10.18

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Willkommen, Frau Landeshauptfrau, von unserer Seite auch noch einmal nachträglich alles Gute zum Geburtstag! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Sehr geehrte Gäste hier bei uns im Hohen Haus! Liebe Kollegin, Frau Präsidentin Göll, ich möchte dir auch im Namen unserer Fraktion noch einmal herzlich zur Präsidentschaft gratulieren. Ich persönlich freue mich besonders, dass wir mit dir eine starke Frau als Präsidentin in Vertretung für unser wunderbares Niederösterreich haben. Du hast in den letzten Monaten wirklich mit Entschlossenheit bewiesen, dass du einen starken Vorsitz führen kannst, dass dir eine gute Diskussionskultur wichtig ist und dass du auch die Radaumacher in Schach hältst. Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich freue mich natürlich, dass ich heute tatsächlich zu meinem eigenen Heimatbundesland sprechen kann. Ich habe auf der Welt an vielen Orten gewohnt, gelebt, habe mich überall wohlgefühlt, aber Heimat ist mir Niederösterreich.

Gerade bei uns, wo zwei Klimazonen, nämlich die pannonische und die alpine Klimazone, zusammentreffen, entsteht eben diese wunderbare Mischung aus sehr vielfältigen Landschaftstypen und sanfter Kulturlandschaft.

Das führt dazu, dass Niederösterreich sehr viel Potenzial hat – Potenzial, das teilweise in viel zu geringem Ausmaß wertgeschätzt und gehoben wird.

Niederösterreich ist in besonderem Maße geeignet für Windkraft und Fotovoltaik. Gerade im Bereich Windkraft ist Niederösterreich Spitzenreiter: Ende 2023 waren 797 Windkraftanlagen mit über 2 000 Megawatt Leistung am Netz. Das ist sauberer Strom für über 1,4 Millionen Haushalte, das ist also schon beachtlich. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrat Gross: Trotz SPÖ!)

2024 ist ein Ausbau im Ausmaß von weiteren 14 Anlagen geplant – aber da geht noch mehr. Das technische Windkraftpotenzial wird auf circa 2 500 Windkraftanlagen geschätzt. Zum Beispiel empfiehlt, fordert die IG Windkraft den jährlichen Ausbau von 30 geplanten auf 100 Windräder zu steigern. Bundesweit ist Niederösterreich wie gesagt Spitzenreiter.

Bedauerlich ist, dass der Netzausbau ein bisschen hinterherhinkt und seit Jahren beziehungsweise seit Jahrzehnten ein bisschen verschlafen wurde. Wenn der Wind weht und die Windräder stillstehen, weil das Netz die erzeugte Energie nicht mehr aufnehmen kann, dann versteht das niemand. Auch wenn Privatpersonen den Strom, den sie mit ihren PV-Anlagen erzeugen, nicht in die Netze einspeisen können, versteht das niemand. Eine Freundin von mir hat seit zwei Jahren eine PV-Anlage und kann einfach den von ihr erzeugten überschüssigen Strom nicht ins Netz einspeisen. Das versteht wirklich niemand. Da wird also günstiger Strom produziert und einfach liegen gelassen. Den günstigen Strom dürfen wir wie gesagt nicht liegen lassen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Babler: Ja, wer ist in der Regierung? – Bundesrätin Schumann: Ja, machts was! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Niederösterreich hat sich das ambitionierte und notwendige Ziel gesetzt, 2040 klimaneutral zu sein. Ein ganz wichtiger Beitrag dafür ist eben die Energiewende. Für die Umsetzung wird es notwendig sein, die Netze wirklich massiv auszubauen und in die Speicherkapazitäten zu investieren, um eben für diesen klimaneutralen Strom Speicherkapazitäten zu schaffen. Es muss rasch gehandelt werden. Das Land Niederösterreich als Mehrheitseigentümerin der Netze Niederösterreich GmbH muss dafür Sorge tragen, dass diese notwendigen Investitionen getätigt werden, sodass die geplante Energiewende eben nicht durch ein mangelhaftes Stromnetz ausgebremst wird.

Ein weiteres Thema, das ich ansprechen möchte, das ganz drängend ist, ist der Bodenverbrauch. Ich habe in einer der beiden letzten Sitzungen schon ausführlich über den Wert des Bodens im Zuge des Klimaschutzes gesprochen. Nur gesunder Boden kann ausreichend CO2 speichern. Niederösterreich hat wie gesagt das ambitionierte Ziel, bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen. Gleichzeitig wird in Niederösterreich täglich Boden im Ausmaß der Größe von Eisenstadt verbraucht und damit aus dieser Klimaneutralitätsgleichung genommen. Es steht damit bundesweit an zweitschlechtester Stelle, was den Pro-Kopf-Bodenverbrauch betrifft. Auch der Bezirk Mödling, aus dem ich komme, ist da keine Ausnahme: Es gibt kaum einen Ort ohne eigenes Betriebsgebiet und/oder Einkaufszentren am Ortsrand. Da muss wirklich dringend etwas gemacht werden, damit wir nicht zum Logistikzentrum der Ostregion verkommen.

Wollen wir das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 erreichen, muss da auch dringend gehandelt werden, ernsthaft gegengesteuert werden. Wir Grünen haben im Landtag schon einige Anträge dazu eingebracht. Wie kann es gelingen, diesen Bodenverbrauch zu verringern? – Gescheites Leerstandsmanagement, ungenutzte Flächen zum Beispiel mithilfe eines Bodenfonds entsiegeln, Leerstandsabgabe für nicht genutzte Flächen, Parkplätze mit Bäumen oder mit PV-Anlagen überdachen, Gebäude und öffentliche Flächen als Wasserspeicher nutzen – das sind alles wichtige Dinge. Wir würden uns freuen, würde da auch etwas weitergehen und würden unsere Anträge ernst genommen und angenommen werden.

Dann möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, den Sie, Frau Landeshauptfrau, zum Thema leistbares Wohnen genannt haben. Ich muss gestehen, den Begriff leistbares Wohnen im Zusammenhang mit Wohneigentum zu nennen, finde ich fast ein bisschen zynisch. (Beifall bei Grünen und SPÖ.) Viele junge Menschen oder auch Familien – die Normalverdiener, wie Sie sie genannt haben – kommen gar nicht einmal in die Nähe der Möglichkeit, sich Eigentum zu erarbeiten, zu erwirtschaften. (Bundesrätin Schumann: So ist es! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Ganz genau!) Die Nachkriegsgenerationen haben Eigentum aufgebaut, viele Menschen erben Eigentum. Wer diese Chance, dieses Glück nicht hat, für den ist es im Prinzip derzeit aus eigener Kraft kaum möglich, sich Eigentum anzuschaffen.

Auch wenn es löblich ist, den ersten Eigentumserwerb zu fördern: Was machen die vielen, die auf Mieten angewiesen sind? (Bundesrätin Schumann: Mietpreisbremse wäre eine Idee gewesen!) – Leistbares Wohnen, Genossenschaften: In meiner Nachbargemeinde werden Genossenschaftswohnungen mit vier Zimmern, das heißt für Familien mit zwei bis maximal drei Kindern, um 2 300 Euro pro Monat (Ruf bei der SPÖ: Boah!) und mehr angeboten. Welche normal verdienende Familie kann sich das leisten? Das sind Genossenschaftswohnungen, die zu leistbarem Wohnraum zählen. Statt mit Scheinkäufen von Grundstücken zu spekulieren, um Gewinn zu verteilen, sollten die Genossenschaften dazu angehalten werden, sich tatsächlich wieder darum zu kümmern, leistbaren Wohnraum zu bieten, also tatsächlich und real leistbaren Wohnraum zu bieten. – Wir sehen, es gibt viel zu tun.

Leider sehen wir in Niederösterreich auch, was dabei herauskommt, liebe ÖVP, – da kann ich euch nicht wirklich verschonen –, wenn ihr euch von eurem Juniorpartner vor sich hertreiben lasst (Zwischenruf des Bundesrates Spanring), wenn ihr euch mit einer Partei einlasst, die ewig gestrige Politik betreibt, der Stimmungsmache wichtiger als die wichtigen Zukunftsthemen ist (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler), die die Sorgen der Menschen ausnutzt, um zusätzlich Angst zu schüren, die Gruppen gegeneinander aufhetzt (Bundesrat Spanring: Bei Corona warst du ...!) – alleine, weil das ihr einziges politisches Kapital ist. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Grossmann. – Ruf bei der FPÖ: Anschober, Mückstein, Rauch!) Da ist dann der Kampf – wir haben es ja gehört – gegen das Gendern wichtiger als die Anliegen der Bürger:innen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Da setzt der Landeshauptfraustellvertreter auf Straßenbau zur Bewältigung von Verkehrsproblemen – das ist einfach nur ewig gestrige Verkehrspolitik. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Spanring: Genau, dann gehen wir alle zu Fuß! Das kann man in ... vielleicht sagen, aber nicht in Niederösterreich!)

Es ist bedauerlich, dass ihr das auf Landesebene mittragt. Auf Bundesebene zeigt die ÖVP gemeinsam mit uns, dass wirklich gute Dinge umgesetzt werden können, was wir auf Schiene bringen können. Ja, in manchen Dingen sind wir anderer Meinung. Wir werden uns auf vielen Ebenen auf Landesebene, auf Bundesebene immer für neue Verkehrskonzepte einsetzen. Wirklich anschaulich dafür, was wir gemeinsam weiterbringen, ist die heutige Tagesordnung: Informationsfreiheitsgesetz, Erneuerbare-Wärme-Gesetz – das sind Meilensteine, die wir setzen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe der Bundesräte Leinfellner und Spanring.) – Das steht auf einer Tagesordnung, das bringt ihr in fünf Jahren nicht zusammen.

Zum Schluss möchte ich noch dir, Frau Präsidentin, alles Gute, weiterhin viel Entschlossenheit, viel Geduld und Durchhaltevermögen für deine Präsidentschaft wünschen. Ich freue mich schon auf die Veranstaltungen, die Veranstaltung am 8. März und auch jene im Mai. Die Schwerpunkte, die du dir für deine Präsidentschaft vorgenommen hast – Jugend und EU –, sind wichtige Zukunftsthemen, wie du gesagt hast. Die Jugend ist Zukunft und treibende Kraft in den Regionen. Ich freue mich schon auf eine gute Zusammenarbeit. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

10.29

Präsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Matthias Zauner. – Bitte.