3078/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Schaffenrath, Partnerinnen und Partner haben

am 10. Oktober 1997 unter der Nr.311 2/J an mich eine schriftliche parlamentarische

Anfrage betreffend Opferschutz für Betroffene des Frauenhandels gerichtet, die fol-

genden Wortlaut hat:

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Im Bundesministerium für Inneres beschäftigt sich eine interministerielle und inter-

disziplinäre Arbeitsgruppe mit allen relevanten Fragen zum Schutz von Betroffenen

des Frauenhandels. Diese Gruppe arbeitet in den vier wichtigsten Bereichen, in

denen Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Frauen, aber auch zur Prävention

und zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens - den Profiteuren des Frauen-

handels -, angestrebt werden: Fremdenrecht, Sicherheitsorgane, Qpferschutz,

Gesundheit.

Eine von mir entsandte Vertreterin nimmt sowohl an der sogenannten „Steuer-

gruppe", als auch an jener Arbeitsgruppe teil, die sich insbesondere dem Opfer-

schutz widmet.

Zu Frage 2:

Der Aufbau der ersten einschlägigen Opferschutzeinrichtung in Wien wurde aus den

Mitteln der Frauenministerin finanziert; für das Jahr 1998 wird voraussichtlich der

Bundesminister für Inneres die Finanzierung übernehmen.

Zu Frage 3:

Bereits jetzt finden in den bestehenden Frauenhäusern bei Bedarf auch Frauen Auf-

nahme, die Opfer von Menschenhändlern geworden sind bzw. sich bedroht fühlen.

Gerade was die Notwendigkeit von Frauenhäusern betrifft, besteht mittlerweile beim

überwiegenden Teil der politisch Verantwortlichen kein Zweifel; dies bedeutet, daß

die gemeinsame Finanzierung durch Bund, Länder und Gemeinden gewährleistet

scheint.

Für vom Frauenhandel Betroffene wird es jedoch nach Einschätzung von Expertin-

nen sicherlich erforderlich sein, spezifische Überlegungen für die Unterkunft von in

Not befindlichen Betroffenen anzustellen, da sich aus deren Situation spezifische

Betreuungs- und Schutzmaßnahmen ergeben. Die Opferschutzeinrichtung in Wien

verfügt bereits über Wohnmöglichkeiten für akute Fälle.

Zu Frage 4:

In der bestehenden Opferschutzeinrichtung gibt es auch medizinische Beratung bzw.

die Vermittlung zu erforderlicher medizinischer Betreuung. Am Ausbau dieser Ange-

bote muß sicherlich noch gearbeitet werden.

Mit den gesundheitlichen Aspekten der Gesamtproblematik beschäftigt sich die oben

erwähnte Arbeitsgruppe „Gesundheit“ unter der Federführung der Leiterin bzw. einer

Sozialarbeiterin des ,,Ambulatoriums zur Diagnose und Behandlung sexuell übertrag-

barer Krankheiten“ in der MA 15 Gesundheitswesen. Die Bemühungen dieser Stelle

gehen insbesondere in Richtung Aufklärung und Prävention - im Interesse der be-

troffenen Frauen ebenso wie dem ihrer Kunden (und deren Familien). Die gesund-

heitliche Versorgung von Personen im Sexgewerbe und die Bekämpfung der Aus-

breitung von sexuell übertragbaren Krankheiten kann nur dann erfolgreich sein,

wenn es gelingt, eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen behördlichen und

privaten Einrichtungen aufzubauen.

Zu Frage 5:

Grundsätzlich unterstütze ich alle Maßnahmen, die zu einer verbesserten ärztlichen

Betreuung und Beratung der betroffenen Frauen führen. Die erwähnte interministe-

rielle Arbeitsgruppe hat sich auch dieses Problemkomplexes angenommen und wird

Vorschläge erarbeiten. Der Abschluß von Verträgen mit Krankenversicherungen,

Krankenhäusern, etc. fällt nicht in meinen Kompetenzbereich.

Zu Frage 6:

Das neue Fremdenrecht § 10 Abs. 4 wird es erstmals ermöglichen, daß vom Frauen-

handel betroffene Frauen aus humanitären Gründen einen vorübergehenden Aufent-

halt in Österreich erhalten können. Es ist dies eine Kann-Bestimmung, doch werde

ich mich dafür einsetzen, daß die noch ausstehenden konkreten Durchführungsbe—

stimmungen im Interesse der betroffenen Frauen formuliert werden.

Der befristete Zugang zum Arbeitsmarkt wäre aus der Sicht mancher vom Frauen-

handel betroffener Frauen wünschenswert. Auch mit dieser Problematik beschäftigt

sich die interministerielle Arbeitsgruppe und wird Vorschläge erarbeiten.

Die letzte Verordnung zur Änderung der Bundeshöchstzahlüberziehungsverordnung

beinhaltet, daß unter bestimmten Voraussetzungen von Gewalt bedrohte Migrantin-

nen der Zugang zum Arbeitsmarkt und damit zu einer eigenen Existenzsicherung

ermöglicht werden kann.

Zu Frage 7:

Maßnahmen zur Rückkehr von Frauen, die Opfer des Frauenhandels wurden, sollten

in enger Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern erarbeitet werden. Im Rahmen

des STOP-Programmes der Europäischen Union wird derzeit an einigen solchen

Projekten gearbeitet. Ich selbst werde in der ersten Hälfte des nächsten Jahres eine

Konferenz in Wien durchführen, die insbesondere VertreterInnen aus den osteuro-

päischen Ländern die Möglichkeit bieten soll, mit Vertreterinnen ausgewählter west-

europäischer Länder über die Gesamtproblematik des Frauenhandeis Erfahrungen

auszutauschen. Ein wichtiger Punkt im Rahmen dieser Tagung soll die Diskussion

von Aktivitäten zur gemeinsamen Unterstützung von Frauen, die in ihr Heimatland

zurückkehren wollen, sein.

Ich werde mich auch im Rahmen der EU-Präsidentschaft dafür einsetzen (wie ich es

auch schon durch die Unterzeichnung der „Den Haager Richtlinien zur Bekämpfung

des Frauenhandels“ im April dieses Jahres getan habe), daß sich insbesondere die

EU der Frage der Rückkehrmöglichkeiten im besonderen, aber der gesamten Pro-

blematik des Frauenhandels im allgemeinen widmet.

Zu Frage 8:

Grundsätzlich sind derartige Maßnahmen sicherlich zu begrüßen. Deutschkurse für

ausländische Frauen werden bereits von verschiedenen Beratungsstellen für

ausländische Frauen, die teilweise auch von mir gefördert werden, angeboten.

Zu Frage 9:

Soweit es meine budgetären Möglichkeiten erlauben, stehe ich der Errichtung von

Opferschutzeinrichtungen in den Bundesländern positiv gegenüber. Ich werde mich

insbesondere dafür einsetzen, daß andere relevante Institutionen - des Bundes

ebenso wie der Länder und Gemeinden - ihre Verantwortung und Zuständigkeit

wahrnehmen, insbesondere in jenen Regionen, wo das Problem des Frauenhandels

existiert bzw. zunimmt.

Zu Frage 10:

Da es österreichweit noch keine ausreichende Beschäftigung mit der Problematik

gibt, ist es derzeit nicht möglich, konkrete Schätzungen über die Einrichtung der

erforderlichen Infrastruktur für einen effizienten Opferschutz anzugeben.

Zu Frage 11:

Ich habe die Empfehlungen und Richtlinien auf internationaler und europäischer

Ebene bisher sehr ernst genommen und werde dies auch in Hinkunft tun. Insbe-

sondere werde ich mich auch bei meinen Regierungskolleglnnen dafür einsetzen,

und, wie bereits erwähnt, auch im Rahmen der EU-Präsidentschaft auf das Problem

des Frauenhandels eingehen. Damit einher gehen auch die Bemühungen um eine

Budgetierung, wobei ich mich insbesondere für die Schaffung von Opferschutz-

einrichtungen einsetzen werde.