852 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


über die Regierungsvorlage (706 der Beilagen): Rahmenabkommen über die Zusammen­arbeit zur Vorbereitung einer politischen und wirtschaftlichen Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits samt Unterzeichnungsprotokoll und Gemeinsamen Erklärungen


Im Bewußtsein des gemeinsamen kulturellen Erbes und der engen historischen, politischen und wirtschaftlichen Bindungen hat der Rat der Europäischen Union in einem Beschluß vom 29. Jänner 1996 die Europäische Kommission zu Verhandlungen mit Chile über das gegenständliche Abkommen ermächtigt. Zwei Verhandlungsrunden fanden am 25. und 26. März 1996 und am 25. und 26. April 1996 statt und führten zur Paraphierung des Abkommenstextes am 26. April 1996. Die Unterzeichnung des Abkommens erfolgte anläßlich des Europäischen Rates am 22. Juni 1996 in Florenz.

Das Abkommen hat – soweit es in die Vertragsabschlußkompetenz der Mitgliedstaaten fällt – gesetz­ändernden bzw. gesetzesergänzenden sowie politischen Charakter und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es ist der unmittelbaren Anwendung im inner­staatlichen Rechtsbereich zugänglich, so daß eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Es enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen und bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Die Kundmachung erfolgt gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten.

Das Abkommen entspricht dem gemeinsamen Interesse der Vertragsparteien an der Entwicklung neuer vertraglicher Beziehungen, um die Zusammenarbeit zu stärken und auszubauen, den Handel zu intensivieren und diversifizieren sowie die Investitionen zu steigern. Es dient der Vorbereitung einer politischen und wirtschaftlichen Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits, wobei die Vertragsparteien einvernehm­lich über den Zeitpunkt, die Bedingungen und die Zweckmäßigkeit des Übergangs zu einer politischen und wirtschaftlichen Assoziation, die als zweite Phase vorgesehen ist, beschließen.

Das Abkommen ersetzt mit seinem Inkrafttreten das Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Chile, welches am 20. Dezember 1990 unterzeichnet wurde (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 79 vom 26. März 1991, S 2).

Es handelt sich um ein Abkommen nichtpräferentieller Natur ohne Finanzprotokoll, welches den mit anderen lateinamerikanischen Ländern geschlossenen Kooperationsabkommen entspricht, insbesondere jenem mit dem MERCOSUR, mit dem es sich weitgehend deckt. Wie im Falle des MERCOSUR ist das Abkommen mit Chile ein sogenanntes fortschrittliches Abkommen, das sich von den vorausgegangenen Abkommen durch eine Reihe weitergefaßter Bestimmungen über die Organe des Abkommens und die Tragweite der Zusammenarbeit unterscheidet.

Die Achtung der demokratischen Prinzipien und der Menschenrechte stellt ein grundlegendes Element des Abkommens dar.

Wesentliche Bereiche des Abkommens sind

–   ein politischer Dialog über bilaterale und internationale Fragen von gemeinsamem Interesse;

–   der Handel, welcher unter Einhaltung der WTO-Regeln und unter Berücksichtigung der Empfindlichkeit bestimmter Waren ausgebaut und diversifiziert und dessen schrittweise gegenseitige Liberalisierung vorbereitet werden soll;


–   die wirtschaftliche Zusammenarbeit auf breitestmöglicher Grundlage, wobei grundsätzlich kein Sektor ausgeschlossen werden soll; in diesem Bereich soll auch die Erhaltung der Umwelt und des ökologischen Gleichgewichts sowie die Förderung der sozialen Grundrechte berücksichtigt werden.

Andere Bereiche der Zusammenarbeit umfassen ua. finanzielle und technische Kooperation, Förderung der Sozialentwicklung, Modernisierung, Dezentralisierung und Regionalisierung der öffentlichen Verwaltung, Kommunikation und Kultur, Ausbildung sowie die Bekämpfung des Drogenmißbrauches.

Durch das Abkommen wird ein Gemeinsamer Rat geschaffen, der die Durchführung des Abkommens überwacht und sich auf Ministerebene regelmäßig und jedesmal, wenn die Umstände dies erfordern, trifft. Er setzt sich aus Mitgliedern des Rates der Europäischen Union und der Europäischen Kommission einerseits und Vertretern Chiles andererseits zusammen.

Dieses Abkommen wird auf unbegrenzte Zeit geschlossen.

Da das Abkommen neben in der Kompetenz der Gemeinschaft liegenden Materien auch Bereiche regelt, für welche die Mitgliedstaaten zuständig sind, wird es als sogenanntes gemischtes Abkommen geschlossen und bedarf dementsprechend neben der Genehmigung durch die Gemeinschaft auch der Ratifikation durch alle Mitgliedstaaten.

Der Außenpolitische Ausschuß hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 16. Sep­tember 1997 in Verhandlung genommen.

An der anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Martina Gredler, Dipl.-Kfm. Hol­ger Bauer, Inge Jäger sowie die Staatssekretärin im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Maria Ferrero-Waldner.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Im vorliegenden Fall hält der Außenpolitische Ausschuß die Erlassung eines besonderen Bundesgesetzes gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages für entbehrlich.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

        1.   Der Abschluß des Staatsvertrages: Rahmenabkommen über die Zusammen­arbeit zur Vorbereitung einer politischen und wirtschaftlichen Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits samt Unterzeichnungsprotokoll und Gemeinsamen Erklärungen (706 der Beilagen) wird genehmigt.

        2.   Gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG hat die Kundmachung dieses Abkommens samt Unterzeichnungs­protokoll, das in den elf Amtssprachen der Europäischen Union im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wird, in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen.

Wien, 1997 09 16

                  Dipl.-Kfm. DDr. Friedrich König                                                  Peter Schieder

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann