9.50

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher:innen zu Hause! Sehr geehrter Herr Minister! Zuallererst möchte ich mich auch im Namen der grünen Fraktion ganz herzlich für die umsichtige Präsidentschaft in den vergangenen sechs Monaten bedanken, liebe Frau Präsidentin. Mit dem wichtigen Schwerpunktthema Perspektiven für Kinder hast du einem besonders wichtigen Thema eine breite Bühne gegeben, denn Kinder sind unsere Zukunft, und wir sind dafür verantwortlich, unseren Kindern eine lebenswerte Zukunft zu bereiten. Danke schön noch einmal. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

In diesem Sinne nun zum Thema: In einem Land wie Österreich mit so vielfältigen geografischen und klimatischen Gegebenheiten ist natürlich auch die Landwirtschaft vielfältig strukturiert. Die Tiroler Almbetriebe, die Ackerbaubetriebe im Burgenland bis hin zu den Weinbauern im Weinviertel, sie alle haben unterschiedliche Herausforderungen, wie sie eben mit den unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten arbeiten.

Von Kollegen Tiefnig ist mit hervorragender Expertise schon ganz viel über die Probleme der Landwirtschaft, der bäuerlichen Familienbetriebe ausgeführt worden. An dieser Stelle auch von meiner Seite ein herzliches Dankeschön an alle Landwirtinnen und Landwirte, die sich tagtäglich dafür einsetzen, dass wir die besten Lebensmittel zur Verfügung haben, die auf uns und auf unsere Umwelt schauen. Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Bundesrät:innen Obrecht, Schumann und Arlamovsky.)

Ich möchte mich allerdings auf eine Herausforderung konzentrieren, die alle landwirtschaftlichen Betriebe gleichermaßen betrifft, und das sind die Auswirkungen des Klimawandels. Das Landwirtschaftsministerium befragt regelmäßig Landwirtinnen und Landwirte – Österreichs Landwirtschaft wird hauptsächlich, fast ausschließlich von Familienbetrieben bewirtschaftet –, es befragt diese Familien zu den Herausforderungen, und an erster Stelle steht da das Thema faire Produktpreise. Wie drängend und prominent das Thema ist, haben wir vorhin auch schon gehört, immerhin sind die landwirtschaftlichen Einkommen 2023 stark gesunken, nämlich um ein reales Minus von über 21 Prozent, wie die neuesten Prognosen der Statistik Austria zeigen. „Auf einen sehr hohen Anstieg [...] im Jahr 2022 dürfte 2023 ein erheblicher Rückgang folgen“, heißt es da. Als einen der wesentlichen Faktoren für diese Entwicklung führen die Statistiker unter anderem auch Preisrückgänge an.

Gleich an zweiter Stelle nach dem Thema der fairen Produktpreise steht bei diesen Befragungen mittlerweile bereits der Kampf gegen und die Anpassung an die Klimakrise. Wenn man mit Landwirtinnen und Landwirten persönlich spricht, so versteht man recht schnell, dass viele von ihnen sich der Problematik des Klimawandels und dessen Auswirkungen wirklich immer mehr bewusst werden. Die Auswirkungen sind in den Lebensrealitäten der Landwirtinnen und Landwirte angekommen, sei es jetzt in Form von Trockenheit oder massiv angestiegener Extremwetterereignisse und deren Auswirkungen.

Dabei müssen wir uns eines vor Augen halten: Die Landwirtschaft spielt da quasi eine Doppelrolle, wenn es um die Klimakrise geht. Der Agrarsektor trägt einerseits zu einem nicht unerheblichen Teil zur Freisetzung von Treibhausgasen und somit zum menschengemachten Klimawandel bei; nach Angaben des IPCC wird etwa ein Viertel aller anthropogenen Treibhausgasemissionen weltweit durch Land- und Forstwirtschaft sowie durch Landnutzungsänderungen verursacht. Die Landwirtschaft hat also eine wirklich bedeutende Rolle bei der Abschwächung des Klimawandels und bei der Anpassung an den Klimawandel. 90 Prozent der nationalen Beiträge zur Erfüllung der Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens, die Anpassungsmaßnahmen vorsehen, weisen den Agrarsektor explizit als wesentlichen Bereich für Klimaschutzmaßnahmen aus.

Andererseits ist der Sektor wie schon gesagt von den Auswirkungen des Klimawandels direkt betroffen. Zahlreiche Studien legen nahe, dass die Klimakrise die landwirtschaftliche Produktivität bereits über viele Mechanismen beeinträchtigt, vor allem eben durch wärmere Mittel- und Extremtemperaturen, durch verlängerte oder veränderte Niederschlagsereignisse, aber auch zum Beispiel durch Parasiten, die jetzt in höheren Lagen vermehrt vorkommen und dort die Viehwirtschaft massiv belasten.

Der Landwirtschaft kommt wie schon gesagt eine wesentliche Bedeutung im Kampf gegen die Klimakrise zu, besonders wenn wir den Wert gesunder Böden beachten. Böden sind nicht bloß für die Nahrungsmittelproduktion essenziell, sondern Böden speichern auch CO2, und zwar weltweit mehr als die Atmosphäre und die Biosphäre zusammen. Böden sind ein komplexes lebendiges System, in dem ständig Wasser, Luft und Leben zirkulieren; sie sind der größte planetare Wasserfilter und von einer unglaublichen Biodiversität besiedelt; in einem Teelöffel gesunden Bodens leben mehr Mikroorganismen als Menschen auf der Welt.

Gesunde Böden sind auch untrennbar mit der Gesundheit von Menschen verbunden, denn nur gesunde Böden erzeugen gesunde Lebensmittel. Neue Studien belegen jetzt tatsächlich, was unsere Großmütter wahrscheinlich schon gewusst haben: dass die Bodenmikroorganismen positiv auf das menschliche Immunsystem wirken. Der Spruch: Kinder sollen im Dreck spielen!, bekommt somit ein bisschen eine neue Dimension, einen neuen Nachdruck.

Was tun wir politisch für die bäuerlichen Familienbetriebe? – Den GAP hat mein Kollege Tiefnig schon ausführlich erklärt. Die Planung ist bis inklusive 2027 gemacht, ab 2024 sind 55 Millionen Euro zusätzliche Bundesmittel für die Gemeinsame Agrarpolitik vorgesehen.

Was wird – kurz zusammengefasst – damit finanziert? – Einerseits die Inflationsanpassung um 8 Prozent beim Öpul, beim Agrarumweltprogramm (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig) – genau; plus Verbesserungen und neue Förderungen im Klima- und Umweltbereich ab 2025; eine Inflationsanpassung, auch um 8 Prozent, bei der Ausgleichszulage; die Kostenobergrenze bei den Investitionsmaßnahmen zum Tierwohl-, Klima- und Wassermanagement wurde von 400 000 auf 500 000 Euro erhöht, also jene der anrechenbaren Investitionskosten.

Grundsätzlich werden in der GAP zahlreiche Maßnahmen nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für den ländlichen Raum finanziert, das betrifft zum Beispiel Förderungen für Leaderregionen oder für Naturschutzprojekte.

Insgesamt gab es in den letzten Jahren auch zahlreiche Förderungen zur Krisenbewältigung, um mit den diversen Krisen – Corona, Energiepreise und so weiter – zurechtzukommen. Da gab es die außergewöhnliche Anpassungsbeihilfe für Erzeuger – 9 Millionen Euro EU-Mittel waren das –, die in Österreich für Obst-, Gemüse- und Gartenanbau und geschützten Anbau verwendet wurden; ein Versorgungssicherheitspaket aus nationalen Mitteln: 110 Millionen Euro, Auszahlung war im Dezember 2022; den Stromkostenzuschuss, der zweimal ausgezahlt wurde; die pauschale Steuerbegünstigung für Geräte und Fahrzeuge, die unmittelbar in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt werden, gesamt stehen dafür 30 Millionen Euro zur Verfügung.

Wir alle können auch in unserem persönlichen Bereich etwas tun, um Landwirtinnen und Landwirte zu unterstützen. An oberster Stelle steht da: Kauft regional! (Beifall bei Grünen und ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.) Das ist wirklich das Beste, das wir machen können.

Sorgen wir alle gemeinsam weiter gut für unsere Landwirtinnen und Landwirte, sie sind die große Zukunft für unser Klima und eben unsere Zukunftshoffnung! – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

9.59

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster ist der Herr Bundesminister zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.