15.36

Bundesrätin Bernadette Geieregger, BA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren heute über eine der bedeutendsten Reformen in unserem Gesundheitsbereich – eine Reform, die nicht nur Veränderungen vornimmt, sondern die Lebensqualität der Menschen in unserem Land unmittelbar verbessern wird.

Gleich zu Beginn möchte ich anbringen, dass ich ehrlich gesagt kein Verständnis dafür habe, dass die Oppositionsparteien heute zumindest teilweise nicht zustimmen werden. (Bundesrätin Schumann: Na geh! Oje! – Bundesrat Steiner: Es gibt nur ein ...!)

Die Gesundheitsreform, die im Nationalrat diskutiert und beschlossen wurde und heute zur Debatte steht, markiert einen bedeutenden Schritt in Richtung einer qualitativ hochwertigen und wohnortnahen Gesundheitsversorgung für alle österreichischen Bürgerinnen und Bürger – 100 Kassenstellen mehr! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: ... 400 leere Kassenstellen! 400! 400 leere ...!)

100 Kassenstellen mehr, zusätzliche Gesundheitszentren, Gruppenpraxen, Strukturreformen in den Spitälern, neue digitale Angebote – die Palette ist sehr breit. Im Finanzausgleich, den wir dieses Jahr verhandelt haben, stand die Gesundheitsreform ganz groß im Mittelpunkt. Bis zum Jahr 2028 stellt der Bund jährlich zusätzlich über 2 Milliarden Euro für die Pflege und die Gesundheit zur Verfügung. Zusammen mit dem, was von den Versicherungen und den Ländern kommt, sind es insgesamt 14 Milliarden Euro an zusätzlichen finanziellen Mitteln. Die Länder haben sich dafür bereit erklärt, neue Aufgaben zu übernehmen. Das betrifft zum Beispiel die Leistungen bei den niedergelassenen Ärzten, die günstiger und oftmals besser als jene in den Krankenhäusern sind. Wie wir wissen, ist es mittlerweile leider für viele Usus geworden, auch bei kleineren Wehwehchen sofort in die Spitäler zu fahren.

Es gibt immer weniger Ärzte im österreichischen System. Kassenstellen bleiben unbesetzt, der Kollege hat es heute auch schon angesprochen (Bundesrat Steiner: Deshalb brauchen wir auch mehr!), es gibt lange Wartezeiten, immer mehr Wahlärzte. Die Ausweitung der Kapazitäten bei Spitalsärzten ist, wie schon angesprochen, extrem teuer, und genau deswegen braucht es die Attraktivierung der kassenärztlichen Tätigkeit.

Unser oberstes Ziel ist langfristig eine effektive Versorgung in hoher Qualität. Was natürlich ebenso wichtig ist, ist die Finanzierbarkeit, und daher ist diese Reform auch so wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Nach dem Grundsatz digital vor ambulant vor stationär gibt es im Großen und Ganzen sieben Maßnahmenpakete, auf die ich jetzt ein bisschen näher eingehen will.

Der erste Bereich ist die Stärkung des niedergelassenen Bereichs. Da werden 300 Millionen Euro an finanziellen Mitteln vom Bund zur Verfügung gestellt.

Und weil vorhin die 100 000 Euro angesprochen wurden, die ein Arzt nach zweifach erfolgloser Kassenausschreibung kriegt: Es gibt in der Tat in Österreich Kassenstellen, die einfach sehr beliebt sind und auf die sich sehr viele Ärzte bewerben. Warum sollte man diese dann schon mit öffentlichen Mitteln subventionieren? Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Deswegen macht es sehr wohl Sinn, dass man erst dann, wenn zweimal erfolglos ausgeschrieben wurde, unterstützt. (Beifall bei der ÖVP.)

Die SPÖ hat im Nationalrat die gesetzliche Garantie für einen Facharzttermin innerhalb von 14 Tagen gefordert. Ich finde, das ist ein bisschen typisch für die SPÖ, das ist ähnlich wie bei der Kinderbetreuung, da wird auch immer der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gefordert. (Bundesrätin Schumann: Von den Sozialpartnern auch!) Wir haben da einen anderen Zugang: Wir müssen zuerst einmal schauen, dass die Versorgung da ist (Bundesrätin Schumann: Ah!), dass die Kinderbetreuungsplätze da sind (Bundesrätin Schumann: Das sehen die Sozialpartner anders!), und dann kann man über Forderungen und Rechtsansprüche reden. Und ähnlich halten wir es jetzt auch im Gesundheitsbereich: Wir stellen die zusätzlichen Mittel und die zusätzlichen Ärzte zur Verfügung, und dann kann man darüber sprechen, ob man einen Rechtsanspruch hat oder nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Punkt ist die Strukturreform in den Spitälern. Da ist eine Kosteneffizienz im Fokus.

Das Motto digital vor ambulant vor stationär habe ich schon angesprochen. Es geht vor allem um den Ausbau von Fachambulanzen, Tageskliniken und Vorstufen der Behandlung, die ausgebaut werden müssen.

Unser Ziel muss sein: weniger stationäre Aufnahmen, mehr ambulante Versorgung. Für dieses Vorhaben gibt es insgesamt 600 Millionen Euro.

Der dritte Bereich ist der Ausbau der digitalen Angebote. 1450 wurde heute schon angesprochen, wir kennen das alle aus der Coronazeit. Diese Hotline gab es vorher schon, sie soll noch mehr ausgebaut werden, neben anderen digitalen Apps und so weiter; es wird die Elektronische Gesundheitsakte ausgebaut. Ich kann nur sagen: Ich habe selber, abseits einer Coronaerkrankung, 1450 schon benutzt. Ich habe meinen Eltern beim Holzschneiden geholfen, habe dann einen Splitter in mein Auge bekommen, und da wurde mir sofort die nächste Ambulanz vorgeschlagen. Ich bin direkt dorthin gefahren und wurde gleich, ohne Wartezeit, behandelt. Das ist wirklich ein tolles Service! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder. – Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) – Das war ein öffentliches Krankenhaus. (Bundesrat Spanring: Trotzdem ist man ... krankenversichert!)

Der vierte Bereich ist Gesundheitsförderung und -vorsorge. Es ist extrem wichtig, in diesem Bereich etwas zu tun. Das Durchschnittsalter, die Lebenserwartung der Österreicherinnen und Österreicher beträgt 81,3 Jahre, und in den letzten Jahrzehnten war der Fokus immer wieder darauf gelegt, dass man, wenn man krank ist, wieder gesundbehandelt wird. Ich finde, wir sind mit diesem Paket mittlerweile an einem Punkt angekommen, an dem wir sagen: Gesunde Menschen sollen möglichst lange gesund bleiben! Deswegen ist das ein guter Punkt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Der fünfte Punkt sind Impfprogramme, eines der Lieblingsthemen der FPÖ bei uns im Bundesrat. (Bundesrat Leinfellner: Nein, das ist euer Lieblingsthema, wir wollten’s ja nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Impfungen sind entscheidend für den Schutz vor schweren Krankheiten, aber die Durchimpfungsrate ist in Österreich bei manchen Krankheiten nicht so hoch, zum Beispiel bei Masern oder Tetanus. (Bundesrat Steiner: Corona!) In diesem Bereich muss einfach noch viel gemacht werden, denn Impfungen schützen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder. – Bundesrat Steiner: Corona!)

Die Medikamentenversorgung ist der vorletzte Punkt. Da stehen wir vor allem in Europa insgesamt vor einer großen Herausforderung. Viele Produktionsstätten liegen in China und in Indien. Da werden 3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um diesen Bereich zu verbessern. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Der letzte Punkt ist die Pflege. Eine alternde Gesellschaft in Österreich führt zu einem steigenden Bedarf an Pflege und Betreuung; wir haben es heute im Hohen Haus schon diskutiert. Der Mangel an Fachkräften ist groß. Da wird durchaus etwas getan: In den nächsten fünf Jahren werden zusätzlich 8,6 Milliarden Euro in den Ausbau der Pflege und Betreuung investiert.

Jetzt fragen sich viele vielleicht: Wozu braucht es denn diese Reform? SPÖ und FPÖ sind ja teilweise dagegen. Österreich hat ein gutes Gesundheitssystem und ein sehr gutes im Vergleich zu anderen Ländern auf der Welt, auch wenn es immer wieder schlechtgeredet wird. (Bundesrätin Doppler: Wir haben kein gutes Gesundheitssystem!) Da gibt es noch Luft nach oben – ja! – und deswegen gibt es auch dieses Maßnahmenpaket. Wollen wir es verbessern? – Ja. Mit dieser Gesetzesänderung verbessern wir unser Gesundheitssystem und machen es zukunftsfit.

In Bezug auf das kritisierte Bewertungsboard ist es von essenzieller Bedeutung, eine klare Perspektive einzunehmen. Ein Blick in die Zukunft sowie eine einheitliche Bewertung neuer und hochpreisiger Medikamente im gesamten innerstaatlichen Bereich erscheinen als unabdingbare Schritte. Wir stehen für eine Entwicklung, die das Wohl der Patienten in den Fokus rückt, und wir dürfen niemals zulassen, dass medizinisch notwendige Behandlungen aus rein ökonomischen Erwägungen heraus verwehrt werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir die Gesundheitsversorgung auf einem soliden Fundament aufbauen, dass Patientenbedürfnisse priorisiert und gleichzeitig die rasche und angemessene Bereitstellung von medizinischen Leistungen sichergestellt wird. Diese Gewissheit ist das Ergebnis sorgfältiger Überlegung und des Einsatzes für das Wohl aller, die auf unser Gesundheitssystem bauen.

Es sind sehr viele gute Maßnahmen, deswegen noch einmal die Einladung an die Oppositionsparteien, heute zuzustimmen.

Und da das für heute meine letzte Rede ist, wünsche auch ich schöne Weihnachten und einen guten Rutsch! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.46

Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Franz Ebner. – Bitte.