Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 209

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schon angesprochenen Häuser sind mit ihren Direktoren im Überwinden der Defensive unterschiedlich weit gekommen und werden sicher noch einige Schritte gehen beziehungsweise gehen müssen.

Ich meine, daß wir insgesamt davon ausgehen können, daß ein Museum ohne Besucher ein totes Museum ist, ein Museum ohne wissenschaftlich-theoretisch-systematische Aufarbeitung eigentlich ein leeres und hohles Museum ist und ein Museum, dessen Leitung meint, ohne Sonderpräsentationsformen auskommen zu können, ein lahmes, bewegungsloses Museum ist. Daher, lieber Josef Cap, müssen wir den Schluß ziehen: Wir brauchen moderne, aktive, belebende Museen, in welchen man sich einerseits nicht scheut, Kulturevents – wie es so schön heißt – stattfinden zu lassen und dazu einzuladen, andererseits aber auch Häuser, die sich nicht scheuen, Abstand zu nehmen von einer bestimmten überzogenen Erlebnisorientierung, und auf die wissenschaftliche Arbeit nicht verzichten. Ich bin froh darüber, daß wir die Zusage haben, die durch unsere Ausschußgespräche gefestigt wurde, daß es zu einer Evaluierung der wissenschaftlichen Arbeit kommt, damit diese ordnungsgemäß, effizient und theoretisch hochstehend fortgesetzt werden kann.

Die Einbindung der Sammlungsleiter in die Entwicklung der Museumsordnung ist von Frau Kollegin Jäger schon angesprochen worden. Erwähnen möchte ich auch, daß ich mich freue darüber, daß es einen Zielparagraphen gibt und daß auch ein Förderervertreter im Kuratorium sitzt. Auch das Kuratorium selbst kann noch weiterentwickelt und ausgebaut werden.

Meine Damen und Herren! Ich versuche, abschließend die Herausforderungen kurz zu formulieren: Ich denke, daß in einer augenblicksorientierten Gesellschaft die Gefahr besteht, daß die Ideale der sechziger Jahre, Erkenntnis und Aufklärung, zu kurz kommen. So war ich etwa bei meinem letzten Besuch mit Schülern im Museum ganz traurig, daß sie bestimmte klassische Bilder, Kunstwerke, die die Kunstgeschichte Mitteleuropas repräsentieren, nicht mehr eindeutig identifizieren und zuordnen konnten. In diesem Zusammenhang gibt es sicher Nachdenkbedarf!

Ich denke, daß in einer Zeit, in der die U-Wertigkeit – wie es so schön heißt –, die auch mit einem bestimmten Flanierverhalten der ewigen Touristen zu tun hat, eine wichtige Rolle spielt, daß die Signale der "Gesellschaftstiger" verstanden werden und all diese bei Laune gehalten werden wollen und dieses "Bei-Laune-Halten" auch vom Museum erwartet wird. Ich denke, daß die internationale Vergnügungsmaschinerie einen Erlebnisstrudel erzeugt, dem sich der klassische Museumstyp unter bestimmten Bedingungen versagen und verweigern muß. Das bedeutet aber nicht, daß die alternative Devise lauten soll: Zurück ins 19. Jahrhundert: Schirme, Taschen, Kinder und Besucher sind verboten!, aber daß man dem radikalökonomischen Amüsement widersteht, mit kompetenten Leitern, Sammlungsvertretern, Kommunikatoren und Pädagogen, das heißt, der Versuchung nicht nachgibt, die da heißt "happening factory". Ich meine, auf diesem guten Weg befinden wir uns, wenn wir uns modernen pädagogischen Programmen verschreiben, gleichzeitig aber nicht in die Falle der Totalpädagogisierung laufen.

Mit dem heute zu verabschiedenden Gesetz zur Emanzipation der Museen als wissenschaftliche Anstalten wird ein – wie es so schön heißt – Schritt in die richtige Richtung gesetzt. Wir gehen den Weg selbstbewußt und mit der Unterstützung der Frau Ministerin und des Hohen Hauses! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. – Bitte.

22.46

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Da Salzburg näher bei München als bei Wien liegt, schielt man als Salzburger immer wieder mit einem Auge nach München und beobachtet dort die Museen- und Ausstellungswelt, mit dem anderen Auge aber nach Wien und beobachtet die Kultur in Wien.

Ich glaube, daß München in der Ausstellungskultur lange Zeit die Nummer eins in Europa war, obwohl Wien betreffend die vorhandenen Kunstschätze München in keiner Weise nachgestan


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