14.07

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ersichtlich, dass ich als Kontraredner eingemeldet bin. Ich möchte aber vorher trotzdem noch zwei, drei Dinge in diesem Gesetzesvorschlag als positiv herausstreichen, nämlich die neuen Regelungen zu den Härtefällen bei der Geringfügigkeitsgrenze. Die sind überwiegend positiv. Die Regel über die Informationen zu Pensionsansprüchen für Personen ab 55 Jahren finden wir positiv, nun ja, und auch das Beratungsgespräch durch die Pensionsversicherungsträger für Personen ab Vollendung des 57. Lebensjahres. Das ist zwar ein bürokratischer Aufwand, aber wir halten ihn doch für überwiegend sinnvoll.

Jetzt zu den überwiegend negativen Aspekten des Gesetzespaketes. Wieder positiv anfangen: Die Regierungsparteien haben zumindest einmal ein Problembewusstsein entwickelt oder bekennen sich dazu, dass sie das Problem einmal angehen wollen. Wir glauben nur nicht, dass es besonders viel bewirken wird, und wir glauben auch nicht, dass es die optimale Methode ist. Das Problem ist, wie es Kollegin Hauschildt-Buschberger bereits erwähnt hat und wie auch die OECD in ihrem letzten Bericht wieder festgestellt hat, dass die Erwerbsquote in Österreich bereits vor dem Regelpensionsalter stark abnimmt und stark unterdurchschnittlich ist und die Erwerbsquote ab dem Regelpensionsalter bei den Leuten, bei denen es aus gesundheitlichen Gründen oder vom Arbeitsplatz her möglich ist, geringer ist, als sie sein könnte. Warum ist das so? – Weil die Leute natürlich rational handeln und weil es sich einfach nicht auszahlt, selbst wenn es aus gesundheitlichen Gründen oder vom Arbeitsplatz her möglich wäre, länger zu arbeiten.

Die Kerne des Problems werden durch den vorliegenden Gesetzesvorschlag nicht wirklich angegangen. Wenn man die Altersgruppen, die von diesem Vorschlag betroffen sind, ins Auge fasst, geht es nur um Personen ab dem Erreichen des Regelpensionsalters. Es geht überhaupt nicht um Personen vor Erreichen des Regelpensionsalters, von denen wir aber gehört haben, dass deren Erwerbsquote trotzdem unterdurchschnittlich ist.

Wie können wir bewirken, dass Personen länger arbeiten und dass das effektive Pensionsantrittsalter steigt? Das wird durch diesen Gesetzesvorschlag überhaupt nicht angegangen. Der Vorschlag, der hier für Personen ab dem Erreichen des Regelpensionsalters gemacht wird, bringt zwar einen finanziellen Vorteil für die Personen, die nach Erreichen des Regelpensionsalters weiterhin arbeiten, aber das ist ein Vorteil für Personen, die bereits Pension beziehen.

Was werden solche Beschäftigten rational machen? – Die werden das auf den finanziellen Unterschied vergleichen. Sie bleiben in Beschäftigung – wenn es vom Arbeitgeber her möglich ist –, beziehen keine Pension und arbeiten weiter, im Vergleich dazu, dass sie in Pension gehen und neben der Pension weiterarbeiten. Da wird es, befürchten wir, in fast allen Fällen so sein, dass es für diese Personen finanziell günstiger ist, bereits Pension zu beziehen und weiterzuarbeiten. Die Erwerbsquote ab dem Regelpensionsalter, um die es ja in Wirklichkeit geht, wird also nicht besonders stark steigen und die Belastung des Pensionsversicherungssystems, das ja nicht nur für die Sozialversicherungsträger, sondern auch für das Bundesbudget ein großes Problem ist, wird dadurch auch nicht wirklich angegangen.

Was wir, glaube ich, alle wollen, ist, dass das effektive Pensionsantrittsalter gesteigert wird. Bevor wir darüber diskutieren können, ob man auch im Verhältnis dazu das gesetzliche Pensionsantrittsalter anpasst, sollte man unserer Meinung nach eigentlich nicht ein starres gesetzliches Pensionsantrittsalter heranziehen, sondern ein Regelpensionsalter nennen, damit es so wie bei der Korridorpension innerhalb eines bestimmten Alterskorridors möglich ist, in Pension zu gehen. Und wenn man über versicherungsmathematische Grundsätze redet, zählt natürlich auch die wahrscheinliche Dauer des Pensionsbezugs, die wiederum von der steigenden Lebenserwartung abhängt, hinzu, dass die Zuschläge und Abschläge nach diesen mathematischen Grundsätzen berechnet werden.

Wir wollen die Menschen länger im Erwerbsleben halten. Dafür sind natürlich auch andere Maßnahmen als rein Maßnahmen des Sozialversicherungs- und Pensionsversicherungsrechts notwendig. Wir wollen auch, dass es möglich ist, dass die staatlichen Anreize, die gesetzt werden, nicht dazu führen, dass es für die Leute trotzdem rational ökonomisch günstiger ist, Leistungen zu beziehen als im Erwerbsleben zu bleiben. –Vielen Dank. (Beifall bei Bundesräti:nnen der SPÖ.)

14.13

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Vielen Dank.

Als Nächste ist Frau Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler zu Wort gemeldet. – Liebe Frau Bundesrätin, bitte, Sie sind am Wort.