Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 176

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dem Nutzen für die Arbeitnehmer – die Betriebe unverhältnismäßig stark belasten, bis zu einer Änderung suspendiert werden. Es ist nicht so, wie es heute von diesem Pult aus schon behauptet worden ist, daß wir eine Abschaffung verlangen würden.

Auch die hohen und vor allem undifferenzierten Strafrahmen muß ich als Beispiel nennen. Denn ob in einem Betrieb bloß eine Aushangpflicht verletzt wird oder ob dort eine Kreissäge nicht ausreichend geschützt ist: Es gilt in unseren Gesetzen der gleiche Strafrahmen, nämlich eine Geldstrafe von 2 000 bis 100 000 S sowie im Wiederholungsfall von 4 000 bis 200 000 S.

Wirtschaftsflexibilisierung bedeutet aber auch die Angleichung der Rahmenbedingungen für die Betriebsgründung. Als Beispiel ziehe ich die Kosten einer GmbH-Registrierung heran: Sie betragen in den USA 3 500 S, in Deutschland 5 000 S, in Österreich aber 30 000 S. (Abg. Aumayr: Das gibt’s ja nicht!) Oder die Dauer: in den USA 3 Tage, in Deutschland 10 Tage, in Österreich hingegen 60 Tage.

Es gibt zahlreiche Beispiele dieser Art, meine Damen und Herren. Ein Wirtschaftsflexibilisierungsgesetz muß sich auch mit dieser Materie beschäftigen, sonst werden wir den Standort, wie Herr Abgeordneter Peter hier gesagt hat, in Zukunft nicht verbessern können. Wenn wir ihn aber nicht verbessern, dann verschlechtern wir uns im Verhältnis zu den Mitbewerbern im europäischen, aber auch im internationalen Umfeld. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Die Restredezeit Ihres Klubs beträgt 5 Minuten. – Bitte.

20.30

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Abgeordneter Peter zunächst seine Prinzipien vorgestellt hat, habe ich sehr aufmerksam zugehört. Viele dieser Prinzipien, die offenbar nicht in den Antrag geschrieben wurden, könnte ich durchaus unterstützen, da ich sie für richtig halte: daß Wirtschaft kein Selbstzweck ist, daß es gilt, den Primat der Politik zu verteidigen, und etliches anderes.

Nur bleibt das, Herr Abgeordneter Peter, was in der Folge kommt, weit hinter diesen Prinzipien zurück, ja ich sehe überhaupt keine Entsprechung dazu. Denn darin wird – mit Ausnahme des Öffnungszeitengesetzes – eigentlich nur an Schutzbestimmungen betreffend die ArbeitnehmerInnen herumgedoktert oder diese abgebaut, sodaß ich darin eigentlich nicht das erkennen kann, was zuerst in den Prinzipien vorgestellt worden ist. (Abg. Mag. Peter: Widersprechen Sie, wenn es erforderlich ist!) Vor allem greifen die Konsequenzen, die Sie ziehen – ich sehe das aus einem ganz anderen Blickwinkel als der Abgeordnete Nußbaumer –, wirklich extrem kurz.

Wenn Sie zum Beispiel sagen, die Höhe der Arbeitskosten und der Lohnnebenkosten trage dazu bei, daß der Pfusch eskaliert, dann antworte ich Ihnen, daß das teilweise stimmt. Auch ich halte es für eine geradezu perverse Idee, jetzt vielleicht neue Polizeieinheiten zu schaffen, um das abzustellen. Meine Konsequenz daraus besteht in einem ganz anderen System der Finanzierung der Einnahmen des Staates, einem anderen Steuersystem, das meiner Meinung nach auf zwei Prinzipen umstellen müßte: Es müßte bei den Arbeitseinkommen Entlastungen bringen, vor allem bei den kleinen und mittleren Einkommen, statt dessen aber – und zwar zumindest aufkommensneutral – den Energiebereich in die Besteuerung einbeziehen und ebenso die Kapital- und Vermögenseinkünfte. Damit meine ich nicht arbeitendes betriebliches Kapital, sondern ich meine Privatvermögen und Kapitalerträge, die derzeit gegenüber den Arbeitseinkünften eindeutig privilegiert sind. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Das heißt, die Antworten, die ich gebe, sind andere. Gerade wenn Sie sagen, daß die Wirtschaft kein Selbstzweck ist, dann denke ich mir, daß es auch andere gesellschaftliche Werte gibt, zum Beispiel den Wert, eine ohnehin nicht auf alle Berufsgruppen beziehbare, aber doch weitgehend gemeinsame Phase für Muße, Ruhe und Überlegung zur Verfügung zu haben. Wenn traditionellerweise der Sonntag dafür da ist, dann denke ich mir, daß der Sonntag auch der Sozialpolitik heilig sein sollte.


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