Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 197

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mich sehr vergnüglich. Man hat mir sogar eine Auszeichnung angedroht, die ich aber dankend abgelehnt habe, weil ich der Meinung war, daß mir ein positives Zeugnis genügt, denn ich brauche der Welt nicht zu beweisen, welch tolle Kenntnisse ich habe! Und ich habe mich bei dieser Prüfung nicht hervorgetan, weil ich Latein beherrscht habe, sondern weil ich aufgrund meiner Französischkenntnisse ordentlich bluffen konnte. Das hat offensichtlich ausgereicht! Ich sage nur: Ich habe nicht Latein gelernt, sondern ich habe gelernt, in Latein zu bluffen. Das ist das einzige, was mir mitgegeben worden ist.

Als Basis für mein Medizinstudium waren meine Lateinkenntnisse überhaupt nicht ausreichend, ganz im Gegenteil. Dann mußte ich mich ernsthaft damit befassen, was diese lateinischen Ausdrücke, von denen in Anatomie plötzlich die Rede war, bedeuten. Da hatte ich dann allerdings den Vorteil, übers Französische viele Ausdrücke zu kennen, und zwar im Gegensatz zu meinen österreichischen Kolleginnen und Kollegen, die an einer österreichischen Schule maturiert hatten.

Ich möchte nur sagen: Was ich nicht verstehe, ist, daß wir uns im sekundären Bildungssystem von Latein sozusagen mehr und mehr verabschieden (Abg. Dr. Khol: Wir sind sehr froh, daß Sie besser waren, Frau Kollegin!), daß immer weniger Schülerinnen und Schüler diesen Unterricht sozusagen als Grundlage für ihr Leben haben wollen, aber zugleich über den Umweg einer Verordnung der Unterrichtsministerin die Bedeutung von Latein als Zugangsvoraussetzung für den tertiären Sektor künstlich aufrechterhalten wird.

Selbstverständlich verstehe ich, daß dahinter berufsständische Interessen stehen, die man beachten sollte. Ich verstehe auch, daß man ein System nicht von heute auf morgen umstellen kann. Aber man kann zumindest ausgleichend wirken, wenn sich nach Befragung der Studienkommissionen die Notwendigkeit dazu ergibt. Ich trete ja für die Befragung der Studienkommissionen ein. In diesem Antrag steht in keinem Satz etwas von der Abschaffung von Latein, Griechisch oder Darstellender Geometrie. Alle, die das behaupten, irren und müßten diesen Antrag einmal ordentlich durchlesen oder das entsprechende Sprachgefühl entwickeln. Ich bin dabei gerne behilflich.

Ich möchte mit ein paar kurzen Anmerkungen zu zwei Anträgen fortfahren, die ich vorhin nicht kommentiert habe. Der eine ist der Antrag des Abgeordneten Krüger bezüglich Steuerbefreiung von Stipendien und Preisen aus Wissenschaft und Forschung. Dabei handelt es sich ja nur um eine Angleichung an die Künstler. Man kann darüber debattieren, ob das in seiner Totalität der richtige Weg ist. Auf jeden Fall ist es meiner Ansicht nach der richtige Ansatz, daß man auch prämiert im Sinne einer Steuerbefreiung. Das halte ich für sehr motivierend für die betreffenden Forscherinnen und Forscher.

Was ich noch kommentieren sollte, ist der Antrag der Frau Kollegin Petrovic bezüglich der Kulturpflanze Hanf. Selbstverständlich ist die Kulturpflanze Hanf eine sehr interessante Sache. Aber ich kann mich da vollinhaltlich den Ausführungen der Kollegin Ablinger anschließen. Ich habe gar nicht gewußt, auf welche Spezialistin ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Dr. Gredler! Jetzt ist die Gesamtredezeit von 20 Minuten um. Bitte um den Schlußsatz! (Abg. Dr. Khol: Auf französisch!)

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (fortsetzend): ... auf welche Spezialistin wir im Hohen Haus zurückgreifen können. Also ich schließe mich dem vollinhaltlich an. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte. (Abg. Dr. Kier: Sind Sie für oder gegen Latein?)

21.32

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Seit Jahren liegt Österreich mit einem Akademikeranteil von nur zirka 6 Prozent im untersten Drittel vergleichbarer Industriestaaten. Daher müssen wir diesen Anteil erhöhen und


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