Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 38

kann es schon vorkommen, daß sich jemand, der etwa in einer tätlichen Auseinandersetzung verletzt wurde, unter diesem Druck mit einem Ersatzbetrag von 10 000 S zufrieden gibt (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), obwohl ihm in Wahrheit 150 000 S zustünden; und die sind dann weg.

Also, da muß man vorsichtig sein mit Prognosen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (fortsetzend): ... hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung, die noch nicht da ist, die man aber noch reiflich durchdenken und überlegen wird müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

11.06

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Bauer muß sich leider im Couloir vom Inhalt ihrer eigenen Rede erholen, was ich gut verstehe, aber eines ist klar geworden: Es herrscht wirklich schon Wahlkampf! Ich möchte auf einen Ausdruck der Frau Abgeordneten Bauer, die auch im Justizausschuß sitzt, eingehen – dieser Ausdruck wurde auch von der Frau Abgeordneten Fekter schon verwendet –, nämlich auf das "gesunde Rechtsempfinden".

Wenn Frau Abgeordnete Bauer das gesunde Rechtsempfinden anspricht, mit dem sie ihre Blockadepolitik im Justizbereich verteidigen möchte, dann sagt sie damit implizit, daß es auch ein krankes Rechtsempfinden gibt. Und das kranke Rechtsempfinden ist offenbar jenes, das primär im Justizausschuß von einzelnen Abgeordneten vertreten wird und das nicht mit ihrer Meinung übereinstimmt.

Frau Abgeordnete Bauer! Es sollte Ihnen eine Lehre sein, daß Frau Abgeordnete Fekter, als sie den Ausdruck des gesunden Rechtsempfindens das erste Mal verwendet hat, es wenigstens wert gefunden hat, sich damals im Ausschuß dafür zu entschuldigen. Sie war nämlich der Ansicht, daß man in Fragen des Namensrechtes, wenn es darum geht, welchen Namen die Kinder haben sollen, nach dem gesunden Rechtsempfinden entscheiden sollte, und daher könne das "natürlich" nur der Name des Mannes sein, denn warum sollte es der Name der Frau in diesem Zusammenhang sein, da die Frauen mit dem Kinderkriegen gegenüber den Männern ja "sehr wenig" zu tun haben, sodaß "jedenfalls" der Name des Mannes vorzuziehen sei. – Das ist wirklich ein sehr "gesundes Rechtsempfinden" – vielleicht für Ihre Klientel irgendwo im Hinterwald, aber sicher nicht für einen offenen Staat und eine offene Gesellschaft, Frau Abgeordnete Fekter. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch festhalten, daß Frau Abgeordnete Fekter es vorgezogen hat, in der laufenden Periode acht Monate lang keine Sitzung des Justizausschusses abzuhalten. Und als sie dann kritisiert wurde, daß es keine Sitzung des Justizausschusses gebe und daher ein Stillstand in den Justizmaterien eingetreten sei, hat sie nun innerhalb von sechs Wochen zwei Justizausschußsitzungen einberufen, aber in Wirklichkeit nichts auf die Tagesordnung gestellt, was sie wenigstens als kompromißfähig ansieht. Es sind nur Pro-forma-Beratungen, und in den entscheidenden Fragen geht nichts weiter.

Die Blockade, die wir im Justizbereich zur Kenntnis zu nehmen haben und einfach auch fokussieren müssen, weil sie existiert, ist daher keine Frage der technischen Materien – von denen sind heute auch schon einige aufgezählt worden –, sondern eine Frage der gesellschaftspolitischen Materien. Das wird völlig klar, wenn Sie die plakativsten Beispiele herausnehmen: außergerichtlicher Tatausgleich, neues Scheidungsrecht, oder aber auch, daß man sich etwa bestimmten Fragen, die zunehmend auftauchen, im Justizausschuß einfach verweigert.

Als Beispiel dafür greife ich heraus, meine Damen und Herren, daß Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, in zunehmendem Maße vor den Kliniken angepöbelt


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