4619/AB XX.GP

 

                                               BEANTWORTUNG

                        der Parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten

                        Volker Kier, Heide Schmidt und PartnerInnen

                        betreffend Psychoscrennings durch das AMS Wien

                                               Nr. 4929/J

 

Zur Anfrage möchte ich einleitend folgendes darlegen:

 

Das Arbeitsmarktservice ist aus der Bundesverwaltung ausgegliedert. Ausdruck

einer generellen Tendenz, von der ich annehme, daß sie auch den politischen Vor -

stellungen des Liberalen Forums entspricht. Eine der Konsequenzen daraus ist, daß

nicht mehr die operative Umsetzung der Arbeitsmarktpolitik, sondern nur mehr die

Aufsicht über das Arbeitsmarktservice meine Aufgabe ist, und diese in vom Gesetz

festgelegten Formen und Grenzen. Die Anfragebeantwortung stützt sich daher auf

Informationen des Arbeitsmarktservice.

 

Kernaufgabe des Arbeitsmarktservice in der operativen Umsetzung der Arbeits -

marktpolitik wiederum ist, ArbeitnehmerInnen mit ArbeitgeberInnen auf einem

höchstmöglichen Übereinstimmungsniveau zusammenzuführen. Dazu dienen Bera -

tung und Förderung zum Beispiel von Qualifizierung in allen berufsbezogenen Be -

reichen.

 

Nun sind Qualifikationen etwas sehr Komplexes und ihr Vorhandensein sowie ihr

Umfang sind Fragen subjektiver Einschätzung. Nun sind aber Eignung und Qualifi -

kation Schlüsselfragen, gleichgültig ob eine unmittelbare Vermittlung auf einen Ar -

beitsplatz oder eine Ausbildung zur Diskussion stehen, um für jemanden, der Arbeit

sucht, eine sinnvolle und dauerhafte Lösung zu finden. Dazu kommt, daß die Förde -

rung von Ausbildungen die teuerste Form der arbeitsmarktpolitischen Unterstützung

ist.

 

Es liegt deshalb sowohl im Interesse derer, die die Hilfe des Arbeitsmarktservice in

Anspruch nehmen - das Arbeitsmarktservice nennt sie seine KundInnen, um die

Grundhaltung, eine Dienstleistung zu erbringen, ausdrücken - als auch in dem des

öffentliche Gelder verwaltenden Arbeitsmarktservice, Entscheidungen auf möglichst

gesicherter Basis zu treffen. Eignung und Qualifikationen spielen dabei, wie schon

gesagt, eine zentrale Rolle.

 

Damit Qualifizierungsmaßnahmen den jeweiligen KundInnen, bezogen auf ihre per -

sönliche Situation adäquater angeboten werden können, schafft das Arbeits -

marktservice Wien entsprechende Möglichkeiten der Testung.

 

Weil es aber keine uneingeschränkte Sicherheit gibt, ob ein bestimmter Weg der

objektiv geeignetste ist, hat das Arbeitsmarktservice Wien den Auftrag für das Test-

institut in der Ausschreibung mit zwei Jahren befristet, um nach dieser Pilotphase zu

entscheiden, ob die Testungen zu einer höheren Treffsicherheit in puncto Schulun -

gen führen und läßt parallel dazu eine wissenschaftliche Evaluierungsstudie durch -

führen.

 

Für die einzelnen betroffenen Personen bedeutet es umgekehrt im Optimalfall, daß

sie eine geförderte Qualifizierungsmaßnahme absolvieren können, die genau dort

ansetzt, wo das eigene Wissen aufhört und der sie sich umgekehrt auch gewachsen

fühlen.

 

Um den adäquaten Umgang mit diesen zweifelsfrei sehr sensiblen Daten im Sinne

des Datenschutzgesetzes zu gewährleisten, hat das Landesdirektorium des Ar -

beitsmarktservice Wien anläßlich der Auftragsvergabe eine Reihe von flankierenden

Maßnahmen vorgesehen. Dazu zählt unter anderem die Erstellung eines Qualitäts -

handbuches, das von Datenschutzexpertinnen geprüft werden soll, sowie die Ein -

richtung eines Fachausschusses des Landesdirektoriums für Methoden-, Qualitäts -

und Datenschutzfragen.

Zu den Fragen im einzelnen:

 

Antwort zu Frage 1:

 

Es haben insgesamt 8 Institute einen Teilnahmeantrag gestellt, und zwar:

• MbyM System

• Advanta Institut für Organisations - und Persönlichkeitsentwicklung

• Pend & Piswanger People auf Zeit GmbH

• bit Management Beratung GesmbH

• Hill International

• Ratio Betriebsberatungsges. m.b.H.

• Context Impulse am Arbeitsmarkt GmbH

• Ernst & Young Unternehmensberatung Ges.m.b.H.

 

Eine Einladung zur Anbotslegung erging an folgende Institute:

 

• bit Management Beratung GesmbH

• Hill International

• Ratio Betriebsberatungsges.m.b.H.

• Context Impulse am Arbeitsmarkt GmbH

• Ernst & Young Unternehmensberatung Ges.m.b.H.

Die Fa. Context Impulse am Arbeitsmarkt GmbH hat auf eine Angebotsiegung ver -

zichtet. Die restlichen vier Institute haben ihre Anbote fristgerecht eingereicht.

 

Antwort zu Frage 2:

 

Die Ratio Betriebsberatungsges.m.b.H. hat aufgrund des Beschlusses des Landes -

direktoriums des Arbeitsmarktservice Wien vom 9.9.1998 als Bestbieter den Zu -

schlag bekommen.

 

Kriterien für die Zuschlagserteilung waren neben Einhaltung der in der Ausschrei -

bung definierten Bedingungen ein preisgünstiges Angebot, Garantie der hohen

praktischen Umsetzbarkeit aufgrund des methodischen und inhaltlichen Ablaufes

sowie professionelle Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice Wien und ent -

sprechende Referenzen.

Antwort zu Frage 3:

 

Man geht beim Pilotprojekt von einer beim Arbeitsmarktservice Angestellte durchge -

führten Bedarfserhebung aus. Danach wird sich dieser voraussichtlich auf 5.000

TeilnehmerInnen im Jahr belaufen. Auf dieser Größenordnung basiert auch die

Ausschreibung für das Testinstitut. Der finanzielle Gesamtaufwand für den Zeitraum

1.1.1999 bis 31.12.2000 (zweijährige Pilotphase) beträgt 28,308.000,-- S laut Anbot.

 

Antwort zu Frage 4:

 

Tests werden von der einschlägigen Wissenschaft in vielen Situationen als nützlich

und hilfreich empfunden und daher vielfach eingesetzt. Ihre Aussagekraft hängt von

sehr vielen Faktoren ab. Ob ihr Einsatz einer Sache dient und ethisch vertretbar ist,

hängt unter anderem von der Art der Interpretation der Testergebnisse unter Be -

rücksichtigung der Fragestellung, der verwendeten Instrumente und deren Validität

und Reliabilität ab. Sofern Tests sinnvoll eingesetzt werden, können sie äußerst

nützliche Hinweise dafür liefern, in welcher Richtung ein offenes Problem gelöst

werden könnte.

 

Antwort zu Frage 5:

 

Die beabsichtigten Testungen sind freiwillig und stehen in keiner Verbindung zur

Beurteilung der AIVG - Leistungen. Die Teilnahme oder Verweigerung eines Tests hat

daher keine Auswirkungen auf den weiteren Leistungsbezug, sondern dient der

Beurteilung der Adäquatheit der angebotenen oder gewünschten Schulungen.

 

Antwort zu Frage 6:

 

a) EDV - mäßig. Die Details werden im einleitend angeführten Qualitätshandbuch,

    das unter anderem dem Datenschutzrat vor Aufnahme des Testbetriebes zugeht,

    festgelegt.

b) Zugang zu den Daten haben die beim Testinstitut damit beschäftigten Mitarbeiter -

    Innen, beim Arbeitsmarktservice der Psychologische Dienst.

c) Der Auftragnehmer hat sich zur Einhaltung des Datenschutz - und Psychologen -

    gesetzes verpflichtet, für die PsychologInnen des Arbeitsmarktservice gilt dassel -

    be. Ungeachtet des gesetzlichen Rahmens haben die Mitarbeiterinnen eine ent -

    sprechende Verpflichtungserklärung zu unterzeichnen, für die MitarbeiterInnen

     des Arbeitsmarktservice gelten die entsprechenden dienstrechtlichen Vorschrif -

     ten.

d) Beim Testinstitut sind die Daten generell so lange aufzubewahren bis der Psycho -

     logische Dienst nachgewiesenermaßen über die Daten verfügen kann, dann sind

     sie dort zu löschen. Parallel zum Testbetrieb ist eine wissenschaftliche Evaluie -

     rung desselben vorgesehen. Aus diesem Grund werden die Daten beim Arbeits -

     marktservice zwei Jahre bzw. bis zum Ende der Evaluierung aufbewahrt.

e) Das Arbeitsmarktservice gibt Testergebnisse nur an die getesteten KundInnen

    selbst weiter.

f) Ja, die Form der Datenübertragung wird noch genau geprüft und dann der sicher-

    ste Weg eingeschlagen.

g) Einwänden gegen die Testung an sich ist im Vorfeld im Rahmen der AMS - Bera -

    tung zu begegnen. Einwendungen gegen das Testergebnis werden im Rahmen

    des Testinterpretationsgespräches beim Testinstitut, das von PsychologInnen zu

    führen ist, oder vom Psychologischen Dienst des Arbeitsmarktservice behandelt.

h) Es gibt keinen Rechtsanspruch auf den Erhalt der vollständigen Testergebnisse,

    trotzdem ist das Testinstitut vertraglich verpflichtet, die Testpersonen vom Er -

    gebnis zu informieren.

i) Wie bereits erwähnt, werden die KundInnen durch das Testinstitut über alle Test -

    ergebnisse im Detail aufgeklärt. Allfällige Einsprüche können sowohl im Rahmen

    des Interpretationsgespräches als auch im nachfolgenden Beratungsgespräch mit

    den BeraterInnen des Arbeitsmarktservice erhoben werden.

j) Wie schon zu Frage e) gesagt: nein.

 

Antwort zu Frage 7:

 

Eine Testung kann ein Schritt in einem Beratungsprozeß zwischen den KundInnen

und den BeraterInnen sein und wird zwischen diesen ebenso vereinbart wie die

Fragestellung, die mittels des Tests beantwortet werden soll.

a) Die BeraterInnen des Arbeitsmarktservice hatten auch bisher mit Gutachten dia -

    gnostischer Verfahren zu tun und sind daher entsprechend geschult. Überdies

    werden sie laufend und im Problemfall durch den Psychologischen Dienst des Ar -

    beitsmarktservice unterstützt. Zusätzliche Schulungen sind daher nicht vonnöten.

b) Entfällt wegen der Antwort zu Frage a).

c) Den Zuschlag für das Testinstitut hat der Bestbieter erhalten, nicht der Billigstbie -

    ter. Im übrigen ist Wirtschaftlichkeit neben Zweckmäßigkeit und Ordnungsmäßig -

    keit eines der zentralen Prinzipien öffentlichen Wirtschaftens, die Preisgünstigkeit

    kann daher nicht als irrelevant abgetan werden, sie ist aber nur eines der Kriteri -

    en zur Ermittlung von Bestbietern.

d) Die Auswahl der Mitarbeiterinnen des Testinstituts obliegt dessen Leitung. Das

    Testinstitut ist verpflichtet, qualifiziertes Personal einzusetzen.

e) Die im Psychologengesetz definierten ethischen Verpflichtungen sind überaus

    streng. Die Erstellung von Gutachten ist darin vorgesehen, sowohl Testinstitut als

    auch die PsychologInnen des Arbeitsmarktservice unterliegen diesen Vorgaben.

    Eine Weitergabe an Dritte ist, wie schon mehrfach gesagt, nicht vorgesehen.

 

Antwort zu Frage 8:

 

Im Rahmen der Beratung beim Arbeitsmarktservice wird eine Testung samt der an

das Testinstitut zu stellenden Fragen gemeinsam zwischen KundInnen und Berater -

Innen definiert. Grundsätzlich kann es daher eine valide Testung vorausgesetzt -

nur zu positiven Testergebnissen kommen, die Alternativen aufzeigen sollen, wenn

ein ins Auge gefaßter Weg zur Lösung eines Beschäftigungsproblems aus welchen

Gründen auch immer als nicht erfolgversprechend diagnostiziert wird.

a) Ausgangspunkt einer Testung ist die Absicht, an einer vom Arbeitsmarktservice

    Wien geförderten Schulungsmaßnahme teilzunehmen, und eine Unsicherheit, ob

    die für diese Maßnahmen erforderlichen Eingangsbedingungen erfüllt sind. Das

    Testinstitut soll dabei eine Unterstützung für die BeraterInnen des Arbeits -

     marktservice Wien und dessen Kundlnnen darstellen, um beiden bei den entspre -

     chenden Entscheidungen zu helfen.

b) Wenn eine Person eine Testung nicht wünscht, die nach Ansicht des/der Berater -

     In nützlich wäre, werden im Rahmen des Beratungsgespräches andere Wege ge -

     sucht, um zu einer möglichst realistischen Einschätzung zu kommen oder eine

     andere Lösung des Beschäftigungsproblems zu finden.

c) Es geht bei diesen Testungen nicht um berufsspezifische Mindesterfordernisse,

    sondern um die Erfordernisse für eine sinnvolle Teilnahme an der jeweiligen

    Maßnahme, die aus der Ausschreibung hervorgehen, etwa spezifische Grund -

    kenntnisse für einen Kurs für Fortgeschrittene.

d) Wenn jemand die “Mindestansprüche”, die ein Kurs voraussetzt, nicht erfüllt, kann

     er oder sie diesen Kurs - vom Arbeitsmarktservice gefördert - nicht besuchen, es

     sei denn, es gibt Anhaltspunkte, an der Gültigkeit des Testergebnisses zu zwei -

     feln. Ergebnis der Tests soll aber sein, Alternativen aufzuzeigen. Hier hat ein

     neuerliches individuelles Beratungsgespräch mit dem Ziel zu erfolgen, andere

     Wege zu finden, wie dies auch in all jenen Fällen vorgesehen ist, wo KundInnen

     bisher an den Anforderungen von Kursen gescheitert sind.

e) Nein, es gibt keine derartige Bindungswirkung. An eine Testung mitten in einer

    lautenden Kursmaßnahme, wie aus Ihrem Begriff “Weiterfinanzierung” herausge -

    lesen werden könnte, ist allerdings nicht gedacht. Im übrigen sollen für KundInnen

    die besten Möglichkeiten herausgefunden werden, bevor sie begonnen wurden.

 

Antwort zu Frage 9:

 

Nach meinem Dafürhalten ist eine “lückenlose Darstellung” in einem sinnvollen

Umfang hiermit bereits erfolgt bzw. wird mit den Antworten auf die weiteren parla -

mentarischen Anfragen in dieser Sache erledigt sein. Soweit Sie allerdings noch

weitere Fragen haben, bin ich selbstverständlich gerne bereit, Sie über alles zu

informieren, um Ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Arbeits -

marktservice zu zerstreuen.

 

Antwort zu Frage 10:

 

Nach den vom Arbeitsmarktservice dargestellten Fakten geschieht bei den Testun -

gen nichts Verfassungswidriges oder sonst dem Datenschutz Widersprechendes.

Für ein Eingreifen fehlt mir daher schon aus diesem Grund die gesetzliche Handha -

be. Was das Forschungsprojekt des Roten Kreuzes betrifft, hat das Arbeits -

marktservice Wien die Unterstützung eines im dortigen Verantwortungsbereich

durchgeführten Forschungsprojektes des Roten Kreuzes über die gesundheitlichen

Folgen von Arbeitslosigkeit - insbesondere von Langzeitarbeitslosigkeit, die letzt -

endlich zu einer kostenlosen gesundheitlichen Betreuung der Betroffenen geführt

hat - wegen der öffentlichen Debatte zurückgezogen.

 

Nach den Informationen des Arbeitsmarktservice Wien haben Kundinnen, die vom

Arbeitsmarktservice zu gesundheitlichen Untersuchungen an das Rote kreuz ver -

wiesen wurden, dort freiwillig und von der gesundheitlichen Untersuchung getrennt,

an dem jetzt in politische Diskussion geratenen Forschungsprojekt über die Folgen

von Langzeitarbeitslosigkeit teilgenommen. Dem Arbeitsmarktservice wurde das

Ergebnis der Untersuchung, wie sie auch der anderen Interessierten Öffentlichkeit

zugänglich ist, zur Verfügung gestellt, nicht aber die Ergebnisse von Einzelperso -

nen.

 

Antwort zu Frage 11:

 

Wenn Gesetzesverletzungen begangen werden, bin ich nicht nur bereit, sondern

auch verpflichtet, die entsprechenden Schritte zu unternehmen. Durch die Beauftra -

gung eines Institutes zur Unterstützung der Arbeit des Arbeitsmarktservice sehe ich

im Moment keinen entsprechenden Handlungsbedarf.

 

Antwort zu Frage 12:

 

Das Arbeitsmarktservicegesetz sieht die Möglichkeit einer Ausweitung von Dienst -

leistungen für Betriebe sowie die Möglichkeit vor, für zu definierende Dienstleistun -

gen auch Entgelte von Betrieben, denen diese Leistungen zugute kommen, in Rech -

nung zu stellen. Das Arbeitsmarktservice ist derzeit dabei, diese Möglichkeiten zu

ventilieren. Welche Dienstleistungen dies sein werden, ob und was davon entgeltlich

sein soll, steht zur Zeit in Diskussion und wird wohl - wie im Arbeitsmarktservice

üblich - einvernehmlich, d.h. mit Zustimmung auch der ArbeitgebervertreterInnen in

den Leitungsorganen, entschieden. Der von Ihnen hergestellte Zusammenhang

zwischen dem Testinstitut und der in Diskussion stehenden möglichen Entgeltlich -

keit bestimmter Dienstleistungen besteht nicht.

 

Antwort zu Frage 13:

 

Ihre Frage geht von falschen Voraussetzungen aus: Nicht nur, daß das Arbeits -

marktservice keine Monopolstellung mehr hat, ist es schon dadurch weniger günstig

gestellt als seine KonkurrentInnen, weil es - zum Unterschied von diesen - wenig

aussichtsreiche Betreuungs - und Vermittlungsfälle nicht ablehnen kann.