19.12

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Novelle zum Kraftfahrliniengesetz ist ein weiteres Beispiel für Vereinfachungen beziehungsweise Beseitigungen wenig hilfreicher Verwaltungsvorgaben – solche soll es geben – und ein Beispiel für eine gute Kooperation mit den Ländern.

Um was geht es – ganz kurz –: Bis jetzt war es so, dass immer, wenn eine Konzession für Regionalverkehr, für den Busverkehr – darum geht es vor allem – zum Beispiel neu in einem Bundesland oder in einer Region eines Bundeslandes vergeben wurde, man für sämtliche Haltestellen eine neue Genehmigung hat ansuchen müssen, und das ist natürlich irrsinnig aufwendig.

Wir haben im Ausschuss gehört, alleine in Niederösterreich sind es – ich weiß nicht (Bundesministerin Gewessler: 16 000!) – Tausende Haltestellen. (Bundesministerin Gewessler: 16 000!) – 16? (Bundesministerin Gewessler: Ja!) – Das bedeutet, alleine in Niederösterreich 16 000 neue Genehmigungen einzuholen. Das ist natürlich absurd. Das war sogar so, wenn die Konzession an den gleichen Betreiber, die gleiche Betreiberin übergegangen wäre. So, das ist jetzt einmal abgeschafft worden. Das ist eine sinnvolle und gescheite Erleichterung.

Was ist die Idee dahinter? – Die Idee ist, wir wollen den ÖV unterstützen, den ÖV erleichtern, den ÖV ausbauen und alle möglichen Hürden abbauen. Wir wissen, dass gerade der Busverkehr – der ist da ein bissl im Fokus – der Hauptträger des öffentlichen Verkehrs und damit der Mobilitätsversorgung in den Regionen draußen ist. Deswegen ist das so wichtig. Das ist übrigens auch ein genuiner Job der Länder, das ÖV-Angebot laufend weiterzuentwickeln. Letztlich sollte wirklich jeder Ort in Österreich einen Taktverkehr beim öffentlichen Verkehr haben. (Beifall bei den Grünen.)

Warum ist das so wichtig? – Das ist für den Klimaschutz wichtig, aber es ist natürlich auch für freie, leistbare Mobilität und eine ressourcenschonende Mobilität, Stichwort Bodenverbrauch, wichtig. Ein Bussystem und ein Bahnsystem verbrauchen viel, viel weniger Boden als der motorisierte Individualverkehr – vor allem eine Fixierung auf diesen braucht besonders viel Boden. Damit haben wir wie gesagt auch eine ökologisch verträgliche Mobilität für alle.

Vor allem – ich sage es immer wieder, weil es offenbar immer wieder nicht gesehen oder verstanden wird –: Das ist wichtig für Leute, die nicht so viel Geld haben. Ein Auto ist wirklich teuer. 4 500 Euro – das ist kein Superschlitten – pro Jahr, das ist wirklich Kohle. Das ist sogar für viele von uns viel Geld, geschweige denn für Leute, die es nicht so dick haben. Deswegen ist das so wichtig.

Eine weitere schöne Synergie: Ein gut ausgebauter ÖV in den Regionen macht die Regionen attraktiver. Es zeigt sich immer stärker, dass den Besucher:innen wie auch den potenziellen Zuwanderer:innen, Ansiedler:innen in den Regionen neben der Kinderbetreuung – das ist übrigens das Wichtigste – ein gut ausgebauter ÖV extrem wichtig ist. ÖV ist also Sozialpolitik, Klimapolitik sowie Regionenstärkung gleichzeitig; das ist ganz wunderbar. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Geieregger.)

Da ist seitens des BMK wirklich viel gemacht worden. Es gibt im Zuge des Klimatickets ganz viel Geld, 213 Millionen Euro wertgesichert, für die Länder für den Ausbau des ÖVs. Es gibt beispielsweise große Programme für emissionsfreie Busse. Das sind in Summe fast 600 Millionen Euro, beispielsweise für die Busbeschaffung. Über den Rahmenplan haben wir gesprochen – ein großes Förderprogramm für Regionalbahnen und Stadtbahnen, es sind Beispiele erwähnt worden. Ich denke, das ist wirklich eine sehr gute Sache. Man sieht, dass Grün da halt schon wirkt. (Beifall bei den Grünen.)

Du warst gestern nicht da, liebe Leonore, aber ich muss jetzt schon noch auf Herrn Steiner betreffend gestrige Debatte Bezug nehmen. Das zu erwähnen ist (Bundesrätin Doppler: Adi, was ist denn?) – zuhören! – es schon wert. Herr Steiner hat mich gestern der Klimahysterie bezichtigt. Das halte ich übrigens gut aus. (Heiterkeit des Redners.) Ich bin nämlich sehr stolz darauf, für die sozialökologische Transformation zu arbeiten. (Bundesrat Leinfellner: Das glaube ich sofort!)

Er hat sich beschwert, dass nicht mehr so viele Railjets in Jenbach halten; er wohnt im Zillertal. Er hat es dann als Zumutung empfunden, als ich gesagt habe: Da fährst du halt mit dem Zug nach Wörgl! – Er hat dann gesagt, er ist jetzt gezwungen – er ist gezwungen! – mit dem Auto nach Wien zu fahren. (Bundesrat Steiner: Das habe ich nicht gesagt!)

So, jetzt habe ich den ÖBB-Fahrplan konsultiert, Jenbach–Wien, normaler Werktag:

Abfahrt: 6.27 Uhr, Fahrzeit: 4 Stunden 5 Minuten, Ankunft: 10.32 Uhr, Direktverbindung;

Abfahrt: 7.31 Uhr, 4 Stunden Fahrzeit, Direktverbindung;

Abfahrt: 8.15 Uhr, 4 Stunden 17 Minuten (Zwischenruf des Bundesrates Steiner– okay, 10 Minuten längere Fahrzeit (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler) –, mit dem REX nach Wörgl, umsteigen in Wörgl;

8.43 Uhr, 4 Stunden 22 Minuten Fahrzeit, umsteigen in Wörgl (Zwischenruf des Bundesrates Steiner), diesmal mit der S-Bahn, darum halt noch einmal fast 5 Minuten;

9.31 Uhr, Direktverbindung, 4 Stunden 1 Minute (Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen);

10.15 Uhr, 4 Stunden 17 Minuten, umsteigen in Wörgl in den REX;

11.31 Uhr, Fahrzeit: 4 Stunden 1 Minute, Direktverbindung (Zwischenruf des Bundesrates Steiner);

12.15 Uhr, 4 Stunden 17 Minuten, Direktverbindung. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Das ist also eine totale Zumutung. Ich habe jetzt das grün-unverdächtige Google Maps konsultiert und den Routenplan aufgerufen, wie lange man mit dem Auto für die Strecke braucht: 4 Stunden 37 Minuten. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von Grünen, ÖVP und SPÖ.) – Noch dazu kann man im Auto nichts tun, man muss sich konzentrieren – hoffentlich –, und kann nicht arbeiten, sich nicht auf die Sitzung vorbereiten – wäre auch nicht schlecht (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler); ganz abgesehen natürlich von den Emissionen, die Sie emittieren, wenn Sie mit dem Auto fahren. (Bundesrat Steiner: Ich habe ein Elektroauto!)

Das hat man schon anmerken müssen, finde ich. (Bundesrat Steiner: Ich habe ein Elektroauto! Hallo! – Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP.) Es geht noch einmal zurück zur Verbesserung des ÖV. (Bundesrat Steiner: Ich habe ein Elektroauto! – Bundesrätin Platzer: Die sind auch nicht schneller! – Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrät:innen von FPÖ und ÖVP.) Zur Verbesserung des ÖV: Ich möchte noch ein bissl verkehrspolitische Anmerkungen machen.

Damit das funktioniert, muss man Komplementärmaßnahmen setzen, Begleitmaßnahmen. Es wird oft gerne vergessen. Man muss schauen, dass die Busse natürlich nicht im Stau stehen, dass die durchfahren, am Stau vorbeifahren (Bundesrat Steiner: ... Klimakleber! – Heiterkeit bei Bundesrät:innen der FPÖ) und die Buspassagier:innen sich freuen, zum Beispiel durch Busspuren; es braucht eine Neuaufteilung.

Sie (in Richtung Bundesrat Steiner) halten wirklich gar nichts aus, gell? Aber wehe, jemand macht einen Zwischenruf, wenn Sie reden.

Straßenraum neu aufteilen, systematische Parkraumbewirtschaftung, sobald ein gutes Grundangebot im ÖV und in der Verkehrsplanung da ist – man weiß, das ist das Wirksamste überhaupt. Das wiederum erleichtert eben den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Man muss halt klug und mutig handeln und es muss Hand in Hand gehen.

Dass eine signifikante Verschiebung des Modal Split zum ÖV notwendig ist, das sehen ja hoffentlich langsam alle, man muss das aber auch wie gesagt durch eine komplementäre Politik vorantreiben. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

19.20

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Silvester Gfrerer. – Bitte sehr.