Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 134. Sitzung / Seite 74

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bitte den Schlußsatz zu Ende zu bringen!

Abgeordneter Karl Smolle (fortsetzend): Somit liegt auch diese Materie hier in entsprechender Form vor. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, meine Damen und Herren von der FPÖ! Die Grünen und die Liberalen sind schon mit von der Partie. Machen wir Nägel mit Köpfen, machen wir ein effektives Volksgruppenrecht! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte.

16.23

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, jeder von Ihnen bekennt sich zum Wert der Sprache und zum Wert der Kultur. (Abg. Kiss: Da werden wir gleich etwas zum Staatsbürgerschaftsgesetz hören!) Jeder würde dieses Bekenntnis sicherlich auch eidesstattlich ablegen. Deshalb verstehe ich nicht, warum Sie nicht zu einem entsprechenden Bekenntnis in Verfassungsrang bereit sind: einem ganz einfachen Bekenntnis zur Vielfalt von Sprache und Kultur in Österreich.

Das kostet nichts, das geht fast mit einem Satz und mit einem Federstrich. Da besteht auch kein Zeitdruck und dergleichen, sondern das geht praktisch von heute auf morgen. Denn jeder von Ihnen steht sicherlich hinter diesem Wert und würde ihn wahrscheinlich auch persönlich in allen Diskussionen vertreten. Warum also verweigern Sie die Verankerung dieses Wertes, die Verankerung dieser Grundeinstellung und dieses Grundbekenntnisses in der Bundesverfassung? Warum tun Sie das nicht, wenn es nichts kostet, wenn es möglich ist und wenn es Ihrem persönlichen Werthorizont entspricht?

Trotzdem weigern Sie sich. Das ist mir völlig unverständlich, noch dazu an einem Tag und zu einer Zeit, zu der Österreich im Rampenlicht steht, in der das Scheinwerferlicht der Europäischen Gemeinschaften auf Österreich gerichtet ist, an einem Tag, an dem der Bundespräsident bei seiner Angelobung auf die vielen Dimensionen der österreichischen Geschichte hingewiesen hat. Bitte nehmen Sie den eigenen Bundespräsidenten ernst! Nehmen Sie die Worte von Herrn Dr. Klestil ernst und bekennen Sie sich hier zur Vielfalt – auch in der Verfassung!

Der Bundespräsident hat darauf hingewiesen, daß im Rahmen der EU-Präsidentschaft gerade Österreich in vielerlei Hinsicht die Aufgabe zukommt, aufgrund seiner vielfältigen Geschichte und seiner Geschichte vieler kultureller und sprachlicher Dimensionen jetzt für Europa etwas zu leisten. – Ein Beitrag, eine Leistung für Europa wäre dieses einfache, sachliche Bekenntnis in der Bundesverfassung!

Da nützt bitte auch kein Ausweichmanöver und keine Behauptung, daß die Frist zu kurz wäre. Der 16. September ist deshalb als Termin gesetzt worden, weil das nächste Plenum am 17. September stattfindet. Bis zum 16. müssen eben die Vorbereitungen getroffen werden, damit wir am 17. September – sozusagen am Ende des ersten Drittels unserer EU-Präsidentschaft – dieses deutliche Signal setzen können. Es geht um ein Zeichen, um ein Signal, um ein Wertebekenntnis in Verfassungsrang! Es ist an sich eine Tradition der österreichischen Geschichte, die damit in der Verfassung verankert werden soll.

Herr Kollege Wurmitzer! Sie haben darauf hingewiesen, daß wir womöglich ein gestörtes Verhältnis zur Republik hätten. Ich sage: Sie haben ein gestörtes Verhältnis zur Geschichte Österreichs, wenn Sie dieses Bekenntnis zur Vielfalt nicht wahrhaben wollen und wenn Sie dieses Bekenntnis zur Vielfalt im sprachlichen und kulturellen Bereich verweigern.

Auch auf rechtlicher Ebene ist noch ein Schritt notwendig, und zwar die Ratifizierung der Charta des Europarates über den Schutz der Regional- und Minderheitensprachen. Auch da sind wir noch säumig. Diese Charta muß in Österreich endlich ratifiziert werden, damit sie hier und jetzt Rechtscharakter erhält.


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