10746 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

über den Entschließungsantrag der Bundesräte Korinna Schumann, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sozialhilfe-Grundsatzgesetz reparieren, Armut wirksam bekämpfen! (308/A(E)-BR/2021)

Die Bundesräte Korinna Schumann, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 15. Juli 2021 im Bundesrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz war schon bei seiner Einführung unter Türkis-Blau umstritten. Es bedeutete eine Abkehr von dem gegen Armut tatsächlich absichernden Netz und eine Hinwendung zu einem restriktiven und auf ein Mindestmaß an Leistungen reduziertes Gesetz, das für von Armut betroffene Menschen eine massive Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen bedeutete.

Statt Mindestleistungen vorzuschreiben, wurden Maximalbeträge zur Auszahlung fixiert, die verfassungswidrige Kinderstaffelung bedeutete für jedes zweite, dritte oder vierte Kind weniger Leistungen als für das Vorangegangene und willkürlich festgesetzte Sprachkenntnisse, die nachgewiesen werden mussten, führten bei einem fehlenden Beleg derselben zu Kürzungen. Auch die fehlende, bundesweit einheitliche Gestaltung der Sozialhilfe machte es den Bezieher*innen in Fragen der Existenzsicherung, aber auch den Bundesländern, die mit der Ausführung beauftragt waren, in Fragen des Vollzugs schwer. Bis heute ist die Sozialhilfe in Österreich damit ein nicht harmonisiertes, teilweise willkürlich gestaltetes Flickwerk geblieben.

Die sozialdemokratische Bundesratsfraktion brachte in Folge der Gesetzwerdung eine Klage beim Verfassungsgerichtshof ein, was zur Folge hatte, dass wesentliche Teile des Gesetzes im Dezember 2019 aufgehoben wurden. Die degressive Staffelung bei den Leistungen für Kinder, der „Arbeitsqualifikationsbonus“ oder aber auch die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bei der Kürzung auf Grund von fehlenden Sprachkenntnissen, waren Gründe für jenes Erkenntnis des VfGH, welches zu deren Aufhebung führte.

Seither herrscht Stillstand. Gerade jetzt in der Corona-Krise wurde deutlich, dass es insbesondere in Krisensituationen ein System braucht, das Menschen wirkungsvoll gegen Armut absichert. Schwächen in den Ausführungsgesetzen der Länder, die eigentlich die Aufgabe hätten, im Zusammenspiel mit den Bundeszahlungen zur Linderung der schlimmsten Verwerfungen zu sorgen, führten jedoch im Gegenteil vielmehr dazu, dass Menschen selbst die geringen Leistungen, die sie noch aus der Sozialhilfe beziehen konnten, verloren – ein Debakel und existenzielle Bedrohung für die Betroffenen. Dieser Umstand führte letztlich auch zu einer gemeinsamen Erklärung der neun Soziallandesrät*innen im März 2021, die damit eine Evaluierung des Systems und eine Behebung der Schwächen durch eine Reform der Sozialhilfegesetzgebung forderten.

In ihrem Regierungsprogramm hat sich die türkis-grüne Bundesregierung eine Halbierung des Anteils der von Armut betroffenen Menschen vorgenommen. Der Weg in diese Richtung kann jedoch nur über ein armutsvermeidendes und –bekämpfendes System der Sozialhilfe führen.“

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 5. Oktober 2021 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Ingo Appé.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Andrea Michaela Schartel, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky und Zwazl.

Bei der Abstimmung fand der Entschließungsantrag der Bundesräte Korinna Schumann, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sozialhilfe-Grundsatzgesetz reparieren, Armut wirksam bekämpfen! (308/A(E)-BR/2021) keine Mehrheit (dafür: S, dagegen: V, F, G).

Aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 32 Abs. 6 GO-BR ist ein Ausschussbericht zu erstatten.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Ingo Appé gewählt.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung mit Stimmenmehrheit den Antrag, dem Entschließungsantrag der Bundesräte Korinna Schumann, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sozialhilfe-Grundsatzgesetz reparieren, Armut wirksam bekämpfen! (308/A(E)-BR/2021) keine Zustimmung zu erteilen.

Wien, 2021 10 05

                                     Ingo Appé                                                                  Korinna Schumann

                                   Berichterstatter                                                                         Vorsitzende