13.23

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Willkommen, Herr Bundesminister! Willkommen, Besucherinnen und Besucher hier bei uns im Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es immer wieder spannend, wie es die FPÖ schafft, vor allem bei Bereichen, in denen sie sich nicht wirklich auskennt, zu ihren Lieblingsthemen zu kommen (Ruf bei der FPÖ: Ja, weil’s stimmt!) – auch wenn es nicht stimmt (Zwischenrufe der Bundesräte Leinfellner, Spanring und Steiner), aber ja, dann muss man halt auf Fakenews ausweichen und Fakten außer Acht lassen. (Bundesrat Steiner: ... unglaublich gut erkannt! Unglaublich gut! – Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner.) Genau. (Bundesrat Steiner: ... unglaublich gut! Jetzt fang zum Lesen an einmal! Lesen ist - -!)

Überlegen wir uns das einmal: Ein Kind kommt mit ungefähr sechs Jahren in die Schule, idealerweise mit etwas mehr Vorerfahrung als nur dem verpflichtenden Kindergartenjahr, und im Laufe der Schullaufbahn erwirbt es nicht nur, aber im Wesentlichen ganz essenzielle Grundkompetenzen. Wir haben es schon gehört: Lesen, Schreiben, Rechnen, aber mittlerweile gehören auch digitale Kompetenzen zu diesen Grundkompetenzen. Ich glaube, jede und jeder hier herinnen, die oder der Kinder hat, kennt es von den eigenen Kindern, dass es dann manchmal heißt: Ach, wozu brauche ich das denn später? Mathematik, Lesen oder Schreiben ist mühsam! Wozu brauche ich das?

Die meisten Kinder schaffen es aber, sich zumindest diese Kompetenzen im Laufe ihrer Schulzeit anzueignen. Das ist der Idealzustand. (Ruf bei der FPÖ: Sonst gehen sie zu den Grünen, ist auch okay! – Bundesrat Leinfellner: Und die anderen werden Parteimitglied bei den Grünen! – Bundesrat Steiner: Ja!)

Jetzt gibt es aber Umstände, die nichts mit kognitiven Fähigkeiten zu tun haben – und da muss ich Kollegen Kofler recht geben, auch nicht mit den Lehrenden, die wirklich ihr Bestes geben –, sondern einfach Gegebenheiten, Umstände sind, die diese ideale Bildungslaufbahn stören. Das können, wir haben es auch schon gehört, Krankheiten sein oder unvorhergesehene Ereignisse, wir wissen, da gehören (Ruf bei der FPÖ: Migration!) – ja – tatsächlich auch Fluchterfahrungen dazu, das sucht sich niemand aus.

Wir haben hier schon öfter darüber gesprochen, dass Bildung in Österreich nach wie vor zu einem großen Teil vererbt wird, auch aus einem bildungsfernen – sage ich einmal – Haushalt zu kommen kann die Schullaufbahn, den schulischen Erfolg massiv beeinträchtigen. Manche Menschen verlieren aber auch erst im Erwachsenenalter den Anschluss. Die Herausforderungen im Zusammenhang mit technologischen Neuerungen sind etwas, das vielen Menschen Probleme bereitet.

Die sozialen und ökonomischen Auswirkungen – Kollegin Hahn hat es recht anschaulich ausgeführt – liegen auf der Hand, die Betroffenen leiden unter Diskriminierung und Minderwertigkeitsgefühlen. Es ist ein schambehaftetes Thema, wenn man selbst merkt, dass die Kompetenzen einfach mangelhaft sind, die Betroffenen täuschen über die mangelnden Kompetenzen hinweg, sie täuschen teilweise sogar Familie und Freunde. Gleichzeitig – und das sei auch speziell an die FPÖ gerichtet – haben all diese Menschen andere Kompetenzen, haben Potenziale, die wir nicht liegenlassen können. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der SPÖ.) Alles andere ist volkswirtschaftlicher Irrsinn und sozialer sowieso.

Die beiden Programmteile, um die es heute geht, Basisbildung und Nachholen des Pflichtschulabschlusses, richten sich im Besonderen an Menschen ab dem 15. Lebensjahr. Während die Angebote für die Basisbildung vermehrt von Erwachsenen in Anspruch genommen werden, ist die Zielgruppe beim Nachholen des Pflichtschulabschlusses eher jünger. Basisbildung zeichnet sich auch besonders dadurch aus, dass sie wirklich auf die individuellen Biografien der Menschen eingeht und auch mit den vorhandenen Kompetenzen arbeitet, sich an diesen orientiert und auf diesen aufbaut. Letztlich geht es darum – das wurde auch schon ausführlich besprochen –, die Bereiche des Lebens der betroffenen Personen zu erfassen und die Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. In Österreich begann die Basisbildungsarbeit Ende der Achtziger-, Anfang der Neunzigerjahre mit Kursangeboten in Wien, mittlerweile gibt es zahlreiche wirklich tolle Angebote.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine Sache hinweisen, auf die ich im Zuge meiner Vorbereitungen gestoßen bin: das Alfatelefon. Das ist eine Hotline, die einerseits ganz niederschwellig Informationen zu Kursangeboten zur Basisbildung gibt. Das ist auch anonym möglich. Andererseits bietet sie aber auch Soforthilfe an, zum Beispiel, wenn es um das Ausfüllen von Formularen geht, um das Verfassen von E-Mails, um schriftliche Tätigkeiten in der Arbeit und so weiter. Das Ganze ist wie gesagt sehr niederschwellig und über zahlreiche Kanäle möglich: telefonisch, per Mail, aber auch über Messengerdienste. Das ist jetzt gar kein Widerspruch, denn besonders diese Möglichkeiten helfen Betroffenen bei Problemen hinsichtlich Sprache zu Text und im Umgang mit diesen Medien.

Super finde ich auch, dass wir jetzt die Bundesjugendvertretung in der Steuerungsgruppe dabei haben, weil ja Jugendliche wirklich auch sehr stark betroffen sind, das haben wir von Frau Kollegin Hahn schon gehört. Die Bundesmittel wurden um 30 Prozent auf 11,7 Millionen Euro pro Jahr erhöht, und insgesamt wurde von 28 auf 35 Millionen Euro erhöht: Das ist wirklich gut angelegtes Geld, es ermöglicht die Weiterführung dieser wichtigen unentgeltlichen Angebote für Jugendliche und Erwachsene.

Wie gesagt: Wir dürfen niemanden zurücklassen, wir müssen alle Kompetenzen und Potenziale heben, auch von Menschen, die Krisen hinter sich haben. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.29

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Martin Polaschek. – Bitte sehr, Herr Minister.