17.38

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da unsere Bundeshauptstadt gleich mehrfach angegriffen wurde – und da waren sich dann natürlich alle im Raum einig –, habe ich mir gedacht, ich melde mich auch noch einmal zu Wort.

Ich will in diesem Zuge auch gleich ein paar Dinge richtigstellen, die in der Debatte aufgekommen sind. Bemerkenswert fand ich vor allem eines: dass die Staatssekretärin damit begonnen hat, eine Frage dazu zu beantworten, wie es denn mit den Vorhaben des Regierungsprogrammes ausschaue und dass so wenig davon umgesetzt worden sei. Sie hat gesagt, die Situation habe sich verändert, das werde sich wohl nicht mehr ausgehen. – Ich stelle also fest: Schwarz-Grün wird ihr Regierungsprogramm nicht abarbeiten. (Zwischenruf des Bundesrates Zauner.) Das war die Aussage in anderen Worten.

Wir haben zusätzlich gehört, dass die Einführung eines einheitlichen Mietrechts eine Maßnahme ist, die bundeseinheitlich nur schrittweise erfolgen kann. – Warum? Warum ist das so? Ich verstehe es nämlich nicht. Wir haben im Grunde eine Trias, wir haben drei Gesetze, die das betrifft: das Mietrechtsgesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Wohnungseigentumsgesetz – drei Gesetze. Warum kann man die nicht auf einmal zu einem universalen Mietrecht zusammenführen?

Dann muss ich Kollegen Arlamovsky natürlich widersprechen: Klarerweise wollen wir als SPÖ ein starkes Mietrecht. Kollegin Eder-Gitschthaler hat gemeint, es gibt immer zwei Sichtweisen bei diesem Thema. Das ist völlig richtig. Wir stehen auf der Seite der Mieter, so einfach ist das. (Beifall bei der SPÖ.)

Alle, die sich dagegen verwehren, dass man ein bundeseinheitliches Mietrecht machen muss, in dem es einen starken Mieterschutz gibt, tun das nicht. Das ist die andere Seite, ganz klar.

Es ist manchmal so einfach. Manchmal gibt es einfach einen Widerspruch: Es gibt Leute, die sich vor Vermieter und Vermieterinnen stellen, und es gibt Leute, die sich für Mieterinnen und Mieter einsetzen. Die Rollenverteilung ist in dieser Republik ganz klar. Die SPÖ ist für Mieter:innen, die ÖVP für Vermieter – so schaut es aus.

Bei der Leerstandsabgabe mag ich die Frau Staatssekretärin darauf hinweisen, dass sie in Vertretung des Bundeskanzlers hier ist und eine Erklärung gegeben hat, die konträr zu den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes steht. Der Verfassungsgerichtshof hat gesagt, eine Leerstandsabgabe kann gerade nicht landesgesetzlich eingeführt werden. Eine Leerstandsabgabe, die nämlich mobilisierenden Charakter hat, ist eine Sache, die in Bundeskompetenz fällt. Wenn Sie also hier eine Anfrage beantworten und sagen, für die Leerstandsabgabeneinführung sei die landesgesetzliche Regelung das geeignete Mittel, der geeignete Hebel, dann ist das schlicht unwahr. Das ist rechtlich falsch. Das steht völlig entgegen unserem Höchstgericht, das über die Verfassung wacht. Insofern bitte ich Sie darum, die Daten, die Sie bekommen und vorgelesen haben, zu korrigieren, weil das schlicht rechtlich falsch ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist übrigens auch der Grund – weil das oftmals angesprochen wird –, warum wir sie in Wien noch nicht eingeführt haben: weil es schlicht rechtlich nicht geht. Wir könnten eine „Leerstandsabgabe“ – unter Anführungszeichen – einführen, so wie andere Bundesländer. Nur wissen wir, dass der VfGH sagt, sie darf keinen mobilisierenden Effekt haben. Das heißt, sie darf eben gerade nicht so hoch sein, dass es tatsächlich eine spürbare Auswirkung gibt. Ja, da ist der Bund säumig. Das wissen wir und das müssen wir einfach auch so sagen.

Die Wohnbauinvestitionsbank, die auch Thema war, finde ich besonders spannend, weil ich zu dieser Zeit im Kabinett tätig war und weiß, dass das eines der Projekte war, das wir noch in großkoalitionärer Einigkeit tatsächlich fast auf den Weg gebracht hätten. Wir waren schon so weit, wir waren bei der Europäischen Kommission, und die hat gesagt, das passe alles. Dann aber kam Sebastian Kurz, und Sebastian Kurz wollte das nicht. Sebastian Kurz wollte den flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung nicht, und er wollte auch die Wohnbauinvestitionsbank nicht. Er hat Vizekanzler Mitterlehner in dieser Frage kategorisch und strategisch torpediert, und er hat dieses Projekt abgeschossen. (Bundesrat Himmer: Das war die Zuständigkeit des Außenministers damals? Der Außenminister war damals für den Bereich zuständig, darum ist das nicht zustande gekommen?)

Was würde eine Wohnbauinvestitionsbank jetzt denn alles bringen? – Gemeinnützige Bauträger könnten zu dieser Wohnbauinvestitionsbank gehen und günstige Mittel mit fixem Zinssatz bekommen. Darunter leidet die gemeinnützige Bauwirtschaft gerade am meisten: variable Zinssätze, die sie aufgrund des Kostendeckungsprinzips eins zu eins weitergeben. Dadurch steigen die Mieten im gemeinnützigen Baubereich. Das ist nur deswegen der Fall, weil die gemeinnützigen Bauvereinigungen auf dem privaten Markt zu den Banken gehen und sich dort Geld abholen mussten. Hätten wir eine Wohnbauinvestitionsbank – und ich glaube nach wie vor, dass wir diese brauchen, auch die nächste Regierung sollte sie ins Auge fassen –, dann müssten die Gemeinnützigen nicht zu den Banken gehen, sondern könnten sich staatliches Geld mit klaren Zinssätzen holen. Dann wäre auch ein klarer, geregelter Bereich der Gemeinnützigen da. Das würde die Mieten für alle senken. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme nun zum Bundesland Wien, weil das ja so oft kritisiert wurde und Wien ja an und für sich scheinbar ganz, ganz, ganz, ganz furchtbar sei. Ich frage mich nur, warum Wien dann regelmäßig zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt wird, wenn es in dieser Stadt doch so furchtbar sein soll. Ich verstehe es nicht. Ich verstehe nicht, warum man sagt, wir seien untätig, wenn wir einen Mietpreisstopp einführen – wir frieren sie für die nächsten zwei Jahre ein –, wenn wir die Wohnbauförderung erhöhen, wenn wir in Wien einen durchschnittlichen Mietpreis von 9,1 Euro für den Quadratmeter haben.

Mir wurde das von Salzburgern und Tirolern entgegengehalten, aber in Salzburg liegt der durchschnittliche Mietpreis bei 10,4 Euro, also höher als in Wien, obwohl Wien die Bundeshauptstadt ist. Er ist höher, und das übrigens im gesamten Land Salzburg. In Salzburg Stadt bewegen wir uns in Dimensionen, da können wir im Vergleich zu Wien doppelt so hoch gehen. Da kann man dann Wien nicht vorwerfen, dass es untätig sei und dass alles so furchtbar sei. In Tirol liegen wir natürlich auch weit über den Mieten in Wien.

Ich verstehe also die Kritik an Wien in dieser Frage überhaupt nicht. Sie können gerne viele Dinge aufmachen, aber gerade die Wohnungspolitik in Wien ist vorbildlich. – Also wirklich! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum „Wiener-Zeitung“-Onlinemediumsskandal, der heute in offensichtlicher Auftragstäterschaft – denn anders schaut das nicht aus, ganz ehrlich – aufgekommen ist: Was ist der Skandal daran? Vor über zehn Jahren haben sich zwei gemeinnützige rote Wohnbaugenossenschaften und ein gewerblicher Betreiber, der übrigens schwarz ist, Baugrund gesichert – vor über zehn Jahren! Jetzt hat sich die Stadt Wien dafür entschieden, in der Donaustadt Wohnbauten zu errichten. Der Grund ist umgewidmet worden, damit man dort Wohnungen errichten kann. Erklären Sie mir den Skandal! Ich verstehe ihn nicht, ich werde ihn auch nicht verstehen. Nicht alles, was in der „Wiener Zeitung“ im Onlineportal steht, ist ein Skandal – tatsächlich, ist es nicht.

Zuletzt noch Folgendes: Der Kollege aus Niederösterreich hat gemeint, es gibt keinen Wohnbaustopp in Niederösterreich. Das ist ein gefinkelter Trick, ein gefinkelter Schmäh. Er meint nämlich, es werden natürlich weiterhin Wohnungen in Niederösterreich errichtet – das sagt er. Was er verschweigt, ist: Wenn eine gemeinnützige Wohnbauvereinigung jetzt zum Land Niederösterreich gehen würde – Stand heute, an diesem Tag –, würde das Land Niederösterreich den Bau natürlich nicht fördern, weil es momentan keine Mittel gibt. Reden Sie einmal mit Ihrer Landesregierung: Die Wohnbauförderung ist momentan gestoppt. Es gibt momentan eine Arbeitsgruppe mit der Donau-Universität , also natürlich mit der Uni. Da wird momentan keine Förderung preisgegeben. Bitte, reden Sie mit der Landesregierung! Das ist schlicht unwahr. (Nein-Rufe bei der ÖVP.) In Niederösterreich gibt es momentan einen Stopp der Förderungen. Das ist so, das ist tatsächlich so. (Rufe bei der ÖVP: Nein! Das ist kein Stopp!)

Ein Letztes noch, und dabei will ich auch noch einmal zu den Ausführungen der Staatssekretärin zurückgehen: Sie hat auf eine Frage geantwortet, die Bundesregierung werde auf Entscheidungen weisungsfreier Behörden keinen Einfluss nehmen. – Das überrascht mich nicht. Dem Vernehmen nach ist dafür der Nationalratspräsident zuständig. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

(Zum Redner:innenpult zurückkehrend und fortsetzend:) Jetzt war ich schon wieder zu schnell. Einen Antrag habe ich auch noch, damit es besser wird:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Leistbares Wohnen jetzt endlich möglich machen!“

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat Gesetzesvorlagen zuzuleiten, mit der sie folgende Maßnahmen zur Umsetzung bringen wird:

„- die Einführung eines einheitlichen, transparenten Mietrechts mit klar definierten Zu- und Abschlägen (Universalmietrecht),

- die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank zur Sicherstellung der Finanzierung des sozialen Wohnbaus und zur Abfederung der steigenden Kosten im sozialen Wohnbau,“ – Geben Sie sich einen Ruck, ÖVP, das wäre notwendig! –

„- die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung und die Erhöhung der selben von 0,4 auf 1 Prozent des BIP,

- die verfassungsrechtliche Absicherung der Widmungskategorie ‚sozialer Wohnbau‘,

- die verfassungsmäßige Absicherung der Bundesländer zur Einführung von Leerstandsabgaben, die einen ausreichenden Lenkungseffekt versprechen und

- die Einführung eines Zinsregulierungsgesetzes, das für bestimmte Grundbeträge einen Mindestzinssatz für Spareinlagen und einen Höchstzinssatz für Wohn- und Überziehungskredite festlegt.“

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Wenn Sie tatsächlich etwas für die Österreicher und Österreicherinnen machen wollen, stimmen Sie da zu! (Beifall bei der SPÖ.)

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