und die sogenannte Schutzklausel, auf die ich jetzt konkret eingehen möchte.

Die Pensionskonten wurden in den letzten 38 Jahren aufgewertet, 30-mal davon über der Inflationsrate, zweimal gleich wie die Inflationsrate und sechsmal unter der Inflationsrate. In Summe ist die Aufwertung der Pensionskonten mit einem höheren Faktor erfolgt als die Inflation. Heuer wäre es wieder so, dass die Aufwertung unter der Inflationsrate erfolgen würde, aber außertourlich wird der Aufwertungsfaktor erhöht, damit er nicht unterhalb der Inflationsrate liegt. Das ist unsystematisch, denn entweder schaut man sich einen langfristigen Vergleich an oder man möchte zusätzliche Ausgaben treffen.

Das Problem ist aber: Unsere Aufgabe ist, dass wir das Ganze langfristig anschauen und dass wir auch die Interessenlagen aller Generationen berücksich­tigen. Was es daher eigentlich brauchen würde, ist, dass wir auf die Kritik­punkte oder auf die Besorgnisse, die der Rechnungshof äußert, eingehen. Das Pensionssystem ist tatsächlich in einer prekären Situation. Seit zehn Jahren wird bereits befürchtet, dass es in der derzeitigen Form nicht aufrechterhalten werden kann.

Wenn die Lebenserwartung weiter steigt – was eine gute Sache ist (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP) –, bedeutet das angesichts dessen, dass die Alters­kohorten – ganz technisch gesprochen –, also die Jahrgänge, unterschiedlich stark sind und mehr Personen die Pension antreten, als an Beitragszahlern von den Jüngeren nachkommen, dass sich das alles nicht mehr ausgeht, dass das effektive Pensionsantrittsalter erhöht werden muss, damit sich das Verhältnis der Jahre, in denen Beiträge gezahlt werden, und der Jahre, in denen Leistungen bezogen werden, nicht noch weiter ins Ungünstige verschiebt, weil nämlich eine finanzielle Nachhaltigkeit gewährleistet werden muss und weil die jüngere Generation nicht bereits jetzt resignieren soll, in der Erwartung, dass sie einmal keine vertretbare Pension beziehen wird. (Bundesrat Schennach: Was ist eine vertretbare Pension?)

Was aber die Bundesregierung und mit ihr die Regierungsparteien machen, ist, dass sie die notwendigen Reformen aufschieben und das Problem in die Zukunft verschieben, anstatt die Pensionen für alle Generationen, sowohl die Generation der Bezieher als auch die Generationen, die erst später Pensionen beziehen und jetzt noch Beiträge zahlen, fair und sicher zu gestal­ten. – Vielen Dank.

18.28

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte sehr.