18.19

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Innenminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ein Wort noch zur Rede des Bundesrates Zauner: Herr Kollege, es ist ja selbstverständlich und auch verständlich, dass Sie hier sozusagen mit einem verbalen Rundumschlag zur Verteidigung der höchsten ÖVP-Repräsentanten aus Niederösterreich ausrücken müssen. Sie werden dafür bezahlt. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Zauner: Ich mach es auch gerne!) Das versteht ein jeder. Zum Inhalt: Diese Rede wäre nicht einmal für den politischen Aschermittwoch geeignet, sie wäre besser am Faschingsdienstag angesiedelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt aber zu dem wichtigeren Thema, und zwar zur Dringlichen Anfrage. Es ist ein bisschen erstaunlich, dass Sie, sehr geehrter Herr Minister, in Ihre Ausführungen in Ihrer Beantwortung aus meiner Sicht relativ wenig Realitätssinn hineingepackt haben. Ich sage auch warum: weil alle vom Problem der Schlepperkriminalität wissen. Noch einmal, damit es auch die Grünen verstehen: Wir reden heute von Schlepperkriminalität und nicht von Migration oder Integration. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man diese authentischen und eigentlich alarmierenden Schilderungen der Kollegin und des Kollegen aus dem Burgenland hört und dann Ihren Ausführungen lauscht, hat man so das Gefühl, man redet hier von zwei verschiedenen Welten. (Bundesrat Himmer: So weit sind wir uns einig!) Fakt ist, das möchte ich noch einmal unterstreichen, dass das Burgenland massiv von Schlepperkriminalität betroffen ist.

Es gab, ich werde keine Zahlen mehr wiederholen, Hunderte Verhaftungen, zig gefährliche Situationen, durchbrochene Straßensperren – alles gesagt. Das Wichtigste, das wird aus meiner Sicht hier in der Debatte vergessen: Die Menschen, die dort wohnen, dort leben, vor allem in Grenznähe, haben Sorgen und Ängste, und das berechtigt. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Sorgen und Ängste sollten wir, glaube ich, ernst nehmen. Da ist es gut, Herr Minister, wenn Sie oft ins Burgenland fahren, aber mit Ihrer Anwesenheit nimmt man den Menschen, so glaube ich, keine Ängste. Es wäre besser, wenn Sie mehr Polizeikräfte ins Burgenland schicken würden. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann bin ich schon bei der zweiten leidtragenden Gruppe. Das sind die Sicherheitskräfte, Polizei und Bundesheer, die eben in diesen Wochen und Monaten überproportionalen Gefährdungen ausgesetzt sind und einen enormen Arbeitsaufwand abzuarbeiten haben. Sie werden regelrecht erdrückt. Da ich selbst Polizist bin, Sie haben es erwähnt, kenne ich natürlich die Schilderungen der Kolleginnen und Kollegen. Es ist keine einfache Sache und keine Angelegenheit, die man nicht ernst nehmen kann. Es braucht dringend Abhilfe, es braucht dringend Unterstützung.

Die wichtigste Frage ist: Wie kann man diese Situation entschärfen, wie kann man für Abmilderung sorgen? – Zum einen, es wurde vom Kollegen Kovacs schon angesprochen, braucht es eigentlich jetzt ganz kurzfristige Sofortmaßnahmen, um der Schlepperkriminalität Herr zu werden. Das ginge ganz einfach, wenn man Polizeikräfte und die Kräfte des Bundesheeres aufstocken würde. Das bringt mehr Schlagkraft, verbesserte Rahmenbedingungen, es sorgt für die notwendige Entlastung der Sicherheitskräfte und es würde auch mehr Sicherheitsgefühl für die Bevölkerung bringen. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Bundesrates Zauner.)

Zum anderen muss man das große Ganze ins Zentrum rücken, und – es wurde schon erwähnt – damit meinen wir, damit meine ich den EU-Asyl- und Migrationspakt. Denn nur dieser Solidaritätsmechanismus, der vorsehen würde, dass man die Asylanträge gerecht auf die Staaten aufteilen würde, nur der kann Abhilfe in der Flüchtlingsbewegung in Europa bringen. Jeder, der in dieser so wichtigen Thematik nur einfache Antworten anbietet oder glaubt, Zäune oder eine Festung Europa wären die Lösung, der spielt ganz klar mit dem Feuer und hat in Wirklichkeit nicht die geringste Absicht, ernsthaft und verantwortungsvoll an diese große Herausforderung heranzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrter Herr Minister! Lösungen, das haben Sie heute auch erwähnt, sind in erster Linie auf europäischer Ebene zu suchen. Sie und der Herr Bundeskanzler sind eben schlecht beraten, wenn Sie sich an Viktor Orbán orientieren und mit einem quasi Handschlag – es gibt ja Fotos – einen Pakt, wie immer der auch aussieht, besiegeln.

Ich darf nur daran erinnern, dass es Orbán war, der vor knapp einem Jahr rund 1 500, 1600 Strafgefangene, Schlepper, Kriminelle freiließ und sie in alle Himmelsrichtungen verteilte. Deshalb kann es nur eine Antwort darauf geben: Orbán kann nie die Lösung sein. Er ist das Problem. Sie wären besser beraten, wenn Sie sich an die verlässlichen und konstruktiven Verbündeten in Europa wenden würden und mit aller Kraft, da gebe ich Ihnen Recht, für den EU-Migrationspakt kämpfen und sich dafür einsetzen. (Bundesrat Buchmann: Macht er eh!)

Wir haben das kurz und grob überschlagen: Hätten wir diesen Migrationspakt und hätten wir diese gerechte Verteilung auf europäischer Ebene, dann hätten wir 2023, also im vergangenen Jahr, statt 58 000 Asylanträgen nur 16 000 Asylanträge gehabt.

Also abschließend: Sehr geehrter Herr Minister! Liebe ÖVP! Sie stellen seit über 20 Jahren die Innenminister (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Den Kickl hat es auch gegeben!) oder die Innenministerinnen – mit einer kurzen Kickl-Unterbrechung, ja das stimmt –, ganz klar sind es Sie, die da in der Verantwortung sind. Es wäre sehr, sehr schön, wenn Sie dieser auch gerecht werden. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.26

Präsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. – Bitte.