13.31

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und auch vor den Bildschirmen! Von unserer grünen Fraktion hätte wahrscheinlich am liebsten jede und jeder dazu geredet. Ich freue mich wahnsinnig, dass ich dazu reden darf, dass ich auch als letzte Rednerin diesen Prozess abschließen und mich bei (in Richtung Bundesministerin Edtstadler) Ihnen, bei allen anderen bedanken darf, auch bei unserer Kollegin aus dem Nationalrat, Agnes Sirkka Prammer. Sie wurde schon öfters erwähnt, aber man kann nicht oft genug erwähnen, dass Sie alle so lange daran gearbeitet haben und das jetzt durchbekommen haben. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Mehr als 110 Länder weltweit haben bereits ein Informationsfreiheitsgesetz, Österreich zieht heute erst nach. Neben Belarus, das nicht einmal faire Wahlen kennt, sind wir Europas letzte Demokratie, die bis dato kein Grundrecht auf Information hatte, sondern eine im Verfassungsrang stehende Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, die extrem vielen Auskunftsersuchen entgegenstand. Das wissen wir aus vielen Zeitungen, aus vielen Medien, aus vielen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern, aber auch selbst wenn wir in der Opposition sind, wissen wir das.

Auch wenn es vielleicht manchmal andere Motive sind, aus denen man sich auf das Amtsgeheimnis ausgeredet hat, ist es auch – die Frau Ministerin hat es angesprochen – noch immer der Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, der mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren versehen ist. Daher freue ich mich, dass heute einerseits mit grüner Regierungsbeteiligung dieses Grundrecht auf Information gemeinsam mit der SPÖ – das dürfen wir ja schon vorwegnehmen, auch ihre Mitarbeit hat in einem langen und guten Prozess stattgefunden – beschlossen wird und dass dann auch die verschiedenen Gesetze daran angepasst, geändert werden.

Wir schaffen heute nicht bloß das verfassungsrechtlich vorgeschriebene Amtsgeheimnis ab, sondern wir führen eine in der Verfassung verankerte proaktive Informationsverpflichtung der staatlichen Organe und das Grundrecht auf Informationszugang ein. Auch das ist ganz neu: ein Grundrecht auf Information über das Handeln von staatlichen und staatsnahen Betrieben. Darauf wird meiner Meinung nach viel zu wenig der Fokus gelegt, denn das ist tatsächlich auch ein riesengroßer Schritt. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Es ist natürlich auch ein riesengroßer Schritt, weil ja eigentlich auf der Hand liegt, dass die Menschen in Österreich, die wählen dürfen, darüber Bescheid wissen, was die von ihnen durch diese Wahlen beauftragten Vertreter:innen mit dem Eigentum der Allgemeinheit tun. Diesem Tun muss immer zugrunde liegen, dass es für das Wohl der Allgemeinheit ist und eben nicht für das Wohl eines oder einer Einzelnen oder gar einer Partei. Erst mit dieser Klarheit darüber, auf welcher Basis diese staatlichen Organe oder diese staatlichen oder staatsnahen Betriebe handeln und entscheiden, können die Bürger:innen auch entscheiden, ob ihre Vertreter:innen gut arbeiten und ob man sie wählen soll, damit sie weiter für einen arbeiten. Das ist Demokratie im klarsten Sinne, und das ist auch Demokratie, wie sie sein soll. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Dieses Recht auf Informationsfreiheit kommt auch zu einer Zeit, in der immer mehr falsche Informationen gestreut werden – ja, auch in Parteimedien –, in der illiberale Machthaber:innen den Rechtsstaat, aber auch Mitbestimmung und vor allem Kontrollrechte einschränken wollen und in der es leider – auch in Österreich – eine Partei gibt, die Kontrolle einschränken will und die illiberale Systeme bewundert (Bundesrätin Doppler: Die Grünen!) und ihnen nacheifern will. Daher sind dieses sogenannte Transparenzregime, wie es auch genannt wird, das wir heute einführen, und die Kontrolle staatlichen Handelns durch die Zivilgesellschaft, aber auch und vor allem durch die Medien, durch die Wissenschaft wichtig, und natürlich – das geht auch uns hier in ganz vielen verschiedenen Positionen an – ist die Kontrolle des staatlichen Handelns durch die Opposition wichtig, um unsere Demokratie zu beschützen – (in Richtung Bundesministerin Edtstadler) Sie haben es erwähnt –, auch in der Erweiterung des Interpellationsrechts.

Es sind viele, viele Augen, die das Handeln staatlicher Organe auch schon bisher beobachtet haben, aber es wurde ihnen tatsächlich sehr oft schwer gemacht, klarzusehen. Man kann sagen, jetzt geht das Licht an. Es wird wesentlich heller in den Gängen des Beamtentums, der Gerichte, der Parlamente, aber es wird auch heller in den Verstrickungen durch verschiedene Bünde, die auch sehr oft in Parteinähe gerückt werden können. Das Vorenthalten von Information ist ein wesentliches und meinungsbeeinflussendes Machtinstrument, und das hat in einer Demokratie eigentlich gar nichts verloren. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Punkt ist auch noch erwähnenswert, auch ein bisschen als Antwort auf die wirklich sehr kurze Rede der Kollegin von der FPÖ: Durch die Abschaffung des Amtsgeheimnisses dürfen die Behörden ja auch alles vorweisen, was sie als wichtig erachten, was sie als wichtige Information für die Allgemeinheit erachten. Hier in diesem Raum sitzen sehr viele Mitglieder von Gemeinden und Bezirken, auch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die auch Mitglieder der FPÖ sind, und es wäre schön, wenn sie in einer Gemeinde, die sozusagen nicht proaktiv die Information herausgeben kann, dafür sorgen, dass diese Information auch so an die Bürger:innen kommt.

Es ist ja wunderbar, weil es auch zeigen kann, dass sachlich und verantwortungsvoll gearbeitet wird. Ich glaube, viele, viele Entscheidungsträger:innen – auch die, die hier sitzen – können sehr stolz auf ihre Arbeit sein. Die muss man nicht verstecken, die kann man zeigen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Mein Kollege Schreuder hat es auch angesprochen: Ja, Transparenz staatlichen Handelns hilft auch und vor allem auch, Spekulationen und Verschwörungen aus dem Weg zu räumen, denn transparentes staatliches Handeln macht staatliches Handeln nachvollziehbar und vorhersehbar. Auch das ist heute wichtig, damit – wir haben es gehört, aber ich glaube, man kann es nicht oft genug sagen – das Misstrauen in die Politik und in die staatlichen Institutionen in Vertrauen umgewandelt wird.

Ich möchte noch ein paar ganz kleine Dinge nennen, die nicht so oft vorkommen, die aber wichtig sind. Es sind Kleinigkeiten, die verhindern, was früher oft war: dass man von Pontius zu Pilatus geschickt wurde, wenn man solche Anfragen auf Information gestellt hat. Ein Antrag auf Information darf nicht aus Unzuständigkeit abgewiesen werden – ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt –, sondern dieser Antrag muss sofort an die zuständige Stelle weitergeleitet werden beziehungsweise muss diese bekannt gegeben werden.

Wenn eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht wird, dann wird dieser Beschwerde nicht bloß stattgegeben, sondern die sofortige Informationsherausgabe wird angeordnet, und das ist sehr gut und sehr wichtig. Die Eingaben sind gebührenfrei, und es muss auch in relativ kurzer Zeit – wir haben es auch schon gehört – entschieden werden. Das sind ganz wichtige Punkte, um die Lust an der Information nicht zu verlieren.

Ein zweiter Punkt ist: Es wird immer wieder – auch im Ausschuss – davon gesprochen, dass es angeblich möglich sein soll, die Ausnahmen, die im Bundes-Verfassungsgesetz geregelt sind, mit einfachgesetzlichen Regelungen auszuhebeln. Das ist eindeutig falsch. Es ist auch den Erläuterungen zu entnehmen, dass diese Ausnahmetatbestände durch einfachgesetzliche Regelungen nicht erweitert werden können. (Präsidentin Göll übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Sinne ist es unser Ziel, das wir auch ins Regierungsprogramm aufgenommen haben, saubere Politik zu verfolgen. Mit Regelungen betreffend die Finanzierung der Parteien und die Inseratenvergabe, die transparenter gemacht werden soll, genauso auch mit der Verschärfung des Korruptionsstrafrechtes und jetzt eben mit dem Grundrecht auf Information haben wir Werkzeuge in die Politik eingeführt, die für eine transparente Staatsorganisation und eine saubere Politik stehen. Ich denke, wenn man diese Werkzeuge nicht verhandeln will, indem man eben heute zum Beispiel nicht zustimmt, ist das ein Zeichen gegen die Demokratie (Zwischenrufe bei der FPÖ), und ich hoffe sehr – ich hoffe wirklich sehr –, dass die Bürgerinnen und Bürgerinnen das auch erkennen. (Ruf bei der FPÖ: Genau, die Bürgerinnen und Bürgerinnen!) – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

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