Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 166

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

19.46

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Zu später Stunde, wie üblich ... (Widerspruch.) Schon, oder gehen Sie später zu Bett? – Was ich damit sagen will, ist, daß es sehr oft beziehungsweise meistens so ist, daß Kulturdebatten in diesem Hause nach der Mittagszeit geführt werden, was nicht heißt, daß es unüblich ist, sich länger im Hohen Hause aufzuhalten. Aber daß Kulturdebatten sehr spät am Abend stattfinden, ist – auch was das öffentliche Interesse betrifft – schade. Das ist aber leider immer so.

Der erste Punkt, zu dem ich kurz etwas sagen möchte, betrifft die Umsetzung der EU-Richtlinie und die Kritik daran. Wichtig ist, daß die Umsetzung dieser EU-Richtlinie jetzt zum ersten Mal die Möglichkeit schafft, widerrechtlich verbrachtes Kulturgut überhaupt wieder in das jeweilige Land zu schaffen. Das ist der wesentliche Unterschied, weil man bei allen Fällen vor dem Jahre 1992 keine Möglichkeit hatte, diese Kulturgüter wieder ins Land zu bringen. Das ist das eine.

Der zweite Punkt betrifft den Gutglaubenserwerb und die Kritik von Frau Kollegin Petrovic. Natürlich gibt es bei Fragen betreffend Kulturgüter immer wieder Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Entschädigungen. Tatsache ist aber, daß über die Ausschußfeststellung geregelt ist, daß es jetzt eine Herausgabepflicht, jedoch auch einen Entschädigungsanspruch gibt, was ganz wesentlich ist, wenn ein Gutglaubenserwerb nachgewiesen wird. Das heißt, wenn man nachweisen kann, daß man ein Kunstobjekt nicht nach Kenntnis eines Kulturexperten oder einer Kulturexpertin gekauft, sondern auf Basis des Wissens eines durchschnittlichen Käufers erworben hat, dann unterliegt man zwar der Herausgabepflicht – aber das ist nun einmal bei nationalen Kulturgütern so, ansonsten würde es ja keinen Sinn machen, wenn das jeweilige Land keine Möglichkeit hat, sie wiederzubekommen –, aber es gibt eine Entschädigung.

Die dritte Möglichkeit, die auch von Frau Kollegin Schmidt in der Ausschußsitzung vorgebracht wurde, war, den Ausgang der Klage, die in Deutschland anhängig ist, abzuwarten. Dazu muß ich sagen: Den Ausgang der Klage hätten wir insofern nicht abwarten können, weil wir ziemlich sicher Gefahr gelaufen wären, auch geklagt zu werden. Das heißt, mit dieser Regelung haben wir die EU-Richtlinie endlich – etwas verspätet – umgesetzt. Das ist eine gute Sache, wenn man bedenkt, daß wir diesbezüglich schon so lange in Verzug waren.

Zum nächsten Thema, das heute schon angeschnitten wurde, nämlich die Beutekunst: Ich möchte mich nur kurz auf die Hysterie beziehen, die vor gar nicht allzu langer Zeit, als es um die Beschlagnahme der Schiele-Bilder im Museum of Modern Art in New York gegangen ist, entstanden ist. Eines ist wichtig: Man muß in diesem Zusammenhang schon die Verbrechen mit bedenken, die überhaupt dazu führen konnten, daß diese Kulturgüter in fremde Hände geraten sind. Weiters muß man noch bedenken, daß die österreichische Haltung ja sehr lange Zeit eine nicht sehr rühmliche war.

Es gab diesbezüglich damals auch eine Aussage eines österreichischen Politikers, die da lautete: "Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen." – Diese Tendenz des Hinauszögerns hat sich auf die Bemühungen um die Heimkehr der vertriebenen Menschen bezogen; sie hat sich auch auf die Verzögerung bei der Kulturgüterrückgabe und die Wiedergutmachung an den Opfern bezogen.

Ich kann mich daran erinnern, daß die Wiedergutmachung bei homosexuell Verfolgten des Naziregimes bis in die neunziger Jahre gedauert hat. Erst im letzten Jahrzehnt ist Bewegung in diese Angelegenheit gekommen. Ich finde auch, daß Frau Ministerin Gehrer richtig reagiert hat, indem sie sagte, man müsse jetzt katalogisieren und diese Sache angehen.

Österreich steht es gut an, in dieser Sache vorbildhaft zu sein, wiewohl es – und das hat ja die Wehrmachtsausstellung, meine Kollegin Jäger hat das schon erwähnt, wieder gezeigt –


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