13.47

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Länger arbeiten über das Regelpensionsalter hinaus, das ist die inhaltliche Lage des Gesetzes, das hier vorliegt. Wir als Sozialdemokratie werden dem nicht zustimmen.

Ich darf es begründen: Das ist – erstens – eine Regelung, die natürlich eine Menge Steuergeld kostet, und es ist ein Programm für sehr wenige Menschen, wie wir auch im Ausschuss gehört haben. Der Bund übernimmt jetzt sozusagen Pensionsbeiträge für die Sozialversicherung. Das ist eine befristete Regelung. Es sind sehr wenige Menschen betroffen. Wir als Sozialdemokratie sagen: Machen wir uns lieber Gedanken darüber, wie wir die Menschen gesund und in guter Kondition bis zum Pensionsantrittsalter, bis zum Regelpensionsantrittsalter bringen! Die Gedanken, dass man länger, darüber hinaus arbeiten möchte, liegen uns auch am Herzen, aber nicht in diesem Ausmaß, denn – ich kann es Ihnen ganz ehrlich sagen – es gibt so viele Berufsgruppen, deren Mitglieder gar nicht wissen, wie sie es zum Regelpensionsantrittsalter schaffen sollen. Das Problem: Wie kann ich während der Pension arbeiten?, stellt sich für einen Maurer nicht; das Problem stellt sich für einen Dachdecker nicht; das Problem stellt sich nicht für eine Frau, die in der Fabrik am Fließband steht; das Problem stellt sich nicht für eine Frau in der Pflege.

Ganz ehrlich: Es ist schön, wenn jemand länger arbeiten will – wunderbar! Man wird niemanden davon abhalten, keine Frage, und es wird ein großes Programm sein, das vor allen Dingen von Bäuerinnen und Bauern, von Selbstständigen genützt werden wird. Das ist alles in Ordnung, aber es wäre wichtiger, den Fokus darauf zu legen, wie man Menschen gesund zum Regelpensionsalter führen kann (Beifall bei der SPÖ): Was gibt es für gesundheitsfördernde Maßnahmen? Was kann in der Prävention getan werden? Wie kann man jenen, die sagen: Ich schaffe es ganz bestimmt nicht, bis zum Regelpensionsantrittsalter!, die Chance geben, dass sie aus dem Erwerbsleben ausscheiden können? Ganz ehrlich: In der Schicht arbeiten, in der Pflege arbeiten, schwere körperliche Arbeit, schwere psychische Arbeit – Menschen in diesen schwer belastenden Berufen können sich nicht vorstellen, bis zum Regelpensionsantrittsalter zu arbeiten.

Sie haben kein Herz für diese Menschen, das wissen wir. Die Abschaffung der Hacklerregelung war ein ganz, ganz starkes und eindeutiges Zeichen dafür.

Ab. 1.1.2024 – ich habe es schon mehrmals erwähnt, aber es ist eine wichtige Frage – wird auch das Pensionsantrittsalter der Frauen angehoben, und das sehr rasch: bis 2033 auf 65 Jahre. Ich sage Ihnen ehrlich, wir haben als ÖGB-Frauen eine Pressekonferenz dazu gemacht, und da sind die Betriebsrätinnen aus dem Bereich der Pflege, der mobilen Dienste und auch aus dem Bereich der Fabriken gestanden und haben gesagt: Wie soll das bitte gehen? Unsere Beschäftigten schaffen es nicht bis 65, die können sich schon nicht vorstellen, bis zum Regelpensionsalter, das jetzt gilt, zu arbeiten. Die Arbeitsbedingungen sind nicht danach. Wir können es uns körperlich nicht vorstellen, und wir können es uns psychisch nicht vorstellen! – Ich glaube, da muss man hinschauen und das muss man wahrnehmen. Man muss schauen, wie man für diese Gruppen eine Exitvariante finden kann, damit sie aus ihren belastenden Berufen dann auch hinauskönnen.

Wenn ich am Schreibtisch sitze und dort meine Arbeit mache, wird es leichter sein, als wenn ich wirklich schwere körperliche Arbeit leiste, wie in der Pflege, oder wenn ich in der Fabrik Schicht arbeite. Das geht rund um die Uhr, Schicht arbeiten ist höchst anstrengend, und es ist für die Frauen ganz schwierig, da in die Schwerarbeit zu kommen. Es ist für die Frauen auch ganz, ganz schwierig, aus Jobs in der Pflege hinauszukommen. Was tun sie? – Sie verlassen den Job, weil sie sagen: Ich schaffe es nicht mehr! – Darum fordern wir schon lange: Bitte nehmen wir die Beschäftigten der Pflege in die Schwerarbeitsregelung auf. Das ist ganz, ganz wichtig, um ihnen einen Exit ermöglichen zu können. Man kann beim Thema des längeren Arbeitens nicht nur von jenen ausgehen, die es vielleicht schaffen werden.

Auch sonst sind die Belastungen in den Jobs extrem hoch, und länger arbeiten heißt immer, man braucht ein Umfeld, das es einem ermöglicht, bis zum 65. Lebensjahr auch wirklich fit zu bleiben – da muss man hinschauen und da muss man hingreifen und das nicht ignorieren, denn das ist ganz, ganz wichtig. Auch die Unternehmen sind aufgefordert, sich damit zu beschäftigen, wie sie Gesundheitsprogramme aufstellen können. Da reicht nicht der nett aufgestellte Obstkorb und dann zu sagen: Jetzt habe ich eine Gesundheitsförderungsmaßnahme gemacht!, sondern da braucht es viel mehr. Da braucht es wirklich Maßnahmen, mit denen auf die Frage eingegangen wird: Wie kann ich alterns- und altersgerechte Arbeitsplätze schaffen? – Da muss man genau hinschauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Schon jetzt geht jede dritte Frau nicht aus einer Beschäftigung in Pension, und das muss uns Sorgen machen. Beim Anstieg der Arbeitslosigkeit wird es besonders wieder jene treffen, die älter sind. Auch da muss eine Maßnahme eingezogen werden, indem man jenen Unternehmen, die Menschen beschäftigen, die älter sind – im großen Branchenvergleich Menschen beschäftigen, die älter sind –, einen Bonus gibt. Auf all jene, die keine älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen, muss man ein Malussystem anwenden.

Wir haben das bereits beschlossen gehabt, dieses System ist fertig beschlossen dagelegen, und unter Kurz wurde es abgeschafft, und zwar ganz, ganz schnell im Interesse der Wirtschaft. Das ist aber nicht klug. Es ist klüger, jene zu fördern, die wirklich ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Beschäftigung halten, und jenen, die sich dieser Gruppe nicht annehmen wollen, zu sagen: Hallo, dafür müsst ihr euren Beitrag leisten! – Das müsste man wieder einführen, um einen gerechten Ausgleich zu schaffen und auch dazu zu motivieren, dass Beschäftigte einfach länger auch in Beschäftigung bleiben können.

Was uns große Sorgen macht, ist die Pensionsaliquotierung. Sie haben ja die Aliquotierung für ein Jahr ausgesetzt, aber wir sagen, das reicht bei Weitem nicht, da braucht es eine einheitliche Regelung. Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“

Die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung rückwirkend mit 1.1.2022 abgeschafft wird.“

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Noch eine Bitte: Ich weiß, dass jetzt alle Redner:innen mit Jubelmeldungen darüber herauskommen werden, wie gut es ist, über das Regelpensionsalter hinaus zu arbeiten. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja!) – Ja, ich weiß, das ist mir schon klar. Es kommt auf die Gruppe an, die man vertritt, und welche Interessenlagen da sind. Trotzdem würde ich ganz dringend ersuchen, mit diesen Regelungen nicht auch langsam, aber sicher den Weg für eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters auf 67 zu bereiten. Sie machen Türen auf für etwas, das für viele, die in schwer belastenden Berufen sind, einfach nicht packbar ist. Eine Anhebung auf 67 wäre für viele einfach nur eine Pensionskürzungsmaßnahme, weil sie einfach nicht so lange arbeiten können, und das können wir den Menschen nicht zumuten. Wir als Sozialdemokratie werden da sicher dagegenhalten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.55

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Der von den Bundesräten Korinna Schuhmann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“ ist genügend unterstützt und steht demnach in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte.