878/AE XX.GP
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
des Abgeordneten Dr. Josef Cap
und Genossen
betreffend die Freiheit der Kunst
Kunst und Kultur leisten einen wichtigen Beitrag zur Schaffung einer “zivilen Gesellschaft”
und tragen wesentlich dazu bei, das gesellschaftliche Leben in seinen vielen
Zusammenhängen erleben, verstehen und verändern zu können. Zeitgenössische Kunst
fungiert oft als Seismograph gesellschaftlicher Entwicklungen, als kritischer Beobachter und
Interpret der Gesellschaft und der sich in ihr entwickelnden Zukunftstendenzen.
Zeitgenössische Kunst wird oft gegen den Markt und jenseits der gerade geltenden
gesellschaftlichen Normen produziert, sie verletz oft bewußt und in provokanter Weise
Tabus. Eine wichtige Aufgabe staatlicher Kulturpolitik ist es, zeitgenössische Kunst zu
fördern, aber auch die Möglichkeiten der Begegnung und - gegebenenfalls auch kritischen -
Auseinandersetzung mit ihr. Eng verbunden damit ist auch das aktive Engagement für ein
Klima, in dem sich Kunst frei entwickeln kann: das Eintreten für Liberalität, Humanität und
Toleranz, für die Freiheit der Kunst und den Schutz ihrer Autonomie vor Zensur und
Zensurgesinnung.
Die unterzeichneten Abgeordneten nehmen mit Bedauern zur Kenntnis, daß Kunst und
Künstler in der letzten Zeit Gegenstand politischer Auseinandersetzungen wurden. Kunst hat
sich dem Publikum zu stellen und die Auseinandersetzung zu suchen. Die
Auseinandersetzung mit Kunst sollte aber auf einem sachlichen und inhaltlichen Niveau
geführt werden. Der Mißbrauch der Kunst für tagespolitische Debatten ist abzulehnen und
schadet letztendlich dem unmittelbar betroffenen Künstler und in der Folge dem Ansehen
Österreichs.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, auch weiterhin zeitgenössische Kunst und die
Möglichkeiten der Begegnung und Auseinandersetzung mit ihr zu fördern. Die Freiheit der
Kunst ist hierdurch zu wahren und der Schutz ihrer Autonomie vor Zensur und
Zensurgesinnung sicherzustellen.
In formeller Hinsicht wird unter Verzicht auf eine 1. Lesung die Zuweisung an den
Kulturausschuß vorgeschlagen.