Stenographisches Protokoll

149. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 26. November 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

149. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 26. November 1998

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 26. November 1998: 10.00 – 23.23 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Artikel VI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 450/1994 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bericht über den Antrag 817/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend neue Kriterien für den Einsatz von Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz

4. Punkt: Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG

5. Punkt: Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken; Empfehlung (Nr. 183) betreffend den Arbeitsschutz in Bergwerken

6. Punkt: Erste Lesung des Antrages 863/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird

9. Punkt: Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region

10. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit

11. Punkt: Bericht über den Antrag 811/A der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Studien an den Universitäten (Universitäts-Studiengesetz – UniStG), BGBl. I Nr. 48/1997, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 38/1998, geändert wird

12. Punkt: Bericht über das Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998 sowie über die Anträge 183/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 und das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten geändert werden, und 444/A der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 und das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten geändert werden

13. Punkt: Amateurfunkgesetz 1998 – AFG

14. Punkt: Funker-Zeugnisgesetz 1998 – FZG

15. Punkt: Zusatzprotokoll vom 26. März 1998 zum Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau vom 18. August 1948 samt Unterzeichnungsprotokoll

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (2. TKG-Novelle)

17. Punkt: Bericht über den Antrag 924/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Johannes Jarolim und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht geändert wird

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 22

Ruf zur Sache 221

Geschäftsbehandlung

Einwendungen des Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer gegen die Tagesordnung gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung 43

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung 43

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 44

Dr. Andreas Khol 45

Mag. Reinhard Firlinger 46

Dr. Peter Kostelka 47

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 48

Reinhart Gaugg 49

Einwendungen finden keine Mehrheit 50

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4619/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 50

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 152

Redner:

Mag. Dr. Heide Schmidt 153

Bundesministerin Eleonora Hostasch 155, 159

Marianne Hagenhofer 156

Dr. Gottfried Feurstein 158

Dr. Alois Pumberger 159

Dr. Volker Kier 160

Karl Öllinger 162

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 51

Unterbrechung der Sitzung 173

Verlangen der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen, gemäß § 67 Abs. 1 der Geschäftsordnung die Abstimmung über die Entschließung, durch die Bundesminister Dr. Caspar Einem das Vertrauen versagt werden soll, auf den zweitnächsten Werktag zu vertagen 225

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung 230

Aktuelle Stunde (32.)

Thema: "Kein Stillstand in der Justizpolitik"

Redner:

Dr. Johannes Jarolim 22

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 25

Doris Bures 27

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 28

Dr. Martin Graf 29

Mag. Dr. Heide Schmidt 31

Mag. Doris Kammerlander 32

Dr. Ilse Mertel 33

Rosemarie Bauer 35

Dr. Harald Ofner 36

Mag. Thomas Barmüller 38

Karl Öllinger 39

Ausschüsse

Zuweisungen 42, 173

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden (5225/J) 94

Begründung: Dr. Alexander Van der Bellen 111

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 115

Debatte:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 121

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 123, 144

Anton Leikam 124

Paul Kiss 126

Dr. Helene Partik-Pablé 128

Mag. Thomas Barmüller 130

Andreas Wabl 132

Dr. Elisabeth Hlavac 135

Dr. Michael Spindelegger 137

Mag. Johann Ewald Stadler 139

Dr. Volker Kier 141

Mag. Doris Kammerlander 145

Matthias Achs 147

Wolfgang Großruck 148

Herbert Scheibner 149

Wolfgang Jung 150

Dr. Harald Ofner 151

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1472 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird (1484 d. B.) 51

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1449 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Artikel VI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 450/1994 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (1485 d. B.) 51

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 817/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend neue Kriterien für den Einsatz von Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (1486 d. B.) 51

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1462 d. B.): Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG (1487 d. B.) 51

Redner:

Mag. Herbert Haupt 51

Mag. Walter Guggenberger 53

Dr. Volker Kier 54

Edeltraud Gatterer 56

Karl Öllinger 58

Bundesministerin Eleonora Hostasch 61, 82

Annemarie Reitsamer 64

Reinhart Gaugg 66

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 68

Mag. Helmut Peter 69

Dr. Elisabeth Pittermann 70

Dr. Harald Ofner 71

Ridi Steibl 73

Mag. Thomas Barmüller 74

Sophie Bauer 75

Sigisbert Dolinschek 75

Katharina Horngacher 77

Anton Blünegger 77

Winfried Seidinger 78

Dr. Brigitte Povysil 80

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 81

Heidrun Silhavy 82

Annahme der Gesetzentwürfe in 1484, 1485 und 1487 d. B. 83

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1486 d. B. 84

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Verbrechensopfergesetz – Ablehnung 59, 84

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend mehr Hilfe für Verbrechensopfer – Ablehnung 72, 84

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1463 d. B.): Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken; Empfehlung (Nr. 183) betreffend den Arbeitsschutz in Bergwerken (1488 d. B.) 84

Redner:

Mag. Thomas Barmüller 85

Rudolf Nürnberger 85

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 87

Mag. Dr. Josef Trinkl 88

Bundesministerin Eleonora Hostasch 89

Karl Öllinger 90

Mag. Herbert Haupt 93

Mag. Dr. Udo Grollitsch 163

Genehmigung des Staatsvertrages in 1488 d. B. 165

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG 165

Kenntnisnahme der Empfehlung Nr. 183 in 1488 d. B. 165

6. Punkt: Erste Lesung des Antrages 863/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird 165

Redner:

Karl Öllinger 165

Helmut Dietachmayr 167

Karl Donabauer 168

Edith Haller 169

Dr. Volker Kier 170

Dr. Gabriela Moser 171

Anton Blünegger 171

Reinhart Gaugg 172

Zuweisung des Antrages 863/A an den Ausschuß für Arbeit und Soziales 173

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1442 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (1511 d. B.) 173

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1441 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird (1512 d. B.) 173

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1159 d. B.): Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region (1514 d. B.) 173

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1388 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (1515 d. B.) 173

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 811/A der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Studien an den Universitäten (Universitäts-Studiengesetz – UniStG), BGBl. I Nr. 48/1997, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 38/1998, geändert wird (1351 d. B.) 173

Redner:

Dr. Michael Krüger 174

Sonja Ablinger 176

Dr. Martina Gredler 177

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 179

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 181

Dr. Gabriela Moser 182

Bundesminister Dr. Caspar Einem 184

Karl Smolle 186

Dr. Robert Rada 188

Dr. Martin Graf 189

Dr. Gertrude Brinek 192

Mag. Walter Posch 193

Dr. Sonja Moser-Starrach 194

Dr. Gisela Wurm 195

Franz Stampler 197

Ing. Kurt Gartlehner 197

Franz Morak 199

Dr. Elisabeth Pittermann 200

Dr. Alexander Van der Bellen 201

Annahme der Gesetzentwürfe in 1511 und 1512 d. B. 201

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1511 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Schaffung eines Teilzeitstudiums (E 147) 202

Genehmigung der Staatsverträge in 1514 und 1515 d. B. 202

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 202

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1351 d. B. 203

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend Schaffung einer gesetzlichen Interessenvertretung für Studierende an Fachhochschul-Studiengängen – Ablehnung 182, 203

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1470 d. B.): Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998 sowie über die Anträge 183/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 und das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten geändert werden, und 444/A der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 und das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten geändert werden (1513 d. B.) 203

Redner:

Dr. Martin Graf 203

DDr. Erwin Niederwieser 205

Dr. Martina Gredler 206, 215

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 208

Dr. Martin Graf (tatsächliche Berichtigungen) 210, 212

Karl Öllinger 210, 216

Dr. Johann Stippel 212

MMag. Dr. Willi Brauneder 213

Dr. Gertrude Brinek 213

Mag. Dr. Udo Grollitsch 215

Annahme des Gesetzentwurfes in 1513 d. B. 217

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1513 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Vorlage eines Konzepts für eine effektive Interessenvertretung der Studierenden an Fachhochschul-Studiengängen (E 148) 218

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1218 d. B.): Amateurfunkgesetz 1998 – AFG (1497 d. B.) 218

14. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1250 d. B.): Funker-Zeugnisgesetz 1998 – FZG (1498 d. B.) 218

15. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1220 d. B.): Zusatzprotokoll vom 26. März 1998 zum Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau vom 18. August 1948 samt Unterzeichnungsprotokoll (1499 d. B.) 218

16. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1468 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (2. TKG-Novelle) (1496 d. B.) 218

Redner:

Ing. Walter Meischberger 218

Josef Edler 221

Mag. Thomas Barmüller 222

Ernst Fink 222

Dr. Gabriela Moser 223

Winfried Seidinger 223

Mag. Karl Schweitzer 224

Jakob Auer 226

Robert Sigl 226

Rudolf Parnigoni 227

Mag. Helmut Kukacka 228

Mag. Reinhard Firlinger 229

Annahme der Gesetzentwürfe in 1497, 1498 und 1496 d. B. 229

Genehmigung des Staatsvertrages in 1499 d. B. 230

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1496 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Verankerung einer Parteistellung für Anrainer in landesgesetzlichen Regelungen bei der Errichtung von Telekommunikationsanlagen (E 149) 230

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Forschungsoffensive und Informationspflicht im Bereich der GSM-Basisstationen – Ablehnung 223, 230

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem gemäß Artikel 74 Abs. 1 B-VG – namentliche Abstimmung siehe 150. Sitzung 225

17. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 924/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Johannes Jarolim und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht geändert wird (1483 d. B.) 231

Annahme des Gesetzentwurfes in 1483 d. B. 231

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative 42

Bürgerinitiative betreffend "Abschaffung der Exporterstattung für Lebendschlachttierexporte" (Ordnungsnummer 17)

Regierungsvorlagen 41

1420: Kooperationsübereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Italienischen Republik, dem Königreich Spanien, der Portugiesischen Republik, der Griechischen Republik, der Republik Österreich, dem Königreich Dänemark, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, Vertragsparteien des Schengener Übereinkommens und des Schengener Durchführungsübereinkommens sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen betreffend den Abbau der Personenkontrollen an den gemeinsamen Grenzen samt Erklärungen und Anlage

1421: Protokoll zur Änderung der Artikel 40, 41 und 65 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen am 14. Juni 1985, unterzeichnet am 19. Juni 1990 in Schengen

1422: Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Finnland zu dem Übereinkommen betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, das am 14. Juni 1985 in Schengen unterzeichnet wurde, samt Erklärung

1423: Übereinkommen über den Beitritt der Republik Finnland zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen samt Schlußakte und Erklärungen

1424: Protokoll über den Beitritt der Regierung des Königreichs Dänemark zu dem Übereinkommen betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, das am 14. Juni 1985 in Schengen unterzeichnet wurde, samt Erklärung

1425: Übereinkommen über den Beitritt des Königreichs Dänemark zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen samt Schlußakte und Erklärungen

1426: Übereinkommen über den Beitritt des Königreichs Schweden zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen samt Schlußakte und Erklärungen

1427: Protokoll über den Beitritt der Regierung des Königreichs Schweden zu dem Übereinkommen betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, das am 14. Juni 1985 in Schengen unterzeichnet wurde, samt Erklärung

1475: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz) geändert wird

1476: 2. Dienstrechts-Novelle 1998

1479: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, die Exekutionsordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden (SPG-Novelle 1998)

1480: Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird

1508: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert wird

1509: Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird

1516: Poststrukturgesetz-Novelle

1517: Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden (Österreichischer Stabilitätspakt)

1518: Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Behindertenwerkstätten-Vorfinanzierungsgesetz geändert werden

Berichte 42

III-154: Bericht über den Österreichischen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) und über den Masterplan; BM f. Wissenschaft und Verkehr

III-155: Sonderbericht über das Eisenbahnprojekt Semmering-Basistunnel; Rechnungshof

III-156: Sicherheitsbericht 1997

III-158: Förderungsbericht 1997; Bundesregierung

III-159: Bericht über das Ausmaß und die Verwendung des Aufkommens nach Art. II Abs. 6 der UrhG-Nov. 1980 aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 2. Juli 1986 betreffend Durchführung der UrhG-Nov. 1986 (Geschäftsjahr 1997); Bundeskanzler

III-160: Bericht betreffend das auf der 84. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 178) über die Aufsicht über die Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute und die Empfehlung (Nr. 185) betreffend denselben Gegenstand; Bundesregierung

Zurückgezogen wurde der Bericht

III-90: Bericht betreffend das auf der 82. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken und die Empfehlung (Nr. 183) betreffend denselben Gegenstand; Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Dkfm. Holger Bauer und Genossen betreffend Schutz der österreichischen Verbraucher vor britischem Rindfleisch (942/A) (E)

Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz und das Impfschadengesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 1998 – SRÄG 1998) (943/A)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird (944/A)

Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung österreichischer Beiträge zum von der Weltbank treuhändisch verwalteten HIPC-Treuhandfonds beziehungsweise zu international akkordierten Notstandshilfe- beziehungsweise Wiederaufbaufonds zur Linderung der durch den Wirbelsturm Mitch verursachten Katastrophe in Mittelamerika (945/A)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen betreffend Planung, Errichtung und Finanzierung von Fischaufstiegshilfen bei bestehenden Flußkraftwerken (946/A) (E)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Schadloshaltung der Studierenden nach Schließung des Mozarteums (947/A) (E)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Schadloshaltung der Studierenden nach Schließung des Mozarteums (948/A) (E)

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Verlängerung des Wochenendfahrverbotes für LKW (949/A) (E)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Leistungsorientierte Krankenhaus Finanzierung (LKF) – entsprechende Änderung der Kostenrechnungsverordnung (950/A) (E)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 und das Elternkarenzurlaubsgesetz 1989 geändert werden (951/A)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Überprüfung von Bundesgebäuden auf Schadstoffbelastung (952/A) (E)

Andreas Wabl und Genossen betreffend Verzicht auf Neubeschaffung von Abfangjägern (953/A) (E)

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend die Entwicklung eines gesamtösterreichischen Verkehrsgestaltungsplanes (954/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend die rechtliche Umsetzung des Memorandums der österreichischen Volksgruppen 1997 (955/A) (E)

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Forschungsoffensive und Informationspflicht im Bereich der GSM-Basisstationen (956/A) (E)

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Forschungsoffensive und Informationspflicht im Bereich der GSM-Basisstationen (957/A) (E)

Doris Bures, Dr. Walter Schwimmer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (958/A)

Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Gründerinnenoffensive (959/A) (E)

Karl Smolle und Genossen betreffend Arbeit der Historikerkommission (960/A) (E)

Hermann Böhacker und Genossen betreffend faire Steuern, Arbeit schaffen – Steuern senken (961/A) (E)

Maria Rauch-Kallat und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste – MTF-SHD-G geändert wird (962/A)

Georg Schwarzenberger, Heinz Gradwohl und Genossen betreffend die Kennzeichnung von Eiern aus verschiedenen Haltungsformen (963/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Gottfried Feurstein und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mieten für bundeseigene Wohnungen (5186/J)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Vorgehen der Justizbehörden in der Causa Riegerbank (5187/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Sinn und Kosten der Informationskampagne "Schiene statt Verkehrslawine" (5188/J)

Dkfm. Holger Bauer und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Anfragebeantwortung 4226/AB (5189/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Methoden zur Mauerentfeuchtung – Firma Aquapol (5190/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Zinssätze bei Hypothekardarlehen (5191/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vorbereitungen in Hinblick auf die EU-Ratspräsidentschaft (5192/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Damenuniformen der Gendarmerie (5193/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend gesundheitsgefährdende Lautstärke in Diskotheken und bei Konzertveranstaltungen (5194/J)

Matthias Ellmauer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verdacht der Steuerhinterziehung im ÖGB-Druck- und Medienkonzern (5195/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend ÖBB-Schmalspurbahn Zell am See – Krimml (5196/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Parkausweis für Behinderte (5197/J)

Wolfgang Großruck und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die geplante Schließung von Postämtern (5198/J)

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Geschwindigkeitsbeschränkung auf der A7 (5199/J)

Karlheinz Kopf und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Verordnung über beitragsfreie pauschalierte Aufwandsentschädigungen sowie Fahrt- und Reisekostenvergütungen (5200/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Kompetenzbereinigung der Ministerien (5201/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Behinderung des Bundesministers für Justiz bei der Bekämpfung der NS-Wiederbetätigung gemäß § 3 Verbotsgesetz durch das Bundesministerium für Inneres (5202/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Maßnahmen der Exekutive am Linzer Hauptplatz (5203/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Gefahrenguttransporte (5204/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Initiativen gegen die Fertigstellung von Atomkraftwerken (5205/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend versteckte Arzneimittelwerbung (5206/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend mutwillige Verhängung von Mutwillensstrafen gegen Zivildienstpflichtige (5207/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Plakataktion zu "Gott und den Soldaten betet man an" (5208/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Verordnung für den Lehrberuf Vermessungstechniker, Ergänzung der Übergangsbestimmungen (§ 13, BGBl. vom 13. 5. 98, 163. Verordnung) (5209/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Grundwassersanierung in Oberösterreich (5210/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Welser Westspange (5211/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Verteidigungsministertreffen am 3. und 4. November 1998 (5212/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verteidigungsministertreffen am 3. und 4. November 1998 (5213/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Selbstmord eines Grundwehrdieners im November 1998 (5214/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Akten über den ehemaligen Bürgermeister von Wien bei den Heeres-Nachrichtendiensten (5215/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Abfangjägerbeschaffung (5216/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend ablehnende Bescheide gegenüber Zivildienstaltfällen (5217/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Überwachung von Betrieben durch die Berghauptmannschaften und Unfallverhütungsdienst durch die Träger der Unfallversicherung (5218/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Testinstitut (5219/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrollverweigerung der Koalitionsregierung; Versagen der Bankenaufsicht (5220/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Rechtsbereinigung (5221/J)

Franz Lafer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Volksschule Grundsteingasse (5222/J)

Dr. Harald Ofner und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend durch vorsätzlich begangene Straftaten beziehungsweise bei Unfällen getötete beziehungsweise verletzte Personen (5223/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Zurücklegung von Strafanzeigen gegen Gendarmeriebeamte (5224/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden (5225/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Zusammenarbeit der Bundespolizeidirektion Wien mit der SPÖ-Parteizeitung "Wiener Blatt" (5226/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend "Klimt-Villa" im 13. Wiener Gemeindebezirk, Wittegasse/Feldmühlgasse (5227/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend verpflichtende Vorschreibung von Winterreifen (5228/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Massaker an Christen in Indonesien (5229/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Dienstzuteilung von Dr. Thomas Plankensteiner an den Landesschulrat von Tirol (5230/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gendarmerieeinsatz im Zusammenhang mit dem tragischen Amoklauf in Aspang (II) (5231/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vorgangsweise der Behörde im Zusammenhang mit dem tragischen Amoklauf in Aspang (II) (5232/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Äußerungen des Bundesministers für Inneres im Zusammenhang mit der Erlassung der 2. WaffVO (II) (5233/J)

Dr. Erwin Rasinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verletzung der Unschuldsvermutung durch Zulassung von Fernsehaufnahmen (5234/J)

Dr. Günther Leiner und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die beabsichtigte Beauftragung von verdeckten Ermittlungen in Salzburger Call-Centern durch die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg (5235/J)

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Zukunft der Donau-Universität Krems (5236/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend erhöhte Überweisungsgebühren bei Auslandsüberweisungen (5237/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beibehaltung der Unabhängigkeit des Euro (5238/J)

Jakob Auer und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend das Datenmaterial für Schlachttiere (5239/J)

Sophie Bauer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verhalten des Leiters des niederösterreichischen Grenzpostens Mitterretzbach (5240/J)

Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Bedenken des Sozialministers gegen den Arbeitsschutz in Bergwerken (5241/J)

Anton Blünegger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend "Wo bleibt die Technologiemilliarde?" (5242/J)

Anton Blünegger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend "Wo bleibt die Technologiemilliarde?" (5243/J)

Anton Blünegger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Wo bleibt die Technologiemilliarde?" (5244/J)

Anton Blünegger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend "Wo bleibt die Technologiemilliarde?" (5245/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Erhebungen in der Sache Ebergassing (5246/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Geschwindigkeitskontrollen im Straßenverkehr (5247/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mittel für Wohnungsbau und Wohnungssanierung (5248/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend "Höllinger-Professuren" (5249/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Erhebungen zu Ebergassing (5250/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend alarmierende Beantwortung der Anfrage 4466/J (Verfall der Ghega-Bahn über den Semmering) (5251/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Pflegedienstzulage für Sanitätsunteroffiziere (5252/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend das Buch "Sozialpsychologie des Rechtsextremismus" von Jutta Menschik-Bendele und Klaus Ottomayr (5253/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Controlling in der Bundesverwaltung (5254/J)

Edith Haller und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Bereich des Landes Tirol sowie der Städte und Gemeinden Tirols (5255/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Gesundheitsgefährdung durch Gaspendelleitungen an österreichischen Tankstellen (5256/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Dienstzuteilung des Ehepaares Olt. Astrid Schrenk und Rev. Insp. Martin Schrenk (5257/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schwemmlandeigentum am Wörthersee (5258/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Personalpolitik der Österreichischen Bundesforste AG (5259/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die vermeintliche Benachteiligung der Kleinaktionäre der Steyr-Daimler-Puch AG in Zusammenhang mit der Übernahme durch den Magna Konzern (5260/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Problembereiche des Vergabeverfahrens (5261/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Tätigkeiten der Fa. Colliers Columbus Immobilienvermittlungs GesmbH & Co KG im Auftrag der Bundesimmobiliengesellschaft BIG (5262/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Kontrolle gentechnisch veränderter Lebensmittel (5263/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend gebrochene Finanzierungszusage an die Filmwirtschaft (5264/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Transport von radioaktiven Stoffen durch Österreich (5265/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Personeninformation (PI) im Elektronischen Kriminalpolizeilichen Informationssystem – EKIS (5266/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Beschäftigungsrichtlinien der EU für 1999 (5267/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Beschäftigungsrichtlinien der EU für 1999 (5268/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Mißbrauch von im Elektronischen Kriminalpolizeilichen Informationssystem (EKIS) gespeicherten Daten (5269/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend rechtswidrige Weitergabe von personenbezogenen Daten iranischer Asylwerber an die iranische Botschaft (5270/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Schuldenerlaß für mittelamerikanische Staaten (5271/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Dr. Volker Kier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Bereich des Landes Steiermark (5126/J)

*****

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Gebärdendolmetsch (40/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen (4546/AB zu 4848/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (4547/AB zu 4930/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (4548/AB zu 4849/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (4549/AB zu 4857/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (4550/AB zu 4850/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (4551/AB zu 4851/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (4552/AB zu 4873/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (4553/AB zu 4905/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen (4554/AB zu 4860/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4555/AB zu 4864/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (4556/AB zu 5047/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4557/AB zu 4918/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4558/AB zu 4875/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Hagenhofer und Genossen (4559/AB zu 4928/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (4560/AB zu 4933/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Smolle und Genossen (4561/AB zu 4859/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (4562/AB zu 4890/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (4563/AB zu 4897/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (4564/AB zu 4906/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Franz Steindl und Genossen (4565/AB zu 4932/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Heindl und Genossen (4566/AB zu 4853/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen (4567/AB zu 4863/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (4568/AB zu 4887/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (4569/AB zu 4892/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Koller und Genossen (4570/AB zu 4899/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (4571/AB zu 4900/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4572/AB zu 4908/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Genossen (4573/AB zu 4921/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4574/AB zu 4866/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4575/AB zu 4867/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4576/AB zu 4910/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (4577/AB zu 4920/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (4578/AB zu 4842/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Genossen (4579/AB zu 4923/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (4580/AB zu 4959/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4581/AB zu 4856/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (4582/AB zu 4841/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (4583/AB zu 4843/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (4584/AB zu 4844/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (4585/AB zu 4845/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4586/AB zu 4846/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen (4587/AB zu 4847/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (4588/AB zu 4939/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4589/AB zu 5012/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (4590/AB zu 4870/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (4591/AB zu 4878/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (4592/AB zu 4881/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada und Genossen 4593/AB zu 4927/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4594/AB zu 4882/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen (4595/AB zu 4926/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (4596/AB zu 4893/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4597/AB zu 4917/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Genossen (4598/AB zu 4922/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4599/AB zu 4871/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4600/AB zu 4876/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4601/AB zu 4869/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (4602/AB zu 4858/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (4603/AB zu 4862/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (4604/AB zu 4883/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (4605/AB zu 4889/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (4606/AB zu 4904/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4607/AB zu 4911/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4608/AB zu 4914/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4609/AB zu 4915/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Genossen (4610/AB zu 4931/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen (4611/AB zu 4966/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Morak und Genossen (4612/AB zu 4861/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4613/AB zu 4865/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4614/AB zu 4903/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Genossen (4615/AB zu 4934/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (4616/AB zu 5020/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4617/AB zu 4855/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (4618/AB zu 4896/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4619/AB zu 4929/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (4620/AB zu 4868/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4621/AB zu 4877/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (4622/AB zu 4879/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen (4623/AB zu 4885/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (4624/AB zu 4894/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (4625/AB zu 4907/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4626/AB zu 5009/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (4627/AB zu 4987/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (4628/AB zu 5000/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (4629/AB zu 4938/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (4630/AB zu 4942/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (4631/AB zu 4955/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (4632/AB zu 5033/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (4633/AB zu 4941/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Blünegger und Genossen (4634/AB zu 5063/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Edler und Genossen (4635/AB zu 5015/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen (4636/AB zu 4973/J)

Beginn der Sitzung: 10 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen und eröffne die 149. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 145. Sitzung vom 4. November sowie der 146., 147. und 148. Sitzung sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben.

Für die heutige Sitzung als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Haidlmayr, Ing. Langthaler, Mag. Stoisits, Dr. Schwimmer und Kollege Wenitsch.

Bevor wir mit der Aktuellen Stunde beginnen, begrüße ich gemeinsam mit Ihnen allen die Präsidentin des Europarates, Frau Leni Fischer, die heute an dieser Sitzung teilnimmt. (Allgemeiner Beifall.) – Die gute Zusammenarbeit mit dem Europarat ist ja geradezu "notorisch" – sie braucht nicht unterstrichen zu werden.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde ist heute dem Thema

"Kein Stillstand in der Justizpolitik"

gewidmet. Der Herr Bundesminister für Justiz ist anwesend und wird dann zum Thema eine kurze Stellungnahme abgeben.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Abgeordnetem Dr. Jarolim das Wort. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

10.02

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben das Thema "Kein Stillstand in der Justizpolitik" deshalb gewählt, weil es in der letzten Zeit Anzeichen dafür gibt, daß einige wichtige Vorhaben, die wir bereits seit langem – in einigen Fällen seit Jahren – diskutieren, nunmehr in der parlamentarischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden könnten.

Das Problem liegt nicht so sehr – das möchte ich eingangs dazusagen – am Justizausschuß, sondern an einer grundsätzlichen Schwierigkeit. Es zwar zum Beispiel in einem Fall – und zwar im Falle der Diversion; ein Gesetz, das dem Opferschutz dienen soll – ganz einfach nicht möglich, dieses Gesetz, dieses Vorhaben in den Justizausschuß zu bekommen, weil es im Rahmen der Vorbesprechungen vom Koalitionspartner hiezu nicht vorgesehen war. Ich denke, daß wir darüber sprechen sollten.

Ich denke, daß alle Vorhaben – insbesondere dann, wenn sie eine gewisse Spruchreife erreicht haben – hier im Haus diskutiert werden sollten, weil wir uns das schuldig sind, wenn wir unsere Arbeit ernst nehmen. Wir sollten uns hier mit diesen Themen sachlich auseinandersetzen und nicht davon ausgehen, daß schon im Vorfeld soviel wie möglich zu klären ist und die Diskussion hier im Haus auf ein Minimum reduziert werden muß. (Beifall bei der SPÖ.)

Worum geht es im Einzelfall? – Es gibt derzeit zwei Vorhaben, die zentrale Themen in der Justizpolitik sind, die in der Zwischenzeit auch zentrale Themen in der öffentlichen Diskussion geworden sind, die allerdings aus den Gründen, die ich vorhin erwähnt habe, nicht zentrale Punkte in der Diskussion in diesem Haus sind, und das ist in dieser Form nicht akzeptabel.

Eines dieser Vorhaben ist die sogenannte Diversion. Das ist eine der Maßnahmen, die vor allem einer umfangreichen Umsetzung des Opferschutzes dienen soll. Wir haben in der Vergangenheit im Rahmen des Justizausschusses eine Vielzahl von Bestimmungen, von gesetzlichen Änderungen beschlossen und verabschiedet, die erhebliche Schritte in Richtung einer verbesserten Stellung der Opfer in Strafrechtsfällen darstellen. Wir haben aber den letzten Schritt, der es möglich machen würde, den Richtern, die das tagtäglich anwenden müssen, ein effizienteres Instrument in die Hand zu geben, bis jetzt nicht durchgeführt.

Daher sieht der Entwurf der Diversion eine Reihe von Möglichkeiten für Richter vor, anders auf Straftaten zu reagieren, als das bis jetzt der Fall ist.

Ich halte fest: Der Staat hat im Rahmen seines Gewaltmonopols – nur der Staat ist dazu berechtigt, Gewalt anzuwenden – den Auftrag, strafbare Handlungen zu verhindern. Derzeit ist es so, daß der Richter, der mit einer strafbaren Handlung konfrontiert ist, im Rahmen der Beurteilung im wesentlichen zwei Möglichkeiten hat: die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe. Letztere kann sowohl bedingt als auch unbedingt verhängt werden. – Und das war es auch schon.

Darüber hinaus gibt es in der Jugendgerichtsbarkeit die Möglichkeit des sogenannten außergerichtlichen Tatausgleiches, der teilweise, im Rahmen von Versuchen, auch im Erwachsenenstrafrecht möglich ist. In allen Fällen, in denen der außergerichtliche Tatausgleich bis jetzt angewandt werden konnte, hat er zu signifikanten Verbesserungen geführt, und zwar erstens dadurch, daß die Strafrückfälligkeit der einzelnen Täter reduziert werden konnte, und zweitens insofern, als die Stellung des Opfers verbessert wurde.

Es ist nämlich zu berücksichtigen, daß das Opfer nicht nur einen Vermögensschaden erlitten hat und nicht nur körperliche Schmerzen erleidet, sondern darüber hinaus auch emotionale, seelische Schmerzen. Auf letztere geht man derzeit überhaupt nicht ein. Ich möchte das anhand eines Beispiels erläutern.

Es kommt vor einem Gasthaus zu einem Raufhandel – wegen einer Nichtigkeit. Einer schlägt den anderen im Rahmen dieses Raufhandels nieder, dieser fällt um, bricht sich die Schulter und laboriert sechs Monate lang an diesen Schmerzen.

Derzeit ist es so, daß der Täter verurteilt wird, und das Opfer bekommt möglicherweise irgendwann Schmerzensgeld. – Und das war es auch schon. Das Opfer hat in Wirklichkeit natürlich auch einen emotionalen Schaden erlitten, der sich in den verschiedensten Formen manifestieren kann: etwa in Angstzuständen, in einer Unzufriedenheit oder einfach in einer Verbitterung darüber, daß sich niemand seiner annimmt.

In Zukunft soll es nun so sein, daß, wenn das Opfer das will, im Rahmen des außergerichtlichen Tatausgleiches die Möglichkeit besteht, einen Kontakt zwischen Opfer und Täter herzustellen, im Rahmen dessen der Täter zeigen kann – ich betone: nur dann, wenn das Opfer dies will! –, daß er betroffen darüber ist, daß das Opfer sechs Monate nach einem derartigen Vorfall noch immer leidet. Er soll einsehen, daß das, was er getan hat – nämlich das Niederschlagen –, in keinem Verhältnis zu den Konsequenzen dieser Handlung steht. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich denke, das wird dazu führen, daß auch beim Täter ein Umdenken stattfindet, eine Bewußtseinsänderung eintritt. Und es kann ja gar nichts Besseres geben, als eine Reduktion der Straftaten dadurch herbeizuführen, daß man schon im Unterbewußtsein der Täter ansetzt.

Auf der anderen Seite wird das Opfer dadurch, daß es die Betroffenheit des Täters sieht, wahrscheinlich auch zufriedener sein, als das jetzt der Fall ist. Daher ist es notwendig, daß wir diese Maßnahmen, die vorgesehen sind, auch umsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

All die Maßnahmen im Rahmen der Diversion – der außergerichtliche Tatausgleich und die anderen Instrumente, die wir den Richtern an die Hand geben; diese gehen damit sorgfältig um, wie die Praxis zeigt – sind in Wirklichkeit die effizienteste Form einer Verbesserung der Situation der Opfer im gesellschaftlichen Gesamtkontext, aber auch der Verringerung strafbarer Handlungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich muß sagen, ich bin erschüttert und frage mich, was das soll, wenn ich einer Aussendung des Kollegen Kiss unter anderem zum außergerichtlichen Tatausgleich folgendes entnehmen muß – ich zitiere –: "So wie ihn Justizminister Michalek und die Sozialisten planen, wird es seitens der ÖVP sicher keine Zustimmung geben! Vor solchen Entwürfen muß die Exekutive", so sagt er hier, "geradezu geschützt werden." – Ende des Zitats.

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie ersuchen und möchte Sie auffordern: Nehmen wir die Diskussion darüber auf, aber führen wir sie nicht populistisch, damit in der Öffentlichkeit keine Mißverständnisse entstehen, die letztlich nur dazu führen würden, daß Argumente gegen einen Qualitätsquantensprung eines Gesetzes vorgebracht würden – Argumente, die einfach nicht richtig sind! Ich finde, wir sind es uns schuldig, daß wir bei diesem Thema keine Populismen einreißen lassen. – Soviel zum ersten Punkt, zum Thema Diversion.

Zweiter Punkt. Wir befinden uns in Verhandlungen über das Ehe- und Scheidungsrechts-Änderungsgesetz, das in der breiten Öffentlichkeit kontroversiell diskutiert wird, was zwar an sich gut ist, nur wird es auf eine Art und Weise kontroversiell diskutiert, mit der man an der Sachlichkeit vorbeigeht.

Worum geht es? – Im wesentlichen geht es darum, daß Familienrichter – also jene Richter, die tagtäglich mit Scheidungen, mit Kindschaftsstreitigkeiten et cetera befaßt sind – eine Reihe von sozial nicht vertretbaren Fällen, eine Reihe von Mißständen aufgezeigt haben, die abgestellt werden sollten. Insbesondere sind das Fälle, bei denen Frauen nach einer längeren Ehe, in die sie sehr viel eingebracht haben – emotional, finanziell, wie auch immer –, plötzlich durch die Scheidung vor einer Situation stehen, durch die sie in soziale Not geraten. Für solche Fälle sieht der derzeitige Entwurf Maßnahmen vor, mit denen in Einzelfällen reagiert werden kann – unter anderem etwa auch durch Unterhaltszahlung im Verschuldensfall –, um derartige soziale Notfälle zu verhindern.

Ich sage ganz kurz, worauf es dabei ankommt. Es kann vorkommen, daß im Rahmen einer längeren Ehe eine Ehegattin auf ihre Ausbildung verzichtet, auf schulische Weiterbildung verzichtet, oder darauf verzichtet, einen Anspruch darauf zu erheben, das, was sie gelernt hat, auch beruflich umzusetzen, weil beide Ehegatten zum Beispiel übereinkommen, daß sie den Haushalt führt. Das kann natürlich in der Folge dazu führen, daß diese Frau am Ende einer solchen Ehe dadurch, daß sie lange keinen Beruf ausgeübt hat, davon abhängig ist, Unterhaltszahlungen zu bekommen.

Nun könnte es zwar sein, daß sie die Scheidung verschuldet hat, es ist aber trotzdem ungerecht, daß sie unter den genannten Voraussetzungen, angesichts all dessen, was sie in die Ehe eingebracht hat, keinen Unterhalt bekommt, und zwar in einer Höhe, die es ihr ermöglichen würde, zu existieren. Wir Sozialdemokraten wollen, daß es einem Richter möglich sein soll, unter Berücksichtigung all dieser Umstände einer Frau auch in solchen Fällen einen Unterhalt nach Billigkeitsgründen zuzusprechen oder zu gewähren, um eine soziale Katastrophe zu verhindern, durch die letztlich ja auch die Kinder aus dieser Ehe gefährdet würden.

Das heißt, es geht im wesentlichen darum, unter Berücksichtigung aller Umstände, unter Berücksichtigung der Entwicklung einer Ehe, unter Berücksichtigung dessen, was beide Partner eingebracht haben, am Ende dieser Verhandlung über den Unterhalt zu entscheiden, ob im Einzelfall – und zwar auch unter Berücksichtigung des Umstandes, der zur Scheidung geführt hat; auch unter Berücksichtigung des Verschuldens – zur Verhinderung von Not Unterhalt gezahlt werden soll.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Das ist eine qualitative Weiterentwicklung des Gesetzes, die sicherstellen soll, daß soziales Leid aus diesem Aspekt nicht mehr möglich ist. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten dürfen Sie daher ersuchen, das, was Sie bisher in die Diskussion eingebracht haben, nämlich Ihre Ablehnung zu diesem Entwurf, zu überdenken und diesem Vorschlag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Thema der Aktuellen Stunde gelangt nunmehr der Herr Bundesminister zu Wort. – Bitte, Herr Minister.

10.13

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Justizpolitik muß sich mit sich wandelnden sozialen und ökonomischen Verhältnissen auseinandersetzen und Lösungen für neue Gegebenheiten finden. Andernfalls würde ein unerträgliches Spannungsverhältnis zwischen dem Recht auf der einen und der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Realität auf der anderen Seite entstehen – ein Spannungsverhältnis, das die Akzeptanz des Rechts beim Bürger in Frage stellen und letztlich das Vertrauen des Bürgers in den Rechtsstaat gefährden könnte.

In diesem Sinne habe ich Justizpolitik immer verstanden und glaube, sagen zu können, daß es in den letzten Jahren keinen Stillstand in der Justizpolitik gegeben hat. Insbesondere ist es im nun zu Ende gehenden Jahr 1998 gelungen, eine Reihe wichtiger und schwieriger Gesetzgebungsvorhaben zu verwirklichen, mit denen der Gesetzgeber auf besondere Herausforderungen unserer Zeit Antwort gegeben hat. Denken Sie etwa an die Gentechnikhaftungsbestimmungen, das Atomhaftungsgesetz, das Übernahmegesetz, das Eurojustizbegleitgesetz und das Strafrechts-Änderungsgesetz 1998. Es freut mich, daß diese Gesetze überwiegend auch mit den Stimmen der Oppositionsparteien verabschiedet werden konnten.

Meine Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, daß es auch weiterhin keinen Stillstand in der Justizpolitik geben wird. In dem vor uns liegenden Teil der Legislaturperiode arbeiten wir noch an weiteren wichtigen Reformprojekten.

Von meinem Vorredner schon erwähnt wurden die beiden – auch einen Schwerpunkt in der öffentlichen Diskussion bildenden – Reformvorhaben einer Ergänzung der Strafprozeßordnung zur Schaffung dauerhafter gesetzlicher Grundlagen für den außergerichtlichen Tatausgleich und andere Formen der Diversion, sowie das Ehe- und Scheidungsrechts-Änderungsgesetz, bei dem es uns vor allem darum geht, den wirtschaftlich schwächeren Ehegatten – während aufrechter Ehe und im Falle des Scheiterns der Ehe – wirksamer zu schützen.

Von den übrigen Legislativvorhaben möchte ich nur die wichtigsten nennen: eine umfassende Änderung des Kindschaftsrechtes, mit dem die Rechte des Kindes ausgebaut, sein Wohl im Falle der Trennung seiner Eltern besser gewährleistet und seine Stellung im Pflegschaftsverfahren gestärkt werden sollen.

Weiters beabsichtigen wir eine Reform des Sachwalterrechts, mit dem der Schutz der Persönlichkeitsrechte psychisch kranker und geistig behinderter Menschen insbesondere in Heimen und anderen Pflegeeinrichtungen verbessert, eine Lösung für das Problem der steigenden Zahl von Sachwalterschaftsbestellungen gefunden und die Qualität der Betreuung durch Sachwalter verbessert werden sollen.

Weiters planen wir Reformen auf dem Gebiete des Berufsrechtes der Rechtsanwälte und Notare, mit denen die rechtlichen Rahmenbedingungen der Tätigkeit in freien Rechtsberufen an die ökonomischen und technologischen Herausforderungen unserer Zeit angepaßt werden sollen.

Weiters fassen wir eine Reform des Genossenschaftsrechtes ins Auge, mit der die zum Großteil noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Rechtsvorschriften für diese Gesellschaftsform im Interesse der Förderung des Genossenschaftsgedankens den heutigen wirtschaftlichen und rechtsstaatlichen Erfordernissen angepaßt werden sollen.

Schließlich arbeiten wir auch an Änderungen im Kartellrecht, und zwar insbesondere im institutionellen Bereich, um im veränderten wirtschaftlichen Umfeld eines integrierten Europas ein effizienteres Vorgehen gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu gewährleisten.

Bezüglich Diversion sind die Gespräche mit den Regierungsparteien schon weit fortgeschritten und ich beabsichtige, noch im Dezember die StPO-Novelle in den Ministerrat einzubringen.

Zum Ehe- und Scheidungsrechts-Änderungsgesetz hat die Begutachtungsfrist Ende Oktober geendet. (Abgeordnete der Freiheitlichen führen Bankgespräche. – Unruhe im Saal.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Scheibner, bitte! (Abg. Scheibner weist Präsidenten Dr. Fischer auf SPÖ-Reihen hin, in denen gleichfalls Bankgespräche geführt werden.)

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek (fortsetzend): Nach Auswertung und Besprechung des Begutachtungsergebnisses auf politischer Ebene möchte ich den überarbeiteten Text Anfang nächsten Jahres im Ministerrat einbringen. Das gilt auch für die Änderungen der Berufsrechte der Rechtsanwälte und Notare.

Dazu kommt noch eine Reihe von Regierungsvorlagen für kleinere Legislativprojekte, die aber für die Praxis nicht minder wichtig sind, wie zum Beispiel ein Konzernabschlußgesetz und – über Initiative der Obfrau des Justizausschusses – ein Gesetz über die Entlohnung der Insolvenzverwalter.

Zur Reform des Kindschaftsrechtes wird noch im Dezember ein Begutachtungsentwurf versendet werden. Zu den Reformvorhaben Sachwalterrecht und Genossenschaftsrecht sollen im ersten Quartal des nächsten Jahres begutachtungsreife Entwürfe fertiggestellt werden. Und schließlich bereiten wir derzeit die Umsetzung der auf EU-Ebene verabschiedeten, für die Weiterentwicklung des Konsumentenschutzes wichtigen Fernabsatzrichtlinie vor.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß sich die Justizpolitik zunehmend auch auf die Rechtsfortentwicklung im Rahmen der Europäischen Union bezieht. Gerade während des österreichischen EU-Vorsitzes ist es gelungen, bei einer Reihe wichtiger Instrumente gute Fortschritte zu erzielen, so etwa bei den Richtlinien über die Verbrauchsgütergarantien, über Änderungen der Produkthaftungsrichtlinie, über den Zahlungsverzug im Handelsverkehr, über die elektronische Signatur sowie über das Statut der europäischen Aktiengesellschaft.

Im strafrechtlichen Bereich konnte unter österreichischer Präsidentschaft eine Einigung über gemeinsame Maßnahmen im Bereich der Geldwäsche und bei der Einziehung von Erträgen aus Straftaten, gegen Kinderpornographie im Internet, gegen Korruption im privaten Geschäftsbereich sowie über eine umfassende Entschließung zur Prävention gegen organisierte Kriminalität erzielt werden. Auf die Fülle der in der EU ferner laufenden justizbezogenen Aktivitäten einzugehen, würde den heutigen Rahmen sprengen.

Zu dem eine intensive Vorbereitung erfordernden Großvorhaben der Neugestaltung des strafprozessualen Vorverfahrens habe ich vor dem Sommer der Öffentlichkeit einen Diskussionsentwurf zur Neugestaltung des strafprozessualen Vorverfahrens vorgelegt, der von Anfang an viel Zustimmung erfahren hat und mittlerweile von den an Strafverfahren beteiligten Rechtsberufen intensiv erörtert wird.

Schließlich geben mir die bisherigen Vorarbeiten und die vorliegenden Diskussionsergebnisse begründeten Anlaß, in den ersten Monaten des kommenden Jahres auch einen Begutachtungsentwurf zur Gesamtreform des Außerstreitverfahrens fertigzustellen.

Vor dem Hintergrund meines, wie ich meine, anspruchsvollen Legislativprogrammes, von dem ein Teil durchaus noch in dieser Gesetzgebungsperiode erfüllt werden könnte und sollte, bitte ich Sie, meine Damen und Herren im Hohen Haus, um konstruktive Zusammenarbeit und sachbezogene Diskussionen, damit ein möglichst breiter gesellschaftlicher und politischer Konsens erzielt werden kann, wie das der guten Tradition der österreichischen Justizpolitik und dem Stil des Justizausschusses dieses Hohen Hauses entspricht. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Bundesminister.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Die Redezeiten betragen bekanntlich jeweils 5 Minuten.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Doris Bures. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.21

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat nun ohnedies schon ausgeführt, was er sich für diese Legislaturperiode im Justizbereich vorgenommen hat. Es gab dazu erfreulicherweise ein Arbeitsprogramm für den Justizbereich, welches zu Beginn dieser Gesetzgebungsperiode auch vorgestellt wurde. Und es ist ohne Zweifel so, daß in dieser Zeit sehr viel gelungen ist und einiges umgesetzt wurde. Ich möchte aber an die Ausführungen des Kollegen Jarolim anschließen und vor allem auf jene Bereiche zu sprechen kommen, die eigentlich beschlußreif am Tisch liegen, deren Beschlußfassung nichts entgegenstehen würde. Der Herr Bundesminister hat in einer Presseaussendung auch angekündigt, daß er diesbezüglich "guter Hoffnung" ist und eine Realisierungschance sieht.

Ich möchte diese Bereiche anschneiden, weil es sich dabei um keine großen ideologischen Fragen handelt, sondern es darum geht, gesellschaftliche Realitäten zur Kenntnis zu nehmen und die Gesetze auch darauf abzustimmen.

Ich möchte etwa die Reform des Scheidungsrechtes anschneiden. Die große Frage bei der Diskussion um das Scheidungsrecht ist, welche Bedeutung eine Eheverfehlung im Scheidungsrecht eigentlich haben soll. Ich halte es für wichtig, daß wir wissen, daß diese Scheidungstatbestände, die ja auf dem Verschulden ... (Unruhe im Saal.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die sozialdemokratische Fraktion hat die Aktuelle Stunde vorgeschlagen. Ich bitte daher, dieser auch entsprechende Aufmerksamkeit zu widmen, Kollege Schnizer!

Abgeordnete Doris Bures (fortsetzend): Ich möchte darauf hinweisen, daß diese Scheidungstatbestände, vor allem auch, was den nachehelichen Unterhalt betrifft, in ihren Kernzügen eigentlich seit dem Jahre 1938 so bestehen. Wir müssen uns aber klar darüber sein, unter welcher Geisteshaltung 1938 diese Scheidungsgründe und ihre Folgen entstanden und auch beschlossen wurden. Es muß uns daher auch klar sein, daß das eine Epoche war, in der es nicht um Emanzipation der Frauen oder um Gleichberechtigung in der Ehe gegangen ist, sondern in der genau das Gegenteil der Fall war. Heute sind wir in unserem Land erfreulicherweise so weit, daß das Anrecht der Frauen auf Selbstverwirklichung, das Recht darauf, Beruf und Familie vereinbaren zu können, eigentlich im großen und ganzen allgemein akzeptiert wird. Daß 97 Prozent aller Frauen Kind, Familie und Job vereinbaren wollen, zeigt, daß sie ihren gleichberechtigten Platz in der Gesellschaft einnehmen wollen, das auch einfordern und daß wir dieser Realität auch legistisch folgen müssen.

Es geht daher bei der Umsetzung der Reform im Scheidungsrecht vor allem um eine Anpassung an tatsächliche gesellschaftliche Veränderungen und um deren Anerkennung und darum, mit der derzeit bestehenden Regelung nicht einer Mehrheit der Bevölkerung ein Weltbild des Jahres 1938 aufzudrängen, das ihrer Lebensrealität auch wirklich nicht mehr entspricht. (Abg. Dr. Fekter: Also, bitte! – Abg. Dr. Khol: Da applaudiert nicht einmal Ihre eigene Fraktion, bei solchen Vergleichen!) Es ist heute ein Anrecht der Frauen ... (Abg. Dr. Fekter: Da applaudiert nicht einmal die SPÖ! – Abg. Dr. Khol: Bei Vergleichen mit 1938, da seien Sie vorsichtig!) Herr Kollege Khol, ich kann mir vorstellen, daß diese Änderungen im Scheidungsrecht nicht Ihrem "natürlichen" Rechtsempfinden entsprechen, aber es entspricht dem gesunden Menschenverstand, diese Änderungen vorzunehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Schaffenrath.)

Es kann nicht sein, daß wir Regelungen haben, aufgrund derer Frauen im Betrieb der Männer mitarbeiten müssen. Wenn sie mitarbeiten, dann soll sich der Anspruch der Frauen auf ihre Leistungen, die sie in den Betrieb einbringen, und nicht am Unternehmensgewinn orientieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte einen zweiten Punkt anschneiden, bei dem ich mir denke, Ihr Wort, Herr Bundesminister, in Gottes Ohr: Kein Stillstand in der Justizpolitik! Aber in Fragen des Mietrechtes erlebe ich etwas anderes. Ich möchte mich bei den Experten Ihres Ministeriums für den hervorragenden Entwurf bedanken, in dem es um kleine Anpassungen geht, in dem ohnedies alle großen ideologischen Fragen – wie etwa die Frage des Eintrittsrechts von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern et cetera – ausgeklammert wurden, in dem es wirklich darum geht, kleine, konkrete Verbesserungen für Mieter durchzusetzen, was Mietermitbestimmung betrifft, was das Erreichen einer Senkung bei den Wohnungskosten betrifft, indem zum Beispiel Abfertigungen angespart werden können und nicht bei Abfertigungen von Hausbesorgern hohe Kosten anfallen. Es gäbe also ein verbrauchsabhängiges Mietrecht, wenn wir diese Änderung durchführen hätten können. Aber leider gibt es eine Fraktion in diesem Haus, die dem aus mir unvorstellbaren Gründen nicht zustimmt, obwohl alles ausverhandelt ist und fix fertig auf dem Tisch liegt.

Dabei wäre es möglich, diese Reform umzusetzen! Ich ersuche Sie ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Doris Bures (fortsetzend): Ich ersuche Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Reformen, die – wie gesagt – ein Nachvollziehen gesellschaftlicher Realitäten darstellen, umzusetzen, um nicht als Realitätsverweigerer zu enden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

10.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.27

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Werter Herr Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Präsident, ich möchte meine Ausführungen hier dazu nützen, um festzustellen, daß die Mikrophoneinstellung so schlecht ist (Abg. Haigermoser: Eine Katastrophe!), daß man im Plenum fast nichts hört. Ich ersuche, dies zu korrigieren. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Mertel.)

Nun zum Thema der Aktuellen Stunde. Wir hatten in dieser Legislaturperiode – und sie dauerte bisher drei Jahre – 16 Ausschußsitzungen im Justizbereich! 72 Tagesordnungspunkte wurden erledigt, darunter ganz große Reformvorhaben wie Mietrechtsgesetz-Novelle, Urheberrechtsgesetz, Maklergesetz, Bauträgervertragsgesetz und zwei große Strafrechtsänderungsgesetze – denken Sie zurück: Lauschangriff und Verschärfung der Strafen bei den Sexualdelikten. Ich will nicht alle aufzählen, weil der Herr Minister bereits die wesentlichen genannt hat. Von jenen 13 Justizvorhaben, die im Koalitionspakt stehen, wurden 80 Prozent bereits positiv erledigt. Wer hier von einem Stillstand spricht, ist entweder überhaupt nicht informiert, hat schlecht recherchiert oder ist böswillig – und dann nützt auch der Beweis des Gegenteiles nichts! (Beifall bei der ÖVP.)

Am 1. Juli 1998 gab es eine aktuelle Aussprache mit dem Herrn Minister, einerseits über die noch zu erledigenden Vorhaben, und andererseits über die Aktivitäten während der EU-Präsidentschaft. (Abg. Haigermoser – in Richtung ÖVP-Fraktion –: Es heißt ja "Koalitionspartner" und nicht "Koalitionsfeind"! So stelle ich mir eine Partnerschaft nicht vor!) Der Herr Minister hat ausgeführt, wie intensiv seine Arbeit im Justizbereich während der Präsidentschaft sei und daß er den Herbst dazu nützen werde, um Begutachtungsverfahren durchzuführen, damit wir nach der Präsidentschaft diese Vorhaben erledigen können.

Frau Kollegin Bures! Das Mietrecht, das Sie erwähnen, war weder in einer Begutachtung, noch war es ausverhandelt. Ganz im Gegenteil: Da haben sich einige etwas gewünscht, was eben nicht mehrheitsfähig war. (Abg. Rosemarie Bauer: Aha!) Schicken Sie den Entwurf in die Begutachtung, damit alle betroffenen Gruppen ihre Stellungnahmen abgeben können, damit auch Verbesserungsvorschläge möglich sind! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Bures.)

Es war nämlich eine Fülle von im Zuge des Begutachtungsverfahrens abgegebenen Stellungnahmen, sowohl, was die Eherechtsreform, als auch, was die Diversion betrifft, sehr wohl dazu angetan, zu neuem Nachdenken darüber zu bewegen. Gerade bezüglich der Eherechtsreform hat das Begutachtungsverfahren gezeigt, daß es eine Fülle von kritischen bis massivst negativen Stellungnahmen gegeben hat, in denen davor gewarnt worden ist, daß der vermeintlich so gute Entwurf ein echter Bumerang für Frauen sein kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir von der ÖVP haben das Begutachtungsverfahren dazu genützt, auch unsere Verbesserungsvorschläge einzubringen. Nur weil wir uns als einzige der Fraktionen dazu öffentlich geäußert haben, heißt es plötzlich: Stillstand! Es geht nichts mehr! – Meine sehr verehrten Damen und Herren, Begutachtungsverfahren sind dazu da, daß man Verbesserungsvorschläge bringt! (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Diversion konkret betrifft, so haben wir dem Justizminister einen ganz klaren Verbesserungsentwurf unterbreitet, und wir hoffen, daß er unsere Wünsche mitberücksichtigen wird. Es war im Justizbereich nie Usus, husch-pfusch aufgrund medialer Begleitmusik auf Zuruf Gesetze zu beschließen. Der Justizbereich hat immer langfristig geplant, wissenschaftlich ausgearbeitet, politisch diskutiert und dann mit einem breitestmöglichen Konsens beschlossen. (Abg. Dr. Ofner: Früher, Frau Kollegin!) Auch heute noch, Herr Kollege Ofner! (Abg. Dr. Ofner: Vor Ihrer Zeit! Das ist keine Rechtfertigung!)

Ich kenne keinen anderen Ausschuß, in dem Oppositionsanträge nicht nur nicht niedergestimmt, sondern einer Ausschußberatung zugeführt werden, und in dem Oppositionsanträge mit einem Hearing bedacht werden. Das passiert nur im Justizausschuß! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Überhaupt nicht mehr!)

10.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

10.32

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es ist schon richtig, daß im Justizausschuß das Klima etwas anders und etwas besser ist – dem kann man durchaus folgen. Aber es ist wesentlich schlechter geworden, seit wir Frau Fekter als Vorsitzende haben. Das muß man auch feststellen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Trinkl: Das ist alles relativ!)

Wenn hier und heute von Kollegin Fekter gesagt wird, daß man breiter Diskussion zugänglich sei, so möchte ich daran erinnern, daß gerade im Ehescheidungsrecht die ÖVP über zwei Jahre hinweg in den außerparlamentarischen Arbeitskreisen durch Abwesenheit geglänzt hat. (Abg. Dr. Fekter: Stimmt ja nicht!) Sie waren niemals anwesend! (Abg. Dr. Fekter: Niemals?) Ein einziges Mal haben Sie einen Ihrer Parlamentsmitarbeiter geschickt (Abg. Dr. Fekter: ... war da! Das Familienministerium war da!), und das war am Schluß aller Verhandlungen! Nachdem alle Fraktionen, alle Wissenschafter und alle maßgeblichen Stellen ihre Stellungnahmen abgegeben hatten (Abg. Dr. Fekter: Sind Sie für Alimente bei Seitensprung?), haben Sie sich zu einer Klubsitzung eingefunden (Abg. Dr. Fekter: Sind Sie für Alimente bei Seitensprung?), und dann haben Sie in diesem Fall meine Forderungen abgekupfert! Nichts anderes war es! (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Nachzulesen dort, wo es steht.

Frau Kollegin Fekter! Bei dieser Debatte haben Sie wirklich das Thema verfehlt. Wenn Ihnen nämlich bei diesem Gesetzentwurf oder Ministerialentwurf, der zur Begutachtung ausgeschickt wurde, nichts Besseres einfällt, als darüber zu diskutieren, ob der Ehebruch jedenfalls oder nur dann, wenn er im Zusammenhang mit der Zerrüttung einer Ehe zu dieser beigetragen hat, ein Scheidungsgrund sein soll, dann haben Sie den Entwurf wirklich nicht richtig gelesen, auch nicht betreffend der Unterhaltsforderungen. (Abg. Dr. Fekter: Wir haben die Gewalt hineinreklamiert, die vorher von der Arbeitsgruppe überhaupt nicht vorgesehen war!)

Sie haben sie nicht hineinreklamiert! (Abg. Dr. Fekter: Wenn wir die Gewalt nicht erwähnt hätten, wäre sie nicht vorgekommen!) Wir haben das alles schon längst releviert. Hätten Sie in den Arbeitsgruppen mitgetan, dann hätten Sie eine Ahnung gehabt, was Sache ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben dann im nachhinein etwas zum Thema gemacht, auf das Sie nur aufgesprungen sind. Es stimmt schon, Sie sind die erste gewesen, die eine Pressemeldung darüber abgegeben hat. Aber das ist immer der einfachste Weg: Nichts arbeiten (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer) und dann eine mediale Präsenz vortäuschen. Das ist Ihr Weg! Sonst war nichts da. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte aber etwas zum Unterhaltsanspruch sagen, weil das, was Kollegin Bures gesagt hat, natürlich nicht im Raum stehen bleiben darf. Die Einführung eines Unterhaltsanspruches für schuldig geschiedene Ehegatten, wie dies geplant ist, noch dazu in einem betragsmäßig über dem Existenzminimum liegenden Lebensbedarfsausmaß ist nicht nur systemwidrig, sondern auch ein Bruch der Rechtsordnung.

Herr Minister! Sie haben selbst gesagt, eine Norm muß von der Akzeptanz der Bevölkerung getragen werden. Gerade ein derartiges Ansinnen – das kann ich Ihnen sagen – wird zu 80 Prozent von der österreichischen Bevölkerung nicht getragen: daß ein schuldig geschiedener Ehegatte plötzlich Unterhaltsansprüche stellen kann! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Ich erinnere daran, daß unsere Rechtsordnung davon ausgeht, daß Verträge einzuhalten sind oder einvernehmlich aufzulösen und abzuändern sind. Wenn ein Vertrag einseitig verletzt wird, dann kann der Verletzte verlangen, daß er vom Vertragsbrecher so gestellt wird, als ob der Vertrag eingehalten worden wäre. Dies begründet letztlich auch im Eherecht den Anspruch auf Unterhalt für unschuldig geschiedene Ehegatten. Diesen soll nämlich ein Unterhalt in jener Höhe zukommen, wie sie ihn bei Aufrechterhaltung der Ehe gehabt hätten. Ein derartiges Abgehen vom Verschuldensprinzip im Unterhaltsbereich wäre auch ein Bruch im Rechtsbewußtsein der Bürger.

Ich glaube, die Bedeutung dessen, was da alles auf uns zukommt, wenn dies Gesetz werden würde, ist noch gar nicht ausgegoren. So würde es etwa auch Unterhaltsansprüche von bereits geschiedenen Ehen provozieren, denn es ist ja keine Regelung für bisher geschiedene Ehen vorgesehen. Ich warne wirklich davor, eine diesbezügliche Prozeßflut im Unterhaltsbereich hervorzurufen.

Auch die Aufteilungsansprüche auf sämtliche Investitionen und Aufwendungen im Unternehmensbereich auszudehnen, halte ich wirklich für nicht sinnvoll, weil die Anspruchsgrundlage ja laut dem Entwurf der Investitionseinsatz und der Aufwand sein soll, der getätigt wurde, unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg dieser Investition. Das Unternehmen könnte theoretisch trotz dieser Investition schon in Konkurs sein, sie würde aber bei der Aufteilung trotzdem herangezogen. Das kann nicht so sein! Der Eigenkapitaleinsatz kann nicht im Ehescheidungsverfahren nachträglich zum Bumerang werden. Dagegen werden wir uns immer aussprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es kann nicht so sein, daß im Falle eines Rosenkrieges die Vernichtung eines Unternehmens droht und damit nicht nur der Unternehmer, sondern unter Umständen auch Arbeitsplätze vernichtet werden. Dagegen werden wir ... (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Michalek.) Herr Minister! Sie haben es etwas entschärft, aber nicht in dieser Form. Es steht nach wie vor drinnen. Ich bitte Sie, sich Ihren eigenen Entwurf durchzulesen. Ich glaube, Eigentumsrechte muß man letztendlich auch garantieren.

Lassen Sie mich noch einen Satz zur Mediation anmerken. Herr Minister, ich glaube, bei der Mediation ist es dringend notwendig, daß wir ein Berufsbildgesetz haben, ansonsten droht uns gerade in diesem Bereich eine Flut von Winkelschreiberei. (Bundesminister Dr. Michalek: Ja, ...!) Das kann durchaus vorkommen. Ich halte Sie daher wirklich an, diesbezüglich einmal ein entsprechendes Berufsbild zu erarbeiten und diesem Haus zuzuführen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Heide Schmidt. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.38

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn man Kollegin Fekter zugehört hat (Abg. Dr. Mertel: Wir hören sie zwar, aber wir verstehen sie nicht!), hatte man wirklich den Eindruck, hier ist eine aktive Ausschußvorsitzende, die etwas weiterbringt, und nur die bösen anderen tun nicht mit. Sie hat sich offenbar eine Strichliste zusammenschreiben lassen, wie viele Punkte in Ausschüssen behandelt wurden. Wir werden übrigens darauf achten müssen, wie wir Anträge machen, denn sie hat offensichtlich gemeint, die Zahl der Tagesordnungspunkte als einen besonderen Ausweis für ihre Aktivität vorbringen zu können – einen anderen Ausweis hat sie nämlich nicht. (Abg. Dr. Fekter: Mein Gott, na!)

Ich bin zwar nicht sehr oft mit Kollegen Ofner einer Meinung – in der Justizpolitik allerdings manchmal –, wenn er aber sagt, daß die Zeiten im Justizausschuß einmal anders waren, dann hat er damit völlig recht. (Abg. Dr. Fekter: Sie waren ja abgemeldet in der Begutachtungszeit! Sie haben ja nichts geäußert!)

Nein, Frau Abgeordnete Fekter! Immerhin hat diesen Vorsitz noch die ÖVP, und insofern könnte man sagen – und ich hätte mir das so gewünscht –: Jetzt ist eine Frau dran; die soll einmal zeigen, daß hier etwas weitergeht. (Abg. Schwarzenberger: Was haben Sie gegen Frauen? – Abg. Dr. Fekter: Ich glaube, Sie sind zu erfolgreich, darum wissen Sie nicht, was da passiert!) Leider haben Sie in diesem Fall genau das Gegenteil gemacht.

Ich will mich aber gar nicht so sehr mit Ihrer Vorsitzführung auseinandersetzen, sondern mit der Haltung der ÖVP in der Justizpolitik insgesamt.

Wenn ich dem Herrn Minister zugehört habe, welche Vorlagen von seinem Ressort vorbereitet, in Begutachtung geschickt, welche in Diskussion gezogen werden, dann fällt auf, daß das Bremsen der Vorlagen vor der Beschlußfassung entweder von den Interessengruppen der ÖVP oder von der ÖVP selbst kommt.

Herr Bundesminister! Sie haben von Ihrem Diskussionsentwurf über das strafprozessuale Vorverfahren gesprochen. – Ich finde es bemerkenswert und positiv, daß es diesen gibt. Es stimmt, daß es darüber eine breite Diskussion gegeben hat, nur: Ihre Darstellung, wonach "jetzt" in Fachkreisen darüber geredet würde, entspricht leider nicht der Wahrheit. Denn nachdem in Fachkreisen darüber gesprochen wurde, hat die ÖVP eine Hürde aufgebaut. Allerdings gibt es diese auch seitens der SPÖ, denn das Innenressort ist die eigentliche Bremse. In diesem Punkt treffen sich die Ansichten. Es ist oft so, daß an den Außenrändern unterschiedliche Gruppen dasselbe wollen. Nachdem offengelegt wurde, was der Polizei überhaupt erlaubt werden sollte beziehungsweise was nicht, wurde von Vertretern des Innenressorts die Meinung geäußert, daß das zuviel Einschränkung sei, und damit hat es dazu ein Nein gegeben.

Wenn es aber um den Ausbau der Rechte der Polizei geht, wie dies zum Beispiel beim Sicherheitspolizeigesetz oder bei Lauschangriff und Rasterfahndung der Fall ist – Kollegin Fekter hat dies leider in positiver Weise hervorgestrichen –, wird dies forciert. Ich möchte damit sagen: Wenn es um den Ausbau der staatlichen Macht geht, dann finden sich sehr wohl Koalitionen. Wenn es jedoch um den Ausbau der BürgerInnenrechte geht – egal, in welchem Bereich –, dann gibt es Bremser entweder in der gesamten Fraktion oder in den Interessengruppen dieser Fraktion. Das scheint mir die wesentliche Beurteilung der Diskussion über die Justizpolitik zu sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch ein zweites Beispiel erwähnen: Das Justizministerium hat einen Vorschlag zum Strafrecht hinsichtlich wirtschaftsrechtlicher Bestimmungen gemacht, in dem es um die fahrlässige Krida geht. Es war das ein vernünftiger Vorschlag. Aber an wem ist das gescheitert, und wieso wird nicht mehr darüber geredet? – An der Wirtschaftskammer! Ich wollte damit darstellen, daß in solchen Fällen entweder die ÖVP-Fraktion selbst bremst oder ihre Interessengruppen eine Blockade errichten.

In bezug auf das Ehe- und Scheidungsrecht halte ich es auch für sehr eigenwillig, nach einer dreijährigen Arbeitszeit der hiefür eingerichteten Arbeitsgruppe plötzlich mit Vorschlägen zu kommen, um die Diskussion hinauszuzögern. Und ich kann keinen anderen Grund dahinter erkennen, als daß sich die ÖVP diesen Komplex als ein Wahlkampfthema zurechtzimmern möchte, als ein Wahlkampfthema, mit dem moralisierende Ansprüche gesetzlich festgeschrieben werden sollen, um auf diese Weise Emotionen – insbesondere in einer bestimmten Medienszene – zu schüren. Das ist meiner Ansicht nach die einzige Erklärung dafür, daß nach dreijähriger Arbeit mit irgendwelchen vorgeschützten "Argumenten" eine ernsthafte Beratung sowie eine Beschlußfassung hier im Parlament verhindert werden soll. Insofern ist der Ausdruck "Stillstand der Justizpolitik" durchaus kein Fehlgriff, was die Wortwahl anlangt.

Sie, Frau Kollegin Fekter, haben erwähnt, wie viele Ausschußsitzungen Sie einberufen hätten und wie viele Tagesordnungspunkte es dazu gegeben hätte. – Es gibt eine Reihe von Vorlagen, die unerledigt sind, aber Sie sind nicht bereit, diese auf die Tagesordnung zu nehmen. Das sind unter anderem auch Petitionen von Bürgerinnen und Bürgern. Das heißt, Sie sind also nicht nur nicht dazu bereit, jene Vorlagen zu behandeln, die von Fraktionen dieses Hauses eingebracht wurden, sondern auch nicht, jene von Bürgerinnen und Bürgern im Ausschuß zu behandeln. Auch das ist eine Frage der politischen Kultur!

Herr Bundesminister! Bevor meine Redezeit zu Ende ist: Ich habe schon den Eindruck, daß aus Ihrem Ministerium viele Vorschläge kommen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (fortsetzend): ... und daß Sie dazu bereit sind, sich mit der veränderten Situation der Gesellschaft auseinanderzusetzen. Ich bitte Sie daher auch um Ihre Unterstützung, wenn es darum geht, nachzudenken, wie gesetzlich zustehende Rechte auch unbeeinflußt durchgesetzt werden können, so zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Thema Abtreibung. Und Sie wissen, wovon ich rede! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte, Frau Abgeordnete.

(Abg. Mag. Kammerlander begibt sich zum Rednerpult, rutscht neben diesem aus und kommt dabei beinahe zu Fall. – Abg. Haigermoser: Das Mikrophon geht nicht, und der Boden ist glitschig! – Abg. Dr. Ofner: Ein glitschiges Parkett!)

10.44

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Das Mikrophon geht auch nicht!) Zum Thema "Stillstand der Justizpolitik": Ich orte einen solchen nicht nur aufgrund der Tatsache, daß der Vorsitz im Justizausschuß bei der ÖVP liegt, sondern vor allem auch deswegen – wie auch bereits von VorrednerInnen ausgeführt wurde –, weil er bei Frau Kollegin Fekter liegt. Es werden in der Tat ganz wesentliche und maßgebliche Gesetzesvorlagen blockiert, und vor allem gibt es in der Öffentlichkeit – ich möchte jetzt im speziellen auf die Ehe- und Scheidungsrechtsreform eingehen – eine Debattenführung, die meiner Meinung nach völlig kontraproduktiv ist und nicht dem entspricht, wie üblicherweise Gesetzentwürfe behandelt werden.

Um das anhand des Themas Ehe- und Scheidungsrechtsreform zu demonstrieren: Sie haben ganz gezielt und bewußt eine Diskussion in der Öffentlichkeit lanciert, bei der es um den Ehebruch gegangen ist. Sie haben versucht, eine Frage, die einen sicherlich sehr hohen moralischen Wert in unserer Gesellschaft hat, hochzuspielen und zu emotionalisieren. Das ist eine Debatte, die eigentlich gar nicht sozusagen entlang dieser Frage zu führen ist, und zwar nicht einmal dann, wenn Sie sich mit dieser Reformvorlage genau befassen würden – und noch viel weniger, wenn Sie sich mit den eigentlichen Anliegen und Inhalten einer Eherechts- und Scheidungsrechtsreform befassen würden. Das ist in der Tat – rein vom Aufbau des Gesetzes her und hinsichtlich dessen, was man eigentlich bezwecken will – eine nachrangige Frage, ungeachtet dessen, daß es gesellschaftlich und moralisch eine wichtige und richtige Frage ist. Wenn es aber um das Gesetzeswerk selbst geht, dann sind unserer Meinung nach ganz andere Dinge in den Vordergrund zu stellen.

Wir haben vor zwei Jahren eine Studie zu diesem Thema vorgelegt. Ich bin sehr froh darüber, daß diese sehr umfassende Studie auch Bestandteil und Arbeitsgrundlage der heute bereits mehrmals erwähnten interministeriellen Arbeitsgruppe war, in der über eine Ehe- und Scheidungsrechtsreform beraten wurde. Mittelpunkt, zentraler Inhalt dieser Studie war der verschuldensunabhängige Unterhalt.

Ich möchte jetzt noch einmal auf jenen Punkt eingehen, den Sie, Herr Kollege Graf, ausgeführt haben. Sie, Herr Kollege Graf, sind der Meinung, daß das Verschulden bei der Beurteilung des Unterhalts eine maßgebliche Rolle spielen soll, und Sie haben von einem "Vertrag" gesprochen. Da dürfen Sie aber nicht vom Unterhalt ausgehen, sondern müssen sich überlegen, ob man Sanktionsmöglichkeiten unabhängig vom Unterhalt einführen soll.

Der Unterhalt ist nicht die Sanktion, die dabei anzuwenden ist, sondern der Unterhalt ist etwas, das Menschen zusteht, die aus ganz bestimmten persönlichen Lebensführungsgründen nicht in der Lage sind, sich selbst zu erhalten. (Beifall bei den Grünen.) Das sind in erster Linie Frauen, die für die Erziehung der Kinder sorgen und möglicherweise auch auf die Ausübung ihres Berufes verzichtet haben, weil es in ihrer Ehe die Vereinbarung gegeben hat, daß die Frau zu Hause bleibt, um den Haushalt zu führen und die Kinder zu erziehen. Allein diese Frage ist ausschlaggebend, und sie soll auch ausschlaggebend für den Unterhalt sein. Das hat ja in der Gesetzesvorlage auch Berücksichtigung gefunden.

Die Frage, ob sich jemand in einem Vertrag, wie ihn ja auch eine Ehe darstellt, schuldig gemacht hat oder nicht, muß auf einer anderen Ebene – wenn das gewünscht wird – geregelt werden. In einem solchen Fall müssen Sie von der FPÖ eben einen Vorschlag machen, wie Ihrer Meinung nach ein solcher Sanktionskatalog ausschauen sollte. Aber jedenfalls muß das unabhängig vom Unterhalt gestaltet werden. Der Unterhalt eignet sich nicht als "Bestrafung" oder "Belohnung", sondern er ist unserer Meinung nach ausschließlich nach Kriterien auszurichten, die die Aufteilung der Arbeit in der Ehe, die Dauer der Ehe, das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen, den gemeinsam erwirtschafteten Lebensstandard, aber vor allem die Aufteilung der Arbeit nach Beendigung der Ehe, also im Falle einer Scheidung, berücksichtigen sollen. Wer wird welchen Anteil an der Arbeit übernehmen? Danach – und ausschließlich danach! – hat sich unserer Meinung nach die Höhe des Unterhalts zu richten.

Ich bedauere bei diesem Gesetzentwurf, daß es zu keiner Neukodifizierung gekommen ist. Das Ganze ist zwar ein kleiner Ansatz, ein ganz kleiner Schritt in die richtige Richtung, aber viel zu wenig, um dem Genüge zu tun, was zu erwarten wäre, handelt es sich doch dabei um ein Gesetz, das aus dem vorigen Jahrhundert stammt, das zutiefst patriarchalische Züge hat. Und das ist etwas, was sich in vielen Dingen ausdrückt – und sei es nur, weil darin noch immer die "Morgengabe", das "Heiratsgut", die "Schlüsselgewalt" und ähnliche Begriffe enthalten sind. Das wäre neu zu formulieren, um zu einem Gesetz zu kommen, in dem es zumindest einen gleichgeschlechtlichen Ansatz gibt und das dem Gleichbehandlungsgrundsatz in allen Bereichen und allen Paragraphen entspricht – und nicht nur ein einziger kleiner, erster Schritt in eine ganz bestimmte Richtung ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Graf: Das gehört im sozialversicherungsrechtlichen Bereich geregelt!)

10.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

10.49

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wahl des Themas "Kein Stillstand in der Justizpolitik" bedeutet nicht, daß es unserer Meinung nach einen Stillstand in der Justizpolitik gegeben hat. Ich möchte diesen Vorwurf seitens meiner Fraktion und seitens der Vorsitzenden des Justizauschusses zurückweisen.

Es geht uns Sozialdemokraten darum, einen Stillstand zu vermeiden. Wir wollen aus guten Gründen abwenden, daß es zu einem Stillstand kommt, denn wir haben in dieser Gesetzgebungsperiode noch zu wichtige Aufgaben und Projekte vor uns, alles Dinge, die im Interesse der Menschen Österreichs erledigt werden sollten.

Ich möchte mich den Ausführungen des Herrn Justizministers Michalek anschließen, der dargelegt hat, was alles im Justizbereich in dieser Gesetzgebungsperiode bereits geleistet wurde. – Meine Damen und Herren! Das kann sich sehen lassen, auch wenn nach Ansicht meiner Fraktion manche Schritte zu kurz geraten sind. Dennoch: Es kann sich das Gesamtpaket, das bisher erarbeitet wurde, wirklich sehen lassen. Dieser Bogen reicht vom Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie, in dem eindeutig wesentliche Verbesserungen für Frauen und Kinder erreicht wurden, bis etwa zum Strafrechtsänderungsgesetz 1996. Wir haben weiters Instrumente zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität geschaffen; Bestimmungen zum Schutz von Kindern wurden im Strafrechtsänderungsgesetz 1998 beschlossen. Und dieser Bogen spannt sich auch von einem europaweit einzigartigen Atomhaftungsgesetz 1999 bis zu einer Änderung des Mietrechtes; im Wirtschaftsrecht vom Übernahme- bis zum Insolvenzrechtsgesetz und zur Strafvollzugsnovelle 1996. Erwähnt werden soll in diesem Zusammenhang auch ein EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz. Die Regierungskoalition hat also ganz wichtige Gesetzespakete im Bereich Justiz unter Dach und Fach gebracht; das möchte ich auch hier eindeutig festhalten.

Meine Damen und Herren! Ab dem Sommer heurigen Jahres ist aber sozusagen etwas Sand in das Getriebe gekommen. Von mancher Seite hat es geheißen, daß uns durch den EU-Vorsitz nur schwer etwas gelingen beziehungsweise daß durch einen bevorstehende Wahlkampf nichts weitergehen werde. – Solchen Vermutungen ist meine Fraktion von Anfang an entgegengetreten.

Meine Damen und Herren! Die Zeit bis zu den nächsten Wahlen muß bestmöglich genützt werden. Die Bürgerinnen und Bürger in Österreich haben einen Anspruch darauf, daß wir konstruktiv weiterarbeiten. Das bedeutet auch, Frau Kollegin Fekter, daß wir konstruktiv diesen Sand aus dem Getriebe entfernen sollten. (Abg. Dr. Fekter: Da ist keiner drinnen!) Dazu gehört sicherlich auch, daß die ÖVP ihre Blockadepolitik hinsichtlich Familien- und Scheidungsreform, die wirklich nur schwer nachzuvollziehen ist, aufgibt. – Ich habe allerdings mit gewisser Zufriedenheit gehört, daß sich zumindest Kollegin Fekter weiterbewegt, und ich hoffe, daß sich ihre Fraktion mitbewegen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Das habe ich schon gesagt ...!)

Folgendes müssen Sie uns aber schon erklären: Die interministerielle Arbeitsgruppe hat in zwei- bis dreijähriger Arbeit einen Entwurf ausgearbeitet, ohne daß man Ihre Beteiligung daran hätte verzeichnen können. Nachdem dann der Vorschlag vorlag, wurde plötzlich Einspruch erhoben. (Abg. Dr. Fekter: Aber es gab noch keinen Gesetzentwurf! Dazu ist ein Begutachtungsverfahren einfach da!) Ich glaube, daß das nicht langfristig genug vorbereitet war. Die Ressourcen einer Arbeitsgruppe, die ihre Arbeit gewissenhaft macht, werden eigentlich verschwendet, wenn erst nachträglich diskutiert wird. Ich möchte aber schon auch darauf hinweisen, daß diese Arbeitsgruppe vornehmlich von konservativen Experten dominiert und daß die sozialdemokratische Fraktion keinesfalls restlos von diesem Entwurf begeistert war.

Ich appelliere an unseren Koalitionspartner ÖVP, nicht päpstlicher sein zu wollen als der Papst, was natürlich bei Johannes Paul etwas schwierig sein wird. Ich möchte, daß Sie sich ein Beispiel an der österreichischen Bischofskonferenz nehmen. Sie sollten daher nicht von angeblich "traditionellen Werten" ausgehen und nicht Bestimmungen wie die absoluten Scheidungsgründe verteidigen, wenn gleichzeitig die neuen geplanten Bestimmungen, zum Beispiel Ehebruch oder Verweigerung der Nachkommenschaft betreffend, von der österreichischen Bischofskonferenz vom sakramentalen Standpunkt aus ausdrücklich begrüßt werden. Das wäre doch eigenartig! (Abg. Dr. Graf: Aber im kirchlichen Eherecht schaut es anders aus!)

Eine Bemerkung noch zur strittigen Frage des verschuldensunabhängigen Unterhaltes: Dieser soll wirklich nur in ausgesprochen schweren Härtefällen, unter eng beschränkten Voraussetzungen und auch nur befristet gewährt werden, um soziale Benachteiligungen zu überwinden. Das müßte doch für jedefrau/jedermann verständlich sein! (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Dabei geht es auch darum, daß in der Folge die Kinder aus geschiedenen Ehen nicht zu leiden haben. Ich bin überzeugt davon, daß es mit gutem Willen von allen Seiten gelingen wird, im Justizbereich noch ein wesentliches Paket zu verabschieden. (Beifall bei der SPÖ.)

10.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. – Bitte.

10.55

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Mertel, ich kann Ihnen gerne Nachhilfeunterricht geben, wenn Sie meinen, unsere Gedankengänge wären nicht nachvollziehbar. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.) Ich darf Ihnen folgendes sagen: Wir von der ÖVP werden nie eine Politik machen, die gegen das gesunde Rechtsempfinden der Bevölkerung ist! (Abg. Dr. Schmidt: Das ist ein starkes Stück: "gesundes Rechtsempfinden"! – Weitere Zwischenrufe beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.) Das ist aber bei der SPÖ zum wiederholten Male geschehen. Wir verstehen nicht, daß als Scheidungsgründe Gewalt und vernachlässigte Hausarbeit sozusagen auf derselben Stufe stehen sollen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Schmidt: "Gesundes Rechtsempfinden" – und das ausgerechnet im November 1998! – Weitere Zwischenrufe beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

Ganz im Gegenteil: Wir haben uns dafür eingesetzt, daß die Ausübung von Gewalt ein Scheidungsgrund ist, und wir mußten das – das ist heute bereits angesprochen worden – urgieren. Drei Jahre lang hat diese Arbeitsgruppe, diese Kommission getagt, und es gab dort keinen Konsens. Ich wundere mich jedenfalls, Frau Abgeordnete Dr. Schmidt, über Ihr parlamentarisches Selbstverständnis, denn: Kommissionen haben schon oft etwas erarbeitet, aber entschieden wird hier. Und dieses Recht möchte ich jedenfalls als frei- und direktgewählte Mandatarin, die Verantwortung gegenüber der Bevölkerung hat, gewahrt wissen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Thema dieser Aktuellen Stunde, "Kein Stillstand in der Justizpolitik", konnte ich nicht sehr viel anfangen. "Kein Stillstand in der Justizpolitik" hieß es, und das ohne irgendeine Interpunktion. Da wäre meine Interpretation eigentlich so, daß es dabei um eine Bestätigung der hervorragenden Bilanz des Herrn Bundesministers Michalek geht. Und es ist ja in der Tat sehr viel geschehen in diesem Bereich. Wir von der Österreichischen Volkspartei waren hinsichtlich vieler gesetzlicher Bestimmungen die treibende Kraft – und das gerade auch bei zwei Strafrechtsreformen.

Was die Themen "Sicherheit", "Lauschangriff" und "Rasterfahndung" anlangt, ist es so, daß es dazu in diesem Hause sehr kontroversielle Standpunkte gibt, was aber vom dafür zuständigen Bundesminister sehr wohl verteidigt wird, der auch heute wieder betont hat, daß solche gesetzlichen Bestimmungen notwendiger denn je sind, denn in Österreich ist nun einmal ein Drittel aller Gewaltdelikte der organisierten Kriminalität zuzurechnen; und ein Ansteigen ist zu befürchten.

Es war daher sehr wichtig, daß wir von der ÖVP uns vehementest gegen den Willen unseres Koalitionspartners in einer heftigen Diskussion durchgesetzt haben, und das haben wir unserer Justizsprecherin Maria Fekter zu verdanken, die dazu unseren Standpunkt sehr konkret vertreten hat. Die Realität zeigt ja, wie wichtig und richtig das war. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der zweite Punkt betrifft unser vehementes Eintreten zum Schutze der Kinder. Nicht nur der Fall Dutroux in Belgien war der Grund dafür – er war nur der Auslöser –, daß wir uns so vehement für den Schutz von Kindern eingesetzt haben, sondern: Unsere Kinder sind gerade auch deshalb schützenswert, weil sie keine Lobby hinter sich haben. Sie bedürfen daher unseres besonderen Schutzes!

Wir von der ÖVP haben in einem Dringlichen Antrag die Initiative zum Schutz von Kindern ergriffen, und aufgrund dieser Initiative konnten viele Regelungen zu deren Schutz erreicht werden. So konnte beispielsweise die Strafbarkeit für den Fall des Besitzes kinderpornographischer Darstellungen verschärft werden. Weiters erreicht werden konnte: Schadenersatz für Opfer sexueller Gewalt, das Wegweiserecht gegen Aggressoren, und zwar für Mutter und Kind – oder auch umgekehrt, also geschlechtsneutral, für die Opfer solch verabscheuungswürdiger Taten.

Weiters verweise ich in diesem Zusammenhang auf die geschaffene Meldestelle im Bundesministerium für Inneres zur Bekämpfung kinderpornographischer Inhalte im Internet. Weiters haben wir in Fortsetzung dieser unserer Politik Schritte zu einem verstärkten Opferschutz eingeleitet, ebenso die schonende Vernehmung von Opfern, da es ja für manche ganz furchtbar war, wenn sie über diese schrecklichen Erlebnisse vor Gericht nochmals aussagen mußten.

Durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1998 wurde die Verjährungsfrist über die Erreichung des Volljährigkeitsalters hinaus ebenfalls verlängert, sodaß die Täter auch später noch zur Verantwortung gezogen werden können. Die freiheitliche Fraktion hat dies vehement abgelehnt. Unzucht und beischlafähnliche Delikte wurden im Strafausmaß angeglichen. Dies bedeutet, daß der Strafrahmen im Schnitt um fünf Jahre erhöht wird.

Letztendlich möchte ich auch daran erinnern, daß wir bei Scheidungen den Tatbestand der Gewalt als Scheidungsgrund einbringen konnten. Es gab also eine Reihe von Initiativen, die die ÖVP auch in diesem Bereich gesetzt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was das Scheidungsrecht betrifft, das jetzt in Diskussion steht und bei dem Sie von der SPÖ sich offensichtlich mit Ihrer Ideologie nicht durchsetzen können – das dürfte ja auch der Grund für das Thema dieser Aktuellen Stunde sein –, möchte ich Ihnen sagen: Ich bin diesbezüglich sehr gelassen. Gehen Sie doch hinaus zur Bevölkerung und diskutieren Sie mit dieser! Das Rechtsempfinden der Bevölkerung muß auf alle Fälle dabei berücksichtigt werden!

Es kann, was das Scheidungsrecht anlangt, doch nicht so sein, daß man dem Schuldigen auch noch Unterhalt zu zahlen hat, aber auf der anderen Seite im Falle einer Scheidung keine Bereitschaft da ist, einen Anteil aus der Pension für den unschuldig geschiedenen Partner – dazu liegt ein Antrag meiner Fraktion vor – vorzusehen, um so zur Alterssicherung des Partners, der die Familienarbeit geleistet hat, beizutragen. Ich sehe das wirklich nicht ein! Dafür sind wir von der ÖVP keinesfalls! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden uns mit Aktionen wie dieser Aktuellen Stunde nicht zwingen, unseren klaren Weg zum Schutz der Ehe, der Familie und der Kinder zu verlassen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

11.01

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn man es bis jetzt nicht gewußt haben sollte, nach etlichen der Ausführungen meiner Vorredner ist jedem klar: Wir sind mitten im Wahlkampf! Denn anders lassen sich diese Darstellungen überhaupt nicht erklären. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber es ist auch der Anlaß eher skurril: Da geht in der Person des Kollegen Jarolim der Justizsprecher der größeren Regierungspartei her und beschwert sich darüber, daß im Schoße der Koalition in Justizangelegenheiten nichts weitergehe. Statt in seiner eigenen Partei und im Bereich des Koalitionspartners nach dem Rechten zu sehen und Gas zu geben, bemüht er das Parlament mit einer Aktuellen Stunde in diesem Zusammenhang, und das nur deshalb, weil er hofft, über das Fernsehen eine größere Plattform zu finden. – Das ist Wahlkampf, mehr nicht!

Die Aktuelle Stunde ist ein Werkzeug der Opposition, um sich Gehör zu verschaffen. Die Regierungspartei ist aber selbst am Drücker. Das schaut so aus, als ginge Kollege Jarolim her und fordere sich selbst auf: Jarolim, gib Gas! – Das soll er tun! Er ist doch nicht in der Opposition, sondern in einer Regierungspartei und soll das daher in der entsprechenden Art und Weise machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber wenn etwas hängt, dann hängt es im Ausschuß. Das muß man der Frau Kollegin Fekter schon lassen: Seit sie den Vorsitz im Ausschuß hat, ist es wirklich nicht so wie früher, und zwar im negativen Sinne. (Abg. Dr. Fekter: Weil die Freiheitlichen nicht mehr zustimmen dürfen! Sonst hätten wir einen Fünf-Parteien-Konsens! Wir bekommen immer nur einen Vier-Parteien-Konsens, weil ihr nicht zustimmen dürft!) Es ist der Justizbereich unter ihrer Ausschuß-Vorsitzführung dabei, zu einem Ressort wie jedes andere zu werden. Es fehlt an jedem echten Konsensbemühen. Zuerst werden die Vorlagen monate- und jahrelang im Schoße der Koalition geschoben und verschlampt, und dann, wenn ihr euch endlich geeinigt habt, ist euch um jede Stunde Ausschußsitzung leid. Dann wird mit der kleinen Dampfwalze über alles drübergefahren, und das noch dazu in der falschen Richtung. Das ist die heutige Justizpolitik, sie ist nicht so wie früher, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber das mag seinen Grund schon auch darin haben, daß es bei den Justizangelegenheiten nicht mehr so wie früher eine absolute Dominanz des Sach- und des Fachinteresses im Ausschuß gibt, die alles Parteipolitische in den Hintergrund hat treten lassen. Dafür mitverantwortlich wird sein, daß es etwa in der ÖVP, immerhin einer Regierungspartei, hier im Haus unter den Abgeordneten keinen einzigen Angehörigen eines Rechtsberufes mehr gibt, keinen Anwalt, keinen Notar, keinen Staatsanwalt, keinen Richter. Das ist eine echte Katastrophe! Bitte schaut, daß ihr wieder jemanden, der einen Rechtsberuf ausübt, hier ins Parlament bekommt! Eine kleine Oppositionspartei kann es sich vielleicht leisten, daß sie niemanden in ihrer Fraktion hat, der in einem Rechtsberuf tätig ist, aber eine große Partei, die einmal staatstragend war, kann sich das keinesfalls leisten, Kollegin Bauer. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Rosemarie Bauer: Aber ein gesundes Rechtsempfinden ist auch nicht schlecht!)

Eine noch so eloquente Lehrerin kann sie nicht ersetzen. In Justizangelegenheiten sollten eben Juristen am Wort sein, aber das können sie nur dann, wenn man sie hat. An diesem Umstand können weder Hochschullehrer noch andere Lehrer irgend etwas ändern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man hat das Gefühl, daß es darum überhaupt nicht mehr geht. Der Justizausschuß ist – so wie andere Ausschüsse schon lange vor ihm – zu einem Feld des parteipolitischen Taktierens geworden, und man erhält den Eindruck, es wird nicht nach dem Inhalt der Vorlage vorgegangen, sondern nach dem Ergebnis der jüngsten Meinungsumfrage. Das ist eine Entwicklung in Justizfragen, hinsichtlich derer man sich bemühen sollte, rasch wieder davon wegzukommen, meine Damen und Herren!

Ein Wort aber auch in Richtung Minister Michalek. Es ist schon richtig, daß manches geschehen ist, aber ich glaube nicht, daß man Dichte des Vorgehens im Justizbereich dadurch ersetzen kann, daß man eine Novelle nach der anderen mit knappen Texten hinausjagt.

Wir beschweren uns immer über die Gesetzesflut. Wir sind verärgert darüber, daß in den einzelnen Materien Gesetze den Weg in die Bundesgesetzblätter nur zitzerlweise finden. Ich habe mich in meiner Zeit als Minister noch dagegen gewehrt, daß es die, wie ich es genannt habe, "jährliche Strafrechtsnovelle" gibt. Mittlerweile sind wir bei zwei "jährlichen Strafrechtsnovellen" angelangt, aber nicht deswegen, weil soviel mehr zu sagen wäre oder soviel mehr gesagt werden würde, sondern weil wir mit den Dingen zitzerlweise hinausgehen. Das ist zwar ein häufiges Befassen der dafür zuständigen Medien, aber die Dichte, die wir in Justizsachen brauchen, wird dadurch nicht signalisiert, meine Damen und Herren.

Ein Wort auch noch zum Kollegen Jarolim: Er hat den Standpunkt vertreten, daß der außergerichtliche Tatausgleich für Erwachsene, der jetzt kommen soll, ein Vorteil für die Opfer sei. Darin irrt er sich! Man kann nur sagen: "Da irrt Jarolim!"

Über den außergerichtlichen Tatausgleich für Erwachsene kann man geteilter Meinung sein, darüber wird noch viel diskutiert werden, aber für die Opfer ist er jedenfalls nicht günstig, denn die Opfer befinden sich dort unter einem gewissen Druck, zu einer Einigung zu gelangen. Da kann es schon vorkommen, daß sich jemand, der etwa in einer tätlichen Auseinandersetzung verletzt wurde, unter diesem Druck mit einem Ersatzbetrag von 10 000 S zufrieden gibt (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), obwohl ihm in Wahrheit 150 000 S zustünden; und die sind dann weg.

Also, da muß man vorsichtig sein mit Prognosen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (fortsetzend): ... hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung, die noch nicht da ist, die man aber noch reiflich durchdenken und überlegen wird müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

11.06

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Bauer muß sich leider im Couloir vom Inhalt ihrer eigenen Rede erholen, was ich gut verstehe, aber eines ist klar geworden: Es herrscht wirklich schon Wahlkampf! Ich möchte auf einen Ausdruck der Frau Abgeordneten Bauer, die auch im Justizausschuß sitzt, eingehen – dieser Ausdruck wurde auch von der Frau Abgeordneten Fekter schon verwendet –, nämlich auf das "gesunde Rechtsempfinden".

Wenn Frau Abgeordnete Bauer das gesunde Rechtsempfinden anspricht, mit dem sie ihre Blockadepolitik im Justizbereich verteidigen möchte, dann sagt sie damit implizit, daß es auch ein krankes Rechtsempfinden gibt. Und das kranke Rechtsempfinden ist offenbar jenes, das primär im Justizausschuß von einzelnen Abgeordneten vertreten wird und das nicht mit ihrer Meinung übereinstimmt.

Frau Abgeordnete Bauer! Es sollte Ihnen eine Lehre sein, daß Frau Abgeordnete Fekter, als sie den Ausdruck des gesunden Rechtsempfindens das erste Mal verwendet hat, es wenigstens wert gefunden hat, sich damals im Ausschuß dafür zu entschuldigen. Sie war nämlich der Ansicht, daß man in Fragen des Namensrechtes, wenn es darum geht, welchen Namen die Kinder haben sollen, nach dem gesunden Rechtsempfinden entscheiden sollte, und daher könne das "natürlich" nur der Name des Mannes sein, denn warum sollte es der Name der Frau in diesem Zusammenhang sein, da die Frauen mit dem Kinderkriegen gegenüber den Männern ja "sehr wenig" zu tun haben, sodaß "jedenfalls" der Name des Mannes vorzuziehen sei. – Das ist wirklich ein sehr "gesundes Rechtsempfinden" – vielleicht für Ihre Klientel irgendwo im Hinterwald, aber sicher nicht für einen offenen Staat und eine offene Gesellschaft, Frau Abgeordnete Fekter. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch festhalten, daß Frau Abgeordnete Fekter es vorgezogen hat, in der laufenden Periode acht Monate lang keine Sitzung des Justizausschusses abzuhalten. Und als sie dann kritisiert wurde, daß es keine Sitzung des Justizausschusses gebe und daher ein Stillstand in den Justizmaterien eingetreten sei, hat sie nun innerhalb von sechs Wochen zwei Justizausschußsitzungen einberufen, aber in Wirklichkeit nichts auf die Tagesordnung gestellt, was sie wenigstens als kompromißfähig ansieht. Es sind nur Pro-forma-Beratungen, und in den entscheidenden Fragen geht nichts weiter.

Die Blockade, die wir im Justizbereich zur Kenntnis zu nehmen haben und einfach auch fokussieren müssen, weil sie existiert, ist daher keine Frage der technischen Materien – von denen sind heute auch schon einige aufgezählt worden –, sondern eine Frage der gesellschaftspolitischen Materien. Das wird völlig klar, wenn Sie die plakativsten Beispiele herausnehmen: außergerichtlicher Tatausgleich, neues Scheidungsrecht, oder aber auch, daß man sich etwa bestimmten Fragen, die zunehmend auftauchen, im Justizausschuß einfach verweigert.

Als Beispiel dafür greife ich heraus, meine Damen und Herren, daß Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, in zunehmendem Maße vor den Kliniken angepöbelt werden, daß dort versucht wird, sie zu nötigen, daß sie allen möglichen Aktionen ausgesetzt werden, daß aber von seiten der ÖVP keine Bereitschaft besteht, ein solches Problem einmal zu fokussieren und darüber zu reden. Dem "gesunden Rechtsempfinden" der Frau Abgeordneten Bauer entspricht es offenbar nicht, auch in diesem Bereich einmal zu fragen, was es da an neu aufbrechendem Fundamentalismus gibt.

Frau Abgeordnete Bauer! Sie waren vorhin draußen, als ich es gesagt habe, daher sage ich es noch einmal: Frau Abgeordnete Fekter hat sich für diesen Ausdruck, weil sie offensichtlich doch eine gewisse historische Vorbildung hat, im Justizausschuß entschuldigt. Es ist eine Frage Ihrer Vorbildung, es ist eine Frage vor allem Ihres demokratischen Empfindens, Frau Abgeordnete (Abg. Rosemarie Bauer: Sie irren! Der Ausdruck "gesundes Volksempfinden" war das! Ich habe gesagt: Rechtsempfinden!), ob Sie sich hier für einen historisch belasteten und, wie Sie wissen, problematischen Ausdruck noch entschuldigen werden.

Wenn Sie schon Wahlkampf in Sachen Justizpolitik machen wollen, Frau Abgeordnete Fekter, dann machen Sie es bitte nicht mit an Verhetzung grenzenden Rechtstermini Ihrer Ansicht! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Rosemarie Bauer: Habe ich nicht gemacht! Rechtsempfinden!)

Es muß auch folgendes herausgestrichen werden: Die Schuld dafür, daß es in der Justizpolitik einen Stillstand gibt – ich sage das pars pro toto, als Teil fürs Ganze –, trifft ja nicht den parteiunabhängigen Justizminister, sondern die große Koalition. Sie ergibt sich aus der Selbstfesselung, in die Sie sich durch die Arbeitsübereinkommen begeben haben, in denen Sie festgelegt haben: Es gibt keinen koalitionsfreien Raum mehr. Sie haben damit die Situation geschaffen, daß in Österreich dort, wo eine der Regierungsparteien einen Vorbehalt hat, Mehrheiten, die im Haus zu finden wären, nicht mehr zustande kommen. Es gibt keine Mehrheiten außerhalb dessen, was Sie in Ihr Koalitionsübereinkommen geschrieben haben. Und diese Selbstfesselung führt in Wirklichkeit zu einer Knebelung des Parlaments. Die konservative Minderheit in diesem Hause kann damit gesellschaftspolitische Anliegen blockieren, für die es, wenn es nach dem Mehrheitsprinzip im ganzen Hause ginge, eine Mehrheit geben würde.

Das ist ein Vorwurf, der nicht nur an die ÖVP zu richten ist, die in dieser Sache natürlich aktiv bremst, sondern auch ein Vorhalt, der an die SPÖ zu richten ist, weil Sie von der SPÖ das dulden. Sie lassen zu, daß es in diesem Haus keine freie Mehrheitsbildung gibt!

Meine Damen und Herren! Die Liberalen wollen mehr Bewegung in der Justizpolitik haben. Wir wollen, daß das Mehrheitsprinzip im Hohen Haus endlich wieder zum Tragen kommt und daß wir nicht der Herrschaft einer kleinen konservativen Minderheit durch ihre Blockademöglichkeit hier im Hause ausgesetzt sind.

Wir wollen insbesondere – allgemeinpolitisch gesprochen – endlich auch funktionierende Kontrollmechanismen in diesem Haus, damit diese auch verfassungsgebende große Koalition, diese Zweidrittelmehrheits-Koalition, endlich in ihre Schranken gewiesen werden kann, dort, wo sie etwa die Grundrechte beschneidet. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Öllinger. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

11.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. – Bitte.

11.12

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Bauer, wenn man den Begriff "gesundes Rechtsempfinden" in den Mund nimmt, dann sollte man schon wissen, in welcher Tradition dieser Begriff steht. (Abg. Rosemarie Bauer: "Volksempfinden" und "Rechtsempfinden" – da gibt es einen Unterschied!) Aus sozialhygienischen Gründen würde ich Ihnen empfehlen, mit medizinischen Begriffen im Zusammenhang mit "Recht" und "Volk" etwas vorsichtiger zu sein. (Abg. Dr. Khol: "Sozialhygienisch" würde ich auch nicht verwenden! ) Sie wissen genau, Herr Abgeordneter Khol, daß es vom "gesunden Rechtsempfinden" zum "gesunden Volkskörper" nur mehr ein kleiner Schritt ist. (Abg. Dr. Khol: Das ist ein Unterschied!) Das wissen Sie genau!

Und wenn Sie sagen: Na und!, dann ... (Abg. Dr. Khol: "Das ist ein Unterschied!", habe ich gesagt! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist ein Unterschied, aber nur ein kleiner Unterschied, Herr Kollege Khol. Das wissen Sie genau! Und wenn Sie derartige Begriffe bemühen, in denen von "gesund" und "krank" die Rede ist, dann müssen Sie sich im klaren darüber sein, welche Traditionen Sie damit heraufbeschwören. (Abg. Dr. Khol: "Sozialhygienisch" ist sehr gefährlich! "Sozialhygienisch" ist viel gefährlicher! – Weitere Zwischenrufe.) Wenn Sie nur mehr in Kategorien wie "gesundes Rechtsempfinden" oder "gesundes Volk", das dieses Rechtsempfinden teilt (Abg. Rosemarie Bauer: Haben Sie sachlich nichts zu sagen?), oder "klarer Hausverstand" und "gesunder Menschenverstand", der die Politik anleiten soll, denken können, dann ist es bei Ihnen offensichtlich wirklich nur noch der Tellerrand, der Ihre Politik und Ihre Interessen bestimmt. (Abg. Rosemarie Bauer: Was spricht denn gegen "Hausverstand"? Es gibt doch einen Unterschied zwischen "Rechtsempfinden" und "Volksempfinden"! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich halte das für fatal und für bedenklich, wenn das ausgerechnet von einer Partei wie der Österreichischen Volkspartei kommt, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Der zweite Punkt, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei: Ich glaube mich erinnern zu können, daß es diese Woche eine Stellungnahme des Zweiten Nationalratspräsidenten Dr. Neisser gegeben hat, in der er sich zu Recht, meine ich – im Unterschied zu Präsident Fischer –, darüber beklagt hat, daß dem nationalen Parlament aufgrund der Tatsache, daß bestimmte Materien auf EU-Ebene vorentschieden werden, eigentlich ein Teil seiner Aufgaben entzogen wird. Diese Kritik ist alt. Es gab schon vor ihm einige Nationalratspräsidenten von der ÖVP, die diese Kritik geteilt haben.

Meine Damen und Herren von der ÖVP! So sehr wir darüber diskutieren sollten, ob es tatsächlich die EU-Ebene ist, die dieses nationale Parlament zu einem Teil überflüssig macht, so sehr sollten wir auch darüber diskutieren, daß es die Regierungspolitik und vor allem die Haltung der ÖVP ist, die dieses Parlament überflüssig machen will. Denn Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, sind es doch, die auf der Ebene des Ministerrates alle entscheidenden Materien, über die wir in dieser Aktuellen Stunde diskutieren sollen, blockieren und jetzt auch hier im Parlament die Diskussion darüber verweigern. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier.)

Warum steht denn das Ehe- und Scheidungsrecht nicht hier im Nationalrat zur Debatte? – Weil die ÖVP auf der Ebene des Ministerrates blockiert! (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.) Warum steht denn die Änderung der Strafprozeßordnung nicht hier im Plenum oder im Justizausschuß zur Diskussion? – Weil die ÖVP blockiert!

Frau Abgeordnete Bauer! Sie können einmal mehr den gesunden Menschenverstand anführen und die Unschuld vom Lande darstellen, aber das reicht nicht aus, Frau Kollegin Bauer. Sie haben ein Problem damit, daß es ausgerechnet die ÖVP immer wieder war und ist, die alles blockiert. Die ÖVP stellt sich zwar gerne als Anwalt der Väter, der Mütter, der Kinder dar, ist aber gerade jene Partei, die immer gegen die Interessen der Väter, der Mütter und der Kinder vorgeht, wenn es darauf ankommt. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben doch auch im Sozialausschuß diese Debatte geführt, und dort waren Sie von der ÖVP diejenigen, die sich als die Anwälte der Väter und der Kinder aufgespielt haben, als es darum ging, den Müttern das Karenzgeld wegzunehmen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Hier treten Sie dann auf – es war die Kollegin Fekter – und sagen: Dieses Gesetz ist ein Bumerang für die Frauen! (Abg. Dr. Fekter: Ja, ist es!) – Die ÖVP als Anwalt der Frauen: davor muß man sich fürchten, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Tichy-Schreder: Also bitte schön! – Abg. Dr. Khol: Ich glaube, fürchten tut man sich eher vor Ihnen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es kann doch wirklich nicht wahr sein, daß ausgerechnet Sie als Anwalt der Frauen auftreten wollen. Es gibt genügend andere Parteien, die das mit mehr Legitimität sagen könnten. Aber es geht nicht um das gegenseitige Aufrechnen. (Abg. Schwarzenberger: In Salzburg fürchten sich die Wähler ...!) Nur, wenn die Fakten so evident sind wie bei Ihnen, meine Damen und Herren von der ÖVP, dann sollten Sie sich schon an der Nase nehmen.

Es gilt, eines zu wiederholen: Lassen Sie das Parlament arbeiten! Sie sind es, die die Arbeit hier im Haus verhindern, auch in der Justizpolitik. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

11.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.

Ich danke dem Herrn Justizminister.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 5186/J bis 5224/J.

Zurückziehung: 5126/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates:

40/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 4546/AB bis 4636/AB.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz) geändert wird (1475 der Beilagen),

2. Dienstrechts-Novelle 1998 (1476 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, das Bundesgesetz über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, die Exekutionsordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden (SPG-Novelle 1998) (1479 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird (1480 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert wird (1508 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird (1509 der Beilagen),

Poststrukturgesetz-Novelle 1998 (1516 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Behindertenwerkstätten-Vorfinanzierungsgesetz geändert werden (1518 der Beilagen).

4. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Zurückziehung:

Bericht der Bundesregierung betreffend das auf der 82. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken und die Empfehlung (Nr. 183) betreffend denselben Gegenstand (III-90 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 17 betreffend "Abschaffung der Exporterstattung für Lebendschlachttierexporte".

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuß:

Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden (Österreichischer Stabilitätspakt) (1517 der Beilagen);

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Kooperationsübereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Italienischen Republik, dem Königreich Spanien, der Portugiesischen Republik, der Griechischen Republik, der Republik Österreich, dem Königreich Dänemark, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, Vertragsparteien des Schengener Übereinkommens und des Schengener Durchführungsübereinkommens sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen betreffend den Abbau der Personenkontrollen an den gemeinsamen Grenzen samt Erklärungen und Anlage (1420 der Beilagen),

Protokoll zur Änderung der Artikel 40, 41 und 65 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985, unterzeichnet am 19. Juni 1990 in Schengen (1421 der Beilagen),

Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Finnland zu dem Übereinkommen betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, das am 14. Juni 1985 in Schengen unterzeichnet wurde, samt Erklärung (1422 der Beilagen),

Übereinkommen über den Beitritt der Republik Finnland zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen samt Schlußakte und Erklärungen (1423 der Beilagen),

Protokoll über den Beitritt der Regierung des Königreichs Dänemark zu dem Übereinkommen betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, das am 14. Juni 1985 in Schengen unterzeichnet wurde, samt Erklärung (1424 der Beilagen),

Übereinkommen über den Beitritt des Königreichs Dänemark zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen samt Schlußakte und Erklärungen (1425 der Beilagen),

Übereinkommen über den Beitritt des Königreichs Schweden zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14 Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen samt Schlußakte und Erklärungen (1426 der Beilagen),

Protokoll über den Beitritt der Regierung des Königreichs Schweden zu dem Übereinkommen betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, das am 14. Juni 1985 in Schengen unterzeichnet wurde, samt Erklärung (1427 der Beilagen);

Rechnungshofausschuß:

Sonderbericht des Rechnungshofes über das Eisenbahnprojekt Semmering-Basistunnel (III-155 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesregierung betreffend das auf der 84. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 178) über die Aufsicht über die Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute und die Empfehlung (Nr. 185) betreffend denselben Gegenstand (III-160 der Beilagen);

Budgetausschuß:

Förderungsbericht 1997 der Bundesregierung (III-158 der Beilagen);

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Sicherheitsbericht 1997 (III-156 der Beilagen);

Justizausschuß:

Bericht des Bundeskanzlers über das Ausmaß und die Verwendung des Aufkommens nach Art. II Abs. 6 der UrhG-Nov. 1980 aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 2. Juli 1986 betreffend Durchführung der UrhG-Nov. 1986 (Geschäftsjahr 1997) (III-159 der Beilagen);

Verkehrsausschuß:

Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über den Österreichischen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) und über den Masterplan (III-154 der Beilagen).

*****

Einwendungen gegen die Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer hat im Sinne des § 50 der Geschäftsordnung schriftlich Einwendungen gegen die schriftlich mitgeteilte und ausgegebene Tagesordnung der heutigen Sitzung erhoben. Die schriftlich vorgelegten Einwendungen betreffen die Tagesordnungspunkte 13 bis 16, deren Absetzung verlangt wird.

Da ich an der ausgegebenen Tagesordnung festhalte beziehungsweise den Einwendungen nicht beitrete, hat der Nationalrat die Entscheidung zu treffen.

Es ist auch eine Debatte gemäß § 50 GOG verlangt worden. Ich beschränke die Redezeit in dieser Debatte auf 5 Minuten. Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung werden pro Klub maximal drei Wortmeldungen möglich sein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Schweitzer. – Bitte.

11.19

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann nahtlos dort anschließen, wo Kollege Öllinger aufgehört hat: Es sind die Regierungsparteien, die verhindern, daß in diesem Parlament gearbeitet wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bringe ein Beispiel aus dem Verkehrsausschuß, das sich nahtlos in die vorher gemachten Vorwürfe einfügt. Dort wurden besonders wichtige Anträge einfach vertagt, trotz dringendsten Ersuchens der Freiheitlichen auf Behandlung. Es handelte sich dabei durchwegs um Themen, die für die EU-Verkehrsministerkonferenz, die am 30. November und am 1. Dezember stattfinden wird, besonders wichtig gewesen wären.

Es waren dies Anträge betreffend Brennermaut, also betreffend ein wesentliches Thema, das die Bevölkerung betrifft. Es waren dies darüber hinaus Anträge betreffend Schutz Gesamtösterreichs vor dem Transitverkehr, eingebracht vom Kollegen Nußbaumer; davon ist ebenfalls ein großer Teil der österreichischen Bevölkerung betroffen. Es war dies außerdem ein Antrag zum Thema "Maut-Stretching", vom Kollegen Meischberger eingebracht, und es war dies ein Antrag im Zusammenhang mit der Euro-Vignette; beides Themen, die im Rahmen der Verkehrsministerkonferenz zur Sprache kommen sollen. Schlußendlich waren es Anträge zum Wochenend-/Feiertagsfahrverbot, die ebenfalls wesentliche Bereiche betreffen, die die österreichische Bevölkerung interessieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die österreichische Bevölkerung will, daß es da zu einer Lösung kommt (Abg. Mag. Kukacka: Sie waren nicht einmal im Ausschuß! Das ist ja lächerlich!) und daß Minister Einem mit einem klaren Handlungsauftrag in die Konferenz geschickt wird. Herr Kollege Kukacka, das möchte ich einmal klar und deutlich sagen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kukacka: Sie waren ja gar nicht im Ausschuß! Eine Katastrophe: Sie wissen gar nicht, wovon Sie reden!)

Des weiteren gab es einen Antrag betreffend Alternativen zum Semmering-Basistunnel (Abg. Fink: Schweitzer, wir sind nicht in der Schule!), der bereits zum zweiten Mal, Herr Kollege, ohne Diskussion vertagt wurde – bereits zum zweiten Mal! –, obwohl damals der Rechnungshofbericht zumindest einem vorgelegen ist, nämlich dem Verkehrsminister Einem, der daher gewußt hat, welches Zeugnis dieser Bericht diesem Projekt ausstellt. (Abg. Mag. Kukacka: Sie waren gar nicht im Ausschuß! Das ist lächerlich! Das ist Kabarett!)

Fest steht – Herr Kollege Kukacka, beruhigen Sie sich! –, daß durch diesen Rechnungshofbericht besonders Bundesminister Einem, aber vor allem auch Bundeskanzler Klima massivst belastet wird. Beide werden dadurch massiv belastet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Doch darüber wollen Sie nicht diskutieren! Sie sind nämlich die Hauptverantwortlichen dafür, daß Entscheidungen bereits getroffen wurden (Abg. Mag. Kukacka: Sie wissen es gar nicht, denn Sie waren gar nicht im Ausschuß!), obwohl die entsprechenden Rahmenbedingungen überhaupt nicht abgeklärt wurden, obwohl nicht abgeklärt wurde, welche Kosten inzwischen auflaufen werden, obwohl nicht abgeklärt wurde, wie der Finanzierungsmodus aussieht, obwohl nicht abgeklärt wurde, wie lange die Errichtungsdauer tatsächlich sein wird und wie die geologischen Verhältnisse sind. All das wurde nicht hinreichend untersucht!

Meine Damen und Herren! Jetzt liegt der diesbezügliche Rechnungshofbericht auf dem Tisch, aber Sie wollen darüber nicht diskutieren. Über ein Funker-Zeugnisgesetz und über ein Amateurfunkgesetz wollen Sie des langen und breiten diskutieren, aber über diese wichtigen Themen wollen Sie nicht diskutieren. Diese setzen Sie trotz der bevorstehenden Verkehrsministerkonferenz nicht auf die Tagesordnung. Meine Damen und Herren, das ist doch geradezu lachhaft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie gehen in dieser Weise vor, trotz der Tatsache, daß Sie mit Ihrem Handeln dem Steuerzahler bereits drei Milliarden Schilling an Schaden zugefügt haben, und zwar allein mit dem Probestollen, und trotz des Umstandes, daß viele Milliarden Schilling an Schaden noch dazukommen werden, weil Sie nicht in der Lage sind, dieses Projekt endlich einzustellen, weil Sie allen Empfehlungen, die in diesem Rechnungshofbericht enthalten sind, nicht Folge leisten – wider besseres Wissen! Ich frage mich: Was sind Sie für Volksvertreter, meine Damen und Herren von der SPÖ und von der ÖVP? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie verschwenden Milliarden für nichts und wieder nichts und machen einem Einem und einem Klima die Mauer, und zwar besonders die ÖVP, die in den Bundesländern eine ganz andere Sprache spricht als hier herinnen, die draußen genau das verspricht, was wir herinnen fordern. (Abg. Mag. Kukacka: Das hat doch damit überhaupt nichts zu tun!) Stimmen Sie einmal mit uns! Dann können Sie das, was Sie draußen versprechen, hier herinnen erfüllen, meine Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da ist einmal Haltung gefragt, aber keine Gummischlauchhaltung (Abg. Mag. Kukacka: ... des Rosenstingl!), sondern wahre Haltung, Herr Kukacka! Heute werden Sie noch einmal die Gelegenheit bekommen, das zu beweisen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist doch paradox, daß man wesentliche Themen nicht behandelt, das Amateurfunkgesetz aber – und wie das alles heißt – des langen und breiten abhandeln will.

Am 30. November und am 1. Dezember dieses Jahres hat Minister Einem österreichische Interessen zu vertreten, und er hat keine Empfehlung vom Nationalrat mit auf den Weg bekommen, wie sich die Volksvertretung die Vertretung der österreichischen Interessen vorstellt. Dafür sind Sie verantwortlich – weil Ihnen das Amateurfunkgesetz offenbar mehr am Herzen liegt als die wirklich wesentlichen Themen bis hin zum Rechnungshofbericht über den Semmering-Basistunnel! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Deshalb verlangen wir Freiheitlichen die Absetzung der genannten Anträge, damit unsere Anträge gemeinsam mit den anderen genannten Themen so rasch wie möglich hier in diesem Haus behandelt werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Diese Rede ist nicht mehr zu übertreffen!)

11.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

11.24

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird Sie wohl nicht überraschen, daß wir den Einwendungen gegen die Tagesordnung, vorgebracht von Herrn Schweitzer, nicht beitreten werden. Ich habe mich zuerst gefragt, warum Herr Schweitzer heute so erregt ist, bin dann aber draufgekommen, daß er deswegen so erregt ist, weil er im Ausschuß nicht dabei war und sich daher sehr kurzfristig auf seine eben gehaltene Rede vorbereiten mußte. Sie war kein Meisterstück der parlamentarischen Rhetorik. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Aufgabe des Nationalrates ist es, Gesetze zu machen. Daher ist das Amateurfunkgesetz genauso wichtig wie beispielsweise die Novelle zum Telekommunikationsgesetz, in dem Anliegen der Bevölkerung gegen den Mastenwildwuchs berücksichtigt werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny.)

Nationalratsausschüsse können sehr viel, Herr Kollege Schweitzer, aber sie sind noch keine Hellseher. Wie hätte der Ausschuß damals den Semmering-Bericht diskutieren und heute auf die Tagesordnung setzen sollen (Abg. Mag. Schweizer: Dazu liegt ein Antrag vor!), wenn er noch gar nicht vorlag? Dieser Bericht ist erst diese Woche im Hohen Hause eingelangt.

Dazu darf ich noch folgendes sagen: Wir haben – das konnten Sie natürlich alles nicht wissen, weil Sie nicht im Ausschuß waren – den Antrag betreffend die Maut deswegen vertagt ... (Abg. Dr. Graf: Sie waren auch nicht im Ausschuß! Woher wissen Sie dann das?) Ich habe mich, Herr Kollege, bevor ich in die Präsidialkonferenz gegangen bin, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Klubobmanns erkundigt. (Abg. Mag. Stadler: So wie der Habsburg! Der Habsburg hat sich auch erkundigt!) Da hat man mir gesagt, was Sache ist.

Der Themenkreis Maut wurde vertagt, weil wir die österreichisch-EG-schweizerischen Verhandlungen abwarten. Wir haben das Nahverkehrgesetz deswegen vertagt, weil es noch weiterer Beratungen bedarf und eine Enquete vorgesehen ist. Was den Rosenstingl-Antrag betrifft, ist es natürlich sehr pikant, Herr Schweitzer, daß Sie diesen Antrag Ihres vormaligen Partei- und Klubmitglieds Rosenstingl unbedingt vertreten wollen. Ich verstehe schon, der braucht jetzt Ihre Vertretung, denn Herr Rosenstingl ist ja mit den Millionen nach Brasilien abgepascht. Das verstehe ich alles! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: ... des Habsburg-Lothringen!)

Beim Rosenstingl-Antrag wollten wir die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs abwarten. Daher treten wir Ihren Einwendungen, die jeder sachlichen Grundlage entbehren, nicht bei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte.

11.27

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Klubobmannes Khol waren wirklich ergreifend. An seiner Stelle wäre ich mit einigen Namen ein bißchen vorsichtiger. – Herr Dr. Khol! Ich würde Ihnen empfehlen, einmal nachzulesen, was heute in den Zeitungen über Ihren Abgeordneten Habsburg steht. Darum würde ich beim Thema Rosenstingl eher vorsichtig sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Darum geht es aber jetzt gar nicht. Wir werden auf diese Sache noch öfter zu sprechen kommen, öfter, als es Herrn Khol lieb ist. Es geht vielmehr darum, daß es vier Minister gegeben hat – und zwar waren sie alle Verkehrsminister –, die kläglich versagt haben.

Es hat einen Minister Streicher gegeben, der eine Idee entwickelt hat und den Bau des Semmering-Basistunnels in kürzester Zeit durchdrücken wollte.

Weiters hat es einen Verkehrsminister, späteren Finanzminister und noch späteren Bundeskanzler Klima gegeben, der die österreichische Finanzwelt, die österreichische Bauwelt und die österreichische Verkehrswelt mit der Fiktion der Private Public Partnership ungefähr zwei Jahre lang an der Nase herumgeführt hat, obwohl jeder wissen konnte, daß so etwas im Verkehrsbereich, im Schieneninfrastrukturbereich noch nie funktioniert hat.

Außerdem hat es einen Verkehrsminister Scholten gegeben, der von Anfang an eine Fehlbesetzung war und sich im Verkehrsressort nicht lange halten konnte.

Schließlich gibt es einen Verkehrsminister Einem, der jetzt kläglich gescheitert ist. Dieser Verkehrsminister Einem hat auch noch die Stirn, herzugehen und zu sagen, er mache jetzt eine Interpretation, wie der Rechnungshofbericht eigentlich zu verstehen sei.

Es ist hochinteressant, was heute in der "Kronen Zeitung" steht. Ich zitiere: "Rechnungshof: Alles, was Einem sagt, ist falsch!" – Das ist ein vernichtendes Urteil des Rechnungshofpräsidenten über die Politik des Verkehrsressorts.

Meine Damen und Herren! Ich muß mit aller Deutlichkeit sagen: Da wird alles in Frage gestellt, was Minister Einem an eigenen Interpretationen vorgenommen hat!

Meine Damen und Herren! Es war Minister Einem, der bewußten Fehlinterpretationen seitens der ÖBB und der HL-AG laufend Vorschub geleistet hat. Es war Minister Einem, der auch dauernd Fehlargumentationen verwendet hat. Einmal hat er so argumentiert, dann wieder anders, aber immer an der Sache vorbei. Nie hat er gesagt, was das Projekt kostet und welchen wirtschaftlichen Zweck es verfolgt. So lautete seine Argumentation nie.

Meine Damen und Herren! Bundesminister Einem hat aber darüber hinaus auch – und das muß ich klar sagen – die Tätigkeit des österreichischen Rechnungshofes hintergangen und sabotiert, denn er ließ neun oder zehn Wochen lang eine Stellungnahme liegen, ohne daß er sie beantwortet hat. Er hat damit nicht nur die Tätigkeit des Rechnungshofes, sondern darüber hinaus auch die Kontrolltätigkeit der Opposition behindert! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aus diesem Grund, Herr Präsident, ist es notwendig, über diese Dinge zu sprechen und die Tagesordnungspunkte 13 bis 16 von der Tagesordnung abzusetzen. Denn, meine Damen und Herren, wo kommen wir eigentlich hin, wenn ein Bundesminister, der die Geschäftsordnung genau kennt, der die Geschäftsordnung wirklich in- und auswendig kennt, hergeht und sagt: "Okay, ich lasse mir einmal Zeit, ich werde säumig mit meiner Stellungnahme, weil dann die Opposition – beispielsweise die FPÖ – keinen weiteren Antrag auf Sonderprüfung in einer anderen Materie stellen kann!"? – Was ist das anderes als eine Behinderung der Opposition? Darüber müssen wir uns, glaube ich, unterhalten, denn das, was Einem da macht, ist ein grober Mißbrauch der Verfassung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn es schon so ist, daß Minister Einem dauernd Fehlinterpretationen von sich geben kann, so wollen wir als stärkste Oppositionspartei sicher eines nicht akzeptieren: daß ein Minister hergeht und die Verfassung bricht. Da sind wir auf den Plan gerufen. Das werden wir uns nicht gefallen lassen, und daher wird Minister Einem diesbezüglich noch mit schwerster Kritik von unserer Seite überhäuft werden. Wir werden nicht zulassen, daß ein Minister dieser Republik die Verfassung bricht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Gleiche Redezeit. – Bitte.

11.32

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die freiheitliche Fraktion hat unter Beweis gestellt, was sie von diesem Parlament tatsächlich hält: Zuerst schickt sie einen Abgeordneten hier heraus, der von Dingen spricht, von denen er keine Ahnung hat, weil er im Ausschuß nicht dabei war, und der dann das kritisiert, was er selbst augenscheinlich nicht beurteilen kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Dann kam Herr Abgeordneter Firlinger heraus, und er verlor über das, worüber er eigentlich reden sollte, kein einziges Wort. Er begründete nicht einmal, warum die Tagesordnungspunkte 13 bis 16 von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen. Das hat auch seinen guten Grund!

In der Präsidialkonferenz hat nämlich Herr Klubobmannstellvertreter Stadler die Absetzung dieser Tagesordnungspunkte folgendermaßen begründet: Die freiheitlichen Anträge – die Anträge betreffend den Transitverkehr, den Nahverkehr und den Semmering-Basistunnel – stünden mit jenen Anträgen, die auf der Tagesordnung stehen, nämlich mit dem Amateurfunkgesetz et cetera, im inhaltlichen Zusammenhang. Also derjenige, der sich offensichtlich nicht informiert hat, aber auf jeden Fall dagegen war, war einmal mehr Herr Abgeordneter Stadler.

Aber, meine Damen und Herren, ich verstehe ja, in der Situation, in welcher sich die Freiheitlichen befinden, müssen sie ja Anleihe bei Rosenstingl nehmen, um aktive und aktuelle parlamentarische Initiativen setzen zu können.

Das ist in Wirklichkeit die Problematik! Wir haben Ihnen deutlich gesagt, auch in der Präsidialkonferenz: Der Antrag betreffend den Transitverkehr wird inhaltlich im EU-Hauptausschuß am 2. Dezember diskutiert werden (Abg. Mag. Schweitzer: Nach der Verkehrsministertagung!), jener betreffend den Nahverkehr ist derzeit in Begutachtung und wird noch im nächsten Halbjahr diskutiert werden können, und jenen betreffend den Semmering-Basistunnel werden wir in den nächsten Wochen in diesem Hohen Haus diskutieren können. (Abg. Mag. Stadler: Dann ist die Verkehrsministertagung vorbei! Sie können den Terminkalender nicht lesen! – Abg. Mag. Schweitzer: Sie diskutieren immer nachher!)

Sie wollen radikalisieren! Sie wollen im Grunde genommen über etwas anderes reden, als worüber wir beschließen werden! (Abg. Mag. Schweitzer: Sie kennen den Terminkalender nicht!) Sie werden den ruhigen, parlamentarischen Gang der Dinge nicht aufhalten. (Abg. Mag. Schweitzer: Sie halten ihn auf, den parlamentarischen Lauf der Dinge!) Sie mögen bellen, aber wir werden unsere parlamentarische Arbeit leisten, und daher werden die Tagesordnungspunkte 13 bis 16 von der Tagesordnung nicht abgesetzt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

11.35

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Klubobleute der Regierungsparteien berufen sich bei Einwendungsdebatten wie dieser immer wieder auf die Beschlüsse der Präsidialkonferenz, und das ist im Prinzip ja auch legitim, doch eines gebe ich dabei schon zu bedenken, Herr Dr. Khol und Herr Dr. Kostelka: Wenn dieses Haus in der Debatte wichtiger Materien kaum noch in irgendeiner Art und Weise das, was in den Tageszeitungen, in den Medien und in der Öffentlichkeit diskutiert wird, aufgreift, dann läuft es Gefahr, an Bedeutung zu verlieren, dann entsteht die Gefahr, daß der Ruf der Politik insgesamt geschädigt wird und daß der Politik Lösungskompetenz abgesprochen wird.

Herr Dr. Khol! Sie haben gesagt, dieses Haus solle Gesetze produzieren. Gerade vorhin haben wir im Rahmen der Aktuellen Stunde gehört, daß das nicht möglich sei, weil die Regierungsparteien uneins sind. Das gilt nicht nur im Falle des Scheidungsrechts. Sie wissen genau, wie viele Materien es gibt, denen breiter Raum in den Medien gewidmet wurde, und trotzdem geht hier nichts weiter: angefangen von der Bankenaufsicht im Kontrollbereich bis hin zu der Frage, wie man mit Daten im Bereich der Regierung umgeht, ein Thema, das auch in den Bereich der Kontrolle fällt.

Was ist da passiert? – Lassen wir diese Themen nur die Medien und die Bevölkerung auf der Straße diskutieren, oder greifen wir sie auch in diesem Haus auf? (Abg. Mag. Schweitzer: Natürlich!) Sie können natürlich sagen: Es gibt Instrumente der Opposition, das zu thematisieren! (Abg. Mag. Stadler: Die man beschnitten hat!) Aber warum, Herr Dr. Khol, sollen wir das nicht auch in einer Art und Weise diskutieren können, die nicht von vornherein kontroversiell angelegt ist? Dann müßten aber insbesondere die Regierungsmitglieder von einer, würde ich sagen, moralischen Verpflichtung, diesem Haus über aktuelle Dinge Bericht zu erstatten, Gebrauch machen. Dann müßten Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, daß es wirklich Punkte gibt (Abg. Dr. Lukesch: Warum haben Sie nicht den Semmering-Basistunnel zum Thema Ihrer Dringlichen genommen?), die im Moment von geringerer Bedeutung sind, Herr Abgeordneter Lukesch.

Wollen Sie allen Ernstes behaupten, daß es die Bevölkerung nicht interessiert, daß diese Regierung zum Beispiel in Fragen der Sicherheit keinen Optionenbericht mehr zustande bringt?! (Beifall bei den Grünen.) Glauben Sie nicht, daß das interessanter wäre als die Punkte 13 bis 16 der Tagesordnung? – Ich glaube es schon! (Abg. Dr. Lukesch: Sie kommen in einen Widerspruch hinein!)

In vielen Fragen sind Sie die Antwort schuldig geblieben, wie etwa in der Frage: Wie wird bei dem Waffengesetz weiter vorgegangen? oder in der Frage: Wie wird bei den großen Volksbegehrens-Materien Tierschutz, Gentechnik und Frauenpolitik weiter vorgegangen? (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Frau Abgeordnete, das werden Sie sich anhören müssen! Glauben Sie nicht, daß es hoch an der Zeit wäre, einen Punkt des Frauen-Volksbegehrens in Gesetzesform zu kleiden?! Einen einzigen Punkt nur! (Beifall bei den Grünen, bei den Freiheitlichen sowie beim Liberalen Forum.) All diese Materien liegen derzeit auf Eis. Aber es kommt immer etwas Neues dazu – ob es die Frage über ein verkehrspolitisches Konzept ist oder eine andere Frage.

Man hat den Eindruck, daß nur von seiten der Opposition versucht wird, diese Themen ins Haus zu bringen; und zwar mit Hilfe von Einwendungsdebatten, Dringlichen Anfragen und Dringlichen Anträgen. Aber ich sage Ihnen eines: Wenn die Regierungsparteien nicht den Funken eines Interesses haben, auch brennende aktuelle Fragen aufzugreifen, dann tragen Sie dafür die Verantwortung, daß die Politik an sich in Verruf gerät und daß die Debatte anderswo stattfindet.

Dann können Sie die Gesetzesflut beklagen (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch), eine Flut von offenbar unnötigen Gesetzen – diese Klage kommt immer wieder von seiten Ihrer Fraktion, Herr Abgeordneter Lukesch –, dann können Sie beklagen, daß die Politik so schlecht beurteilt wird, dann können Sie beklagen, daß Wirtschaftslobbies Kompetenzen übernehmen, aber dieser Vorwurf ist an Sie und an Ihre Ministerriege zu richten. Greifen Sie die aktuellen Probleme auf! (Abg. Dr. Lukesch: Sie haben das falsche Thema erwischt!) Dann werden Sie nicht mit derartigen Einwendungsdebatten konfrontiert, und dann wird auch das Ansehen des Parlaments in der Öffentlichkeit insgesamt wieder steigen. – Ich schließe mich daher den Einwendungen gegen die Tagesordnung an. (Beifall bei den Grünen und den Freiheitlichen.)

11.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaugg. Gleiche Redezeit. – Bitte.

11.40

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Den Klubobmännern von ÖVP und SPÖ fehlt jeder Funke positiver Grundeinstellung. Reflexartig werden alle Anträge der Oppositionsparteien abgelehnt, abgewürgt, abgedreht! Die demokratischen Rechte der Abgeordneten der Oppositionsparteien in diesem Haus werden von Ihnen mit Füßen getreten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich weiß schon: Die Grundintention des Herrn Khol und seiner Fraktion besteht ja darin, die Opposition in diesem Haus abzuschaffen. Dann, so meinen Sie wohl, haben wir es kommod, dann können wir die Bevölkerung draußen belügen und hier herinnen die Belastungspakete beschließen. – Das ist es: Anträge der Oppositionsparteien sind lästig, Dringliche Anfragen der Oppositionsparteien sind lästig, Diskussionen mit den Oppositionsabgeordneten sind lästig. Ich frage Sie, Herr Klubobmann Khol: Sind Sie für einen totalitären Staat? (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen hier folgendes: Ich lasse mich von Ihnen in meinen demokratischen Rechten als gewählter Abgeordneter mit Sicherheit nicht beschneiden. Das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was glauben Sie denn, wie weit Sie gehen können? – Sie können – wenn Sie wollen – mit Herrn Habsburg so sprechen. Mit ihm werden Sie jetzt einmal, so nehme ich an, ein längeres Gespräch führen müssen, nach dem, was sich da abgespielt hat. Denn er hat mit Spendengeldern für Kinder seinen Wahlkampf finanziert. Eine sehr interessante Partei, die christlich-soziale ÖVP in unserem Land!

Herr Kostelka spricht davon, daß Herr Schweitzer nicht im Ausschuß gewesen sei. – Ich kann mich daran erinnern: In der letzten Plenardebatte hat er selbst zum falschen Thema gesprochen. Er wußte nicht einmal, in welchem Film wir uns da befanden; dann ging er mit hochrotem Kopf an seinen Platz zurück. Das ist Ihr Klubobmann! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Er ist nicht mehr in der Lage, die Geschäfte ordentlich zu führen! Es ist mir klar, warum immer häufiger Kollege Cap als sein Nachfolger genannt wird.

Es sollte ja alles, was Verkehrsfragen betrifft – wie Ihr berühmter Vorsitzender gesagt hat –, unter der Tuchent abgehandelt werden. Aber wir leisten uns schon ein Zwentendorf, und jetzt ist das zweite "Zwentendorf" in Vorbereitung, nämlich der Semmering-Basistunnel, der niemandem etwas bringt, Milliarden kostet und im wesentlichen nur dazu dient, einigen wenigen irgendwelche Gelder zukommen zu lassen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Schwemlein: Das ist blanker Unsinn!) Kosten im Ausmaß von 10 Milliarden Schilling sind derzeit geplant, obwohl die Bedenken bezüglich der Finanzierung und die Bedenken bezüglich der Machbarkeit seit Jahren bekannt sind. Ich möchte Sie daran erinnern, daß auch Ihr derzeitiger Bundeskanzler sich schon sehr kritisch darüber geäußert hat. (Abg. Dr. Kostelka: Zur Sache! – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.)

Es geht um Verkehrsfragen, Kollegin Mertel! Gerade Sie als Kärntner Abgeordnete müßten eigentlich höchstes Interesse daran haben, daß Kärnten endlich aus der Randlage herauskommt. Wir brauchen die von Wien wenig geliebte Südostspange, weil diese wirklich etwas bringen würde. Sie brächte nämlich eine Halbierung der Fahrzeit von Klagenfurt nach Wien! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Was bringt hingegen der Semmering-Basistunnel? – 20 Minuten und ein finsteres Loch! (Abg. Kiermaier: Unsinn!)

Es ist wirklich unglaublich! Steigen Sie einmal von Ihrem unglaublich hohen Roß herunter! Akzeptieren Sie, daß seit Monaten – seit Monaten! – die besseren Ideen von den Oppositionsparteien kommen! Sie aber treten sie mit Füßen und würgen sie ab! Das kann nicht das Ziel einer funktionierenden Demokratie sein.

Ich appelliere an Sie: Wenn Sie Verkehrsfragen auf die Tagesordnung nehmen, dann nehmen Sie auch die diesbezüglichen Anträge der Oppositionsparteien als Punkte in diese Tagesordnung auf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Einwendungsdebatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Abgeordneten, die den Einwendungen des Herrn Abgeordneten Schweitzer gegen die Tagesordnung Rechnung tragen wollen – das heißt, die Punkte 13 bis 16 von der heutigen Tagesordnung zu nehmen –, ein Zeichen der Zustimmung zu geben. – Das ist die Minderheit. Damit ist die Einwendung abgelehnt.

Es bleibt bei der heute ausgegebenen Tagesordnung, wobei noch einige Entscheidungen des Nationalrates notwendig sind.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß der Klub der Grünen nach § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt hat, die heute eingebrachte schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Van der Bellen an den Herrn Bundesminister für Inneres betreffend Überwachungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden dringlich zu behandeln.

Die Dringliche Anfrage wird um 15 Uhr aufgerufen werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4619/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß das schriftliche Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 4619/AB der Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales zur Anfrage 4929/J des Abgeordneten Dr. Kier betreffend Psycho-Screening durch das AMS Wien durchzuführen.

Da, wie bereits bekanntgegeben, die Behandlung einer schriftlichen Anfrage dringlich erfolgen wird, wird diese Kurzdebatte im Anschluß an die Dringliche Anfrage vorgenommen werden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatten über die Punkte 1 bis 4, 7 bis 11 und 13 bis 16 der heutigen Tagesordnung zusammenzufassen. Darüber hat das Hohe Haus zu befinden.

Werden gegen diesen Vorschlag Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall. Damit ist es so genehmigt.

Wir gehen jetzt in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß in der Präsidialkonferenz Konsens über folgende Vorgangsweise erzielt wurde. Es ist eine Tagesblockredezeit von 8 "Wiener Stunden" vereinbart worden, aus der sich Redezeiten wie folgt ergeben: SPÖ 120 Minuten, ÖVP 112 Minuten, Freiheitliche 104 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 72 Minuten. Auch darüber hat der Nationalrat zu befinden.

Gibt es Einwendungen gegen diesen Vorschlag? – Das ist nicht der Fall. Dann ist es so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1472 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird (1484 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1449 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Artikel VI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 450/1994 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (1485 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 817/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend neue Kriterien für den Einsatz von Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (1486 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1462 der Beilagen): Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG (1487 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur Beratung der Tagesordnungspunkte 1 bis 4, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Liegt ein Wunsch auf Berichterstattung vor? – Dies ist nicht der Fall.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.48

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute in den zusammengefaßten Tagesordnungspunkten 1 bis 4 mit dem Verbrechensopfergesetz, mit dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und der dazugehörigen Novelle, mit dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz sowie mit dem Antrag 817/A (E) des Kollegen Peter vom Liberalen Forum.

Ich möchte mich als Sozialsprecher meiner Fraktion zunächst mit dem Verbrechensopfergesetz beschäftigen. Wir werden diesem in der vorliegenden Fassung zwar die Zustimmung geben, möchten aber auch klar und deutlich dazu sagen, daß es aus unserer Sicht nicht "das Gelbe vom Ei" darstellt.

Gemessen daran, welche Rehabilitations- und Betreuungsmaßnahmen heute schon zu Recht im Bereich der Justiz für Verbrecher und zur Rehabilitation, zur psychischen Betreuung, zur arbeitsmäßigen Ausbildung und Nachqualifikation vorhanden sind, ist das, was im Verbrechensopfergesetz nach dieser Novelle enthalten sein wird, zwar besser als der Status quo – weil endlich auch die Vorfinanzierung für Selbstbehalte bei krankenkassenbewilligten psychotherapeutischen Maßnahmen vorgesehen ist –, aber es ist aus unserer Sicht weiterhin unbefriedigend. Wichtige Fragen – wie etwa jene des Schmerzensgeldes, jene einer Entschädigung auch für nicht berufstätige unselbständig Beschäftigte und andere – sind weiterhin ungelöst. Daher wird mein Fraktionskollege Harald Ofner einen entsprechenden Entschließungsantrag einbringen, der sich mit dieser Thematik und mit dieser Problemstellung befaßt.

Ich hätte mir auch gewünscht, daß der Abänderungsantrag des Kollegen Öllinger im Ausschuß angenommen worden wäre. Denn darin waren zwei Themenkreise erfaßt, die meiner Ansicht nach dringend einer Lösung zuzuführen sind. Das sind erstens vollständige psychologische und psychotherapeutische Maßnahmen – und deren Finanzierung – für Kinder, die Opfer von Verbrechen, insbesondere von Sexualverbrechen, geworden sind. Darüber hinaus war darin auch vorgesehen, eine Tarifgestaltung für psychisch-soziale Betreuungen mit den Dachverbänden in entsprechender Form abzuschließen, um in diesem Bereich nicht ähnliches zu erleben, wie wir es im Pflegegeldbereich ohnehin schon erreicht haben: daß nämlich nach einer an und für sich gutgemeinten gesetzlichen Regelung durch explodierende Betreuungskosten für den zu Betreuenden wieder eine defizitäre Lücke, die er selbst zu finanzieren und in entsprechender Form abzustatten hat, entsteht.

Ich möchte – wie schon seinerzeit im Ausschuß – auch hier sagen, daß der Hinweis des Kollegen Guggenberger auf den Härteausgleich meiner Ansicht nach zuwenig tiefgreifend ist. Denn auch bei den Entscheidungen des Härteausgleiches – anders ist es bei Entscheidungen auf Basis einer gesetzlichen Regelung mit Anspruchsberechtigung – sind viele Betroffene  auf den Goodwill des jeweiligen Amtsträgers angewiesen. Wir müssen überdies in Österreich, vom Burgenland bis Vorarlberg und von Oberösterreich bis Kärnten, sehr unterschiedliche Regelungen und außerdem auch noch je nach Sozialversicherungsanstalt unterschiedliche Regelungen feststellen. Das ist ein unbefriedigender Zustand, den keiner versteht. Ich denke daher, daß auch das in einer kommenden Novelle zu regeln wäre.

Das zweite, mit dem ich mich in der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung steht, beschäftigen möchte, ist das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz. In der ASVG-Novelle wurde im Artikel 6 seinerzeit versprochen, daß für Betriebe und Betriebsstätten mit weniger als 50 Mitarbeitern vorzusehen ist, daß die Kosten von seiten der Republik Österreich, vom Steuerzahler getragen werden. So, wie der Gesetzestext jetzt vorliegt, ist zwar vorgesehen, daß für die Betriebe keine zusätzlichen Kosten entstehen, daß aber mit der Finanzierung aus der AUVA eine arbeitgeberseitige Finanzierung für diese Maßnahmen gegeben ist. Vom seinerzeitigen Versprechen der Bundesregierung, zur Bezahlung für Betriebe und Betriebsstätten mit weniger als 50 Mitarbeitern den Steuerzahler heranzuziehen, ist in diesem Gesetzestext also nichts mehr zu sehen.

Ich möchte auch sagen, daß der Termin des Geltendwerdens des Artikels 6 mit 1. Jänner 1999 klaren Handlungsbedarf für den Sozialausschuß mit sich gebracht hat. Man hat zwar eine Regelung gefunden, die nunmehr vordergründig den Betrieben keine zusätzlichen Kosten aufbürdet, aber man hat dabei meiner Ansicht nach mehrere Schönheitsfehler in Kauf genommen.

Ich gebe dem Abgeordneten Peter darin recht, daß bei den Betrieben eine Abstufung nach der Gefährlichkeits- und Unfallhäufigkeit in entsprechender Form vorzusehen wäre. Wir erachten daher auch für den Bereich der Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern seinen Antrag als nicht miterledigt. Dieser ist durch die Weise, in der heute die Gesetzeswerdung geplant ist, nicht befriedigend erledigt worden, daher werden wir der negativen Ausschußfeststellung zu seinem Antrag unsere Zustimmung verweigern, weil wir glauben, daß dieser Antrag nicht vollinhaltlich und auch nicht in unserem Interesse umgesetzt worden ist, und wir uns gewünscht hätten, daß die entsprechende arbeitsmedizinische und Sicherheitsbetreuung in den Betrieben von den von der AUVA erhobenen statistischen Materialien über die Unfallhäufigkeit in unterschiedlichen Berufen abhängig gewesen wäre, damit nicht eine lächerliche Mindestanzahl von Begehungen pro Jahr – sowohl für die Betriebe unter 11 als auch für die Betriebe von 11 bis 50 Mitarbeiter und, wenn der ÖVP-Abänderungsantrag durchgeht, bei Lehrlingsbetrieben bis 53 Mitarbeiter – vorgesehen wird.

Wir erachten auch nach wie vor den Mißstand als gegeben, daß im Bereich des Arbeitnehmerschutzes eine krasse Diskrepanz zwischen öffentlicher Wirtschaft und Privatwirtschaft besteht. Ich bin den Ministerialmitarbeiterinnen dafür dankbar, daß sie uns im Ausschuß mitgeteilt haben, daß das Finanzministerium frühestens im nächsten Jahr – und wie ich das als gelernter Österreicher kenne, dann vermutlich erst 5 Minuten vor der nächsten Wahl – den entsprechenden Vorschlag für die öffentlichen Körperschaften – den Bund, die Länder und die Gemeinden – vorlegen wird. Damit wird für diesen Bereich wieder keine zeitgerechte Beschlußfassung im Rahmen dieser Legislaturperiode möglich sein.

Daher werden dann in Österreich drei Arten von Arbeitnehmerschutz bestehen, was meiner Ansicht nach untragbar ist. Die öffentliche Hand, die Länder und die Gemeinden werden keinen oder nur einen sehr stark gelockerten Arbeitnehmerschutz haben, aber teilweise mit den Bauhöfen der Gemeinden und des Landes oder anderen Betrieben der Privatwirtschaft Konkurrenz machen; jene Betriebe, die in der Großindustrie angesiedelt sind, werden einen Arbeitnehmerschutz haben, der auch nach internationalen Standards als gut qualifizierbar ist; und Betriebe im Kleinbereich werden nunmehr gezwungen sein, Arbeitnehmerschutzbeauftragte beziehungsweise Mediziner in Anspruch zu nehmen, die ihnen die AUVA zugesteht.

Denn wer glaubt ernstlich daran, daß es sich jemand für seinen Betrieb dann, wenn die AUVA die Kosten trägt, im heutigen Konkurrenzkampf um die Betriebs- und Lohnnebenkosten leisten können wird, für seine 10 oder 20 Mitarbeiter einen ihm und seinem Betriebsrat sympathischeren, besseren und vielleicht auch nähergelegenen, leichter erreichbaren Arbeitsmediziner zu nehmen und nicht den von der AUVA kostenlos zur Verfügung gestellten?

Wir haben daher im Ausschuß einen Abänderungsantrag eingebracht, damit auch bei Bezahlung durch die AUVA freie Arztwahl in diesem Bereich möglich gewesen wäre. Dieser Antrag wurde von den Regierungsfraktionen, ÖVP und SPÖ, leider abgelehnt. Ich denke, in diesem Zusammenhang sollte noch nicht das letzte Wort gesprochen sein. Denn wenn freie Arztwahl in allen Bereichen in Österreich verfassungsmäßige Gültigkeit haben soll, ist mir nicht klar, warum das im Arbeitnehmerschutzbereich auf einmal nicht mehr gelten sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und des Abg. Mag. Peter.)

11.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walter Guggenberger. – Bitte.

11.56

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war im Frühjahr dieses Jahres: Da kam die Mutter eines sechsjährigen Kindes in das Bundessozialamt für Tirol. Dieses sechsjährige Kind ist Opfer eines sexuellen Mißbrauches geworden. Es liegt auf der Hand, daß ein kleines Kind so etwas nicht verkraften und nicht verarbeiten kann, ohne daß ihm professionelle Hilfe zuteil wird.

Diese professionelle Hilfe hat aber ihren Preis. Wir mußten im Bundessozialamt für Tirol dieses Ansuchen im heurigen Frühjahr noch ablehnen. Derzeit ist noch die Gebietskrankenkasse für derartige Fälle zuständig, und jeder weiß, daß sie nur einen Teil der tatsächlichen Kosten bezahlen kann. Aber mit der heutigen Gesetzesnovelle schaffen wir nun Abhilfe. Ab 1. Jänner des kommenden Jahres werden Opfer von Verbrechen auch Anspruch auf psychotherapeutische Hilfe haben. Das ist eine außerordentlich wichtige Sache, und es freut uns sehr, daß wir dieses Gesetz heute beschließen können! (Beifall bei der SPÖ.)

Österreich hat das Verbrechensopfergesetz schon im Jahre 1972 beschlossen. Das war damals eine Errungenschaft der Regierung Kreisky, und wir waren das erste Land in Europa, das ein derartiges Gesetzeswerk geschaffen hat. Es sind darin eine Reihe von Leistungen vorgesehen: ein Recht auf Ersatz für den Verdienstentgang, ein Recht auf Ersatz für den Unterhaltsentgang, ein Recht auf medizinische Vorsorge, auf Heilfürsorge und auf Rehabilitation. Nicht zuletzt haben wir hier vor wenigen Monaten mit einer Novelle des Bundespflegegeldgesetzes auch klargestellt, daß Verbrechensopfer ab 1. Jänner kommenden Jahres auch Anspruch auf Pflegegeld haben. Es ist eine stattliche Palette an Leistungen, die den Opfern von Verbrechen gewährt wird.

Zuletzt hat es im Sozialausschuß ein munteres Lizitieren gegeben. Frau Kollegin Fekter – sie ist nicht Mitglied dieses Gremiums – hat uns am Vortag mit der Meldung in der "Kronen Zeitung" aufhorchen lassen, daß sie dafür eintreten würde, auch Schmerzensgeld zu bezahlen. – Reden kann man selbstverständlich über alles. Aber daß ausgerechnet eine Abgeordnete der Wirtschaftsbund-Fraktion, die sonst immer mit dem Rechenstift kommt, wenn von unserer Seite sozialpolitische Forderungen auf den Tisch des Hauses gelegt werden, etwas so sorglos und ohne Hintergrundwissen über allfällige Kosten vorschlägt, das hat uns – gelinde gesagt – schon etwas erstaunt. (Abg. Steibl: Das hat euch nur durcheinandergebracht, weil ihr das nicht eingebracht habt! Sonst nichts, Herr Kollege!)

Das gibt es auch nicht in anderen Gesetzen: Weder im gesamten Sozialversicherungsrecht noch in sonstigen sozialrechtlichen Bestimmungen ist eine Möglichkeit vorgesehen, Schmerzensgeld in Anspruch zu nehmen. Dafür sind nun einmal die Gerichte zuständig, dort muß man sich zivilrechtlich am Täter schadlos halten. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Herr Kollege Öllinger hat eingewendet, man müsse die Kosten für die Psychotherapie wesentlich höher ansetzen. – Ich darf dir, Kollege Öllinger, empfehlen, die Stellungnahme des Psychotherapeutenverbandes zu lesen. Auch der Psychotherapeutenverband hält die Regelung, wie wir sie vorschlagen und wie wir sie heute beschließen werden, für völlig ausreichend. Und wer ist ein unverdächtigerer Zeuge als der Psychotherapeutenverband? Also, lieber Kollege Öllinger, dein Antrag, den du wieder einbringen wirst, ist sicher gutgemeint, aber er ist gegenstandslos, er erübrigt sich. Wir treffen Vorsorge!

Ich darf schon zum Schluß kommen: Rund 300 Verbrechensopfer werden von dieser Gesetzesnovelle profitieren. Und, was ganz besonders wichtig ist: Es wird möglich sein, auch rückwirkend derartige Ansprüche zu stellen. Also summa summarum ein gutes Gesetz, ein guter Tag – zumindest, wenn es darum geht, Opfer von Verbrechen materiell besserzustellen als bisher. (Beifall bei der SPÖ.)

12.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

12.01

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! 300 Betroffene gebe es, hat Kollege Guggenberger am Schluß seiner Rede gesagt. Diese Zahl ist eine Schätzung. Ich würde sagen: Auch wenn es 400 wären, hätten Sie wahrscheinlich nicht anders argumentiert. Es geht hier nicht um die Zahl (Abg. Mag. Guggenberger: Aber um die Größenordnung!), sondern um etwas Grundsätzlicheres.

Die liberale Fraktion wird dieser Vorlage zustimmen, aber es schmerzt uns trotzdem vieles. Wir stimmen zu, weil sie ein Schritt in die richtige Richtung ist, was den Verbrechensopferschutz anlangt. Aber es schmerzt uns, wie gesagt, einiges, und ich möchte dies hier nur skizzenhaft beleuchten.

Wenn jemand im Zusammenhang mit einem Verbrechen körperlich verletzt wird, dann werden die Folgen durch unser Sozialversicherungssystem grundsätzlich gedeckt. Es gibt möglicherweise einen Regreß, und die Verbrechensopfer sind in dieser Hinsicht geschützt. Kommt es jedoch zur Notwendigkeit psychotherapeutischer Begleitung, Betreuung, Behandlung, tritt dieser Effekt nicht ein, und daher wird jetzt ein Gesetz gemacht, um dem gegenzusteuern.

Dieses Gesetz ist aber nur notwendig, weil wir uns bis heute nicht dazu entschlossen haben, ernstlich anzuerkennen, daß auch psychotherapeutische Behandlung etwas ist, worauf Menschen einen Anspruch haben, seien sie nun Verbrechensopfer oder nicht. Hätten wir uns nämlich im Bereich des Sozialversicherungsrechtes entschlossen, Therapien dieser Art anders zu behandeln, und gäbe es befriedigende Vertragsverhältnisse zwischen Psychotherapeuten und Sozialversicherungsträgern, dann bräuchten wir diese Novelle nicht. Durch diese Novelle spalten wir sozusagen die Patientenschaft der Psychotherapeuten in zwei Gruppen auf: in solche, deren Anspruch wir anerkennen, weil sie Verbrechensopfer sind, und in solche, deren Anspruch wir nicht anerkennen – und zwar sozialversicherungsrechtlich meine ich das –, weil sie keine Verbrechensopfer sind. Das heißt, es gibt psychotherapeutischen Behandlungsbedarf, den wir anerkennen, und solchen, den wir nicht anerkennen. Das ist ein schwerer Konstruktionsfehler!

Das ändert nichts daran, daß es gut ist, wenn Verbrechensopfer diese Möglichkeiten bekommen. Sie sind vielleicht nicht ganz befriedigend gestaltet – Kollege Öllinger wird Anträge dazu stellen –, aber das ist sozusagen eine andere "Baustelle". Die "Hauptbaustelle" ist, daß wir es hier mit einem Systembruch zu tun haben, einem Systembruch im Anspruch von Patienten auf sozialversicherungsrechtlich gedeckte Behandlungen. Wir müßten eigentlich an dieser Schnittstelle im Bereich der Verbrechensopfer ein Defizit im Sozialversicherungsrecht reparieren, weil es halt besonders augenfällig ist, wenn Verbrechensopfer im Stich gelassen werden, und weil es hier einen zusätzlichen öffentlich-rechtlichen Anknüpfungspunkt für die Verbrechensopfer gibt – das räume ich Ihnen ein.

Nur: Im Prinzip – und das mag wohl ein Verdienst aus den frühen Kreisky-Jahren sein, Kollege Guggenberger, da Sie das Jahr 1972 zitiert haben – muß man sich folgende Frage stellen: Ist Verbrechensopferschutz eine Sozialmaterie im Sinne von Sozialversicherung, Fürsorgewesen und so weiter, oder ist das nicht eigentlich eher eine Justizmaterie im Sinne von: Wie gehen wir mit Verbrechensopfern um? Und wenn wir feststellen, daß es weite Bereiche gibt, die aufgrund dessen, daß wir ein ausgeprägtes Sozialversicherungswesen haben, keinen direkten Zuwendungsbedarf haben, weil eben körperlich verletzte Menschen im Krankenhaus behandelt werden aufgrund des Krankenversicherungsschutzes, den sie haben, und der Sozialversicherungsträger dann einen Regreßanspruch an den Täter hat, sodaß es keine direkten Unterstützungsprobleme beim Opfer gibt, dann heißt das nicht, daß es keine Justizfrage ist, wie man mit Verbrechensopfern umgeht.

Denn es gibt auch sonstige Ansprüche in diesem Feld, zum Beispiel die von der Kollegin Fekter in dieser Diskussion – unpassenderweise, sage ich – ausdrücklich thematisierte Frage des Schmerzensgeldes. Auch die Frage der Einbringlichmachung von Schadensersatzansprüchen in bestimmten Bereichen der Kriminalität ist so etwas, denn Schmerzensgeld ist ja nichts anderes als ein Schadenersatz für erlittenen Schmerz. Allein schon deswegen paßt das im übrigen in dieses Gesetz natürlich überhaupt nicht hinein. Aber was die Schadenersatzfrage bei Verbrechensopfern betrifft, die zu kurz kommen, weil sie zwar bei Gericht recht bekommen, aber die Täterschaft entweder flüchtig ist oder eben nicht über die notwendigen Mittel verfügt, um Schadenersatz zu leisten, diesen Solidaritätsausgleich müßte man in das Justizrecht hineinprojizieren und sich einmal darüber unterhalten: Wie halten wir es denn mit den Geldstrafen, die wir von Straftätern kassieren, die oft nennenswert hoch sind und die mit Akribie eingetrieben werden? Wäre das nicht auch ein Fundus für Solidaritätsausgleiche? Wenn dieselbe ÖVP, die hier dieses Schmerzensgeld eingefordert hat, sich merkwürdig verhält im Bereich des Täterausgleichs, der auch ein Element des Schadenersatzes ist, dann wäre das im Rahmen einer Justizdebatte zu debattieren.

Ich meine daher: Wir werden dieser Vorlage zustimmen, aber schweren Herzens, weil sie vom System her etwas zudeckt, was mangelhaft ist, nämlich den Umgang mit Patienten, die psychotherapeutischen Behandlungsbedarf haben.

Einem zweiten Bereich der jetzt unter einem verhandelten Punkte möchte ich mich noch kurz zuwenden, und zwar dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz. Das Bauarbeitenkoordinationsgesetz stellt die Umsetzung einer EU-Richtlinie dar – wir sind diesbezüglich seit einigen Jahren säumig –, und es ist systemwidrig, sage ich einmal. Wir schaffen ein neues Gesetz, um eine EU-Richtlinie umzusetzen, ein neues Gesetz, das zu unseren arbeitsrechtlichen Schutzverhältnissen gar nicht so gut paßt, weil diese in vieler Hinsicht ohnedies recht ausgeformt sind. Ein Mindeststandard, der in manchen Ländern noch nicht einmal ansatzweise existiert, steht in dieser Richtlinie.

In dieser Richtlinie stehen Dinge, die es bei uns im Detail zwar noch nicht gibt, die aber durchaus im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz vielleicht durch eine intelligente Novelle oder in den Baurechten vielleicht durch intelligente Adaptierungen hätten untergebracht werden können, wenn man schon die Richtlinie erfüllen muß. Aber es bedarf keines neuen, spezifischen Gesetzes, das mit anderen Schutzrechten interferiert, was letztlich dazu führt, daß die Unübersichtlichkeit weiter steigt – und die Schutzqualität hoffentlich auch, aber dessen bin ich mir nicht einmal so sicher.

Eines steht für mich fest: Wenn man auf einer Baustelle dann, wenn dort mehr als zwei verschiedene Professionisten tätig sind, einen eigenen Koordinator für die Sicherheit braucht, so wird das im Bereich des Häuslbaus einen Schub in Richtung Vermehrung der Schwarzarbeit bewirken. Denn hat man Schwarzarbeit am Bau, dann braucht man auch keinen Koordinator. Und es wird sich rasch herausstellen, daß Sie durch die Methode, die Sie verwenden, ein weiteres Lenkungsinstrument einbauen, sodaß Schwarzbau noch attraktiver wird. Das ist ein Fehler! Sie müssen die Verantwortlichkeiten festschreiben, Sie müssen an den Baunormen einiges ändern, Sie müssen vielleicht auch im Bereich der Bauaufsichten einige Anleitungen machen. Aber einfach, damit wir halt endlich – ohnehin vier Jahre zu spät! – die Richtlinie erfüllen, ein ganz neues Gesetz zu machen, dem werden wir nicht zustimmen können, selbst wenn Sie uns dann verdächtigen, daß wir uns bei einer EU-Richtlinie querlegen.

Wir legen uns bei der EU-Richtlinie überhaupt nicht quer. Wir legen uns nur dagegen quer, die Gesetzesflut weiter zu vermehren, keine Schutzverbesserungen damit zu erwirken, Schwarzarbeit weiter anzureizen und im übrigen auch überflüssige Kosten zu verursachen, nur damit Sie endlich in Brüssel, wenn auch vier Jahre zu spät, sagen können: Jetzt haben wir es endlich gemacht!

Ich möchte gerne wissen, ob all die Kollegen und Kolleginnen, die so häufig sagen, sie seien gegen die Gesetzesflut, jetzt dafür stimmen werden. Wahrscheinlich schon! Sonntags, bei der nächsten Parteiveranstaltung, werden sie wieder gegen die Gesetzesflut reden, donnerstags werden sie ein Gesetz mehr beschlossen haben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.10

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Novelle zum Verbrechensopfergesetz ist sicherlich ein wichtiger und eigentlich längst fälliger Schritt in Richtung Verbesserung der Situation von Verbrechensopfern. Besonders bei Gewalt- oder Sexualdelikten nimmt nicht nur der Körper, sondern vor allem auch die Seele Schaden, und es ist dringend notwendig, daß sofort danach mit Therapie und Hilfe begonnen wird. In dieser Situation ist es aber auch dringend erforderlich, die Möglichkeit zu haben, einen Vertrauensarzt zu wählen, einen Therapeuten zu wählen, denn es entscheiden nicht zuletzt Sympathie und Vertrauen darüber, ob die Therapie zur notwendigen Heilung oder zur Besserung der Situation führt. Deshalb ist diese Gesetzesvorlage sehr positiv zu beurteilen.

Daß ein Kostenzuschuß bis zum Dreifachen ausbezahlt wird, ist sehr positiv. Wenn Kollege Öllinger gemeint hat, daß das vor allem bei Kindern sehr großzügig gehandhabt werden soll, so stimmt die ÖVP seiner Ansicht zu. Ich glaube, wir müssen in nächster Zeit beobachten, ob bei Kindern, vor allem mißbrauchten Kindern oder Kindern, die Mißhandlungen ausgesetzt waren, dieser Rahmen ausreicht. Der Ansatz ist sehr gut, aber wir müssen das im Auge behalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Alle Parteien sind sich wohl darüber einig, daß die dringend notwendige seelische Hilfe nicht an der finanziellen Belastung und am Geldmangel scheitern sollte. Hervorzustreichen ist sicherlich auch, daß das nicht nur für Opfer gilt, sondern daß auch für Hinterbliebene von Opfern von Gewaltverbrechen diese therapeutische Hilfe möglich sein soll. Es ist auch wichtig, zu betonen, daß diese therapeutische Hilfe nicht nur auf bestimmte strafrechtliche Delikte beschränkt ist, wohl aber darauf, daß die Tat mit einem Strafausmaß von mindestens sechs Monaten Freiheitsentzug bedroht ist, und eben auch darauf, daß die Tat – und da müssen wir, glaube ich, noch schauen, ob das wirklich zielführend ist – vorsätzlich begangen worden ist.

Das Augenmerk ist, wie gesagt, vor allem auf Kinder zu lenken, Kinder, die Opfer von Mißhandlung oder sexuellem Mißbrauch geworden sind. Es wurden ja laut Information des Familienministeriums voriges Jahr 25 000 Kinder Opfer von sexueller Gewalt. Es kam zu 268 Verurteilungen. Daher ist der Aktionsplan von Minister Bartenstein in die Richtung, noch mehr Maßnahmen gegen Kindesmißbrauch und auch gegen Kinderpornographie im Internet zu setzen, von uns sehr zu unterstützen und zu begrüßen.

Nichtsdestotrotz möchte ich darauf hinweisen, daß für uns von der ÖVP diese Novelle nicht ausreichend ist, weil wir uns gewünscht haben, daß in diesem Zusammenhang auch die Frage des Schmerzensgeldes mit berücksichtigt und geregelt wird. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist schade, daß wir diesbezüglich mit unserem Koalitionspartner, der SPÖ – in dem Fall nicht so sehr "Partner" –, keine Regelung finden konnten. Nicht zuletzt ein ORF-Interview mit zwei Opfern von einem Täter mit dem gleichen Delikt, aber in zwei Ländern, wenige Kilometer auseinander, begangen, nämlich in der Schweiz und in Vorarlberg, hat gezeigt, wie unterschiedlich die Situation der Opfer ist, und zwar gab es zuwenig Unterstützung für das Opfer in Österreich. Ich glaube, das hat gezeigt, daß sowohl im Justizbereich als auch im Sozialbereich im Rahmen des Opferschutzes noch ein großer Nachholbedarf besteht.

Ein weiterer Schritt wäre eben das Schmerzensgeld. Unsere Forderung lautet auf Abgeltung des Schmerzensgeldes für das Opfer aus dem Verbrechensopfergesetz, natürlich verbunden mit Regreßansprüchen an den Täter. Ich könnte mir auch vorstellen, daß es im Bereich des Schmerzensgeldes nicht nur um körperliche Schmerzen, sondern – etwa nach Sexualdelikten – sehr wohl auch um seelische Schmerzen geht. Darüber sollten wir uns unterhalten.

Frau Ministerin Hostasch, Sie haben gesagt, es sei die Pflicht der Gemeinschaft, Opfern von Gewalttaten zu helfen und ihnen die bestmögliche Betreuung zu gewährleisten. Das ist absolut auch unsere Überzeugung. Aber um das zu erreichen, ist auch die Schmerzensgeldfrage in nächster Zeit mit zu verhandeln. Wir hätten uns gewünscht, dies wäre schon jetzt möglich gewesen.

Ich möchte zu einem weiteren Punkt kommen. Ein Nachteil des Verbrechensopfergesetzes ist auch, daß die damit verbundenen Rechte der Opfer zuwenig bekannt sind. In Österreich gibt es laut Statistik 38 000 Menschen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Und wenn man die Auskunft des Bundessozialamtes heranzieht, so stellt man fest, daß es nur 100 Menschen gibt, die aus dem Verbrechensopfergesetz ständig betreut und unterstützt werden, und etwa 100 Einzelfälle kommen jährlich hinzu.

Dieses Gesetz soll auch dazu beitragen, daß Opfer vermehrt wenigstens wissen, welche Rechte – sie haben ohnehin zu wenig Rechte beziehungsweise sehr wenig Rechte – ihnen zustehen. Ich glaube, wir müssen gemeinsam danach trachten, daß das vermehrt bekannt wird. Ich weiß zwar, daß die Exekutive aufgefordert ist, die entsprechenden Informationen weiterzugeben, aber gerade in einer solchen Situation, unmittelbar nachdem man Opfer einer Tat geworden ist, hat man meist anderes im Kopf oder merkt sich das vielleicht auch nicht. Die erste anwaltliche Auskunft bei Gericht ist auch ein Ansatz, um darauf hinzuweisen, denn die Leistungen sind ja nicht so gering. Es gibt immerhin einen Ersatz für den Verdienstentgang bis zu 30 000 S, mit dem der Einkommensverlust abgegolten werden soll. Es gibt Unterstützung für Heilfürsorge, für ärztliche Betreuung, für die Bereitstellung von Heilbehelfen und auch den Anspruch von Hinterbliebenen auf Unterhaltskosten bis hin zu Bestattungskosten.

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen und auch dafür danken, daß auch private Organisationen, wie zum Beispiel der Weiße Ring, sehr wertvolle Hilfe für die Opfer leisten, sehr schnell helfen und sehr gut informieren. Und ich möchte auch auf die Aussage des Weißen Ringes eingehen – ich glaube, Kollege Kier hat das auch schon angesprochen –, wonach in Österreich bei Geldstrafen der Staat Österreich der erste Gläubiger und das Opfer erst der zweite Gläubiger ist. Also der Staat bekommt bei Geldstrafen zuerst sein Geld, bevor das Opfer entschädigt wird. Ich glaube, auch in diesem Zusammenhang wäre durch das Schmerzensgeld etwas zu verbessern.

Ich wünsche mir, daß wir als Regierungspartner in nächster Zeit, also noch vor der nächsten Wahl, gemeinsam hinsichtlich des Schmerzensgeldes, das nicht nur eine Forderung der ÖVP, sondern vor allem eine der Opfer ist, zu einer Lösung kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

12.17

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Novellierung des Verbrechensopfergesetzes ist ja schon einiges gesagt worden. Ich kann auch durchaus beim Kollegen Guggenberger anschließen, der gemeint hat, man sollte diese Novelle nicht – so wie geschehen – zum Lizitieren benutzen. Ich habe das hoffentlich richtig verstanden, Kollege Guggenberger, und du hast nicht mich gemeint, hoffe ich. (Abg. Mag. Guggenberger: Nein, dich habe ich nicht gemeint!) Das möchte ich doch auch ausdrücklich feststellen, denn so großartig, wie das Gesetz beschrieben wurde – und es ist zweifellos ein Fortschritt –, ist es in seiner finanziellen Dimension auch wieder nicht. Wir sprechen über 3 Millionen Schilling, die sinnvollerweise für Verbrechensopfer zur Verfügung gestellt werden. Also lassen wir die Kirche wieder etwas im Dorf!

Es wäre notwendig – und da bin ich beim Kollegen Kier – und auch sinnvoll – und ich hoffe, auch da wird mir Kollege Guggenberger noch durch Nicken seine Zustimmung signalisieren –, daß jene Verbesserungen, die wir jetzt hier für Verbrechensopfer beschließen werden, sehr bald zum Anlaß genommen werden, um endlich einmal diesen Gesamtvertrag zwischen dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und den Psychotherapeuten anzugehen und diesbezüglich zu einer Lösung zu kommen, die nicht nur für Verbrechensopfer akzeptable Bedingungen schafft, sondern auch für alle anderen Kranken, die einer Therapie bedürfen. Und ich wiederhole schon: Dessen wir uns jetzt so berühmen im Zusammenhang mit den Verbrechensopfern, das haben wir ja schon auf die Wege geschickt, und es liegt eigentlich irgendwo zwischen und an diesen Institutionen, daß es bis jetzt noch immer nicht zu einer akzeptablen, auch gesundheitspolitisch akzeptablen Regelung gekommen ist, die das Verhältnis zwischen den Sozialversicherungsträgern und den Kranken annehmbar macht.

Unser Antrag, den wir in diesem Zusammenhang ja auch schon im Ausschuß eingebracht haben, sähe ja nichts anderes vor, als diese Gelegenheit zu nützen, um – Punkt eins – einen Vertrag abzuschließen, weil das auch bei den Kosten für die Verbrechensopfer durchaus eine Rolle spielen kann, denn da kann man ja besser verhandeln, Kollege Guggenberger, wenn man alles miteinander machen kann.

Punkt zwei: Unser Antrag sieht nichts anderes vor, als daß für die Kinder eine Ausnahme von diesem dreifachen Kostenersatz gemacht wird, eine Ausnahme insofern, als Kinder als Verbrechensopfer gerade deswegen, weil die Schädiger oftmals nicht Fremde sind, sondern im Familienverband leben, eine besonders heikle und sensible Situation vorfinden. Erstens sind sie aus finanziellen Gründen darauf angewiesen, daß ihnen die Eltern den Zugang zur Therapie ermöglichen, wenn noch Kosten auftreten. Sie sind zweitens auch aus psychischer Abhängigkeit weitgehend nach wie vor auf die Zustimmung der Eltern angewiesen, das schlägt sich dann natürlich wieder mit den finanziellen Überlegungen, und drittens – da, denke ich, bräuchte ich eigentlich nur den Satz vorzulesen, der sich in der Stellungnahme der Kinderfreunde wiederfindet, aber ich habe ihn jetzt nicht mit –: Diesen Verbrechensopfern ist ein Selbstbehalt prinzipiell nicht zumutbar. Und dazu stehe ich auch. Denn alle Gründe, die bei Therapien für Selbstbehalt sprechen – es gibt ja auch Gründe, die die Motivation der Beteiligten fördern sollen –, sind in diesem Fall, Kollege Puttinger, auszuschließen, und es müßte eigentlich durch uns, durch das Parlament, gewährleistbar sein, daß Kinder keine Kosten zu tragen haben, nicht einen Schilling, und natürlich auch nicht ihre Eltern.

Es geht nur um diese Ausnahme für die Kinder, und deshalb bringe ich den Entschließungsantrag, den wir im Ausschuß schon behandelt haben und der von den Regierungsparteien leider – in diesem Fall würde ich sagen: sehr ignorant – abgelehnt worden ist, auch diesem Plenum zur Kenntnis. Dieser Antrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend Verbrechensopfergesetz, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1472 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird (1484 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Vorschlag zu unterbreiten, der eine Regelung vorschlägt, die sicherstellt, daß bei Kindern in jedem Fall die gesamten anfallenden Kosten übernommen werden.

Des weiteren werden Verhandlungen mit dem Berufsverband" – der Psychotherapeuten natürlich – "aufgenommen, die eine Festtarifvereinbarung zum Ziel haben."

*****

Meine Damen und Herren! Das kostet de facto nichts, aber es wäre ein deutliches Signal, daß, unbeschadet der Tatsache, ob hier überhaupt noch Selbstbehalte übrigbleiben, bei Kindern eine klare Regelung getroffen wird, die zumindest für Kinder sicherstellt: Sie soll es nicht treffen.

Und dem zweiten Teil des Antrages betreffend die Festtarifvereinbarung mit dem Hauptverband hat Kollege Guggenberger durch Nicken ohnehin schon seine Zustimmung gegeben.

Ich möchte natürlich nicht nur zum Verbrechensopfergesetz sprechen, sondern ganz kurz auch noch die anderen Materien ansprechen. Die Grünen waren ja eine der Fraktionen, die sehr vehement, Frau Bundesministerin, beim ArbeitnehmerInnenschutzgesetz dafür waren, immer gefordert haben: Schneller muß es gehen! Wir sind säumig mit der Umsetzung! Und ich wiederhole: Wir sind nach wie vor extrem säumig mit der Umsetzung des ArbeitnehmerInnenschutzes, dann nämlich, wenn es um den öffentlichen Dienst geht.

Jetzt haben wir im Ausschuß mit Freude vernommen: Da bewegt sich ein Gesetz auf das Parlament zu. Irgendwann Anfang nächsten Jahres soll es auch dieses Parlament ereilen und hier annähernd – annähernd! – gleiche Bedingungen für den öffentlichen Dienst schaffen. Nicht gleiche, annähernd gleiche, wurde uns versprochen, und ich weiß, es werden keine gleichen Bedingungen werden. Damit haben wir auch in Zukunft ein Problem, und wir werden es auch entsprechend thematisieren.

Aber zu diesem Teil des ArbeitnehmerInnenschutzes, der die Klein- und Kleinstbetriebe betrifft, nur einige Anmerkungen. Das ist leider keine Umsetzung ausstehender Regelungen für Klein- und Kleinstbetriebe, wie wir sie uns gewünscht hätten. Erstens dauert es nach diesen langen Fristen, die Sie als Mehrheit diesem Gesetz schon gegeben haben, weitere zwei bis drei Jahre, bis alle Klein- und Kleinstbetriebe (Bundesministerin Hostasch: Das stimmt ja nicht!) – o ja, es ist so, Frau Bundesministerin – begangen worden sind. Denn es sind ja eine Menge von Klein- und Kleinstbetrieben, die begangen werden müssen, erstbegangen werden müssen. Zwei bis drei Jahre verzögert sich also auch nach Inkrafttreten dieser Bestimmungen für manche noch das Begehen dieser Betriebe.

Der zweite Punkt ist aber der wesentlich gravierendere. Zwischen Kleinst- und Kleinbetrieb gibt es gravierende Unterschiede. Ob das jetzt ein Kleinstbetrieb im graphischen Bereich ist, ob das ein Kleinstbetrieb in Form einer Metallbude oder einer Tabaktrafik ist, macht in bezug auf den Arbeitnehmerschutz und das, was da zu überprüfen und zu begehen wäre, einen gravierenden Unterschied. Und dieser Unterschied findet sich leider nicht ausreichend geregelt in diesem Gesetz wieder. Es gibt darin keine klar festgelegten Mindesteinsatzzeiten, und wir haben nach wie vor das Problem, daß hier nicht differenziert wird zwischen der Art von Betrieben, die begangen werden sollen. Und das halte ich wirklich für die Crux dieser Novellierung.

Es gibt aber noch ein weiteres Problem, und das betrifft die Institution, die hauptverantwortlich für den Arbeitnehmerschutz in Klein- und Kleinstbetrieben ist, nämlich die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt. Ich kann nur noch einmal deutlich wiederholen, daß ich die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt nicht für optimal geeignet halte, in den Klein- und Kleinstbetrieben den entsprechenden Arbeitnehmerschutz über diese Art der Regelung sicherzustellen. Ich halte das für ein Problem.

Die Unfallversicherungsanstalt betreibt sehr gute Unfallspitäler, ja, die Unfallversicherungsanstalt hat es in den letzten zehn bis zwanzig Jahren jedoch nicht geschafft, im präventiven Bereich tätig zu werden. Die Unfallversicherungsanstalt hat keinerlei Anstrengungen unternommen, um das zu machen, was die deutschen Berufsgenossenschaften in diesem Bereich seit Jahren praktizieren: die Betriebe mit umfangreichen Informationen, mit Kampagnen, mit Aktionen betreffend bessere Prävention zu versorgen und wirklich Wert darauf zu legen, daß das in den Betrieben auch geschieht. Das ist ja auch in der Bundesrepublik Deutschland eine freiwillige Interessenvertretung, und dort funktioniert das ausgezeichnet, wobei zu sagen ist, daß hiefür wesentlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, als das in Österreich jemals der Fall war.

Das Erstaunliche – ich wiederhole es noch einmal, Frau Bundesministerin – ist ja, daß wir in bestimmten Bereichen scheinbar besser sind als die Bundesrepublik Deutschland, was Berufskrankheiten betrifft. Das stimmt aber nicht, es stimmt nicht Frau Bundesministerin, sondern das wirklich Erstaunliche ist, daß die Unfallversicherungsanstalt im Unterschied zur Bundesrepublik Deutschland, wo ein entsprechendes Gesundheitsbewußtsein geweckt und gefördert wurde, keine diesbezüglichen Anstrengungen unternommen hat.

Die Resultate erleben wir immer wieder bei Fällen wie etwa dem Mozarteum. Dafür ist zwar die Unfallversicherungsanstalt, würde ich einmal meinen, nicht direkt zuständig (Bundesministerin Hostasch: Das glaube ich auch!), aber wir erleben es immer wieder: Es gibt in Österreich, was Arbeitnehmerschutz, was Umweltschutz in Betrieben betrifft, kein entsprechendes Bewußtsein. Es gibt hier keine Institutionen, die die Arbeit des Arbeitnehmerschutzes ausreichend unterstützen, betreuen und fördern würden. Und das ist der Vorwurf, den ich dieser Institution Unfallversicherungsanstalt mache, die jetzt eine große Verantwortung aufgebürdet bekommt, wobei ich nicht überzeugt bin, daß die vorgeschlagene Lösungsvariante eine optimale ist, weil tatsächlich etwas mehr Freiheit für den Arbeitnehmerschutz durchaus sinnvoller gewesen wäre.

Natürlich gibt es gut funktionierende arbeitsmedizinische Zentren, es gibt gut funktionierende Einzelbetreuungen durch Ärzte, aber das alles – diese Qualität von Arbeitnehmerschutz, die sich schön langsam entwickelt hat, über die arbeitsmedizinischen Zentren, über die Ärzte, die in den Betrieben den Arbeitnehmerschutz organisieren – läuft durch diese enge Anbindung an die Unfallversicherungsanstalt – ich sehe die Geldprobleme der Unfallversicherungsanstalt schon kommen – Gefahr, wieder auf einen Level minimiert zu werden, der den Betrieben nicht guttut. Er tut ihnen deshalb nicht gut, weil möglicherweise die Anstrengungen, die große Betriebe als notwendig eingesehen und unternommen haben und sinnvollerweise auch deswegen unternommen haben, weil sie sich damit Kosten sparen, von den Klein- und Kleinstbetrieben – und es spricht ja auch diese Änderung Bände – auf einem Level betrieben werden, der leider zur Folge hat, daß der Arbeitnehmerschutz in Klein- und Kleinstbetrieben nicht besser oder gleich gut organisiert wird wie in den Großbetrieben. Gerade diese Klein- und Kleinstbetriebe hätten ihn aber, auch was die Unfallzahlen der Klein- und Kleinstbetriebe gegenüber Großbetrieben betrifft, dringender nötig als die Großbetriebe selbst. Aber da sorgen wir leider nicht für ausreichende Qualität.

Mein Verdacht ist: Die Unfallversicherungsanstalt wird von sich aus auch nicht sehr viel Interesse haben, diese Qualität in einem ausreichenden Ausmaß sicherzustellen, denn das ist ja eine Kostenfrage. Die Kosten werden durch die Unfallversicherung und durch die Beiträge der Arbeitgeber bezahlt, und bisher mußte ich leider auf Arbeitgeberseite den Umstand vermissen, daß der Arbeitnehmerschutz, der Gesundheitsschutz in den Betrieben diese selbst hinsichtlich der Kosten entlastet. Und das ist das große Problem. Es war eine falsche Antwort, die Sie in diesem Bereich gegeben haben.

Abschließend eine Bemerkung zum Bauarbeitenkoordinationsgesetz. Ich kann vieles von dem, was Kollege Kier dazu gesagt hat, verstehen. Es ist etwas zu bürokratisch, aber diese Ängste, daß wir durch dieses Gesetz, durch diesen Versuch einer bürokratischen Regelung – und alles, was bestehende Regelungen zu vernetzen, zu koordinieren versucht, ist natürlich Bürokratie – einen neuen Schub in bezug auf die Schwarzarbeit auslösen würden, kann ich nicht teilen. Meine Bedenken liegen eher darin, daß ich mir schwertue, mir die Person vorzustellen, die dieses Amt eines Koordinators übernimmt.

Das müßte eine gutbezahlte Person sein, denn dieser Koordinator hat sehr viele Aufgaben und Verantwortungen übertragen bekommen, die in der Vergangenheit eigentlich direkter und unmittelbarer auf Arbeitgeberseite zu finden gewesen sind. Das heißt, eigentlich müßte man aus Arbeitnehmersicht – das wird Kollege Nürnberger sicher machen – jeden Bauarbeitenkoordinator davor warnen, diesen Beruf zu ergreifen, weil sehr viel Verantwortung damit verbunden ist. Aber vielleicht gelingt es der Gewerkschaft in diesem Fall, auch eine ausgezeichnete kollektivvertragliche Regelung für die Bauarbeitenkoordinatoren zu finden, die sicherstellt, daß die Personen diese immense Verantwortung, die sie da übertragen erhalten, auch entsprechend finanziell abgegolten bekommen.

Ich würde mir nicht wünschen, ein derartiger Bauarbeitenkoordinator auf einer Großbaustelle zu sein, denn die Verantwortung, die er mit diesem Gesetz erhält, ist schon sehr groß und stellt eigentlich eine zu große Entlastung für die zahlreichen ungeklärten Verantwortungen – gerade auf Großbaustellen – für die Arbeitgeberseite dar. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Öllinger verlesen hat, ist geschäftsordnungsgemäß überreicht worden, ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Es hat sich jetzt Frau Bundesministerin Hostasch zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.35

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, aus meiner Sicht zu diesen drei Gesetzesvorhaben einige Bemerkungen zu machen.

Es ist das Verbrechensopfergesetz in Diskussion, und ich glaube, es ist wichtig, einmal darauf zu verweisen, daß Österreich das erste europäische Land gewesen ist, das 1972 ein Verbrechensopfergesetz beschlossen und damit eigentlich eine europäische Pioniertat geleistet hat. Ich denke, es ist auch wichtig, einmal auf eine derartige Initiative Österreichs zu verweisen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Gatterer ist bereits auf die Leistungen aus diesem Verbrechensopfergesetz eingegangen, und ich möchte diese daher nicht wiederholen, aber betonen – das war ja die Motivation des Hohen Hauses bei der Entschließung im Februar heurigen Jahres und auch meine –, daß es gelungen ist, eine Weiterentwicklung und Verbesserung des Verbrechensopfergesetzes zustande zu bringen. Ich bin daher sehr froh, daß wir heute im Hohen Haus die Chance haben, dieses Gesetz auch zu verabschieden.

Es wurde auf die Inhalte und die Verbesserungen durch Ihre Debattenbeiträge schon eingegangen, und ich möchte mir daher nur erlauben, aus den Stellungnahmen, die wir zu diesem Gesetz bekommen haben, etwas zur Kenntnis zu bringen. Es waren alle Stellungnahmen positiv, alle Begutachtungsstellen haben es sehr begrüßt, daß diese Maßnahmen nun beschlossen werden sollen, aber ich darf doch die Stellungnahme des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie zitieren, weil ich glaube, daß hier in sehr umfangreicher Form eine klare Positionierung erfolgt ist. Ich erlaube mir also, aus dieser Stellungnahme zu zitieren:

"Die vorliegende Novellierung des Verbrechensopfergesetzes ist eine gute Tat und ermöglicht schwer traumatisierten Opfern, eine finanzielle Unterstützung für notwendige Psychotherapien zu erhalten.

Dies ist umso notwendiger, als vielfach Opfer gerade durch die Traumatisierung, die sie erlitten haben, für eine gewisse Zeit arbeitsunfähig oder behindert sind. Nachweislich – und dies ist der zweite positive Aspekt dieser Novelle – ist die Psychotherapie in der Lage, bei sogenannten posttraumatischen Störungen Besserung und Heilung zu erzielen. Oft schwere psychische Symptome werden nun als Ausdruck der erlittenen seelischen Verletzung erkannt.

Es ist darauf hinzuweisen, daß in der Regel eher kurzfristige psychotherapeutische Interventionen notwendig sind, sodaß die Kosten entsprechend realistisch kalkulierbar sind.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie diese Gesetzesnovelle vollinhaltlich unterstützt." – Ende des Zitats.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, hier kommt sehr klar von den Experten, die primär mit den Betroffenen zu tun haben, zum Ausdruck, wie umfassend und qualitativ gut dieses Gesetz in seiner Weiterentwicklung ist.

Erlauben Sie mir, auch etwas zu der Bemerkung des Herrn Abgeordneten Kier zu sagen, der gemeint hat, wir hätten nun zwei Kategorien von Patienten oder Patientinnen in der Betreuung der Krankenversicherung. Also ich glaube, daß es nur zu richtig ist – und ich stehe dazu –, daß wir Verbrechensopfern auch in der Krankenbetreuung eine stärkere Zuwendung geben, als wir dies quasi bei normalen Patienten tun, und ich finde es daher richtig, daß wir auch im Verbrechensopfergesetz einen besonderen Schutz für Opfer verankert haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Erlauben Sie mir, sehr geschätzte Damen und Herren, weil auch in Ihren Beiträgen auf die Frage des Schmerzensgeldes und der Schadenersatzansprüche eingegangen wurde und das auch Gegenstand von Gesprächen im Sozialausschuß gewesen ist, folgende Bemerkung: Ich weiß, daß es sehr schwierig ist, gerade wenn man von Opfern, von Verbrechensopfern, insbesondere von Kindern, redet, sachlich, rechtlich und auch juristisch zu argumentieren, aber ich denke, es ist gerade die Aufgabe der Damen und Herren Abgeordneten, die Aufgabe des Hohen Hauses, hier tatsächlich eine sachlich und rechtssystematisch richtige Diskussion zu führen.

Erlauben Sie mir daher, in meiner Positionierung zu den Überlegungen der Damen und Herren der ÖVP zu sagen, daß dieser Vorschlag – der aus meiner Sicht nicht sehr ausgegoren gewesen ist und das Thema auch nur sehr punktuell angesprochen hat – vorgesehen hat, daß in der Sozialpolitik Schadenersatzansprüche durch den Staat erfüllt werden sollen. Die Leistung von Schmerzensgeld im Sozialrecht würde die geltende Rechtsordnung auf den Kopf stellen und ein Präjudiz schaffen, dessen Folgen noch nicht abschätzbar sind. (Abg. Gaugg: Vorfinanzieren!)

Wenn wir diese Forderung konsequent weiterdenken, müßte der Staat letztlich, sehr geschätzter Herr Abgeordneter, in einer Unzahl von unterschiedlichen Fällen Schmerzensgeld bezahlen. (Abg. Gaugg: Wieso denn, Frau Minister?) Es ist derzeit weder ein Vorschlag noch eine Grundlage in Beratung, die eine Abgrenzung, eine Definition oder auch die Frage der Finanzierung behandeln würden.

Ich glaube daher, daß im Ausschuß zu Recht dahin gehend diskutiert wurde, daß über diese Fragen prioritär im Justizausschuß zu diskutieren ist und nicht der Sozialausschuß das zuständige parlamentarische Organ ist, um in dieser Frage, die ich als eine wichtige Frage sehe, einen Vorschlag, eine Einigung zu erzielen oder auch ein Präjudiz zu schaffen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir auch zum zweiten Gesetz, das in Diskussion steht, nämlich zum ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, einige Bemerkungen zu machen. Ziel dieses Gesetzes, das aus meiner Sicht, aber nicht nur aus meiner Sicht vollinhaltlich erreicht wurde, war, die Situation der kleinen und mittleren Unternehmen im Zusammenhang mit dem Arbeitnehmerschutz deutlich zu verbessern. Wir kommen mit dieser – meiner Meinung nach – größten Novelle im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz diesen Ansprüchen immer näher und haben damit auch eine Stärkung des Arbeitnehmerschutzes in diesem so wichtigen Bereich unserer Volkswirtschaft verankert.

Wir etablieren ein effizientes Betreuungsmodell, das – sehr geschätzter Herr Abgeordneter Öllinger, ich glaube, das macht die Qualität dieses neuen Zuganges aus – auf die spezifischen Schutzerfordernisse in den einzelnen Betrieben individuell besser abstellt, als wir es in der geltenden Rechtslage haben. Es ist damit eine hohe Betreuungsqualität für die Arbeitnehmer gesichert – besser, als wir sie jetzt punktuell im Gesetzestext haben –, und es wird auch erreicht, daß sogenannte unproduktive Stehzeiten von Betreuungsexperten vermieden werden. Es ist ein Instrumentarium gefunden worden, mit dem flexibler, bedarfsorientierter und – das sage ich auch – kundennäher – ich meine Kunden im Sinne von Arbeitnehmern, aber auch Betrieben – gearbeitet werden kann.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Darüber hinaus stellt diese Novelle auch eine frühere Umsetzung der sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung in Kleinbetrieben als ursprünglich vorgesehen dar. (Abg. Öllinger: Weil wir da schon so weit hinten waren!) Ich gebe dir recht, daß wir alle gemeinsam den Wunsch hatten, daß die Arbeitnehmerschutzbestimmungen insgesamt in kürzeren Etappen umgesetzt werden, aber jetzt haben wir erreicht, daß die Umsetzung früher, als es die jetzige Rechtslage vorsieht, erfolgen kann, und das sehe ich als deutlichen Fortschritt für die dort beschäftigten Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ein weiterer Aspekt, der in der Diskussion kaum erwähnt wird, ist, daß mit diesem zusätzlichen Betreuungsangebot durch Experten der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und externe Experten im sicherheitstechnischen Dienst, aber auch im arbeitsmedizinischen Bereich zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden. Dies ist eines unserer Ziele, nämlich möglichst viel Beschäftigung im Rahmen unserer gesamten Volkswirtschaft zu schaffen und damit auch einen Schritt in Richtung Beseitigung von Arbeitslosigkeit in diesem Bereich zu machen.

Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung. Ich glaube, daß es bei vielen Gesetzen, gerade aber beim Arbeitnehmerschutz, wichtig ist, in Gesetzesmaterien keine theoretischen Formulierungen zu haben, nämlich solche, die auf dem Papier überzeugend wirken, sich in der Praxis aber nicht bewähren. Ich glaube daher, daß der Zugang, den wir mit dieser Novelle gewählt haben, eine kreative, innovative und bedarfsorientierte Lösung ist, die dem Betroffenen zugute kommt, und zwar nicht nur den Arbeitnehmern, sondern auch den Arbeitgebern.

Ich konnte schon wiederholt darauf verweisen – ich möchte Sie aber nicht noch einmal mit Zahlen belästigen –, daß Arbeitnehmerschutz nicht nur zum Vorteil von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, sondern auch zum Vorteil von Unternehmungen und insgesamt auch zum Vorteil für die gesamte Volkswirtschaft ist, weil damit Belastungen für alle Teile verhindert werden können.

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter Öllinger! Du hast die Aufgabenbereiche der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt angesprochen. Ich würde dich gerne einladen, dir das einmal näher anzuschauen. Ich schicke dir gerne jenes Material, das die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt zur Betreuung der Unternehmen, zur Betreuung der Beschäftigten in den Unternehmen publiziert.

Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt hat auch Unfallkrankenhäuser, aber sie setzt auch sehr viele Aktivitäten hinsichtlich Unfallverhütung, Prävention beziehungsweise Information zur Unfallverhütung. Wenn man sich das umfassende Angebot und die umfassenden Aktivitäten der AUVA anschaut, dann sieht man, daß diese ein Sozialversicherungsträger ist, der in ungeheurer Verantwortung Hervorragendes leistet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch, einige kurze Bemerkungen zum Bauarbeitenkoordinationsgesetz zu machen – mit Verweis auf den Beitrag des Herrn Abgeordneten Kier. Dieses Gesetz sieht vor, daß auf Baustellen, auf denen Arbeitnehmer von mehreren Unternehmen beschäftigt sind, bereits in der Planungsphase ein Koordinator bestellt wird, um von Anfang an dafür Sorge zu tragen, daß Fehlplanungen, Fehlkoordinierungen und Fehlentscheidungen verhindert werden, dementsprechend aber auch Unfälle verhindert werden, die zum Schaden sowohl der Unternehmer, die dort tätig sind, aber insbesondere auch zum Schaden der dort beschäftigten Kolleginnen und Kollegen gehen.

Ich erwarte mir von der Umsetzung dieses Gesetzes, das die Umsetzung einer Richtlinie der Europäischen Union darstellt, daß die Gefahrenpotentiale minimiert werden und daß das unkoordinierte Nebeneinander und Nacheinander von verschiedenen Baufirmen auf ein und derselben Stelle verhindert wird. Ich glaube, jeder von Ihnen ist bereits wiederholt mit einem unkoordinierten Vorgehen von verschiedenen an Baustellen tätigen Unternehmungen konfrontiert gewesen. Meiner Meinung nach könnten damit auch Unfälle in der Baubranche reduziert werden.

Neben den Vorteilen für die Arbeitnehmer sind auch Vorteile für die Arbeitgeber zu erwarten, weil eine Koordinierung auch Kostenminimierungen mit sich bringt. Es kann hinsichtlich der Termin- und Finanzplanung eine bessere Vorgangsweise gewählt werden, der Bauablauf ist sowohl für den Auftraggeber als auch für die auftragnehmenden Unternehmungen in einer besseren Form nachzuvollziehen, aber ich könnte noch viele andere Vorteile erwähnen. – Es ist dies meiner Überzeugung nach ein Instrument, um die Sicherheit auf den Baustellen zu erhöhen.

Vielleicht haben Sie mitverfolgt, daß seit gestern der Gewerkschaftstag der Gewerkschaft Bau/Holz im Austria Center in Wien stattfindet. Auf diesem sind gerade die Fragen der Sicherheit auf den Baustellen, des Arbeitnehmerschutzes, aber auch das koordinierte Agieren von Unternehmungen auf einer Baustelle ein entscheidender Faktor, der für die Betroffenen in einer befriedigenden Form zu lösen ist. Ich glaube, daß wir mit diesen vorliegenden Gesetzesvorhaben – sowohl, was das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, als auch, was das Bauarbeitenkoordinationsgesetz betrifft – einen wesentlichen Schritt auf einem erfolgreichen Weg weitergekommen sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Reitsamer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.48

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich kann es ganz kurz machen, weil die Frau Ministerin das breite Feld sozusagen ziemlich abgegrast hat.

Ich würde für die Novelle zum ArbeitnehmerInnenschutzgesetz die Überschrift "mehr Praxis und weniger Theorie im Arbeitnehmerschutz" wählen. Es geht jetzt vor allen Dingen um jene Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern, bei denen anstelle einer Beratung eine arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung durch die AUVA vorgesehen ist.

Es geht nicht um Mindesteinsatzzeiten, wobei mir der Mix aus Basisbetreuung und Anlaßbetreuung besonders gut gefällt. Das heißt also, es wird auf die spezifischen Schutzerfordernisse von einzelnen Betrieben abgezielt, zum Beispiel wenn es um Arbeitsunfälle oder um neue Arbeitsverfahren geht.

Wir geben ein permanentes Bekenntnis dazu ab, daß kleinere und mittlere Betriebe ganz besonders geschützt und unterstützt werden sollen, und das passiert mit dieser Novelle, denn es geht um ein kostenloses Betreuungsangebot durch die Unfallversicherungsträger. Man hat aber die Wahl, denn wenn man das nicht möchte, dann kann man natürlich selbst und selbstverständlich auf eigene Kosten Präventivdienste bestellen.

Mehr Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, meine Damen und Herren, können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Der Arbeitnehmerschutz dient nicht nur den Betrieben und der Volkswirtschaft, er dient in erster Linie natürlich den Arbeitnehmern, wobei es aber jetzt ein ganz anderes Bewußtsein von seiten der Dienstgeber dazu gibt. Man braucht sich nur die Zahlen anzuschauen. 1994 betrug der volkswirtschaftliche Schaden durch Arbeitsunfälle zirka 30 Milliarden Schilling. Nach Inkrafttreten des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes bis zum Jahr 1996 hat sich dieser Schaden bereits um 3,3 Milliarden Schilling reduziert, und die Kostensenkung auf der betriebswirtschaftlichen Seite hat 10 Prozent betragen.

Meine Damen und Herren! Wenn ab 1. Jänner 2000 die AUVA 330 Millionen Schilling pro Jahr für diese Maßnahmen zur Verfügung stellt, dann muß ich sagen, das ist eine gute Sache. Noch besser finde ich das Ziel, 10 Prozent des Gesamtbudgets für Prävention aufzuwenden. (Beifall bei der SPÖ.)

Zurückkommend auf die Beratungen im Ausschuß: Da habe ich mich ein bißchen mit Kollegen Feurstein in die Wolle gekriegt. Die Grenze liegt bei 50 Arbeitnehmern. Kollege Feurstein wollte 55 Arbeitnehmer für jene Betriebe, die geringfügig darüber liegen – ich berichte es nur –, weil sie Lehrlinge oder begünstigte Behinderte beschäftigen. (Abg. Dr. Feurstein: Da bin ich voll dafür, und Sie waren dagegen! Das will ich im Protokoll haben!) Sie kommen noch zu Wort, Herr Kollege!

Ich war deshalb nicht damit einverstanden – das sage ich mit aller Deutlichkeit –, weil wir, so glaube ich, sehr viel für jene Unternehmungen, die Lehrlinge beschäftigen, getan haben. Ich habe aber den Kompromiß mit 53 Arbeitnehmern – das war bei mir die höchste Zahl – gerne mitgetragen. (Abg. Dr. Feurstein: Ein schlechter Kompromiß!) – Das sagen Sie, ich bin anderer Meinung!

Aber ich muß auch sagen, daß es generell mit Obergrenzen immer Probleme geben wird. Einzelne Interventionsschreiben zeigen die Einstellung mancher: Wenn man das bis zu 50 Arbeitnehmern gratis bekommt, ich aber 51 habe, dann muß ich halt zwei entlassen! – Das ist das Problem, das immer wieder bei Grenzen zutage tritt. Dasselbe hatten wir bei der Lehrlingsförderung, nämlich daß Zusagen plötzlich nicht mehr eingehalten wurden, und erst dann, als Geld geflossen ist, sind die Lehrlinge aufgenommen worden. (Abg. Tichy-Schreder: Welche Zusagen? Von wem?)

Ich möchte allen ins Stammbuch schreiben: Der Nutzen der Investitionen in den Arbeitnehmerschutz ist jedenfalls immer höher als die Kosten. Das ist mehrfach durch internationale Studien belegt worden.

Ich bin schon in Zeitdruck, möchte aber trotzdem nicht unerwähnt lassen, daß es noch etwas zu entschärfen galt. Wir haben von Arbeitsstätten mit mehr als 50 Arbeitnehmern gesprochen. Darunter würden alle Handelsketten, Versicherungen, Banken und so weiter fallen, die kleine Filialen betreiben. Jetzt ist auch das geklärt worden, und das erscheint mir sehr wichtig.

Wir wurden mit Interventionen bezüglich der vorrangigen Einbeziehung externer Präventivfachkräfte bombardiert. Ich begrüße die Ausschußfeststellung und vor allem den Querverweis auf Weiterbildung, auf Qualität der Betreuung, auf Kriterien wie Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.

Ein sinnvolles Modell der Kooperation und Zusammenarbeit zwischen Unfallversicherungsträgern, den dort angestellten Präventivfachkräften einerseits und den arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Zentren und niedergelassenen Arbeitsmedizinern und freiberuflichen oder gewerblichen Sicherheitsfachkräften andererseits muß organisiert werden. Für diese Zusammenarbeit muß es Eckpfeiler geben wie eine regionale Verankerung, Qualitätssicherungsmaßnahmen und flexible vertragliche Grundlagen.

Aber es darf nicht, wie es auch mehrfach in Schreiben angeklungen ist, diese Nebenjobmentalität geben. Damit habe ich meine Probleme. Es haben einige geschrieben, die AUVA wäre nur bereit, Verträge abzuschließen, wenn soundso viele Arbeitsstunden pro Woche geleistet werden können. Wenn die Ärztekammer von 1 800 einschlägig qualifizierten Ärzten spricht, dann muß ich schon sagen, daß das wohl mehrheitlich solche Ärzte sind, die neben ihrer Praxis, neben sonstigen Aufgaben diese Arbeit im Rahmen eines Nebenjobs mit wenigen Stunden erledigen wollen, und das kann nicht der Sinn sein.

Die heutige Novelle beinhaltet europaweit einmalige Regelungen. Sie schafft, wie die Frau Ministerin schon gesagt hat, Arbeitsplätze und ist ein entscheidender Faktor für Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit in den Betrieben. Die zwei Klassen im Arbeitnehmerschutz sind damit praktisch abgeschafft. Wenn für den öffentlichen Dienst auch ein ähnlicher Arbeitnehmerschutz angekündigt wurde, dann muß ich sagen, ich kann das nur begrüßen.

Zum LiF-Antrag nur eine einzige Anmerkung: Es wurde als Meßgröße das spezifische Gefährdungspotential gewünscht. Ich würde sagen, wir haben dem Antrag zwar nicht zugestimmt, aber die Anlaßbetreuung geht meiner Meinung nach ohnehin ein bißchen in diese Richtung.

Noch einen Satz zum Verbrechensopfergesetz: Ich verstehe nicht, daß diese Punkte unter einem abgehandelt werden, aber die Tagesordnung war akkordiert. Kollegin Gatterer hat diese Novelle erfreulicherweise sehr positiv beurteilt. Die Diskussion um das Schmerzensgeld und den Schadenersatz, die einfach in das Justizressort und nicht in den Sozialausschuß gehört, habe ich deshalb traurig gefunden, weil dadurch untergegangen ist, wie positiv und wie wichtig dieses Gesetz ist und daß es eigentlich alle begrüßen.

Zum Antrag des Kollegen Öllinger kann ich nur sagen: Eine Festtarifvereinbarung wäre eine Einschränkung des Vertragspartnerrechtes. Wenn man sagt, daß Kindern kein Selbstbehalt zumutbar ist, dann muß ich sagen, selbstverständlich ist ihnen dieser nicht zumutbar. Aber angesichts des vierfachen Bezahlens der Psychotherapie, muß ich sagen, kann es auch keine Selbstbehalte geben, denn wir sollen nicht der Preistreiberei das Wort reden. Ein bekannter habilitierter Psychotherapeut hat gesagt: Keine Therapiestunde kann 2 000 S wert sein! (Beifall bei der SPÖ.)

12.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaugg. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.57

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die letzte Ausschußsitzung war sozusagen von Szenen einer Ehe vor der Scheidung geprägt. Das wird heute etwas heruntergespielt, aber es hat gewaltig gekracht im Gebälk, und zwar deshalb, weil die ÖVP-Abgeordneten ein sehr distanziertes Verhältnis zum Sozialen haben (Abg. Dr. Stummvoll: Geh bitte!) und die SPÖ-Abgeordneten zwar langsam, aber doch vom Täterschutz zum Opferschutz übergehen. (Abg. Dr. Höchtl: Bist du der Parlamentarier eines anderen Landes?) Denn unter Broda wurde alles getan, damit der Täter geschützt wird, und nun sind wir endlich so weit, daß die Verbrechensopfer geschützt werden müssen. (Abg. Dr. Höchtl: Lebst du in einem anderen Land?)

Es ist erstaunlich, daß die Frau Bundesministerin in ihren Ausführungen gemeint hat, das würde irgendwelche Folgen haben, man müsse das erst prüfen, wenn man auch bereit wäre, Schmerzensgeldzahlungen vorzufinanzieren. (Abg. Dr. Feurstein: Sind Sie dafür oder sind Sie dagegen?) Da geht es nicht um mehr als um die Vorfinanzierungen. (Abg. Dr. Feurstein: Ist die FPÖ dafür oder dagegen?) Gerade, wie die Linie der ÖVP ist, hat sie versprochen, sie wird einen Entschließungsantrag einbringen. Ich frage jetzt nach, wo dieser Entschließungsantrag liegt, dem wir unsere Zustimmung erteilen können. (Abg. Dr. Höchtl: Sag jetzt endlich einmal, wofür du bist!)

Daß es in der sogenannten Koalition rundgeht, ist auch nachvollziehbar, wenn Kollege Guggenberger von Unkenntnis der ÖVP-Abgeordneten und ähnlichem mehr spricht. Ich würde empfehlen: Löst diese "Ehe" so rasch als möglich auf, weil sie den Bürgern unseres Landes nichts mehr bringt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zur Regierungsvorlage des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, dem wir in dieser Form unsere Zustimmung nicht erteilen werden, ist zu sagen, daß erstens einmal der öffentliche Dienst wieder nicht berücksichtigt wird. Das heißt also, daß sich der Dienstgeber Staat selbst wieder ausnimmt und keinesfalls umfassende Bereitschaft zeigt, auch den öffentlichen Dienst miteinzubeziehen.

Die kostenlose arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung ist eine notwendige Maßnahme, aber es sind in diesem Gesetz keine Mindestzeiten, keine qualifizierte und quantifizierte Begehung im Ein- oder Zweijahresrhythmus und keine Bedachtnahme auf die Gefährdung der Arbeitnehmer vorgesehen. Es wurde die Kostentragung durch den Bund zugesagt, und jetzt habt ihr das auf die AUVA abgeschoben.

Daher haben wir Freiheitlichen einen Abänderungsantrag eingebracht, wonach auch Kleinbetriebe mit weniger als elf Mitarbeitern einzubeziehen sind, genauso wie es für privatwirtschaftliche Präventivdienste, deren Auswahl durch den Arbeitgeber erfolgt, einen Kostenersatz geben müßte.

Aber ein Gruß vom "Heiligen Bürokratius" aus Brüssel ist wohl dieses Bauarbeitenkoordinationsgesetz. Man weiß nicht, was man will. Man weiß nicht, was das soll. Man beschließt es einfach, weil man eine EU-Richtlinie nachvollzieht.

Frau Minister! Wir haben im wesentlichen ein funktionierendes ArbeitnehmerInnenschutzgesetz. Wir haben ein Produkthaftungsgesetz. Wir haben die Verantwortung jener Personen festgeschrieben, die auf Baustellen tätig sind. – Jetzt frage ich mich: Was soll dieser Baustellenkoordinator bringen – mit Ausnahme von Mehrkosten? – Der Straßendienst in Niederösterreich beziffert die Mehrkosten für diese Maßnahme mit rund 20 Millionen Schilling. Das ist ein kleiner Betrag, wenn man bedenkt, daß etwa die gesamten Baukosten Österreichs eine Steigerung um 0,7 Prozent erfahren würden. Es ist auch nicht geklärt, ob dieser Baustellenkoordinator eine permanente Anwesenheitspflicht hat. Was passiert mit ihm? Was tut er? Wer bewacht die Wächter?

Wir haben Arbeitsinspektoren, wir haben Gewerbeinspektoren. Wenn sich zum Beispiel Mitarbeiter eines Dachdeckerunternehmens am Dach nicht anschnallen, dann tragen die Verantwortung dafür der betroffene Arbeitnehmer sowie der betroffene Arbeitgeber. Jetzt frage ich mich: Ist der Koordinator dann auch noch schuld? Wird er an die Baustelle quasi angebunden, oder soll er überall gleichzeitig sein? Oder ist es nur eine Arbeitsbeschaffung für irgend jemanden, von dem man noch nicht genau weiß, wohin er soll? – Außerdem gibt es im Gesetz Umgehungsmöglichkeiten, denn wenn ein Generalunternehmer bestellt wird, dann braucht man keinen Baustellenkoordinator.

Ich sage Ihnen noch eines: Steigende bürokratische Verpflichtungen fördern den Pfusch. Wenn man diese Maßnahme, wie sie im Gesetz steht, umsetzt, dann ist jeder einzelne Häuslbauer davon betroffen, dann kommt es zu massiven Kostensteigerungen bei den Baustellen.

Sie sagen auch immer wieder, es müßte bei den Verbrechensopfern geprüft werden, ob die Schmerzensgeldvorauszahlung überhaupt möglich ist. Diesbezüglich ist die Wiener Stellungnahme insofern interessant, als sie Ihrem Gesetz, das Sie heute zur Beschlußfassung vorlegen, Verfassungswidrigkeit vorwirft. Ich meine daher, daß das ein massiver Vorwurf ist, der zunächst einmal geprüft werden sollte, bevor man dazu übergeht, wiederum eine Bürokratiehürde einzubauen, obwohl wir ständig von Verwaltungsabbau, Bürokratieabbau hören. In Wahrheit erhöhen Sie den Druck auf die Unternehmen und auf die Arbeitnehmer in diesem Lande, anstatt ihn zu reduzieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Gleichfalls 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.03

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da meine Kollegin Gatterer bereits zum Verbrechensopfergesetz Stellung genommen hat, möchte ich mich vor allem auf die Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes konzentrieren. Ich glaube, dabei geht es tatsächlich um eine weichenstellende Gesetzesänderung.

Im Grunde genommen geht es darum, daß die legistische und praktische Umsetzung des Artikels 6 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994 in Form einer, wie ich glaube, wirklich richtungsweisenden Weichenstellung erfolgt, nämlich in Richtung Gleichheit der Aufgabenstellung zwischen der Unfallversicherung einerseits und dem Arbeitnehmerschutz im Betrieb andererseits. Beide haben die gleichen Zielsetzungen im prophylaktischen Bereich, wie etwa Gesundheitsvorsorge, Berufskrankheitenprophylaxe und Verhütung von Arbeitsunfällen. Es soll also erreicht und praktisch umgesetzt werden, daß die Betriebe nicht zweimal zahlen, nämlich einmal für die Unfallversicherung und einmal für den betrieblichen Arbeitnehmerschutz, wobei dies allerdings zunächst einmal auf Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern eingeschränkt ist.

Meine Damen und Herren! Ich sage deshalb "zunächst", weil ich glaube – ich sage das ganz offen –, daß wir es uns auf Dauer nicht leisten und es den Betrieben mit über 50 Mitarbeitern nicht zumuten können, daß sie für den gleichen Zweck, den wir natürlich völlig akzeptieren, nämlich für Gesundheitsvorsorge, Arbeitsschutz im Betrieb, Berufskrankheitenprophylaxe, zweimal zahlen. Das, was wir heute als Modell für Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern beschließen, ist für uns und für mich ein Modell für die Zukunft. Wir werden diesbezüglich weitere Schritte in Zukunft setzen müssen. Ich kann keinem Betrieb erklären, warum er für den gleichen Zweck zweimal zahlen muß. (Beifall bei der ÖVP.)

Insofern ist es eine sehr weichenstellende Beschlußfassung, die wir heute treffen, weil wir erstmals diesen Grundsatz für 95 Prozent unserer Betriebe – ungefähr so viele fallen in diese Kategorie – verwirklichen.

Meine Damen und Herren! Zweiter Punkt: Ich glaube, wir müssen auch folgendes feststellen: Wenn uns diese Anliegen wie Gesundheitsvorsorge und Vermeidung von Berufskrankheiten so wichtig sind, dann können wir auf Dauer nicht tolerieren, daß wir eine Zweiklassengesellschaft von Arbeitnehmern haben. Wir haben zum einen die Arbeitnehmer in den Privatbetrieben, für die all das gilt, und wir haben zum anderen die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, für die all das nicht gilt! Ich bin daher sehr froh, daß wir schon ein Begutachtungsverfahren über ein ArbeitnehmerInnenschutzgesetz für den öffentlichen Dienst hatten. Ich hoffe sehr, daß die Gespräche zwischen Sozialministerium und Finanzministerium rasch zu konkreten Ergebnissen führen. Denn eines können wir trotz Stabilisierungskurs und Kostendenken im Budget nicht gelten lassen: daß der Finanzminister vielleicht sagt, die Betriebe müssen sich all das leisten können, im öffentlichen Dienst können wir uns das alles nicht leisten. – Das werden wir sicherlich, meine Damen und Herren, nicht tolerieren. Wir verlangen, daß hier mit einem Maß gemessen wird. Wir verlangen für den öffentlichen Dienst die gleichen Regeln wie für jeden privaten Betrieb. (Beifall bei der ÖVP und beim Liberalen Forum.)

Dritter Punkt: Meine Damen und Herren! Wenn wir uns heute im Bereich der Vorsorgemedizin und der Gesundheitsvorsorge umsehen, so können wir sagen, daß von allen Teilbereichen der Gesundheitsvorsorge der Bereich Betrieb-Arbeitsmedizin am besten und weitesten ausgebildet ist. Ich würde mir gesundheitspolitisch sehr wünschen, daß wir auch in den anderen Bereichen, also in der Sozialmedizin, Ernährungsmedizin und Umweltmedizin, so weit kommen, wie wir in diesem Bereich schon sind.

Eines ist natürlich nicht sehr vernünftig, das muß ich schon sagen: Die Betriebe müssen alle Bestimmungen einhalten. Ich nenne da zum Beispiel den Lärmgrenzwert von 85 Dezibel. Kaum verläßt der junge Mitarbeiter den Betrieb, kann er stundenlang in einer Disco mit 90 oder 95 Dezibel sein. Das kann es nicht sein. Da müssen wir Gesundheitsbewußtsein und auch Gesundheitsinformationen entsprechend forcieren. Wir müssen gesamtheitlich denken und können nicht nur sagen, die Betriebe sollen etwas tun. Gesundheit liegt in hohem Maß auch im Bereich der Eigenverantwortung. Dazu sollten wir uns auch bekennen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Koppler.) – Herr Kollege Koppler! Das ist auch ein Bereich der Eigenverantwortung.

Zum Abschluß möchte ich im Anschluß an die Diskussion im Sozialausschuß jenen etwas sagen, die glauben, daß das Gesundheitswesen ein Automat ist, bei dem man oben eine Milliarde hineinwirft und unten mehr Gesundheit herauskommt. Ich habe immer die Auffassung vertreten: Mehr Ärzte, mehr Medikamente, mehr Spitäler bedeuten nicht automatisch mehr Gesundheit. Wir müssen stärker in diesen prophylaktischen Kategorien denken. Wir von der Wirtschaft und wir von der Volkspartei senden mit der heutigen Zustimmung ein Signal in die richtige Richtung. Als weiteren Schritt, wenn wir an die Jahreswende denken, an das nächste Jahrhundert, an das nächste Jahrtausend, müssen wir aber erreichen, daß das für alle Betriebe gilt, daß es keine Zweiklassengesellschaft gibt und alle Betriebe nach den gleichen Grundregeln behandelt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

13.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

13.08

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Dr. Stummvoll, ich kann Ihren Ausführungen nur zustimmen. Wir müssen es jetzt nur mehr tun. Die Spanne zwischen den Betrieben mit bis 50 Mitarbeitern und denen mit unter 50 Mitarbeitern ist wirklich kostenmäßig interessant. Wir müssen uns nun überlegen, welche Rahmenbedingungen wir setzen und was wir den Unternehmungen sagen.

Wir sagen, der 51. Mitarbeiter startet mit einem zusätzlichen Kostenpaket von rund 150 000 bis 200 000 S. Mein Betrieb fällt in die Größe, dieses ArbeitnehmerInnenschutzgesetz umsetzen zu müssen, ich sehe aber eigentlich nicht ein, warum wir das in Österreich in einer bürokratischen Art und Weise tun, die eigentlich auf ganz anderen marktwirtschaftlichen Wegen denselben Effekt haben könnte. Man kann sich auch vorstellen, daß man den Arbeitnehmerschutz so organisiert, daß man klare Sicherheitsstandards definiert, klare Verantwortungen festschreibt und die Unternehmungen, in denen es weniger Unfälle gibt, zum Beispiel auch geringere Beiträge an die AUVA zahlen. Wenn diese Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, die nur von Unternehmerbeiträgen gespeist wird, Überschüsse hat, sagen Sie, jetzt nehmen wir diese Überschüsse und verwenden sie anders. Haben Sie schon einmal überlegt, daß Sie diese Überschüsse nicht anders verwenden, sondern auch die Beiträge senken könnten? – Das wäre doch eine spannende Alternative, oder? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Frau Bundesminister! Die Industrie hat eine sehr interessante Studie gemacht, die Sie sicherlich kennen. Die Pro-Faktor-Studie, welche die Frage der Bürokratiekosten in den Betrieben und in der gesamten Gesellschaft untersucht hat, kommt zu dem Schluß, daß die Bürokratie bereits 5 bis 7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Andere Länder haben Gesetzesfolgenkostenabschätzungen, weil sie genau überlegen, was Gesetze kosten, und zwar nicht nur, wie Herr Khol uns unlängst wissen ließ, für die Gebietskörperschaften, sondern für die BürgerInnen, für die Unternehmungen.

Frau Bundesminister! Sie haben uns heute erklärt, wie man für Arbeitsplatzwachstum sorgt. Sie haben ziemlich wörtlich gesagt, daß dieses neue ArbeitnehmerInnenschutzgesetz eine höhere Beschäftigung bringt. Das heißt also, mehr Sicherheitsfachkräfte, mehr Arbeitsmediziner, mehr Inspektoren, mehr Kontrollore bringen zusätzliche Arbeitsplätze. Da haben Sie recht. Frau Reitsamer hat sich noch dazu verstiegen, zu sagen, es werden damit auch die Produktivität und der Wettbewerb gesteigert. Also jetzt kommen wir in ein sehr bedenkliches ökonomisches Gebiet; ein anderes Wort dafür, hat der Herr Präsident gesagt, darf ich nicht verwenden.

Sie schaffen also Arbeitsplätze, weil Sie mehr Arbeitsplätze für öffentlich Bedienstete schaffen. Im letzten Jahr, Frau Bundesministerin, trotz aller Schwüre dieser Regierung, ist die Zahl der öffentlich Bediensteten um 6 702 gestiegen. Im Unterschied zu anderen Staaten steigt bei uns die Zahl der öffentlich Beschäftigten, anstatt zu sinken. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Hostasch.) – Die Sicherheitsfachkräfte und Ärzte nicht, die Inspektoren und Kontrollore sehr wohl.

Das ist der Punkt dabei. Wir haben ein System aufgebaut, das Sie immer noch teurer machen, weil Sie immer weitere Verkomplizierungen hineinbringen. Heute schaffen Sie für Betriebe mit bis 50 Mitarbeitern eine Erleichterung, aber all jene Betriebe, die mehr als 50 Mitarbeiter haben, sind die "Mischegeber", wie Stummvoll schon gesagt hat. Sie zahlen doppelt, sie zahlen auf der einen Seite die 1,4 Prozent Dienstgeberbeitrag – die beschäftigungshemmenden Lohnnebenkosten werden nicht gesenkt –, und auf der anderen Seite bezahlen sie ihre eigenen Kosten für den Bereich des Arbeitnehmerschutzes und der Arbeitsmedizin.

Es ist für mich wirklich faszinierend, nachzuvollziehen, wie die Regierungsparteien in diesem Hohen Haus immer wieder zur bürokratischen Lösung greifen und nicht die marktwirtschaftliche Lösung bevorzugen. Warum definieren Sie nicht Verantwortungen? – Arbeitnehmerschutz muß eine Kultur in den Unternehmungen sein, und die Unternehmer, die Sie aus humanistischen Gründen schon nicht verstehen, sollten Sie zumindest aus Kostengründen verstehen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn trotzdem Betriebe gegen Vorschriften verfehlen, dann haben Sie noch immer die Möglichkeit der Kontrolle durch die Arbeitsinspektorate, aber schaffen Sie doch einen finanziellen Anreiz! Glauben Sie nicht daran, daß sich all das von selbst regelt, wenn Sie die richtigen Rahmenbedingungen setzen! Sie setzen keine richtigen Rahmenbedingungen. Sie haben im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 132 Paragraphen, und für die über 21,5 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst genügt Ihnen ein Gesetz mit 13 Paragraphen, Frau Bundesminister! Wieso geben Sie es denn da so billig? – Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz für die öffentlich Bediensteten beinhaltet 13 Paragraphen, und für die Unternehmungen brauchen Sie 132. Wieso denn, Frau Minister? – Ist das Thema um so vieles schwieriger in der Privatwirtschaft? Ist es im öffentlichen Dienst um so vieles einfacher? – Ich weiß, Sie wollen nicht darauf antworten, und ich weiß auch, warum Sie nicht darauf antworten wollen: weil Sie schlicht und ergreifend keine Antwort haben.

Im öffentlichen Dienst brauchen Sie keine Mindesteinsatzzeiten, diese brauchen Sie dort nicht. Warum brauchen Sie in diesem Bereich keine Mindesteinsatzzeiten, Frau Bundesminister? – Für den öffentlichen Dienst, für die großen Ministerien, in denen Tausende Menschen arbeiten, haben Sie ein arbeitsmedizinisches Zentrum, aber keine Mindesteinsatzzeiten. Sicherheitsfachkräfte in dem Sinn gibt es überhaupt nicht, hätten in 13 Paragraphen auch gar keinen Platz. – Sie messen mit unterschiedlichem Maß. Sie versuchen, mit Kosten der Bürokratie Ziele zu erreichen, denen wir nicht zustimmen können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es würde auch anders gehen, Frau Bundesminister – nur wollen Sie offensichtlich nicht! (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. Auf 5 Minuten stelle ich die Uhr ein. – Bitte.

13.13

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Hatten wir schon bisher ein vorbildliches Verbrechensopfergesetz, so gelingt jetzt ein weiterer Schritt zur Verringerung von Schäden und Verbesserung der Situation der Opfer. Zu bereits bestehenden Entschädigungen im Sozialversicherungsbereich kommt die erweiterte Kostenübernahme für die Psychotherapie. Will man nicht unbedingt den Ordinarius persönlich als Therapeuten, wird fast immer mit dem vierfach höheren Kassentarif das Auslangen zu finden sein. Es ist strikt darauf zu achten, daß nicht das Wissen um die vierfach höhere Kostenübernahme durch die Sozialversicherung die Honorare für Therapeuten akut steigen läßt. Marktwirtschaftliche Kriterien sollten Psychotherapien nicht zugrunde liegen, für psychisch Kranke sollten gleiche Honorare gelten. Wir alle kennen diese Effekte, wenn Gleiches nicht gleich ist, so wie zum Beispiel Urlaube in den Schulferien wesentlich teurer, dafür mangelhafter als zu anderen Zeiten sind.

Es wird Verhandlungen und Listen darüber geben müssen, welche Therapeuten sich innerhalb des Rahmens bewegen. Schmerzensgeld für seelisches und körperliches Leid ist begrüßenswert, vom Staat jedoch nicht finanzierbar. Wir sehen an sehr unterschiedlichen Schmerzensgeldzuerkennungen, wie schwierig es ist, erlittene Schmerzen in Geld auszudrücken – bei seelischen Schmerzen wesentlich diffiziler als bei körperlichen. Vorher vereinbarte Pauschalsummen könnten Nachteile für die Opfer bringen. Es wäre aber für die Opfer eine riesige Erleichterung und für den Staat kostenneutral, müßten Schmerzensgeldforderungen nicht erst in einem Zivilverfahren eingeklagt, sondern bereits beim Strafprozeß mit verhandelt und dem Opfer als Zahlung des Verbrechers an dieses zuerkannt werden. – Ich hoffe, daß sich der Justizausschuß mit solch einer Regelung befaßt, könnte mir aber vorstellen, daß Rechtsanwälte, um nicht die Opfer als Klientel zu verlieren, solch eine Regelung zu verhindern versuchen, denn derzeit fällt erstrittenes Schmerzensgeld in hohem Ausmaß den Rechtsanwälten zu.

Ich nehme an, daß sich alle Abgeordneten des Justizausschusses, denen die Opfer am Herzen liegen, für diesen Vorschlag einsetzen und eine Realisierung ermöglichen.

Verbrechen aller Art sind für Opfer wie deren Hinterbliebene schwerst traumatisch. Neben schwer körperlich verletzten Opfern von Gewaltverbrechen denke ich an die Opfer sexueller Gewalt, besonders an die Kinder, die von Familienangehörigen, die sie lieben und denen sie vertrauen sollten, mißbraucht werden. Es ist gut, daß für diese Verbrechen die Verjährungsfristen verlängert wurden, denn oft, um momentan überleben zu können, arbeiten die Opfer mit maximaler Verdrängung beziehungsweise stehen sie in massiver Abhängigkeit, zeigen ihren Peiniger spät an und erkennen ihre eigenen seelischen Schäden erst nach langem.

Daher sind die Bundessozialämter besonders bemüht, mit den Opferschutzvereinen in engstem Kontakt zu kooperieren. Besonders möchte ich hier den Weißen Ring, eine Initiative der Exekutive, erwähnen. In allen Informationsmaterialien erfolgt der Hinweis auf die Leistungen unseres hervorragenden Verbrechensopfergesetzes. Durch diese Initiative erwarten wir, daß mehr Verbrechensopfer Anzeige erstatten, weil sie dadurch die Möglichkeit einer Therapie erhalten, die für sie der Weg in die Normalität ist. Ich glaube nicht, daß die Zahl der Mißbrauchsverbrechen steigt, das Thema wurde enttabuisiert und medial verarbeitet, sodaß es zu mehr Anzeigen kommt.

Persönlich erinnere ich mich noch an eine Patientin vor mehr als 20 Jahren, deren Erkrankung endlich nach zweijährigem Spitalsaufenthalt als Automutilismus diagnostiziert, die einer Psychotherapie zugewiesen und wo als Ursache sexueller Mißbrauch durch den Stiefvater erkannt wurde. Dieses arme Geschöpf hat in ihrer Not ein Bein und um Haaresbreite auch ihren Unterarm verloren. Bis dahin wußte ich weder durch Studium noch Beruf über sexuellen Mißbrauch in der Familie, wobei ich sicherlich schon früher Opfern begegnet bin. Ich erkannte ihr Leid und verstand ihre Botschaften nicht, da das damals unbekannt war.

Aus den Forschungen über die Shoah hat sich gezeigt, daß bei Opfern, auch wenn sie vermeintlich schwerst traumatische Ereignisse überwunden haben, nach Jahrzehnten noch psychische Schäden zutage treten und behandelt werden müssen. Wir müssen dafür sorgen, daß die Opfer von Gewaltverbrechen ehebaldigst eine Psychotherapie erhalten, um wieder in das Leben zurückzufinden, und durch die Schaffung von entsprechenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eine gewaltarme beziehungsweise gewaltfreie Gesellschaft ermöglichen. Uns Sozialdemokraten sind Schutz und Hilfe für die Schwachen ein Anliegen, daher begrüßen wir diese Gesetzesnovelle. (Beifall bei der SPÖ.)

13.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Herr Abgeordneter, ich stelle auch bei Ihnen die Uhr auf 5 Minuten ein. – Bitte.

13.19

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich darf mich zunächst mit einer Wunschvorstellung meiner unmittelbaren Vorrednerin auseinandersetzen, nämlich damit, daß Schmerzengeldzusprüche im Strafverfahren erfolgen könnten und auch sollten. Ich halte das aus der Praxis heraus für nicht leicht vollziehbar, denn das Schmerzensgeld wird nicht vom Verhandlungsrichter geschätzt, sondern das Schmerzensgeld wird von Sachverständigen – meistens sind es mehrere – aufgrund der eingeholten Krankengeschichten, der eigenen Untersuchung und ähnliches mehr bestimmt.

In aller Regel ist zuerst der Chirurg an der Reihe. Der Chirurg verweist dann darauf, daß er noch einen Orthopäden, einen Internisten, mitunter auch einen Psychiater beziehungsweise Neurologen hinzuziehen muß. Das ist im Strafverfahren einfach nicht abwickelbar. Natürlich wäre es angenehm, wenn alles in einem Aufwaschen ginge, aber darauf zu hoffen, ist, so glaube ich, völlig verfehlt.

Diese Novelle, die heute beschlossen werden soll, ist wichtig, aber sie reicht nach Ansicht von uns Freiheitlichen zuwenig weit. Beobachter wundern sich immer, daß es nur sehr geringe Beträge sind, die insgesamt nach dem Verbrechensopfergesetz in Anspruch genommen werden. Das hat seine Ursache zunächst darin, daß die Leute gar nicht wissen, was ihnen eigentlich zusteht, aber auch darin, daß die Anspruchsmöglichkeiten relativ restriktiv sind.

Wir meinen, daß jeder den Anspruch haben sollte, alles, was er vom Täter verlangen kann, auch nach dem Verbrechensopfergesetz bevorschußt zu bekommen – außer Sachschaden –, also alles, was mit Heilungskosten einerseits, mit Verdienstentgang andererseits, aber auch mit Schmerzensgeld zusammenhängt. Bei schweren Verletzungen spielt ja Schmerzensgeld eine ganz wesentliche Rolle. Es ist kein Vergnügen, dieses zu bekommen, es ist sozusagen nicht die Butter aufs Brot, sondern bei Menschen, die Wochen, Monate, Jahre – vielleicht ihr ganzes Leben lang! – aufgrund von strafbaren Handlungen schwere Schmerzen erleiden müssen, gehört es einfach dazu, um ihnen das Leben erträglicher zu gestalten. Warum soll es gerade da nicht die Möglichkeit geben, sich aus der Solidargemeinschaft aller Bürger heraus um die Bevorschussung zu kümmern?

Es geht uns also darum, nach dem Verbrechensopfergesetz das entschädigt und bevorschußt zu bekommen, was das Opfer an und für sich vom Täter verlangen und auch bekommen könnte. Dazu gehört, wie gesagt, nicht nur das Schmerzensgeld, sondern etwa auch die Entschädigung wegen Verunstaltung oder auch der Verdienstentgang – nur nicht der Sachschaden, wenn also etwa durch einen Einbruch oder ein anderes Vermögensdelikt ein Schaden entstanden ist. Das kann nicht Problem der Solidargemeinschaft sein. Die Mißbrauchsmöglichkeit wäre auch zu umfangreich.

Wir Freiheitlichen haben daher einen Entschließungsantrag eingebracht, den ich nunmehr zur Verlesung bringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Ofner, Mag. Herbert Haupt, Dr. Martin Graf, Edith Haller, Dr. Michael Krüger zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird (1472 der Beilagen), in der Fassung des Ausschußberichtes (1484 der Beilagen) betreffend mehr Hilfe für Verbrechensopfer

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat binnen Jahresfrist einen Gesetzentwurf zur umfassenden Novellierung des Verbrechensopfergesetzes zuzuleiten, der folgende Ausweitungen der Leistungspflicht des Bundes vorsieht:

1. Hilfeleistungen sollen bei allen gerichtlich strafbaren Delikten zustehen.

2. Alle bei Verletzungen am Körper oder an der geschlechtlichen Selbstbestimmung zustehenden zivilrechtlichen Ansprüche, insbesondere aber das Schmerzensgeld, sollen in die Hilfeleistung einbezogen werden.

3. Auch für verletzungsbedingte Mehrkosten, die durch Straftaten an nicht erwerbstätigen Ehepartnern entstehen, sollen Hilfeleistungen gewährt werden.

4. Für die Anwalts- und Verfahrenskosten sollen den Opfern Hilfeleistungen zustehen." – Den Tätern stehen sie schon längst zu. –

"5. Für alle Opfer sollen Soforthilfemaßnahmen in Form einer rechtlichen und psychologischen Betreuung, aber auch von Vorschüssen auf finanzielle Hilfeleistungen zur Verfügung gestellt werden, insbesondere soll eine professionelle Verfahrens- beziehungsweise Prozeßbegleitung jedenfalls minderjährigen Opfern von Sexualdelikten zur Verfügung stehen."

*****

Wir sind so stolz darauf, daß wir in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens tatsächlich eine Art Solidargemeinschaft begründen konnten. Sie erscheint aber lückenhaft und unvollständig.

Dieser Entschließungsantrag zielt daher auf einen Bereich ab, in dem gerechterweise das Opfer eines Verbrechens nicht nur dann zum Ersatz des vollen Schadens kommen soll, wenn das im Verfahren durchgesetzt werden kann und auch einbringlich ist, sondern dieser auch aus den Mitteln der öffentlichen Hand bevorschußt werden kann. Diese Lücke soll mit diesem Entschließungsantrag geschlossen werden, und ich lade daher alle Abgeordneten dieses Hauses ein, dem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Dieser Entschließungsantrag, der soeben verlesen wurde, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Steibl. Gleichfalls 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.25

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Über das Verbrechensopfergesetz wurde schon einiges vorweg von meinen Kollegen und Kolleginnen gesagt, dennoch möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß die Neuregelung im Verbrechensopfergesetz grundsätzlich zu begrüßen ist, da sich viele Opfer eine Psychotherapie aus finanziellen Gründen bisher nicht leisten konnten.

Positiv ist auch der Ansatz, daß die Hilfe nicht auf bestimmte strafrechtliche Delikte eingeschränkt werden soll und nunmehr auch die Hinterbliebenen eine Psychotherapie weitgehend kostenlos in Anspruch nehmen können.

Die Novelle zum Verbrechensopfergesetz bezieht sich jedoch nur auf die Verbesserung der materiellen Lage von Verbrechensopfern, die psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen müssen. Regelungen bezüglich Schmerzensgeld für die Opfer beziehungsweise Zuziehung eines Rechtsbeistandes werden im Verbrechensopfergesetz nicht berücksichtigt.

Unsere Forderung besteht daher darin, daß auch die Beistellung eines kostenlosen Rechtsbeistandes – es gibt schon bestehende Modelle, zumindest in der Steiermark – sowie eine möglichst schnelle und einfache Regelung bezüglich der Schmerzensgeldforderungen eine gesetzliche Verankerung finden. Das heißt, wir sind der Meinung, daß Schmerzensgeld auch über das Verbrechensopfergesetz zugesprochen werden kann und nicht erst durch einen langwierigen zivilrechtlichen Weg erkämpft werden muß. Weiters ist eine psychologische Begleitung der Opfer beziehungsweise der Verletzten während des Verfahrens zu fordern.

Der verwaltungstechnische Aufwand muß in Zukunft sowohl bei der Übernahme der Therapiekosten als auch beim Zuspruch des Schmerzensgeldes so gering wie möglich gehalten werden – nämlich zum Wohle der Opfer.

Zusammenfassend möchte ich noch einmal betonen: Daß die Kostenübernahme für Psychotherapie in den Leistungskatalog des Verbrechensopfergesetzes einbezogen wird, stellt einen wichtigen Schritt in Richtung Opferschutz dar. (Beifall bei der ÖVP.) Es müssen jedoch noch weitere Schritte folgen. Verbrechensopfer brauchen praktische und rasche Hilfe zur Bewältigung des erlittenen Traumas, das heißt, sie haben Anspruch auf sofortige rechtliche und psychologische Betreuung, denn für uns von der ÖVP stehen die Opfer an erster Stelle, und Opfer dürfen nicht auf der Strecke bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)

13.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

13.27

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe noch drei kurze Anmerkungen zum Verbrechensopfergesetz zu machen, zum einen auch in die Richtung der Frau Abgeordneten Ridi Steibl, weil sie ja ausgeführt hat, daß es jetzt darum gehe, auch Personen, die Opfer von Verbrechen geworden sind, Hilfe zukommen zu lassen, und daß der Ansatz jener sei, daß quasi keine Spätfolgen aus diesen Verbrechen entstehen sollen und man die Menschen, die Opfer solcher Verbrechen geworden sind, nicht allein lassen dürfe.

Die Grenze, die in diesem Gesetz enthalten ist, wird gezogen bei vorsätzlich begangenen Handlungen, die mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedroht sind. Also nur dann, wenn ein Opfer von einer solchen gesetzes- und rechtswidrigen Handlung betroffen ist, gibt es für dieses den Ersatz der Behandlungskosten. Jedoch der Gedanke, daß es zu einem Ausgleich zwischen Opfern und Tätern kommen soll, ist gerade auch im Bereich der Jugendlichen wichtig gewesen und hat zum außergerichtlichen Tatausgleich geführt. Diesen Gedanken, der dort so erfolgreich gewesen ist, nun auch auf den Bereich der Erwachsenen umzulegen, ist der Weg, der eigentlich notwendig wäre. Wir haben den außergerichtlichen Tatausgleich für den Bereich der Jugendlichen gesetzlich verankert, für den Bereich der Erwachsenen haben wir diesen mit dem Gesetz, das wir heute hier beschließen und das auch Zustimmung von seiten der Liberalen findet, angedacht, aber es wäre notwendig gewesen, den außergerichtlichen Tatausgleich für den Bereich der Erwachsenen gleich mit zu überlegen.

Daher auch eine Anmerkung in Richtung der Frau Abgeordneten Fekter, die nach der Beschlußfassung im Ausschuß vor die Medien getreten ist und gesagt hat: Ich verstehe nicht, wieso man nicht gleich die Schadenersatzansprüche mit regeln kann. – Wahr ist, Frau Abgeordnete Fekter – das sage ich gerade in Ihre Richtung, weil Sie Obfrau des Justizausschusses sind –, daß der diesbezügliche Entschließungsantrag seit Februar dieses Jahres im Hause liegt und massenhaft Zeit vorhanden gewesen wäre, diese Angelegenheit zu verhandeln. Gerade von seiten des Justizausschusses und von der Vorsitzenden des Justizausschusses, die ja mehr Möglichkeiten als andere Abgeordnete und insbesondere mehr Möglichkeiten als die Opposition hat, wäre es in diesem Zusammenhang möglich gewesen, diese Maßnahmen zu verlangen, auch wenn sie nicht im selben Gesetz hätten beschlossen werden können. Es hätte aber gleichzeitig eine Änderung geben können, die diesen Bereich mit berücksichtigt.

Dazu hätte man aber, beginnend im Februar, über diese Forderung verhandeln müssen. Das ist nicht geschehen, und insofern ist das ein Versäumnis, von dem man sagen muß, hier sind die Regierungsfraktionen säumig. Es wäre nicht notwendig gewesen, seit Februar in diesem Hause über diese Materie zu reden und einfach jenen Bereich, den Sie dann am Schluß der Verhandlungen verlangt haben, nicht zu besprechen, sondern es wäre bei einer adäquaten Behandlung gerade von seiten der Koalitionsparteien möglich gewesen, diese Maßnahmen heute mit zu beschließen. Wir Liberalen bedauern, daß das heute nicht möglich ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Letzter Punkt, meine Damen und Herren: Bei Betrachtung der Regierungsvorlage erscheint es mir notwendig zu sagen, daß, insbesondere was die Inkrafttretensbestimmung angeht, eine andere Formulierung gewählt werden sollte als jene, die letztlich heute von uns beschlossen wird. Wir beschließen heute folgendes – ich zitiere –: "(2) Wurde die Handlung im Sinne des § 1 Abs. 2 vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx gesetzt, ...". – Das wird wohl nicht sinnvoll sein; das betrifft auch noch einen weiteren Punkt. Ich glaube, da wird man sich eine andere mögliche Formulierung überlegen müssen, um nicht quasi ins offene Messer zu laufen. Es gibt Beschlußfassungen hier im Hause, die, wenn sie dann angewendet werden müssen, von den Normunterworfenen einfach nicht verstanden werden können. Das ist wohl keine Inkrafttretensbestimmung, die unsere Zustimmung finden sollte. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Sophie Bauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.32

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Jänner 1995 wurden durch das neue ArbeitnehmerInnenschutzgesetz über 20 Richtlinien der Europäischen Union auf dem Gebiet des Arbeitnehmerschutzes in die österreichische Rechtsordnung übernommen – so auch die Vorschrift der EU-Arbeitnehmerschutzrichtlinie, welche ja besagt, daß für eine arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung aller Arbeitnehmer zu sorgen ist, und zwar unabhängig von der Größe des Betriebes und der Anzahl der Arbeitnehmer.

Bis jetzt war es aber so, daß durch Artikel VI im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz eine arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung in Betrieben mit bis zu 50 Mitarbeitern gesetzlich nicht vorgesehen war, sondern lediglich auf freiwilliger Basis erfolgte. Wir als Funktionäre wissen aus Erfahrung, wie es in der Praxis mit der Freiwilligkeit von Unternehmen aussieht. Die Freiwilligkeit bleibt totes Recht, und die Gefahren am Arbeitsplatz werden kaum oder nur ganz selten beseitigt. Daher war es auch unbedingt notwendig, eine entsprechende arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung für Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern ab 1. Jänner 1999 gesetzlich zu gewährleisten.

Meine Damen und Herren! Die vorgelegte Novelle ist eine erfolgreiche Reparatur des Artikels VI. Ohne diese Korrektur wäre der Arbeitnehmerschutz in Klein- und Mittelbetrieben totes Recht geblieben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich verstehe auch nicht die Kritik des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer, Dr. Michael Neumann, daß durch diese Novelle die Qualität des Arbeitnehmerschutzes erheblich leiden würde. Der Entwurf geht ja von einer gewissen Flexibilität, an die jeweilige Situation angepaßt, aus, arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuungen vorzunehmen, denn diese maßgeschneiderten Betreuungsrichtlinien garantieren eine bedarfsgerechte Anpassung der Betreuung an die jeweilige Gefahrensituation und vermindern unproduktive und auch unnötige Stehzeiten der Präventivkräfte.

Vergleicht man das Arbeitsumfeld eines Schuhhändlers mit dem eines chemischen Produktionsbetriebes, wobei bei beiden dieselbe Anzahl an Mitarbeitern beschäftigt ist, so werden die Arbeitsmediziner im chemischen Betrieb mehr Zeit zur Untersuchung als beim Schuhhändler brauchen. Es ist immer wieder zu erleben, daß es Chemikalien gibt, die auf 98 Prozent der Beschäftigten keinen Einfluß haben, aber die restlichen zwei Prozent können damit absolut nicht arbeiten. Deshalb ist es richtig und wichtig, daß der Entwurf eine flexible Anpassung an die jeweilige Situation ermöglicht.

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich noch unserer Frau Bundesministerin Hostasch und ihrem Team für ihren Einsatz danken, da ja auch enorme Anstrengungen notwendig waren, um den Koalitionspartner von der Sinnhaftigkeit einer Änderung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes zu überzeugen, damit der Arbeitnehmerschutz auch für Klein- und Mittelbetriebe gesetzlich verankert wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.36

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Die derzeitige Rechtssituation im Falle des Verbrechensopfergesetzes ist, so glaube ich, unbestritten unbefriedigend und nicht zeitgemäß. Eine Novellierung dieses Verbrechensopfergesetzes ist notwendig. Bisher sind psychotherapeutische Behandlungen von Opfern und Hinterbliebenen nicht in ausreichendem Maße bezahlt worden. Verbrecher bekommen in Österreich oft eine bessere psychotherapeutische Behandlung als die Opfer oder die Hinterbliebenen.

Die Einführung einer Vorfinanzierung auch für den Selbstbehalt bei durch Krankenkassen bewilligten psychotherapeutischen Maßnahmen für Verbrechensopfer ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich glaube, da sind wir alle einer Meinung. Es ist eine alte Forderung der Freiheitlichen, eine Verbesserung der Leistungen für Opfer von Verbrechen zu erreichen.

Hilfe sollte man nicht nur auf bestimmte Delikte beschränken. Diese sollte auch für Hinterbliebene gelten, denn oft erkranken diese an sehr schweren seelischen Krankheiten. Es gilt auch, die materielle Situation der Betroffenen zu verbessern, indem sie eine Abgeltung der Kosten einer Psychotherapie erhalten. Man sollte sich auch Gedanken darüber machen, wie Regreßansprüche gegenüber den Tätern effizienter durchgesetzt werden können. Es sollte weiters von Ärzten und Gerichten verstärkt darauf hingewiesen werden, welche Behandlungsmöglichkeiten dieser Personenkreis hat.

Außerdem meine ich, daß bei körperlicher Verletzung auch das Schmerzensgeld in die Hilfeleistung mit einbezogen werden sollte. Ich plädiere auch dafür, daß den Opfern rechtliche und psychologische Betreuung, auch Vorschüsse auf finanzielle Hilfeleistung, insbesondere aber eine professionelle Verfahrens- beziehungsweise Prozeßbegleitung – jedenfalls minderjährigen Opfern – zur Verfügung stehen.

Was die Arbeitnehmerschutzregelung für Kleinbetriebe betrifft, sieht die Regierungsvorlage die sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung in Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern vor, wahlweise durch die eigene Bestellung von Sicherheitsfachkräften, durch die Inanspruchnahme eines Präventionszentrums des zuständigen Trägers der Unfallversicherungsanstalt oder, wenn eine entsprechende Ausbildung vorliegt, auch durch den Arbeitgeber selbst. Präventionszentren können allerdings nur von jenen Unternehmen herangezogen werden, die an verschiedenen Arbeitsstätten insgesamt nicht mehr als 50 Arbeitnehmer beschäftigen.

Ich meine, eine mutwillige Grenzziehung bei der Betriebsgröße ist nicht das Gelbe vom Ei. Sie konterkariert vielmehr die Bemühungen, die Betriebe dazu zu bewegen, vermehrt Lehrlinge und begünstigte Behinderte einzustellen. Ich meine auch, daß es Augenauswischerei ist, wenn die Koalitionsparteien einen Abänderungsantrag im Ausschuß einbringen, der beinhaltet, daß die Grenze von 50 Arbeitnehmern auf 53 Arbeitnehmer ausgeweitet wird, wenn diese durch Lehrlinge und begünstigte Behinderte überschritten wird.

Ich vertrete eher die Auffassung, daß die Einsatzzeit von Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern in Betrieben von dem spezifischen Gefährdungspotential der Branche abhängig zu machen und das Stundenausmaß nicht nach der Anzahl der Beschäftigten zu bemessen ist. Dadurch könnten einerseits in Unternehmen mit ungefährlichen Produktionsabläufen oder in reinen Dienstleistungsunternehmen unnötige direkte Lohnzusatzkosten vermieden und andererseits auch Kosten auf seiten des Bundes beziehungsweise der Sozialversicherungsträger verringert werden.

Ich bin in diesem Punkt einer Meinung mit meiner Vorrednerin, die gemeint hat, daß wir diesen Bereich etwas flexibler gestalten sollten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist unbestritten, daß die Sicherheit und die Gesundheit am Arbeitsplatz sowohl im Interesse der Arbeitnehmer als auch im Interesse der Betriebe sind. Die Arbeitsmedizin hat dann einen Sinn, wenn durch sie spätere Rehabilitationskosten eingespart werden und auch Invalidität verhindert werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Horngacher. – Bitte.

13.41

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Auch ich möchte zum neuen Verbrechensopfergesetz sprechen. Die Verbesserungen im Verbrechensopfergesetz, die wir heute beschließen werden, empfinde ich als höchst notwendig und richtig. Denn in den letzten Jahren hatte man oft den Eindruck, daß vom Gesetz, aber auch von dessen Vollzug her die Sorge um die Täter und deren Therapierung im Vordergrund gestanden ist. Nun endlich geht es wirklich um echten Opferschutz!

Wir müssen heute leider immer wieder feststellen, daß die Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft steigt. Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Es sind dies sehr oft instabile Familienverhältnisse, dazu kommt eine viel zu große Zahl an Scheidungen, Fernsehprogramme, in denen Gewalt verherrlicht wird, und vieles andere mehr. Die Opfer sind oft Kinder und Frauen, und daher ist es notwendig und an der Zeit, Verbesserungen zu schaffen. Eine kriminelle Gewalttat zu erleiden gehört sicher zu den schlimmsten Erlebnissen, die ein Mensch haben kann! Es kommt bei den Opfern zu schweren Schäden im psychischen Bereich. Der Therapiebedarf ist bei minderjährigen Opfern sexueller Gewalt sicherlich am höchsten, aber auch bei schweren Körperverletzungen kann er groß sein. Daher sollte die Hilfe nicht auf bestimmte strafrechtliche Delikte eingeschränkt werden.

Es geht bei diesem Gesetz nun darum, daß den Opfern staatliche Hilfe in Form von Vorleistungen gewährt wird. Der Bund fordert diese Leistungen danach vom Schädiger im Regreßweg zurück. Auch das halte ich für richtig, denn es geht hier darum, das Bewußtsein für das Unrecht zu schärfen. Ich freue mich sehr darüber, daß den Opfern nun wirksam und mit einem Recht auf psychotherapeutische Hilfe beziehungsweise Heilbehelfe umfassend – und auch rückwirkend! – geholfen werden kann. Denn auch jenen, die derzeit auf Hilfe warten, kann noch geholfen werden. Wichtig ist weiters, daß die Hilfeleistung auch für Hinterbliebene von Verbrechensopfern gilt.

Einige meiner Vorredner haben gesagt, daß es an Informationen darüber fehle. Ich möchte dazu folgenden Vorschlag machen: Es gibt ein großes Netz an Beratungsstellen, das sich über das ganze Bundesgebiet erstreckt. Dieses könnten wir dafür nützen, das Ministerium müßte nur Informationsmaterial dorthin schicken. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Öllinger hat vorhin gemeint, daß Kindern kein Selbstbehalt zuzumuten ist. Ich bin diesbezüglich seiner Meinung, glaube aber, daß mit den nun vereinbarten Sätzen das Auslangen gefunden werden kann, denn eine Stunde Psychotherapie kann nicht so teuer sein, daß sie mehr als 2 000 S ausmacht. Daher halte ich diesen Zusatzantrag für nicht notwendig.

Herr Abgeordneter Öllinger hat weiters im Zusammenhang mit den anderen Gesetzen davon gesprochen, daß von seiten der Unfallversicherung keine Anstrengungen unternommen würden, vorbeugend zu wirken. Dies ist meiner Überzeugung nach absolut nicht der Fall! Die Frau Bundesminister ist bereits kurz darauf eingegangen. Ich kenne selber ein Beispiel dafür: In der Sozialversicherungsanstalt der Bauern wird seit Jahren die Aktion "Der sichere Bauernhof" durchgeführt, und man kann an den Zahlen bereits ablesen, daß die Unfallhäufigkeit, ganz besonders auch bei Schwerstunfällen, wesentlich zurückgegangen ist. Ich glaube, daß in diesem Punkt sehr vieles geschieht.

Frau Abgeordnete Dr. Pittermann hat vorhin gesagt: Uns Sozialdemokraten sind Schutz und Hilfe für die Schwachen ein Anliegen, daher begrüßen wir dieses Gesetz! Ich möchte dazu sagen: Auch uns Abgeordneten der ÖVP sind Schutz und Hilfe für die Schwachen ein Anliegen, und daher begrüßen auch wir dieses Gesetz! (Beifall bei der ÖVP.)

13.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Blünegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

13.45

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Zum heutigen Tagesordnungspunkt 2, dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, kann ich der Frau Ministerin in einem Punkt sicherlich recht geben, nämlich daß die Maßnahmen für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer notwendig und unbestritten sind. Die in diesem Gesetz vorgesehenen Maßnahmen sind teilweise in Ordnung, erfordern aber aus unserer Sicht auch sehr viel Bürokratie. Eine Vernachlässigung dieser Maßnahmen würde aber für Österreich sicherlich großen Schaden bedeuten.

Aber, Frau Bundesministerin, ich glaube, Sie irren, wenn Sie meinen, daß dieses Bundesgesetz ein großer Wurf ist. Denn in der Frage der arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Betreuung der Arbeitnehmer ist die Umsetzung sicherlich nicht so gelungen, wie wir Freiheitliche uns das vorgestellt haben. Wir legen besonderes Augenmerk auf die arbeits- und sicherheitsmedizinische Betreuung von Arbeitnehmern in Klein- und Mittelbetrieben, denn genau das wurde nach unserem Dafürhalten immer vernachlässigt. In dieser Regierungsvorlage ist nun wohl eine flächendeckende Umsetzung dieser Forderungen vorgesehen, aber zu unakzeptablen Bedingungen. Arbeitsstätten, Klein- und Mittelbetriebe mit bis zu 50 Arbeitnehmern können hiefür entweder kostenlos ein Präventionszentrum der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt in Anspruch nehmen oder selbst Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner verpflichten.

Frau Bundesministerin! Sie sprechen in Ihrer APA-Aussendung vom 5. November dieses Jahres von flexiblen und unbürokratischen Betreuungsmodellen für die Klein- und Mittelbetriebe. Sie bedenken dabei nicht, welchen Zeitverlust es sowohl für die Arbeitgeber als auch für die Arbeitnehmer auf dem Lande, also in der sogenannten Provinz, bedeutet, die weit entfernten Präventionszentren aufzusuchen. Da ist meiner Meinung nach das Haar in der Suppe. Die arbeitsmedizinische Betreuung der Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern sollte nicht über die Einrichtungen der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt erfolgen, sondern von den niedergelassenen Arbeitsmedizinern nach der Wahl des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers durchgeführt werden. Zur Entlastung der ohnehin bereits schwer belasteten Klein- und Mittelbetriebe müßten die Kosten dafür auf jeden Fall zur Gänze von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt getragen werden. Wenn in den Betrieben keine Räume dafür zur Verfügung stehen, sollte die Untersuchung der Arbeitnehmer auch in der Ordination des Arztes stattfinden können.

Vernünftig finde ich den Entschließungsantrag des Kollegen Peter, der dem Gefährdungspotential bei der Bemessung der Einsatzzeit für die medizinischen und sicherheitstechnischen Dienste eine Hauptrolle beimißt. Nach unseren Vorstellungen sollte das Gefährdungspotential branchenspezifisch festgelegt werden.

Ein weiterer Punkt ist für uns Freiheitliche wichtig: Für die Betriebe mit mindergefährlichen Arbeitsprozessen könnten eine deutliche Reduzierung der Mindesteinsatzzeit im sicherheitstechnischen und im arbeitsmedizinischen Bereich und damit eine Kostensenkung im Austausch mit einer völligen Kostenentlastung für die Klein- und Mittelbetriebe erreicht werden.

Geschätzte Damen und Herren! Zusammenfassend bezeichne ich die vorliegende Novelle zum ArbeitnehmerInnenschutzgesetz als zu zentralistisch, für die Arbeitnehmer in Klein- und Mittelbetrieben wirkt sie sich schlechter aus als für jene in den Großbetrieben, und für die Betriebe insgesamt ist sie zu teuer, wenn nicht die Leistungen wirklich nur von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt in Anspruch genommen werden. Daher werden wir Freiheitliche diesem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz keine Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Seidinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.50

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Auf Debattenbeiträge des Liberalen Forums oder der Grünen einzugehen ist leider nicht möglich. Es ist niemand hier anwesend. Zum letzten Debattenredner, zum Herrn Abgeordneten Blünegger, muß ich noch sagen ... (Abg. Smolle: Nicht böse sein, einer ist da! Ich bin nicht der Herr Niemand! – Abg. Marizzi: Bei dir, Smolle, weiß man nie, bei welcher Partei du gerade bist!) – Herr Smolle! Es war niemand da in dem Augenblick, wo ich das festgestellt habe, und bei dieser Feststellung bleibe ich.

Herr Blünegger! Wir haben nicht erwartet, daß Sie diesem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zustimmen. Das kann ja schon aus oppositionellen Gründen nicht sein. Es ist mir auch bewußt, daß die Ziele dieser Novelle zum ArbeitnehmerInnenschutzgesetz hoch gesteckt sind. Es geht dabei um die Umsetzung der EU-Arbeitsschutzrichtlinie durch systematische Beratung beziehungsweise um Betreuung. Es geht weiters darum, die Zahl der Arbeitsunfälle zu senken, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Erkrankungen zu minimieren, sodaß menschliches Leid vielfach verringert und auch die volkswirtschaftlichen Unfallfolgekosten im Gesundheitswesen und in der Sozialversicherung minimiert werden können.

Es geht aber auch darum, die Betriebe bei der Erfüllung ihrer Pflichten auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit wirksam zu unterstützen, sodaß durch die Vermeidung von Betriebsstörungen aufgrund unfallbedingter Krankenstände auch die Lohnnebenkosten gesenkt und damit die Produktivität erhöht werden kann. Es ist uns allen klar, daß diese Ziele nur durch ein maßgeschneidertes Betreuungsangebot erreicht werden können, und daher begrüßen wir diese Novelle zum ArbeitnehmerInnenschutzgesetz.

Inhaltlich und sachlich eng damit verbunden ist das ebenfalls auf der heutigen Tagesordnung stehende neue Bauarbeitenkoordinationsgesetz. Mit diesem Gesetz wird ebenfalls eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt, die für den Arbeitnehmerschutz auf Baustellen besonders wichtig ist. Denn künftig muß, wenn auf einer Baustelle Arbeitnehmer verschiedener Unternehmungen beschäftigt sind, der Bauherr Koordinatoren für den Sicherheits- und Gesundheitsschutz bestellen. Die Baubranche ist ja dafür bekannt, daß die Unfallhäufigkeit besonders hoch ist, und das Risiko, einen tödlichen Unfall zu erleiden, ist in diesem Bereich sogar doppelt so hoch wie im Durchschnitt aller Wirtschaftszweige.

Bei mehr als einem Drittel dieser Unfälle liegen laut einer EU-weiten Untersuchung die Ursachen in Planungsfehlern. Das Bauarbeitenkoordinationsgesetz sieht nun vor, daß auf Baustellen, auf denen Arbeitnehmer mehrerer Unternehmen beschäftigt sind, bereits in der Planungsphase ein Planungskoordinator bestellt wird, der schon vor Beginn der eigentlichen Bauarbeiten jene Maßnahmen aufeinander abstimmt, die für den Sicherheits- und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer der verschiedenen Unternehmen notwendig sind. Für bestimmte Baustellen, nämlich größere und besonders gefährliche, muß im voraus auch ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan für alle auf der Baustelle anfallenden Arbeiten erstellt werden.

Ich halte das für einen wesentlichen Fortschritt, denn auch in der Ausführungsphase, also während der eigentlichen Bauarbeiten, hat ein Koordinator die Zusammenarbeit der verschiedenen Unternehmungen zu organisieren und dafür zu sorgen, daß die verschiedenen Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden. Die einzelnen Arbeitgeber werden aber dadurch nicht von ihrer Pflicht zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen befreit.

Ich persönlich erwarte mir von diesem neuen Koordinationsgesetz und den darin verankerten Pflichten, daß jene Gefahrenpotentiale minimiert werden, die durch das unkoordinierte Nebeneinander und Nacheinander von verschiedenen Baufirmen auf ein und derselben Baustelle entstehen können, und damit auch die Zahl der Unfälle in der Baubranche reduziert werden kann.

Aber – und das soll nicht übersehen werden – auch für die Unternehmen sind verschiedene Verbesserungen zu erwarten. Meiner Ansicht nach ist das Bauarbeitenkoordinationsgesetz nicht nur ein wirksames Instrument, um die Sicherheit auf Baustellen zu erhöhen, sondern zeigt auch eindeutig, daß sich Arbeitnehmerschutz auf jeden Fall rechnet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Frau Dr. Povysil. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.55

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! Es freut mich wirklich, daß unser ständiges Aufmerksammachen auf die Themen Kindesmißhandlung und sexueller Mißbrauch nun zu einem ersten Ansatz in Richtung eines besseren Opferschutzes geführt hat. Es freut mich wirklich, weil wir, wie Sie wissen, dafür auch sehr oft von Ihnen geprügelt worden sind. Natürlich werden wir diesem ersten Anstoß, Frau Ministerin, mit Freude zustimmen.

Nun zum zweiten Gesetz, dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz. In Österreich sind zirka 1,5 Millionen Menschen in ungefähr 250 000 Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern beschäftigt. Auch diese sollen nun, wie wir heute schon mehrmals gehört haben, arbeitsmedizinisch versorgt werden. Warum aber, so frage ich Sie, schaffen wir ein Gesetz, das den Arbeitnehmern in den Kleinbetrieben eindeutig Nachteile gegenüber ihren Kollegen in den Großbetrieben bringt? Warum, so frage ich, schafft man Nachteile per Gesetz? – Denn in Betrieben mit 51 Mitarbeitern befaßt sich ein Arzt im Durchschnitt immerhin 53 Minuten pro Jahr mit dem Arbeitnehmer, in Betrieben mit 50 Mitarbeitern aber höchstens 9,6 Minuten! Es ist nämlich je nach Umfang des Kleinbetriebes lediglich ein- bis zweimal pro Jahr eine Begehung mit einem Arbeitsmediziner und einem Sicherheitstechniker vorgesehen.

Meine Damen und Herren! In Deutschland dauert der Einsatz pro Beschäftigtem im Jahr drei Stunden, in Spanien zwei, in Belgien und Italien immerhin eine! Ich frage Sie jetzt: Wo ist plötzlich Ihr sonst so vorauseilender Gehorsam in puncto EU-Konformität? – Er ist nicht gegeben!

Welche Wirkung haben denn sporadische Besuche eines Arztes in einem Betrieb wirklich? Jemand, der nur sporadisch kommt, ist ja nicht Arzt, sondern vorwiegend Gesundheitsinspektor. Er soll aber nicht nur die Belastung am Arbeitsplatz dokumentieren, sondern auch analysieren, bewerten und Konsequenzen bewirken. Damit fällt das wichtige Thema der Gesundheitsförderung und der Beratung wieder einmal völlig unter den Tisch. Kleinbetriebe werden in diesem Gesetz gegenüber Großbetrieben also eindeutig diskriminiert! (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Nun zur Finanzierung. Hier sehen wir wieder einmal einen weiteren Schritt in der uns sattsam bekannten Verstaatlichungsmentalität. Mit unseren Sozialversicherungsbeiträgen übernimmt die AUVA die Finanzierung – das ist okay –, aber auch die medizinische Versorgung in diesem Bereich. (Abg. Dr. Leiner: Arbeitgeberbeiträge!) – Sie haben völlig recht! – Daß es aber niedergelassene Ärzte gibt, die eine arbeitsmedizinische Ausbildung haben, die mehrere hunderttausend Schilling kostet, quittiert Dr. Kainz vom Gewerbeverein lediglich mit dem Satz: Zusätzliche Arbeitsmediziner sind nur ein unnötiger Kosten- und Zeitfaktor. – Also eine sehr wettbewerbsfreundliche, wirtschaftliche Einstellung!

Nun sagt die AUVA, sie werde auch niedergelassene Arbeitsmediziner in Anspruch nehmen, und zwar dort, wo es sinnvoll und zweckmäßig ist. – Meine Damen und Herren! Dieser Spruch der Sozialversicherung, der den Statuten der Sozialversicherung entspricht, nämlich ausreichend, zweckmäßig und das Maß des Notwendigen nicht überschreitend zu finanzieren, ist ein Satz, der sich tief in mein Gedächtnis eingeprägt hat.

Denn einerseits ist es "sinnvoll und zweckmäßig", Zahnkronen für 5 Prozent der Bevölkerung in Ambulatorien bei ungleichen Wettbewerbsmöglichkeiten anzubieten. Andererseits wiederum ist es "nicht sinnvoll", beispielsweise für die künstliche Befruchtung, die für die Frauen eine massive finanzielle und körperliche Belastung bedeutet, die die WHO als Krankheit und die UNO als Grundrecht definiert, einen Zuschuß aus der Sozialversicherung zu geben oder einen Teil der Kosten über die Sozialversicherung zu übernehmen.

Nun frage ich Sie – und das ist eine Grundfrage dieses Gesundheitssystems –: Wer fällt das salomonische Urteil über das Maß des Notwendigen und über die Sinnhaftigkeit? – Bei uns in Österreich ist das nicht die Bevölkerung, die die Sozialversicherungsbeiträge zahlt, sondern die Sozialversicherung selbst und ihr verlängerter Arm, unsere sozialdemokratische Frau Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.00

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Lassen Sie mich den Werdegang dieser Novelle zum Verbrechensopfergesetz schildern.

Am 17. Juli 1997 hat die ÖVP dem Justizminister den Vorschlag eines Opferschutzgesetzes nach Schweizer Vorbild unterbreitet. Justizminister Michalek hat in seiner Antwort auf diese Opferschutzinitiative der ÖVP – wir haben unter anderem eine Therapie für Opfer gefordert – folgendes geschrieben:

Aus der grundsätzlichen Verfahrensstruktur ergibt sich auch, daß eine Verwirklichung der Forderung nach einem Rechtsanspruch auf ein Therapiegespräch für Verbrechensopfer nicht nur einer Anstrengung des Justizressorts bedarf, sondern auch der für Belange der Sozialversicherung und der Sozialhilfe zuständigen Bundes- und Landesbehörden bedurfte.

Er hat sich dann an die Frau Sozialministerin mit dem Ersuchen gewandt, es sollte eine Verbesserung im Verbrechensopfergesetz erfolgen, die dann über die Sozialbehörden vollzogen werden soll.

Wir haben dann am 26. Februar 1998 einen Entschließungsantrag hier im Hohen Haus eingebracht, der von vier Fraktionen mit unterstützt wurde, nur die Freiheitlichen haben ihn nicht unterstützt. Darin wurde die Bundesregierung aufgefordert, durch Maßnahmen sicherzustellen, daß Opfern von Gewaltdelikten ausreichende und unentgeltliche Therapie zur Verfügung gestellt wird. Der Dank dafür gebührt Frau Sozialministerin Hostasch, die entsprechend diesem Entschließungsantrag die heute zu beschließende Novelle vorbereitet hat.

Wie Sie wissen, bin ich aber noch nicht zufrieden, denn in der Schweiz wird dem Verletzten, dem Opfer, vom Staat Schmerzensgeld vorgeschossen, und der Staat regressiert sich dann beim Täter. Das hat den Vorteil, daß das Opfer nicht auf eine zweimalige Prozeßführung vertröstet wird: einmal als Zeuge im Strafprozeß und einmal beim Einklagen der eigenen Schmerzensgeldforderungen und Schadenersatzregelungen im Zivilprozeß.

Den Ausführungen der Frau Ministerin habe ich entnommen, daß sie nicht grundsätzlich dagegen ist, aber sie spielt den Ball an das Justizressort beziehungsweise an den Justizausschuß zurück. Daher möchte ich noch kurz anführen, warum das nicht so einfach ist.

Frau Primaria Pittermann hat hier ausgeführt, daß die Zuerkennung von Schmerzensgeld eigentlich in den Strafprozeß gehört. Ich gebe zu, es wäre wünschenswert, wenn Richter dieses vermehrt zusprechen würden, denn gesetzlich ist das bereits über die Privatbeteiligung des Opfers am Strafprozeß möglich. Man muß aber dabei sehr wohl bedenken, daß im Strafprozeß primär die Unschuldsvermutung gilt, das heißt, daß es bis zum Urteilsspruch keinen verurteilten Täter gibt, sondern eben nur einen Verdächtigen, und daß im Strafprozeß die Wahrheitsfindung im Vordergrund des prozessualen Verfahrens steht und nicht die Abhandlung der Interessen des Opfers.

Aus prozeßökonomischen Gründen verweisen die meisten Strafrichter die Opfer auf den Zivilrechtsweg. Somit sind wir wieder bei der leidigen Sache, daß sich Opfer zweimal der prozessualen Mühsal und Prozedur aussetzen müssen. Wenn es einen verurteilten Täter gibt und die Ärzte feststellen, daß es zu einer Verletzung des Opfers gekommen ist, dann wäre es ohne weiteres möglich, den Schmerzensgeldanspruch auch über das Verbrechensopfergesetz geltend zu machen.

Wir werden uns aber im Justizausschuß intensiv mit dieser Frage befassen, um jene Befürchtungen auszuräumen, die die Frau Sozialministerin erwähnt hat, daß das nämlich zu weit gehen könnte. Opfer von Autounfällen sind nicht gemeint, da in diesem Fall ohnehin eine Haftpflichtversicherung besteht, sondern wir meinen primär Opfer von Gewaltverbrechen und insbesondere Opfer von Sexualdelikten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. – Bitte, Frau Bundesministerin.

14.05

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Abgeordnete Fekter! Darf ich noch einmal klarstellen, wie meine Position zur Frage Schadenersatzansprüche und Schmerzensgeld ist. Ich glaube, daß damit eine wirklich grundsätzliche Frage unseres Rechtssystems angesprochen wird, wenn es darum geht, daß Schadenersatzansprüche in verschiedenen Fällen geltend gemacht und durch den Staat erfüllt werden sollen. Es kann daher in einem Sozialgesetz wie im Verbrechensopfergesetz nicht exemplarisch eine Vorgangsweise gewählt werden, bevor diese grundsätzliche rechtspolitische Frage geklärt ist.

Das Anliegen des Herrn Justizministers, das Sie auch zitiert haben, sehe ich durch diese Gesetzesvorlage voll erfüllt. Ich bin sehr froh, daß wir dieses durch gemeinsame Beschlußfassung auch realisieren konnten.

Da Frau Abgeordnete Povysil die Frage der Übernahme der Kosten für künstliche Befruchtung durch die gesetzliche Krankenversicherung angesprochen hat, möchte ich klar festhalten: Die gesetzliche Krankenversicherung handelt auf Basis der geltenden Rechtslage und ist daher nicht in der Lage, die Kosten für derartige Maßnahmen zu übernehmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.07

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Bundesministerin, wenn Sie gerade Ihre Position zum Thema Schadenersatz klargestellt haben, so meine ich, es ist doch bemerkenswert, daß sich Frau Kollegin Fekter für dieses Gesetz bedankt hat. Ich nehme an, daß sie damit nicht nur ihre persönliche Meinung kundgetan, sondern sozusagen auch jene der ÖVP mitgetragen hat. Die Meinung unserer Fraktion ist durch Frau Dr. Pittermann schon zum Ausdruck gebracht worden. Uns ist dieses Gesetz deswegen ein Anliegen, weil uns die Menschen ein Anliegen sind.

Es ist bedauerlich, daß zwei so positive Regierungsvorlagen hier en bloc behandelt werden. Ich habe mich zum ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, also zur zweiten positiv zu beurteilenden Regierungsvorlage, die wir heute hier auch abstimmen werden, zu Wort gemeldet. Herr Kollege Stummvoll hat sehr richtig festgestellt, daß die Prävention sowohl Aufgabe der Betriebe als auch der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt ist. Ich bedauere es sehr, daß eine so positive Maßnahme wie eben die Umsetzung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes auch für Betriebe mit unter 50 ArbeitnehmerInnen nicht von allen Abgeordneten dieses Hauses mitgetragen und auch entsprechend unterstützt wird.

Man müßte Herrn Kollegen Peter nämlich fragen, was er unter dem Begriff "gefährdeter Betrieb" versteht. Versteht er darunter die Baubranche, in der die Arbeitnehmer – das zeigt die Statistik, und das geht auch aus dem Präventionsbericht, der Ihnen, Herr Kollege Öllinger, bekannt sein wird, hervor – am unfallgefährdetsten sind? Aber was ist auf der anderen Seite mit den vielen kleinen Friseurbetrieben, in denen viele der MitarbeiterInnen Berufskrankheiten haben, die durch die verwendeten Chemikalien hervorgerufen werden? Sind die jetzt auch gefährdete Betriebe oder nicht? – So einfach kann man es sich natürlich nicht machen.

Die Unfallversicherung ist gesetzlich dazu verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zur Prävention zu treffen, und hat daher auch auf diesem Gebiet hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu einige Zahlen der Landesstelle Graz aus dem Bericht 1996: Es wurden Betriebsbesuche durchgeführt, im Zuge derer von diesen Präventivdiensten 150 000 Beschäftigte erfaßt wurden. Es gab Schulungskurse mit 877 Teilnehmern, Vorträge mit rund 15 000 Teilnehmern und Erste-Hilfe-Kurse mit rund 3 000 Teilnehmern.

Besonders wichtig sind mir aber der Bereich der Erforschung von Ursachen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie auch die Vorortfürsorge und der Vororteinsatz, wie die allen hier Anwesenden bekannten Lärmmessungen, Chemiemessungen, Baustellenbusse oder auch die Staubbekämpfung. Es ist daher für uns klar, daß die Beiziehung externer Fachkräfte nur unter dem Aspekt der Qualitätssicherung, ich würde sogar der Qualitätsgarantie sagen, erfolgen kann.

Ein Konsument oder eine Konsumentin, der oder die in einem Geschäft ein Produkt kauft oder zum Beispiel beim Kollegen Peter im "Weißen Rössl" einen Lungenbraten bestellt, aber dann vielleicht ein Schulterstück oder Schulterscherzel bekommt, würde sich das nicht gefallen lassen. Sie würden die Qualitätssicherung einfordern. Daher meine ich, daß es, gerade wenn es um die Betreuung und die Gesundheit von arbeitenden Menschen geht, noch viel mehr unsere Verpflichtung ist, diese Qualitätssicherung zu fordern.

Wenn sich die Freiheitlichen mit Anträgen für die niedergelassenen Ärzte so stark machen, so frage ich mich folgendes: Warum gibt es hier in diesem Haus Vertreter Ihrer Fraktion, die noch Kassenverträge haben, wenn Sie so gegen die Kassen sind? Zum zweiten frage ich mich, ob Frau Dr. Povysil überhaupt einen Bezug zu dieser Versicherung hat, wenn sie nicht zu wissen scheint, daß die Unfallversicherung quasi die Haftpflicht der Unternehmer ist. Die FPÖ hat sich also wieder einmal total demaskiert und gezeigt, für welche Gruppen sie tatsächlich eintritt und wie es bei ihr um die Qualitätssicherung der Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steht.

Ohne die gute Arbeit der Unfallversicherung hätten wir die bisher erreichten Fortschritte nicht erzielen können. Kollege Stummvoll hat bereits auf die Qualität hingewiesen. Allerdings kann man nicht so einfach argumentieren, wie Sie, Kollege Stummvoll, es getan haben: Die 85 Dezibel, die man acht Stunden täglich hat, sind nicht vergleichbar mit den 90 Dezibel, denen man sich vielleicht drei Stunden pro Woche oder pro Monat in einer Disco aussetzt. Es ist also ein Unterschied, ob man diesem Lärm im Arbeitsprozeß ausgesetzt ist oder ob man in seiner Freizeit ein paar Stunden damit konfrontiert ist.

Frau Bundesministerin! Ich meine, gerade die Begehungsregelung in den Kleinbetrieben ist ein Schritt in Richtung Qualitätssicherung. Sie bietet viele Möglichkeiten im Bereich der Prävention.

Wir begrüßen dieses Gesetz sehr, allerdings unter dem Aspekt der Ausschußfeststellung, auf die ich hier noch einmal hinweisen möchte. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es wird vom Berichterstatter kein Schlußwort gewünscht.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1472 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist stimmeneinhellig der Fall.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht stimmeneinhellig. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger und Genossen betreffend Verbrechensopfergesetz.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ofner und Genossen betreffend mehr Hilfe für Verbrechensopfer.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dieses erfolgt nur durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Artikel VI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 450/1994 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1485 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit, daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte Sie, so Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht durch die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1486 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dem zustimmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich gelangen wir noch zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Bauarbeitenkoordinationsgesetz samt Titel und Eingang in 1487 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt durch die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1463 der Beilagen): Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken; Empfehlung (Nr. 183) betreffend den Arbeitsschutz in Bergwerken (1488 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun den 5. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Barmüller vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.15

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der Bericht, um den es heute geht, hat eine Vorgeschichte, die bereits im Jahre 1997 beginnt, denn es war am 1. Juli 1997, als die Bundesregierung zum ersten Mal einen Bericht an den Nationalrat gelegt hat, in dem klargelegt wurde, daß durch das Übereinkommen über den Arbeitsschutz in Bergwerken eine Anpassung des österreichischen Berggesetzes notwendig sein wird, und zwar in verschiedensten Bereichen.

Es hat aber innerhalb der Bundesregierung unterschiedliche Auffassungen darüber gegeben, inwieweit nun eine Anpassung erfolgen muß. Das hat dann in der Ausschußsitzung am 1. Oktober 1997 dazu geführt, daß der Bericht vertagt worden ist, weil man von der Bundesregierung wissen wollte, wie lange es dauern wird, bis diese Anpassungen im Berggesetz durchgeführt werden.

Nun ist es so, daß durch die Ereignisse im Sommer und durch das Aufgreifen des Versäumnisses der Bundesregierung, nämlich das Arbeitsübereinkommen umzusetzen und im Berggesetz zu verankern, durch die Liberalen diese Thematik noch einmal in den Ausschuß gekommen und daher jetzt neu verhandelt worden ist. Aber siehe da, meine Damen und Herren, es ist im Ausschuß nur noch über das Übereinkommen verhandelt worden – dieses steht heute auch zur Ratifikation –, aber nicht mehr über den Bericht, den die Bundesregierung vorgelegt hat. Dieser Bericht wurde nämlich am 19. November dieses Jahres zurückgezogen. Man hat das deshalb getan, weil man damit überdecken will, daß innerhalb der Regierungsfraktionen unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Anpassung des Berggesetzes bestehen.

Nachdem im Ausschuß herausgekommen ist, daß in Wirklichkeit keine Anpassung der gesetzlichen Regelungen geplant ist, sondern man es nur als opportun erachtet, dieses Übereinkommen jetzt zu ratifizieren, halten wir es nicht für sinnvoll, einer solchen Vorlage zuzustimmen. Sie beschließen die Ratifikation dieses Übereinkommens in Wahrheit mit einer Mentalreservation, wissend, daß dies keinen Niederschlag in Gesetzen finden soll, wiewohl es in Gesetzen umgesetzt werden müßte. Somit kann es nicht sinnvoll sein, dieses Übereinkommen jetzt zwar groß in der Öffentlichkeit zu präsentieren, zu sagen, wir machen nach Lassing auch etwas in bezug auf Arbeitsschutz in Bergwerken, aber gleichzeitig zu verschweigen, daß substantiell keine Änderungen geplant sind. Deshalb, meine Damen und Herren, wird es von seiten der Liberalen zu diesem Gesetz und zu diesem Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales keine Zustimmung geben.

Ich bitte auch Sie, Frau Bundesministerin, auszuführen, welche Bestimmungen gerade auch von seiten des Sozialressorts als anpassungsbedürftig angesehen worden sind und welche Bestimmungen im neuen, noch zur Beschlußfassung anstehenden Gesetz, dem Nachfolgegesetz des Berggesetzes, von diesem Übereinkommen erfaßt sind. Denn es kann – das sei noch einmal gesagt – nicht Sinn und Zweck der Verhandlungen hier vor Ort sein, daß man aus politisch motivierten Gründen zwar jetzt das bisher versäumte, nicht ratifizierte ILO-Übereinkommen nachholt, aber keine Anpassungen der gesetzlichen Grundlagen macht. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Nürnberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.19

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Obwohl wir in Österreich über gute Arbeitnehmerschutzbestimmungen verfügen, bin ich doch sehr froh und empfinde große Genugtuung darüber, daß heute das Hohe Haus die vorliegende ILO-Empfehlung und das Übereinkommen Nr. 176 beschließen und ratifizieren wird.

Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Abgeordneter Barmüller, gehe ich davon aus, daß, wenn das Hohe Haus diese beiden Vorlagen beschließen wird, diese auch in die Tat umgesetzt werden. Geschätzte Frau Bundesminister! Ich nehme an, daß Sie in Ihren Ausführungen dann auf die Feststellung beziehungsweise den Vorwurf des Herrn Abgeordneten Barmüller eingehen werden.

Lassen Sie mich auf einige Punkte dieser beiden Vorlagen eingehen, weil sie doch einige wesentliche Verbesserungen für jene Menschen, die unter Tage arbeiten, bringen sollen und – ich bin überzeugt davon – auch bringen werden.

Einer der wichtigsten Punkte ist, daß dort, wo Menschen unter Tage arbeiten, wenn es technisch möglich ist, zwei Ausgänge und zwei getrennte Fluchtwege installiert werden. Bei offensichtlicher Gefahr für Arbeitnehmer sind sie an einen sicheren Ort zu bringen. In allen Bergwerken sind Notfallpläne im Falle von Naturkatastrophen vorzusehen.

Ein sehr wichtiger Punkt ist, daß endlich ein System geschaffen wird, das es ermöglicht, jederzeit festzustellen, welche Arbeitnehmer sich unter Tage befinden und wo sie sich zuletzt aufgehalten haben, um sie im Falle eines Unglücks rascher und zielgerichteter suchen und somit finden zu können.

Es drängt sich bei Betrachtung dieser Maßnahmen zweifellos die Frage auf, ob ein Fall wie jener von Lassing verhindert hätte werden können, wenn es bereits einen zweiten Fluchtweg beziehungsweise ein System gegeben hätte, durch das man die Menschen in der Grube rascher finden hätte können oder durch das man überhaupt gewußt hätte, wo sie sich befinden. Das ist eine rein theoretische Frage, die niemand beantworten kann, aber es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen: Wenn es derartige Systeme gegeben hätte, wenn man gewußt hätte, wo die verschütteten Kumpel sind, oder wenn es einen zweiten Fluchtweg gegeben hätte, hätte die Katastrophe nicht ein derartiges Ausmaß gehabt, wie sie es leider gehabt hat.

Ich erlaube mir aber auch anzumerken, geschätzte Frau Bundesminister: Die besten Vorlagen für den Arbeitnehmerschutz nützen nichts, wenn nicht eine entsprechende Kontrolle gewährleistet ist. Ich kann nur nochmals eindringlichst den Wunsch deponieren, daß von Gesetzes wegen sichergestellt wird, daß bei allfälligen Kontrollen der zuständigen Behörden auch die Arbeitnehmervertreter zwingend beigezogen werden.

Ich darf nochmals meine Kritik und mein Anliegen vorbringen und an Sie appellieren: Frau Bundesminister! Vielleicht gelingt es doch noch, den Arbeitnehmerschutz und die diesbezügliche Kontrolle in unserem Land in eine Hand zu geben beziehungsweise in einer Behörde zu vereinigen. Ich halte nichts davon, daß eine Behörde wie die Berghauptmannschaft, die Bergwerke kontrolliert und Auflagen erteilt, auch den Arbeitnehmerschutz kontrollieren muß. Es wäre sicher zweckmäßiger, wenn eine Behörde wie zum Beispiel die Arbeitsinspektion auch im Bergwerk für den Arbeitnehmerschutz zuständig wäre.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sicher ist – darin hat Herr Abgeordneter Barmüller recht –, daß diese Fragen schon einmal im Sozialausschuß behandelt worden sind. Damals wurde zwar vertagt, aber die sozialdemokratische Fraktion dieses Hauses hat dafür gesorgt, daß der Gesetzentwurf heute zur Beschlußfassung vorliegt. Die gesamte Fraktion, aber in besonderem Maße die Gewerkschafter im Sozialausschuß waren damals dafür. Wir konnten uns aber leider nicht einigen, sodaß es auch beschlossen worden wäre. Ich bin froh darüber, daß dies heute geschieht. Der Beigeschmack ist sicher nicht angenehm: Auslöser dafür, daß dieses Gesetz heute beschlossen werden wird, war der tragische Unfall von Lassing. Vielleicht ziehen wir alle eine Lehre daraus: Es sollte nicht so sein, daß Menschen im Arbeitsleben, im Berufsleben Schaden erleiden müssen, bevor wir entsprechende Konsequenzen ziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.23

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es überrascht mich, daß Frau Bundesministerin Hostasch auf der Regierungsbank sitzt, nämlich daß sie alleine dort sitzt. Ich verstehe eigentlich nicht ganz, wieso die sozialdemokratische Fraktion derart schnell und derart leicht den Wirtschaftsminister aus seiner Verantwortung entlassen hat.

Herr Abgeordneter Nürnberger! Sie haben uns gesagt, daß die Ratifizierung des Abkommens natürlich im Zusammenhang mit Lassing steht. Ich frage Sie aber, warum nur eine Bundesministerin anwesend ist, die mit ihrer Anwesenheit natürlich auch die Verantwortung dafür zu tragen hat, daß nicht früher ratifiziert worden ist. Ich glaube nur, daß diese alleinige Verantwortung an die falsche Adresse geht.

Herr Abgeordneter Nürnberger! Dieses Abkommen ist auf der 82. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz im Frühjahr 1995 beschlossen worden. Bislang, vom Frühjahr 1995 bis in den Spätherbst 1998, war es nicht möglich, dieses Abkommen in Österreich zu ratifizieren. Die Frage, warum es nicht ratifiziert wurde, ist recht einfach zu beantworten: Die Bergbehörde und der Wirtschaftsminister haben dies nicht gewollt. Wörtlich heißt es im Bericht:

"Von den befragten Zentralstellen des Bundes vertrat die Oberste Bergbehörde die Auffassung, daß, soweit ihr Wirkungsbereich betroffen ist, bei einer teleologischen Interpretation das Übereinkommen und die Empfehlung dem Wesen nach als erfüllt anzusehen seien und keine besonderen Umsetzungsmaßnahmen erforderlich erschienen."

Das Zentral-Arbeitsinspektorat hat ursprünglich eine andere Auffassung vertreten, sich aber dann offenbar aus Koalitionsräson "weichklopfen" lassen – wie es immer der Fall ist.

Herr Abgeordneter Nürnberger! Frau Bundesministerin! In wie vielen Materien haben wir schon ähnliches erlebt, und zwar in Bereichen, in denen es um Leben, um Gesundheit geht? – Im Bereich des Bergrechtes handelt es sich um den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Bergwerken. Wir haben aber auch bei der Promille-Regelung im Straßenverkehr erlebt, daß viele sterben mußten, bevor dieses Haus gehandelt hat, bevor die Sozialdemokratie endlich einmal zu ihrer ursprünglichen Meinung gestanden ist.

Frau Bundesministerin! Ich frage Sie, die Sie der Bundesregierung und dem Ministerrat angehören: Wie schaut es denn mit dem Waffengesetz aus? Wie viele Massaker braucht die Sozialdemokratie noch, bevor sie gegenüber der ÖVP Rückgrat zeigt? (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Barmüller.) Ich stelle Ihnen diese Frage in aller Form: Warum wird ein Abkommen aus dem Jahre 1995 erst jetzt beschlossen? Herr Nürnberger hat es uns richtig zur Kenntnis gebracht: Es ist jetzt müßig, darüber zu spekulieren, was gewesen wäre, wenn es zwei Fluchtwege in diesem Bergwerk gegeben hätte. Diese hätte Georg Hainzl gebraucht, und diese hätten die zehn anderen Bergleute vielleicht auch brauchen können. Es gab sie nicht, und es gibt sie auch nicht in anderen Bergwerken Österreichs.

Das Recht, die Arbeit niederzulegen, ohne den Lohnanspruch zu verlieren, weil bereits wochenlang in Lassing kleinere Unglücksfälle zu verzeichnen waren, von denen das ganze Dorf Lassing gewußt hat, konnte nicht in Anspruch genommen werden. Vielleicht hätte es den Betroffenen geholfen, wenn sie gewußt hätten, daß das Recht auf ihrer Seite gewesen wäre, daß sie ihre Arbeit hätten niederlegen können, ohne daß sie vor dem Konzern Rio Tinto, vor Luzenac und den Konzernbossen zittern hätten müssen und ohne daß ihre Familien Gefahr gelaufen wären, daß Armut über sie hereinbricht. Vielleicht hätte ihnen dies geholfen, aber politisch war der Wille dazu nicht da. Frau Bundesministerin – das ist Ihre Zuständigkeit –, das Zentral-Arbeitsinspektorat hat zuerst zwar festgestellt, daß die österreichische Rechtslage nicht dem ILO-Übereinkommen entspricht. Nach Verhandlungen der beteiligten Stellen konnte aber ein Großteil der Bedenken fallengelassen werden.

Frau Bundesministerin! Erzählen Sie uns doch bitte, warum diese Bedenken fallengelassen worden sind. Hat man die Arbeitnehmer in den Bergwerken fallengelassen? Was war es denn, warum man die Bedenken hat fallenlassen? – Daß der Arbeitnehmerschutz im Bereich der Bergwerke nicht entsprechend war, wissen wir. Das war nicht nur in Lassing der Fall, auch in anderen Bergwerken ist das so. Es gibt keine zwei Sicherheitsausgänge, es gibt kein Recht, die Arbeit niederzulegen, auch wenn Gefahrenmomente bestehen.

Warum hat dennoch auch die Sozialdemokratie die Bedenken fallenlassen? Hat sie sich sachlich von der Obersten Bergbehörde überzeugen lassen, oder war es etwas anderes? War es vielleicht die Angst um den eigenen Machterhalt, oder war es die Angst, daß der Koalitionsfrieden noch schiefer hängen könnte, Frau Bundesministerin? Wie hoch kann denn der Preis sein, den die Sozialdemokratie zu zahlen bereit ist, wenn es um den Machterhalt geht? Zahlen Sie da jeden Preis, Frau Bundesministerin, oder gibt es Grenzen? – Das sind die Fragen, die sich jetzt stellen.

Lassing ist noch lange nicht ausgestanden. Der Fall ist auch heute wieder durch die Medien gegangen. Auch innerhalb der Koalition geht die Auseinandersetzung weiter, jetzt werden die Bergungsvarianten diskutiert. Für die Toten von Lassing kommt dieses ILO-Übereinkommen zu spät. Ich hoffe, daß sich vielleicht in anderen Bergwerken für andere Arbeitnehmer daraus eine Möglichkeit ergibt, gestützt auf die Rechtsordnung mehr Sicherheit zu verlangen.

Frau Bundesministerin! Meine Frage geht weit über dieses ILO-Übereinkommen, weit über den Fall Lassing, weit über den Bereich von Bergwerken hinaus. Ich frage Sie einmal mehr, wieviel die Sicherheit, die Gesundheit, der Schutz von ArbeitnehmerInnen der Sozialdemokratie wert sind. Ist das ein Ziel, das Sie in jedem Fall bedingungslos und auch um den Preis eines großen koalitionären Krachs durchsetzen wollen, oder ist es so wie bei diesem ILO-Übereinkommen, nämlich daß offenbar eine Behörde nur mit den Fingern schnippen muß und die Sozialdemokratie geht in die Knie? (Beifall bei den Grünen.)

14.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.32

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Internationale Arbeitskonferenz hat am 22. Juni 1995 dieses Übereinkommen angenommen und den einzelnen Mitgliedstaaten die Ratifikation empfohlen. Das ist richtig. Alle drei österreichischen Vertreter, sowohl der Ministerienvertreter, der Arbeitnehmervertreter als auch der Unternehmervertreter, haben damals in Genf diesem Dokument zugestimmt.

Frau Abgeordnete Dr. Petrovic! Mit großem Interesse habe ich im Ausschuß die Ausführungen Ihres Kollegen Öllinger vernommen, wonach diese Ratifikation heute so ähnlich abläuft wie "Die Truman-Show". Ihr Auftritt hier unterstreicht das sehr deutlich. Es ist ein Spiel vor einer Kulisse, vor einem Hintergrund. Es stellt sich nur die Frage, ob der Hintergrund, der hier vorgegaukelt wird, auch echt und wahrhaftig ist. Tatsache ist: Wenn die Oberste Bergbehörde der Meinung ist, daß die Vorgaben des Übereinkommens teleologisch umgesetzt werden können, dann bedeutet das nicht, daß sie dagegen ist, sondern vielmehr das Gegenteil – das wissen Sie ganz genau (Abg. Dr. Petrovic: Was war dann in Lassing?) –: Die Oberste Bergbehörde war der Auffassung, daß man ohne weiteres ratifizieren könne, weil die Inhalte bei teleologischer Interpretation, dem Geist der Bestimmung nach, erfüllbar wären. (Abg. Dr. Petrovic: Das ist der Geist von Lassing?)

Aber das Zentral-Arbeitsinspektorat war anderer Meinung – auch das wissen Sie –, und das Zentral-Arbeitsinspektorat legte angeblich eine lange Liste vor, in der angeführt wurde, warum die Umsetzung dieses Übereinkommens in Österreich zu der Zeit nicht möglich gewesen wäre. Die Bundesregierung hat damals in ihrer Sitzung den Bedenken des Sozialministeriums Rechnung getragen und eben nur die Kenntnisnahme empfohlen. In der Sitzung des Sozialausschusses vom 1. Oktober 1997 wurde der Antrag dann vertagt, um der Bundesregierung die Möglichkeit einzuräumen, die notwendigen Vorkehrungen für die Umsetzung zu treffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn nunmehr die Regierung dem Parlament den Gesetzentwurf zur Ratifizierung vorlegt, dann geht daraus hervor, daß es offensichtlich gelungen ist, die Bedenken des Sozialministeriums zu zerstreuen. Mir liegt eine Aufstellung vor, wonach das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales so gut wie keinen Anpassungsbedarf für die Umsetzung dieses Übereinkommens sieht. Es stellt sich für mich schon die Frage, worin die Bedenken seinerzeit bestanden haben. Um ein wenig an Redezeit, die ja hier im Parlament beschränkt ist, zu sparen, habe ich eine diesbezügliche parlamentarische Anfrage eingebracht, um dem Ministerium Gelegenheit zu geben, schriftlich die Frage zu beantworten, was zum Meinungswandel geführt hat.

Ich möchte namens meiner Fraktion, namens der Österreichischen Volkspartei festhalten, daß wir weder im Oktober 1997 noch heute grundsätzliche Bedenken gegen eine Ratifizierung gehabt haben, und wir werden auch heute gerne zustimmen.

Frau Kollegin Petrovic! Ich möchte auch mit aller Deutlichkeit festhalten, daß dieses Übereinkommen keinerlei Bedeutung – leider keinerlei Bedeutung – für das Grubenunglück in Lassing hat. Alles, was das ILO-Abkommen Nr. 176 fordert, war in Lassing gegeben. Alles war gegeben, und es hätte, so fürchte ich, auch wenn wir ratifiziert hätten – da stimme ich mit Herrn Kollegen Nürnberger wirklich überein –, das Unglück leider, leider nicht verhindern können. (Abg. Dr. Petrovic: Die Arbeitnehmer hätten schon lange nicht mehr dort arbeiten dürfen!)

Herr Kollege Öllinger! Ich habe wirklich mit großem Interesse Ihre Ausführungen zur "Truman-Show" verfolgt. Nur eines dazu: Die Politik ist keine "Truman-Show". Quasi alles, was von oben vorgegeben wird, wird dann umgesetzt – so quasi wie der Mann im Mond. Ich habe den Film nicht gesehen, mein Sohn hat mir das erklärt. Gott sei Dank ist es aber nicht so, Gott sei Dank ist in der Politik das Gespräch möglich, und Gott sei Dank ist es in der Politik möglich, daß der andere auf Argumente eingeht.

Eines möchte ich Ihnen in diesem Zusammenhang noch sagen: Der Hauptdarsteller der "Truman-Show" spielt auch in einem anderen Film eine Rolle. Dieser Film heißt "Die Maske". Diese Maske ist grün, und am Ende des Films fällt diese Maske ins Wasser und geht unter. (Abg. Öllinger: Sie haben diesen Film wieder nicht gesehen, den müssen Sie sich anschauen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Sache selbst darf ich noch anmerken, daß der Entwurf zum Mineralrohstoffgesetz wesentliche Verbesserungen der Situation in Bergwerken im Zusammenhang mit den Sicherheitspflichten, mit Notfallplänen und mit Änderungen des Kommunikationssystems mit sich bringen wird. Da tatsächlich keine Bedenken gegen eine Ratifizierung dieses Übereinkommens bestehen, kann man dem Hohen Haus mit gutem Gewissen empfehlen, es möge diesem Übereinkommen die Genehmigung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

14.37

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich noch in Ergänzung zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Trinkl sagen, daß die Ratifizierung dieses Abkommens in keinerlei sachlichem und auch zeitlichem Zusammenhang mit den schrecklichen Vorkommnissen in Lassing zu sehen ist. Da gibt es keine Zusammenhänge, und es konnte niemand vorhersehen, daß derart Schreckliches in Lassing passieren würde.

Darüber hinaus, sehr geschätzte Damen und Herren, lassen Sie mich festhalten, wie die Vorgangsweise bei derartigen internationalen Übereinkommen ist. Es ist eine Vorlagefrist einzuhalten. Diese wurde seitens des Ressorts eingehalten. Es gibt die Möglichkeit der Kenntnisnahme und der Ratifizierung durch das Hohe Haus. Es wurde schon von Herrn Abgeordneten Trinkl begründet, warum zuerst auch in der Bundesregierung die Auffassung bestanden hat, daß dem Hohen Haus dieses Abkommen zur Kenntnisnahme vorgelegt werden soll. Im Sozialausschuß wurde – ich habe diese Argumentation voll unterstrichen – dann vertagt, um der Bundesregierung, um mir die Möglichkeit zu geben, jene Punkte, die einer Ratifizierung entgegengestanden sind beziehungsweise entgegenstehen, zu klären.

Sehr geschätzte Frau Abgeordnete Petrovic! Ich darf festhalten – Herr Abgeordneter Trinkl hat es bereits gesagt –: Die Beamten, meine Kolleginnen und Kollegen im Ressort, die zuständige Sektionschefin stehen allen Fraktionen des Hohen Hauses voll zur Verfügung, wenn es darum geht, Detailinformationen zu bekommen. Es sind Ihnen auch alle Punkte des Anpassungsbedarfes zur Kenntnis gebracht worden, so wie sie auch dem Herrn Abgeordneten Trinkl zur Kenntnis gebracht wurden. Ich finde es nicht sehr fair, im Hohen Haus den Eindruck zu erwecken, daß wir diese Information den interessierten Damen und Herren des Hohen Hauses nicht zur Verfügung gestellt hätten.

Darüber hinaus, sehr geschätzter Herr Abgeordneter Barmüller – er ist jetzt nicht im Saal –, gab es auch noch in der letzten Phase vier zentrale Punkte, die Gegenstand von Beratungen und Verhandlungen gewesen sind, die jetzt nicht zuletzt auch durch die Regierungsvorlage zum Mineralrohstoffgesetz erfüllt erscheinen. Es ist dies durch den Artikel 5 Abs. 2 lit. c gegeben, in dem die Verfahren für Meldungen von gefährlichen Vorfällen festgelegt sind. Weiters ist Artikel 5 Abs. 5 zu nennen, wonach der Gesetzgeber den Arbeitgeber verpflichten soll, Betriebspläne vor der Aufnahme des Betriebes auszuarbeiten. – Ich verkürze das wirklich sehr. – Nach Artikel 10 lit. e hat der Arbeitgeber sicherzustellen, daß der zuständigen Stelle ein Bericht über gefährliche Vorfälle erstattet werden muß. Artikel 13 Abs. 1 lit. f: Die Gesetzgebung muß den Arbeitnehmern das Recht einräumen, gemeinsam Arbeitsschutzvertreter auszuwählen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Diese Punkte und auch die anderen, die im Detail ausgearbeitet wurden, konnten in den Verhandlungen, konnten in den Gesprächen geklärt werden und sind durch den Entwurf zum Mineralrohstoffgesetz auch erfüllt. Daher steht einer Ratifizierung nichts entgegen, und ich würde mich freuen, wenn das Hohe Haus dem Ersuchen der Bundesregierung Rechnung trägt.

Erlauben Sie mir abschließend, eine Forderung des Herrn Abgeordneten Nürnberger zu unterstützen und zu unterstreichen, nämlich, daß es wünschenswert wäre, daß für alle Arbeitnehmer, die im Bergbau beschäftigt sind, eine Arbeitsinspektion zuständig ist. Wir haben diesen Wunsch, diese Forderung auch in die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner aufgenommen. Ich kann Ihnen aber noch nicht endgültig über ein Verhandlungsergebnis berichten. (Beifall bei der SPÖ.)

14.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.42

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Trinkl! Es ist zwar gut, daß Sie sich meine Rede aus dem Ausschuß gemerkt haben, aber Sie haben einen Fehler gemacht: Sie haben leider die "Truman-Show" nicht gesehen – und offensichtlich auch nicht den Film "Die Maske". Es ist zwar richtig, daß im Film "Die Maske" eine grüne Maske benutzt wird, aber bei guten Menschen – so der Tenor dieses Films – verstärkt die grüne Maske die guten Eigenschaften, während bei negativ aufgeladenen Menschen die negativen Eigenschaften noch verstärkt werden. Also: Die grüne Maske ist nicht das Problem, sondern der Mensch, der dahinter steht, ist das Problem, Herr Abgeordneter Trinkl. (Abg. Schwarzenberger: Die guten Menschen brauchen keine Maske! – Abg. Mag. Mühlbachler: Wir wollen hören, was die Frau Abgeordnete Petrovic im Ausschuß gesagt hat! – Abg. Dr. Trinkl: Sie gehen unter, das ist das Problem!)

Noch einmal zurück zum Film "Die Truman-Show". Das Problem der "Truman-Show", Herr Abgeordneter Trinkl, ist nicht der künstliche Rahmen, sondern das eigentliche Problem ist, daß niemand mehr weiß, was wahr und was falsch ist. Einer weiß es auf alle Fälle nicht: der Hauptdarsteller. (Abg. Dr. Trinkl: Ja, so ist es! Das ist das Problem der Kollegin Petrovic gewesen!) Er glaubt, er spielt im wirklichen Leben. (Abg. Dr. Trinkl: Die Frau Kollegin Petrovic hat das nicht richtig erkannt!) Und Sie glauben auch, Sie spielen im wirklichen Leben, wenn Sie das jetzt beschließen. Dann ist alles gut, meinen Sie: Wir waren nie dagegen, wir waren immer dafür. – Seltsamerweise kann man nicht erklären, warum drei Jahre heftiger Widerstand geübt worden ist. Alle waren dafür, und jetzt beschließen wir das, dann ist alles gut. – Alles gut. (Abg. Dr. Trinkl: Das habe ich nicht gesagt!) O ja! Sie haben behauptet, daß alles gut ist, wenn wir das beschließen. Sie haben das behauptet, und nichts hat sich geändert an den grundlegenden Voraussetzungen, Herr Kollege Trinkl.

Es hat gute Gründe für Sie gegeben – damit meine ich auf der einen Seite die Bundeswirtschaftskammer, auf der anderen Seite das Zentral-Arbeitsinspektorat –, damals die Meinung zu vertreten, nicht ratifizieren zu können beziehungsweise zu wollen. – Wobei noch zu hinterfragen wäre: Was soll es denn bedeuten, wenn die drei Vertreter, die nach Genf zur Internationalen Arbeitsorganisation fahren, dort etwas beschließen, und dann, wenn sie heimkommen, sagt zumindest einer der drei Vertreter, nämlich der Vertreter der Wirtschaft: Gilt nicht, wir ratifizieren nicht!? – Was ist denn das für eine Politik? Was ist das für eine Politik, Herr Abgeordneter Trinkl?

Es ist Ihre Seite, die Wirtschaftsseite, gewesen, die – und das haben Sie uns selbst erzählt – in Genf etwas beschließt, sich aber dann zu Hause nicht mehr erinnern kann und gegen eine Ratifizierung ist. Es ist ja in den Protokollen nachzulesen, daß die Wirtschaftsseite 1997 gegen die Ratifizierung war, weil einige Bestandteile dieses ILO-Übereinkommens ihrer Meinung nach nicht erfüllt sind. Das ist nachzulesen – auch von seiten des Zentral-Arbeitsinspektorats.

Frau Bundesministerin! Ich möchte nun auf die neue Lage zu sprechen kommen. Es ist zwar schön, wenn Sie oder das Zentral-Arbeitsinspektorat uns jetzt erklären: Für unseren Bereich haben wir mit einigen Ausnahmen keinen Anpassungsbedarf, es paßt alles. – Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Es ist nur ein Teil der Wahrheit, weil Sie inzwischen nicht mehr davon sprechen, daß es da noch eine andere Realität gibt außerhalb jener des Zentral-Arbeitsinspektorats, außerhalb des Obertagebaus, nämlich den Bergbau unter der Erde. Ja, den gibt es ja auch noch! Das ist ja eigentlich das Lassing-Problem. Das ist ja interessant: Wir tun hier im Parlament so, als ob dadurch, daß die Bedingungen über der Erde, im Obertagebau, im Arbeitnehmerschutz weitgehend passen, alles erfüllt wäre. Das stimmt – mit einigen Ausnahmen; ich komme dann noch auf diese Ausnahmen zu sprechen – weitgehend.

Wie schaut es aber unter der Erde aus? – Da sagen das Zentral-Arbeitsinspektorat und die Frau Bundesministerin: Wir sind nicht zuständig. Das ist die Frage, die die Kollegin Petrovic gestellt hat – dummerweise gestellt hat –: Wo ist der Herr Wirtschaftsminister? Warum erklärt er uns das nicht heute? (Abg. Dr. Trinkl: Die Frage war okay!) Im Jahre 1994 hat alles gepaßt, ebenso 1995, 1996, 1997 und auch 1998. Die teleologische Interpretation des Gesetzes besagt: Alles in Ordnung. Soll er es uns doch erklären! Denn: Nichts ist in Ordnung! Das wissen Sie doch genauso gut wie wir. Es hat sich an den Grundlagen nichts geändert.

Im alten Bericht zum ILO-Abkommen war auch klar vermerkt – und es ist nach wie vor darin vermerkt –, daß der Bergbau unter der Erde schon noch einigen Anpassungsbedarf hätte. Wenn jetzt so getan wird, als hätte das alles nichts mit Lassing zu tun, was wir heute beschließen, dann, meine Damen und Herren, appelliere ich schon an Ihr kurzes Gedächtnis. (Bundesministerin Hostasch: Das war aber vorher ...!) Ich appelliere da nicht an Frau Bundesministerin Hostasch, sie braucht sich in diesem Zusammenhang nicht angegriffen zu fühlen. Wir haben vor wenigen Monaten eine Debatte mit dem Herrn Wirtschaftsminister gehabt, in der wir ihn darauf angesprochen haben, warum dieses ILO-Abkommen nicht ratifiziert worden ist. Der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten konnte uns das nicht erklären, weil er nicht daran interessiert war und ist, dieses Abkommen zu ratifizieren.

Und jetzt vergißt man, daß es auch noch einen Bergbau unter der Erde gibt, und man sagt: Ober der Erde haben wir alles erfüllt. Paßt alles. – Das ist nur ein Teil der Wahrheit. Das ist möglicherweise tatsächlich wahr (Abg. Dr. Trinkl: Das Problem der Divergenzen war aber der Bergbau ober der Erde!), aber es gibt eben auch noch einen Bereich, der durch eine große Kuppel geschützt ist vor der Wirklichkeit, einen Bereich, in dem Schauspieler agieren. Herr Kollege Trinkl! Sie gehören offensichtlich auch zu den Schauspielern, die uns hier erklären wollen: Wenn wir das jetzt beschließen, dann paßt alles, und es gibt überhaupt keinen Anpassungsbedarf beim Bergbau unter der Erde! Sie gehören auch zu den Schauspielern, Herr Kollege Trinkl, die da in der "Truman-Show" agiert haben.

Und nachdem das auch im Film vorkommt – Sie haben leider den Film nicht gesehen (Abg. Dr. Trinkl: Noch nicht!) –, empfehle ich Ihnen noch einmal, sich diesen Film anzusehen. Was Sie hier betreiben, ist leider Politik mit dem Hexenkreuz. Das machen die kleinen Kinder gern. Man sagt: Es paßt eh alles!, und hinter dem Rücken macht man dann mit den Fingern das Hexenkreuz. Dann braucht man das, was man versprochen hat, natürlich nicht zu erfüllen. Dann kann man zwar etwas versprechen, aber man hat dabei das Hexenkreuz gemacht, und dann gilt das nicht.

Das ist die Politik, die Sie offensichtlich machen: Sie beschließen ein ILO-Übereinkommen, wohl wissend, daß Sie es nicht erfüllen werden.

Ich komme auf den Kollegen Nürnberger zurück. Herr Kollege Nürnberger hat durchaus einige richtige Anmerkungen gemacht, aber eben einige zuwenig. (Abg. Nürnberger: Dafür gibt es ja dich, daß du ergänzt!) – Ja, in Ordnung. Wenn ich mich richtig erinnere, hast du in den öffentlichen Debatten immer wieder darauf verwiesen, daß die Anhörung der Arbeitnehmer und ihrer Organe gerade im Fall Lassing ein großes Problem war. (Abg. Nürnberger: Das habe ich heute auch gesagt! Hast du nicht zugehört?) Selbstverständlich habe ich zugehört! Das sollten wir aber auch erfüllen. (Abg. Nürnberger: Selbstverständlich! Ich habe es ja auch verlangt!)

Natürlich kann man irgendwo hineinschreiben, das ist notwendig – aber es wird nicht erfüllt. Wie schaut es aus, Frau Bundesministerin und Herr Kollege Nürnberger, mit der Begehbarkeit von Bergwerken durch die Organe der Unfallversicherung? – Nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz hätte der Unfallversicherungsträger die Möglichkeit, jederzeit Zutritt zu einem Bergwerk zu erhalten, wenn es angezeigt ist, das heißt, wenn eine Gefahr gegeben ist, oder wenn der Unfallversicherungsträger sagt: Wir glauben, daß wir uns das Bergwerk anschauen müssen, da gibt es eine Reihe von Unfallmeldungen, wir wollen da hinein.

Das Allgemeine Unfallversicherungsgesetz besagt: Ja, diese Möglichkeit muß der Unfallversicherungsträger haben. Das Berggesetz, Herr abwesender Wirtschaftsminister, besagt: Nein, der Unfallversicherungsträger kann nicht hineingehen, er muß zuerst bei der Bergbehörde ansuchen, ob er hineingehen darf.

Meine Damen und Herren! Da erklären Sie, alles in bezug auf den Arbeitnehmerschutz, auf den Arbeitsschutz sei gewährleistet – aber die primitivsten Voraussetzungen, daß ein solcher Schutz auch tatsächlich stattfinden kann, sind nicht gewährleistet!? (Beifall bei den Grünen.)

Kollege Nürnberger, du sagst völlig richtig: Für den Untertagbergbau müßte man erst einmal die Kompetenz der Bergbehörde kappen in bezug auf den Arbeitnehmerschutz, denn das größte Problem ist doch tatsächlich – auch am Fall Lassing nachweisbar gewesen –, daß die Bergbehörde nicht nur kontrolliert, inspiziert, sondern das gerade im Hinblick auf den Arbeitnehmerschutz auch nicht macht. Und da erklärt man dann: Wir erfüllen alle Voraussetzungen für den Arbeitnehmerschutz, für dieses Abkommen zum Schutz in den Bergwerken. Meine Damen und Herren, wie kommen Sie auf diese Idee?

Ein anderer Punkt, weil auch über der Erde nicht alles so in Ordnung ist, aber das eigentliche Problem natürlich unter der Erde liegt. Da heißt es in den Unterlagen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in der Interpretation des Übereinkommens: Der Arbeitgeber hat das Bergwerk so zu errichten und auszustatten, einschließlich eines Kommunikationssystems, daß die Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb gegeben sind.

Dann erklärt das Zentral-Arbeitsinspektorat, was "Kommunikationssystem" heißt, und das ist – mit Verlaub – etwas mittelalterlich. Kommunikationssystem bedeutet auch Reden und Blickkontakt, Handzeichen et cetera. – Ja natürlich, diese Art der Kommunikation machen wir hier herinnen. Wir brauchen wahrscheinlich in bezug auf unser Gefahrenpotential untereinander keine moderneren Formen von Kommunikationssystemen, aber genau das war ja die Debatte im Untertagbergbau: daß modernere Formen von Kommunikation notwendig gewesen wären. Wenn daher darauf verwiesen wird: Man kann ja ohnehin reden, man kann Zeichen geben – und das sind auch Kommunikationssysteme, die für den Bergbau notwendig und erforderlich sind –, dann mag das für den Bergbau ober Tag noch seine Gültigkeit haben. Dort kann man sich vermutlich – obwohl es auch da nicht überall so ist; vor allem im Schotterbergbau ist es relativ laut – noch mit Blickkontakt, mit Zeichen oder mit Zuschreien verständigen, aber unter der Erde ist das nicht möglich, meine Damen und Herren. Das wissen Sie auch, und daher sind diese Anforderungen für den Bergbau unter der Erde durch den Verweis auf reden, Zeichen geben und Blickkontakt nicht erfüllt. Das ist kein modernes Kommunikationssystem, das wir aber bräuchten – und das wissen Sie auch.

Wenn Sie dann noch immer erklären: Unser Fehler im Jahre 1997, als wir das nicht ratifizieren wollten – gegen die Opposition nicht ratifizieren wollten! –, war der, daß wir das damals zu genau interpretiert haben – jetzt sehen wir das Ganze etwas gelassener, entspannter, wir wollen das nicht mehr so genau sehen, sondern etwas wolkiger, flächiger, breiter, und wir wollen nicht mehr jedes Detail erfüllen –, wenn Sie das immer noch erklären, dann ist das gerade nach Lassing der Grund und das eigentliche Problem für diese Debatte, meine Damen und Herren. Das ist für uns Grüne ganz sicherlich der Grund, warum wir gegen die Ratifikation zum derzeitigen Zeitpunkt stimmen werden.

Wir tun dies nicht, weil wir diese Debatte nicht für notwendig hielten, sondern weil wir der Meinung sind, daß Sie so wie in den letzten Jahren nicht gewillt sind, dieses ILO-Übereinkommen tatsächlich in einzelgesetzliche Regelungen zu übersetzen. Dieser Vorwurf geht weniger an die Frau Bundesministerin, die hier sitzt, als an den fehlenden Herrn Bundesminister, der für den Untertagbergbau die eigentliche Verantwortung hat, aber nach wie vor nicht bereit dazu ist, diese Verantwortung auch anzunehmen, meine Damen und Herren. Und das ist nicht in Ordnung! (Beifall bei den Grünen.)

14.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. Wenn die Redezeit ausgeschöpft wird, wird anschließend die Dringliche Anfrage aufgerufen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.55

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Namens der freiheitlichen Fraktion möchte ich feststellen, wir sind zufrieden, daß wenigstens jetzt, mit etwas mehr als einem Jahr Verzögerung, dieses Übereinkommen endlich ratifiziert wird und – entgegen der Empfehlung der Bundesregierung vom 1. Oktober – nicht nur eine Kenntnisnahme erfolgt.

Ich möchte dem Kollegen Trinkl schon eines klar und deutlich sagen: So, wie er heute gemeint hat, daß die Österreichische Volkspartei schon im Jahre 1997 zu einer Ratifizierung bereit gewesen wäre, so, Herr Kollege Trinkl, habe ich Ihre diesbezüglichen Äußerungen und die Äußerungen Ihrer Fraktionskollegen in der damaligen Ausschußsitzung nicht in Erinnerung. Ich erinnere mich daran, daß ein Bericht der Bundesregierung vorgelegen ist – er ist inzwischen zurückgezogen worden –, der eindeutig und klar nicht die Ratifizierung, sondern die Kenntnisnahme festgeschrieben hat.

Ich erinnere mich weiters daran, daß ein Teil der sozialdemokratischen Abgeordneten im Ausschuß und die geschlossene Opposition der Meinung waren, daß das zuwenig ist. Die Positionen, die Sie von seiten der Österreichischen Volkspartei damals verbal vertreten haben, Kollege Trinkl, wurden zumindest so verklausuliert vorgebracht, daß das, was Sie heute hier im Plenum gesagt haben, damals für mich nicht nachvollziehbar war. Aber ich nehme zur Kenntnis, daß Sie sich nunmehr eines Besseren besonnen haben und dem tatsächlich zustimmen.

Ich möchte nicht anstehen, auch hier zu sagen, daß damals auch Kollege Nürnberger maßgeblich daran beteiligt war, daß schließlich vertagt worden ist, daß nicht nur zur Kenntnis genommen worden ist, sondern heute endlich ratifiziert wird.

Frau Bundesministerin! Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie in aller Kürze die entsprechenden Punkte aufgezählt haben, wenigstens jene, die im Jahre 1997 einer Ratifizierung entgegen gestanden sind. Ich darf daran erinnern, daß zum Zeitpunkt unserer damaligen Beratungen im Ausschuß Spanien bereits ratifiziert hatte. In dieser Übereinkunft ist auch klar nachzulesen, daß bei Ratifizierung von zwei Ländern der Inhalt des Übereinkommens in entsprechender Form umzusetzen gewesen wäre.

Ich möchte mich hier schon auch auf das beziehen, was in der Diskussion um Lassing immer ins Treffen geführt worden ist: Es wäre in Lassing hilfreich gewesen, wenn man nicht das Kartensystem gehabt hätte, sondern ein Orientierungs- und Ortungssystem, damit man gewußt hätte, wo die Bergleute unter Tage geblieben sind, wo sie damals zu finden und unter Umständen auch noch zu retten gewesen wären. Es wäre hilfreich gewesen, wenn die entsprechenden zusätzlichen Notausgänge vorhanden gewesen wären. Es wäre hilfreich gewesen, wenn das, was zu ratifizieren ist und was damals strittig war, nämlich die aktuellen Zukunftspläne und Notfallpläne für die neu erschlossenen Prospektionsgebiete, also auch für die Scheibe 1a und die dort genehmigten Vorgänge, im Ort und im Bergwerk vorhanden gewesen und den Rettungsmannschaften zur Verfügung gestanden wäre.

Ich glaube daher nicht, daß alles so fernab von der Diskussion um Lassing zu betrachten ist, sondern daß post festum festzustellen ist, daß so manches, wenn das Übereinkommen im Jahre 1997 ratifiziert und rechtzeitig in innerstaatliches Recht umgesetzt worden wäre, sehr wohl hilfreich gewesen wäre.

Frau Bundesminister! Gestatten Sie mir, noch auf einen weiteren Aspekt hinzuweisen. Ich mache mir darüber Sorgen – und mit mir machen sich sehr viele Menschen in ehemaligen Bergbauregionen diesbezüglich große Sorgen –, was geschieht, wenn die Bergwerke abgeteuft sind. Ich glaube, daß da das österreichische Bergrecht nicht ausreicht, daß die entsprechenden Vorkehrungen nicht ausreichend sind, um nachfolgende Naturkatastrophen, nachfolgende Wasserein- und -durchbrüche zu verhindern. Ich darf Sie beispielsweise an die Stillegung der Salinen in Hall in Tirol erinnern, wobei die Trinkwasserversorgung der ganzen Gemeinde, immerhin einer Stadt mit mehr als 10 000 Einwohnern, mit Sole verseucht worden ist. Die öffentliche Hand mußte letztlich die Sanierungsmaßnahmen zahlen, weil weder Pläne vorhanden waren, noch eine Überprüfung des abgeteuften Salzbergwerkes durch die Bergbehörde stattgefunden hatte. Ähnliche Zustände gibt es auch in anderen Bergwerksbereichen.

Ich glaube daher, es ist höchste Zeit, daß ratifiziert wird, aber endgültig werden wir das alles erst dann beurteilen können, wenn wir sehen, was im innerstaatlichen Recht bezüglich der Punkte, die noch nicht befriedigend gelöst sind, durch die Neuordnung des Bergrechtes und auch aufgrund der Neuregelung des Arbeitnehmerschutzrechtes in diesem Bereich tatsächlich umgesetzt wird. Ein erster richtiger Schritt ist getan. Ich bedauere namens der Freiheitlichen, daß dieser Schritt um ein Jahr und zwei Monate zu spät getan wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen zum laufenden Tagesordnungspunkt 5 und komme zum Aufruf einer dringlich zu behandelnden Anfrage.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden (5225/J)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 5225/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Die wahre staatsrechtliche Struktur eines Gemeinwesens enthüllt sich in der Handhabung der Sicherheitspolizei. Hier wird deutlich, wie es mit den heute in nahezu allen Verfassungen anzutreffenden wohltönenden Deklarationen von Freiheit des einzelnen und Menschenwürde bestellt ist. Hier finden sich die letzten Schlupfwinkel jener Staatsauffassung, die man mit dem Namen ,Polizeistaat‘ dem immer weiter an Boden gewinnenden rechtsstaatlichen Denken gegenübergestellt hat" (Ludwig Adamovich, 1970).

I.

Wie in den letzten Jahren immer wieder von Politikern, insbesondere den jeweiligen Innenministern, betont wird, ist in Österreich die Gesamtkriminalität gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. So auch im Jahre 1997 gegenüber 1996. Trotzdem wurden in den letzten Jahren die sicherheitsbehördlichen Befugnisse zur Überwachung der in Österreich lebenden BürgerInnen ständig ausgeweitet. Rechtsstaatliche Grundsätze werden durch polizeistaatliches Denken zurückgedrängt. So ist neben den kleineren Novellierungen des Sicherheitspolizeigesetzes (z.B. Schaffung einer Gefährdungskartei) insbesondere die Einführung des Lauschangriffes und der Rasterfahndung zu erwähnen.

Auch wenn nicht nachvollziehbar ist, warum angesichts zunehmender Aufklärungsquote neue Ermittlungsmethoden wie Lauschangriff und Rasterfahndung eingeführt werden mußten, so sind alle diese Befugnisse doch mit den grundlegenden Aufgaben der Sicherheitsbehörden in Einklang zu bringen. Die zuletzt vom Innenministerium vorgeschlagenen Befugnisse für die Sicherheitsbehörden, nämlich die allgemeine Gefahrenerforschung, die Sicherheitsüberprüfung und die Regierungsinformation sind mit den sicherheitsbehördlichen Aufgaben zum Schutz der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit nicht mehr zu vereinbaren. Der Schutz der öffentlichen Ruhe und Sicherheit verpflichtet die Sicherheitsbehörden zur Verhütung allgemeiner Gefahren. Die Gefahrendefinition knüpft nach Lehre und Rechtsprechung an gerichtlich strafbare Handlungen an. Demnach liegt eine sicherheitspolizeilich relevante Gefahr dann vor, wenn die Verwirklichung bestimmter Delikte des StGB unmittelbar bevorsteht oder schon begonnen hat. Den Begriff der öffentlichen Ordnung definiert der VwGH als ,die Gesamtheit jener ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinander der Menschen angesehen wird‘. Außerdem gehört zu den Aufgaben der Polizei laut BVG die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht. In einem modernen demokratischen Staat ist das Monopol legitimer physischer Gewalt mit dem Versprechen verbunden, für die Sicherheit aller seiner BürgerInnen zu sorgen. Das heißt, die Sicherheitsbehörden haben im Interesse und zum Schutz der einzelnen BürgerInnen unserer Gesellschaft tätig zu werden und nicht zur Aufrechterhaltung einer abstrakten Ruhe und Ordnung.

Einen wesentlichen Teil der Befugnisse betrifft die Ermittlung, Verarbeitung und Weitergabe personenbezogener Daten. Es handelt sich hiebei um einen der schwerwiegendsten Eingriffe in das Privat- und Familienleben durch die Sicherheitsbehörden. Laut Auskunft des Innenministers haben circa 27.000 Sicherheitsbeamte Zugang zu den verschiedenen Dateninformationssystemen des Innenministeriums. Pro Tag erfolgen circa 93.000 Zugriffe zu den verschiedensten Dateninformationsnetzen. Ob von den Sicherheitsbehörden personenbezogene Daten ermittelt werden oder nicht und in welchem Umfang personenbezogene Daten verarbeitet werden, darüber gibt es für die betroffenen Personen keine Informationen und auch keine Kontrollmöglichkeit. Wenn die Daten nicht gelöscht werden, können die betroffenen BürgerInnen auch nichts machen. So kann eine genaue Verkehrs- oder Grenzkontrolle Zufall sein oder Folge einer Datenermittlung durch die Sicherheitsbehörden aufgrund irgendeines Vorfalles. Der/die Betroffene weiß es nicht. Es gibt nach den gesetzlichen Bestimmungen keine Informationspflicht für die Behörden. Selbst bei widerrechtlich ermittelten Daten werden die betroffenen Personen nicht verständigt, wie zuletzt vom Innenminister in einer Anfrage erklärt wurde. Das in der EU-Datenschutzrichtlinie verankerte Widerrufsrecht setzt aber eine ausführliche Information in jeder Beziehung voraus.

Es ist bekannt, daß jahrelang von zwei Beamten des Innenministeriums Daten mißbräuchlich an Privatdetekteien weitergegeben wurden. Daten wurden und werden aber auch auf andere Art und Weise widerrechtlich ermittelt, verarbeitet und übermittelt.

1. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen personenbezogene Daten, die aufgrund einer Anzeige ermittelt wurden, trotz der Einstellung des Strafverfahrens oder Zurücklegung der Anzeige durch die Staatsanwaltschaft, an andere Behörden übermittelt und von diesen verwendet werden.

Es sind uns mehrere Fälle bekannt, in denen von den Sicherheitsbehörden derartige Akten offensichtlich an die Staatsbürgerschaftsbehörden übermittelt wurden. So ist in einem Erkenntnis des VwGH zu lesen: Im Zeitraum vom Juli 1992 bis Anfang Oktober 1992 sei Herr N.N. wegen Verdachtes der gewerbsmäßigen Schleppertätigkeit beamtshandelt worden. Die Behörde hat sich den Akt zur Einsicht kommen lassen, widmete in der Folge den Erhebungen und Mitteilungen der Anzeige an die Staatsanwaltschaft breiten Raum und kam ,bei eigener Betrachtung und Bewertung‘ zum Schluß, daß der strafrechtliche Verdacht zu Recht bestanden habe.

2. Bekannt ist auch, daß von den Sicherheitsbehörden im Zeitraum von 1993 bis 1997 Tausende Personen wegen Verstoß gegen § 16 Suchtgiftgesetz in rechtswidriger Weise erkennungsdienstlich behandelt hat und die Daten verarbeitet wurden. Dies wurde von der Datenschutzkommission in einzelnen Fällen festgestellt. Die zuständige BH hat sich in ihrem Vorgehen auf eine Weisung des Innenministeriums berufen.

In der Anfragebeantwortung vom 1. September 1998 zu 4835/J erklärte der Innenminister, daß eine Verständigung der Betroffenen gesetzlich nicht vorgesehen sei, da das Gesetz davon ausgehe, daß der Betroffene durch die persönliche Anwesenheit von dieser Maßnahme Kenntnis habe. Wenn nicht einmal die Behörde über die gesetzlichen Bestimmungen Bescheid wußte, wie kann dann von den betroffenen Jugendlichen dies verlangt werden? Da aber Jugendliche nicht auf die Rechtswidrigkeit aufmerksam gemacht werden, konnten sie davon auch nicht Kenntnis haben.

Gemäß § 63 SPG sind unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes ermittelte Daten unverzüglich richtig zu stellen oder zu löschen. Der Innenminister handelt neuerlich rechtswidrig, wenn er eine Löschung nur vornehmen will, wenn die Ermittlung nicht im Einklang mit der neuen Rechtslage nach Inkrafttreten des Suchtmittelgesetzes steht. Im übrigen ist es unverantwortbar, die Löschung rechtswidrig ermittelte Daten nicht unverzüglich zu veranlassen, sondern diese Daten vorerst zu überprüfen, ob sie nicht doch aus anderen Gründen in Evidenz gehalten werden können. Rechtswidrig ermittelte Daten sind zu löschen, und zwar ohne Wenn und Aber.

3. Zuletzt sind uns wiederum von der Gemeinde Preßbaum in Niederösterreich Fälle von Jugendlichen bekannt geworden, die aufgrund des Verdachtes, in einer Runde mit anderen Personen Haschisch mitgeraucht zu haben, erkennungsdienstlich behandelt und entsprechend unter Druck gesetzt wurden. In diesen Fällen des ,Mitrauchens‘ handelt es sich um einen sogenannten ,Eigengebrauch‘, was eine Ermittlung erkennungsdienstlicher Daten unzulässig macht.

4. Grundsätzlich sind personenbezogene Daten nach Erfüllung der Aufgaben wieder zu löschen (§ 63 Abs. 1 SPG). Im Zuge einer ausgeschriebenen Fahndung (Abgängigkeitsanzeige), dies kann Minderjährige oder psychisch Behinderte betreffen, werden die Daten aber für fünf Jahre gespeichert und erst nach sieben Jahren gelöscht, obwohl in den meisten Fällen bereits nach kurzer Zeit der Grund der Ermittlung weggefallen ist. Die Auskunft für eine psychisch kranke Person, die vom Krankenhaus davongelaufen war und zur Fahndung ausgeschrieben wurde, lautet folgendermaßen:

,Speicherungsgrund: Festnehmen und Vorführen: Entwichener Geisteskranker‘ ,Löschungsdatum: (...) 2005‘ (sieben Jahre nach Ausschreibung)

In einem anderen Fall wird ebenfalls von einem entwichenen ,Geisteskranken‘ gesprochen und festgehalten, daß die Vormerkung erst im Jahre 2038 außer Kraft tritt.

Abgesehen davon, daß nach der letzten Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz (mit der Novellierung des Waffengesetzes) der Hinweis auf die psychische Krankheit (,Geisteskranker‘) nicht nur geschmacklos, sondern auch rechtswidrig ist, widerspricht auch die Dauer der Speicherung der Daten den Notwendigkeiten und den gesetzlichen Bestimmungen.

5. Als Herr J. L. von seiner Möglichkeit, in den Stapo-Akt Einsicht zu nehmen, Gebrauch machte, mußte er feststellen, daß sich auch das Heeresabwehramt offensichtlich mit ihm beschäftigt hatte. Aus einem Aktenvermerk ging hervor, daß sich das HAA bei seinem damaligen Dienstgeber nach den privaten und beruflichen Aktivitäten erkundigte und sich dabei als ,Staatspolizei‘ ausgab. Da dies offensichtlich die Staatspolizei störte, wurde ein Aktenvermerk angebracht, der wörtlich lautet: ,Schon wieder mißbräuchliche Verwendung ,Staatspolizei' durch HAA.‘ Dabei handelt es sich offensichtlich um keinen Einzelfall.

6. Der Innenminister plante mit der Novelle zum SPG die Aufgabenbereiche der Sicherheitsbehörden um die ,Gefahrenerforschung‘ auszuweiten. Damit könnten – wie derzeit von den Heeresnachrichtendiensten – unter dem Titel der Gefahrenerforschung sämtliche kritische Personen und Gruppierungen überwacht werden, so wie derzeit der Verteidigungsminister die Tätigkeit des Heeresabwehramtes mit der Überwachung von Personen, die sich kritisch über die Einrichtung des Bundesheeres oder deren Anschaffungen äußern, rechtfertigt. Der Sicherheitsapparat wird damit zu einem Metternichschen Machtinstrumentarium mißbraucht, das bei Bedarf gegen kritische politische Gegner verwendet werden kann. Allenfalls werden dann die Akten sogar mit nach Hause genommen oder in Parteiinstitutionen gelagert, wie wir zuletzt feststellen mußten. Diese Praxis entspricht polizeistaatlichen Methoden, die mit unseren demokratischen Grundsätzen nicht vereinbar sind. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, über gewählte Vertreter/innen des Volkes oder Mitglieder von Regierungen Akten anzulegen, auch wenn sie sich kritisch zu Einrichtungen wie den Sicherheitsbehörden oder der Landesverteidigung äußern. Die kritische Beurteilung von Handlungen und Institutionen unseres Staates ist die tagtägliche Aufgabe unserer Politiker/innen und wesentlicher Bestandteil eines demokratischen Systems.

Die Veröffentlichung kriminalpolizeilicher Ermittlungen in der Zeitschrift ,Top‘ (Nr. 7/9 vom September 1997) mit Namen und Anschrift mehrerer Tatverdächtiger belegt die Bedenken, daß nach Wunsch Daten gegen Personen weitergegeben und politisch verwendet werden.

7. Unter diesen Gesichtspunkten kann einer Ausweitung der Befugnis der Sicherheitsbehörden, personenbezogene Daten zu ermitteln, nur abgelehnt werden. Dies vor allem auch deshalb, da damit Bereiche erfaßt werden, die mit der Aufgabenerfüllung der Sicherheitsbehörden nichts zu tun haben. So kann es nicht Aufgabe der Sicherheitsbehörden sein, für private Unternehmen Sicherheitsüberprüfungen von zukünftigen Angestellten privater Firmen vorzunehmen. Denn selbst wenn die JobbewerberInnen einer derartigen Überprüfung zustimmen (wer einen Job will, wird in der Regel keine Alternative dazu haben), so widerspricht diese Praxis den arbeitsverfassungsrechtlichen Grundsätzen, daß ArbeitnehmerInnen nicht verpflichtet sind, Angaben ihren Privatbereich betreffend den ArbeitgeberInnen bekanntzugeben. So sind laut Judikatur des Obersten Gerichtshofes Frauen nicht verpflichtet, den ArbeitgeberInnen über ihre Schwangerschaft Auskunft zu erteilen. Mit nichts zu rechtfertigen ist die Sicherheitsüberprüfung von Personen, die im gemeinsamen Haushalt des Betroffenen leben und volljährig sind, da in diesen Fällen nicht einmal die Zustimmung dieser Personen einzuholen ist. Mit der möglichen Überprüfung des Vorlebens der betroffenen Personen ist zu befürchten, daß entgegen der Datenschutzrichtlinie der EU Daten betreffend politischer Meinung, religiöser oder philosophischer Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit sowie Daten über Gesundheit und Sexualleben ermittelt werden.

8. Auch die Ermittlung personenbezogener Daten über Personen zur Warnung der Bundesregierungsmitglieder und Landeshauptleute steht im krassen Widerspruch zu den gesetzlich verankerten Aufgaben der Sicherheitsbehörden und ist daher aus datenschutzrechtlichen Grundsätzen abzulehnen. Es kann nicht angehen, daß z. B. bei einer Ausstellungseröffnung, an der auch ein Regierungsmitglied teilnimmt, über sämtliche Gäste sowie die VeranstalterInnen Datenermittlungen durchgeführt werden, um das Regierungsmitglied oder den Landeshauptmann vor zukünftigen Vorwürfen einer bestimmten Oppositionspartei zu warnen.

Der zuletzt bekanntgewordene Datenmißbrauch durch Beamte des Innenministeriums hat einerseits gezeigt, daß auch in Hinkunft derartige Mißbräuche nicht ausgeschlossen werden können und daß es nur möglich ist, nach dem Zufallsprinzip strengere Kontrollen durchzuführen. Auch wenn es bisher bereits Kontrollen gab, so konnten diese Beamten doch jahrelang Daten an Privatdetekteien verkaufen. Dieses Beispiel zeigt deutlich, daß ein Schutz vor Mißbrauch personenbezogener Daten nur dann besteht, wenn die Daten überhaupt nicht ermittelt werden. Außerdem ist die Kontrolle durch die betroffenen Personen auszubauen. Dies setzt allerdings voraus, daß diese über die von ihnen ermittelten Daten informiert werden, da sie ansonsten von dem in der EU-Richtlinie verankerten Recht auf Widerruf gegen Daten nicht Gebrauch machen können.

II.

Im Europäischen Parlament wurde im September eine Studie betreffend die Bewertung der Technologien für eine politische Kontrolle diskutiert. Die aktualisierte Zusammenfassung wurde der Einfachheit halber direkt übernommen, da diesen Ausführungen nichts hinzuzufügen ist und sich eine Menge Fragen ergeben, zumal der Innenminister derzeit in der EU-Ratspräsidentschaft nur durch das ,Strategiepapier‘ negativ aufgefallen ist, zum Ausbau und Schutz der Rechte der BürgerInnen – insbesondere gegen Überwachungsmaßnahmen – aber noch keinen Beitrag geleistet hat.

Eine Bewertung der Technologie für eine politische Kontrolle

Zusammenfassung, September 1998

Aktualisierte Zusammenfassung als Unterlage für die Septembertagung 1998

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Entwicklungen in der Überwachungstechnologie

2.1. Fernsehüberwachungsnetze (CCTV)

2.2. Algorithmische Überwachungssysteme

2.3. Wanzen und Abhörgeräte

2.4. Nationale und internationale Netze zum Anzapfen von Fernmeldeverbindungen

2.4.1. Anzapfung aller Fernmeldeverbindungen in der EU durch die NSA

2.4.2. Globales Telekommunikationsüberwachungssystem EU-FBI

2.5. Politische Optionen

1. Einleitung

Das vorliegende Dokument ist eine Zusammenfassung der Zwischenstudie ,Eine Bewertung der Technologien für eine politische Kontrolle‘ (PE 166.499), nachstehend ,Zwischenstudie‘ genannt, die von der Omega Foundation in Manchester erstellt und am 18. Dezember 1997 dem STOA-Gremium und am 27. Januar 1998 dem Ausschuß für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten vorgelegt wurde.

Als bekannt wurde, daß die elektronische Überwachung auf der Tagesordnung der Septembertagung 1998 des Europäischen Parlaments stehen würde, wurde die Omega Foundation aufgefordert, eine aktualisierte Zusammenfassung der Zwischenstudie als Unterlage für diese Sitzung zu erarbeiten. Die aktualisierte Zusammenfassung deckt verschiedene Bereiche der in der Zwischenstudie abgehandelten Technologien für eine politische Kontrolle ab. Das Dokument befaßt sich in seiner gegenwärtigen Form jedoch nur mit der spezifischen Frage der elektronischen Überwachung. Nur die vollständige Fassung enthält auch die Fußnoten und die Bibliographie.

Die Zwischenstudie wurde mit großem Interesse aufgenommen, und die ausführlichen Pressekommentare in und außerhalb der Europäischen Union beweisen, wie sehr die Öffentlichkeit über viele der in der Studie beschriebenen Neuerungen beunruhigt ist. Diese aktualisierte Zusammenfassung orientiert sich an den gleichen grundlegenden Zielsetzungen wie die Zwischenstudie, wobei es darum geht,

(i) den Mitgliedern des Europäischen Parlaments ein knappes Nachschlagewerk über die jüngsten Fortschritte im Bereich der Technologie für eine politische Kontrolle zur Verfügung zu stellen;

(ii) den gegenwärtigen Stand der Technik im Bereich der herausragendsten Entwicklungen zu klären und zu beschreiben und die Teile der Zwischenstudie, die in der Öffentlichkeit größte Besorgnis hervorgerufen haben, weiter zu klären und zu aktualisieren;

(iii) den Mitgliedern des Europäischen Parlaments eine Darstellung der gegenwärtigen Trends sowohl in Europa als auch weltweit zu geben;

(iv) politische Optionen für Strategien zur Regelung der künftigen demokratischen Kontrolle und Verwaltung dieser Technologie vorzuschlagen;

(v) weiteres kurzgefaßtes Informationsmaterial zu liefern, um die Antwort des Parlaments auf die vorgeschlagene Erklärung der Kommission über elektronische Abhöreinrichtungen zu untermauern, die auf die Tagesordnung der Sitzung des Europäischen Parlaments am Mittwoch, dem 16. September 1998, gesetzt wurde.

2. Entwicklungen in der Überwachungstechnologie

Unter Überwachungstechnologie versteht man Vorrichtungen oder Systeme, die die Bewegungen von Personen, ihres Eigentums oder anderer Vermögenswerte überwachen, verfolgen und bewerten können. Diese Technologie wird zu einem großen Teil dazu eingesetzt, die Tätigkeiten von Dissidenten, Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Studentenführern, Minderheiten, Gewerkschaftsführern und politischen Gegnern zu verfolgen. Eine ganze Reihe von Überwachungsgeräten wurde entwickelt, wie beispielsweise Nachtsichtgeräte, Parabolmikrophone zum Abhören von Gesprächen in über 1 km Entfernung, Lasermikrophone, die jedes Gespräch von einem geschlossenen Fenster in Sichtweite aus verfolgen können, die ,Danish Jai‘-Stroboskopkamera, die in wenigen Sekunden Hunderte von Aufnahmen machen und alle Teilnehmer an einer Demonstration oder an einem Marsch einzeln photographieren kann, und das automatische Fahrzeugerkennungssystem, das mit Hilfe eines geographischen Informationssystems von Karten Autos in einer Stadt verfolgen kann.

Die ursprünglich für die Verteidigung und die Geheimdienste entwickelten neuen Technologien haben sich nach dem Kalten Krieg schnell für die Strafverfolgung und im privaten Sektor durchgesetzt. Dabei handelt sich um einen jener Bereiche des technologischen Fortschritts, in dem überholte Vorschriften nicht mit der immer weiter verbreiteten mißbräuchlichen Verwendung Schritt halten konnten. Bis zu den sechziger Jahren waren die meisten Überwachungsgeräte technologisch einfach und teuer, da sie voraussetzten, daß man den Verdächtigen auf Schritt und Tritt folgte, wozu bis zu 6 Personen in Zweierteams, die in drei Achtstundenschichten arbeiteten, nötig waren. Alle Informationen und erzielten Kontakte wurden schriftlich festgehalten und abgelegt, wobei wenig Aussicht auf eine schnelle Überprüfung bestand. Auch die elektronische Überwachung war sehr arbeitsintensiv. Beispielsweise beschäftigte die ostdeutsche Polizei 500 000 geheime Informanten, wovon 10 000 ausschließlich dazu eingesetzt wurden, die Telefongespräche der Bürger abzuhören und niederzuschreiben.

In den achtziger Jahren entstanden neue Formen der elektronischen Überwachung, von denen viele auf die Automatisierung des ,Lauschangriffs‘ abzielten. Dieser Trend wurde in den USA in den neunziger Jahren durch erhöhte Regierungsausgaben am Ende des Kalten Krieges angekurbelt, wobei das Verteidigungsministerium und der Geheimdienst zur Rechtfertigung ihrer Budgets neue Aufgaben zugeteilt bekamen und ihre technologische Ausstattung auf bestimmte Bereiche der Strafverfolgung wie die Bekämpfung von Drogenhandel und Terrorismus übertragen wurde. 1993 unterzeichneten das US-Verteidigungsministerium und das US-Justizministerium Vereinbarungen über ,andere Einsätze als Krieg und Strafverfolgung‘, um eine gemeinsame Weiterentwicklung und Nutzung der Technologie zu ermöglichen. David Banisar von Privacy International stellt dazu folgendes fest: ,Computer- und Elektronikunternehmen expandieren als Reaktion auf die in den achtziger Jahren einsetzenden Kürzungen bei den Verträgen im Rüstungssektor auf neue Märkte – im In- und Ausland –, und zwar mit ursprünglich für militärische Zwecke entwickelten Geräten. Unternehmen wie E Systems, Electronic Data Systems und Texas Instruments verkaufen fortschrittliche Computersysteme und Überwachungsgeräte an Staats- und Lokalregierungen, die sie für die Strafverfolgung, für Grenzkontrollen und die Verwaltung im Sozialwesen einsetzen. Wovon die ostdeutsche Geheimpolizei nur träumen konnte, wird in der freien Welt schnell zu einer Realität.‘

2.1. Fernsehüberwachungsnetze (CCTV)

Die Technik der Fernsehüberwachung hat sich in den letzten Jahren rasch weiterentwickelt. Natürlich photographieren Polizei und Agenten immer noch Demonstrationen und Personen von Interesse, aber solche Bilder können zunehmend gespeichert und abgerufen werden. Dank der gegenwärtigen Entwicklung zur Ultraminiaturisierung sind solche Geräte jetzt tatsächlich unauffindbar und können sowohl von Einzelpersonen als auch Unternehmen und offiziellen Behörden mißbräuchlich eingesetzt werden.

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union vertreten ganz unterschiedliche Positionen im Zusammenhang mit CCTV-Kameranetzen, wobei in Dänemark derartige Kameras gesetzlich verboten sind, während es im Vereinigten Königreich bereits Hunderte von CCTV-Netzen gibt. Trotzdem sollte man sich auf einen auf dem Grundsatz des Datenschutzes basierenden, allgemein gültigen gemeinsamen Standpunkt zur Stellung der bestehenden Systeme einigen. Eine besondere Überlegung betrifft den rechtlichen Status der Zulässigkeit von digitalem Material, wie es von fortschrittlicheren CCTV-Systemen geliefert wird, als Beweismittel. Ein großer Teil dieser Materialien wird unter die Datenschutzgesetze fallen, wenn das gesammelte Material beispielsweise über ein Autokennzeichen oder über eine Uhrzeit abgerufen werden kann. Da das von solchen Systemen gelieferte Material unbemerkt editiert werden kann, muß die europäische Datenschutzrichtlinie in Primärrecht umgesetzt werden; so kann geklärt werden, welches Recht für CCTV gilt, um Verwirrung sowohl unter den Inhabern von CCTV-Datenbanken als auch unter den Bürgern als erfaßte Personen zu vermeiden. Das Primärrecht wird es ermöglichen, die Auswirkungen der Richtlinie auf Tätigkeitsfelder auszudehnen, die nicht unter das Gemeinschaftsrecht fallen.

Artikel 3 und 13 der Richtlinie sollten verhindern, daß der Einsatz von CCTV im Inland unter allen Umständen gerechtfertigt ist.

Die eigenen Verhaltenskodizes, wie beispielsweise jener der Local Government Information Unit (LGIU, 1996) im Vereinigten Königreich, sollten die besten Erfahrungen aller EU-Mitgliedstaaten berücksichtigen, um den Einsatz aller CCTV-Überwachungssysteme in der Öffentlichkeit und insbesondere in Wohngebieten abzudecken. Als erster Schritt sollte der Ausschuß für Grundfreiheiten offiziell in Erwägung ziehen, die Praxis und Kontrolle von CCTV-Systemen in den Mitgliedstaaten zu prüfen, um festzustellen, welche Aspekte der verschiedenen Verhaltenskodizes in einen einheitlichen Kodex und einen durchsetzbaren Rechtsrahmen für die Strafverfolgung und den Schutz der Grundfreiheiten sowie die Wiedergutmachung übernommen werden könnten.

2.2. Algorithmische Überwachungssysteme

Die nächste Generation der Kontrolltechnologie wird die städtische Überwachung revolutionieren, weil eine zuverlässige Wiedererkennung von Gesichtern möglich wird. Derartige Systeme werden zunächst stationär eingesetzt werden, beispielsweise an Drehtüren, Zollübergängen, Sicherheitsübergängen und so weiter, wo eine vollständige Standardgesichtserkennung stattfinden kann. Der Zwischenstudie zufolge wird Anfang des 21. Jahrhunderts die Gesichtserkennung über CCTV eine Realität sein, und die Länder mit CCTV-Infrastrukturen werden solche Technologien als natürliche Weiterentwicklung betrachten. Tatsächlich hat die amerikanische Firma Software and Systems in London ein System getestet, das Menschenmengen scannen und die Gesichter mit den in die Datenbank eines entfernten Computers eingespeicherten Bildern vergleichen kann. Wir stehen am Beginn einer Revolution der ,Algorithmischen Überwachung‘ – also Datenanalyse mittels komplexer Algorithmen, die eine automatisierte Erkennung und Verfolgung ermöglicht. Eine derartige Automatisierung erweitert nicht nur das Überwachungsnetz, es verringert auch die Maschenweite (siehe Norris, C. , et. al, 1998).

Analog dazu wurden auch Fahrzeugerkennungssysteme entwickelt, die ein Kennzeichen erkennen und dann das Fahrzeug mittels eines computerisierten geographischen Informationssystems durch eine Stadt verfolgen können. Solche Systeme sind bereits im Handel, beispielsweise das 1994 von der britischen Firma Racal zu einem Preis von £ 2000 eingeführte System Talon. Das System ist so ausgelegt, daß es bei Tag wie bei Nacht Kennzeichen auf der Grundlage eines neuronalen Netzwerks erkennen kann, das von Cambridge Neurodynamics entwickelt wurde. Ursprünglich wurde es für die Verkehrsüberwachung eingesetzt, aber seine Funktionen wurden in den letzten Jahren so weiterentwickelt, daß es nunmehr auch für Sicherheitsüberwachungen einsetzbar ist und in den ,Ring of Steel‘ um London integriert wurde. Das System kann alle Fahrzeuge aufzeichnen, die an einem bestimmten Tag in den Überwachungsraum einfahren oder ihn verlassen.

Es ist wichtig, daß klare Richtlinien und Verhaltenskodizes für solche technologische Innovationen festgesetzt werden, und zwar lange bevor die digitale Revolution neue und unvorhersehbare Möglichkeiten schafft, solche visuellen Bilder zu vergleichen, zu analysieren, zu erkennen und zu speichern. Schon jetzt ermöglichen multifunktionelle Verkehrsmanagementsysteme wie ,Traffic Master‘ (das die Fahrzeugerkennungssysteme zur Kartierung und Quantifizierung von Staus verwendet) ein nationales Überwachungssystem. Diese Vorschriften müssen auf eindeutigen Datenschutzgrundsätzen basieren und Artikel 15 der Europäischen Richtlinie von 1995 über den Schutz von natürlichen Personen und die Verarbeitung von personenbezogenen Daten berücksichtigen. Dieser Artikel lautet im wesentlichen wie folgt: ,Die Mitgliedstaaten räumen jeder Person das Recht ein, keiner für sie rechtliche Folgen nach sich ziehenden und keiner sie erheblich beeinträchtigenden Entscheidung unterworfen zu werden, die ausschließlich aufgrund einer automatisierten Verarbeitung von Daten [...] ergeht. (1) Es spricht vieles dafür, daß das Europäische Parlament den in einem jüngst erschienenen Bericht des britischen House of Lords enthaltenen Ratschlag befolgt (Bericht des Fachausschusses über digitale Bilder als Beweismittel, 1998). Dieser Rat lautet: (i) daß das Europäische Parlament ... ,sowohl für den öffentlichen als auch den privaten Sektor Leitlinien für den Einsatz des Datenvergleichs und insbesondere für die Verbindung von Überwachungssystemen mit anderen Datenbanken vorgibt; (ii) daß der für den Datenschutz zuständige Beamte ermächtigt wird, den Betrieb von Datenvergleichssystemen zu überprüfen‘.

Derartige Überwachungssysteme werfen erhebliche Probleme im Zusammenhang mit der Verantwortlichkeit auf, insbesondere wenn sie autoritären Regimes zur Verfügung gestellt werden. Die am Platz des Himmlischen Friedens eingesetzten Kameras wurden von Siemens Plessey als fortschrittliches Verkehrskontrollsystem vertrieben. Nach den Studentenmassakern im Jahre 1989 kam es jedoch zu einer Hexenjagd, als die Behörden bei dem Versuch, die Rebellen aufzuspüren, Tausende folterten und verhörten. Das mit Pelco-Kameras aus den USA arbeitende Überwachungssystem Scoot wurde eingesetzt, um die Proteste genau aufzuzeichnen. Die Bilder wurden im chinesischen Fernsehen wiederholt ausgestrahlt, wobei eine Belohnung für Informationen ausgesetzt wurde, mit dem Ergebnis, daß fast alle Regimegegner identifiziert wurden. Die demokratische Verantwortlichkeit ist also das einzige Kriterium, das moderne Verkehrsüberwachungssysteme von fortschrittlichen Technologien zum Aufspüren von Dissidenten unterscheidet. Ausländische Firmen exportieren Verkehrskontrollsysteme nach Lhasa in Tibet, obwohl Lhasa bis jetzt noch keine Verkehrsüberwachungsprobleme hat. Das Problem dabei könnte ein sträflicher Mangel an Vorstellungskraft sein.

2.3. Wanzen und Abhörgeräte

Eine große Zahl von Wanzen und Abhörgeräten wurde entwickelt, um Gespräche aufzunehmen und Telefonverbindungen abzuhören. In den letzten Jahren war der weitverbreitete illegale und legale ,Lauschangriff‘ sowie das Setzen von ,Wanzen‘ ein Thema in vielen europäischen Staaten. Illegale Wanzen sind jedoch eine Technologie von gestern. Moderne Schnüffler können mit Hilfe von speziell ausgestatteten Laptop-Computern alle Mobiltelefone abhören, die in ihrem Erfassungsbereich aktiv sind, indem sie die entsprechende Nummer anklicken. Das Gerät kann sogar ,interessante‘ Nummern anpeilen, um zu überprüfen, ob gerade ein Gespräch geführt wird. Diesen Wanzen und Abhörvorrichtungen kommt jedoch angesichts der nationalen und internationalen Abhörvorrichtungen, die von den Regierungen unterhalten werden, keinerlei Bedeutung mehr zu.

2.4. Nationale und internationale Netze zum Anzapfen von Fernmeldeverbindungen

In der Zwischenstudie wird das globale Überwachungssystem im Detail beschrieben, das die Massenüberwachung von allen Telekommunikationsverbindungen einschließlich von Telefon, E-Mail und Faxübertragungen von privaten Bürgern, Politikern, Gewerkschaften und Unternehmen ermöglicht. In den letzten Jahren war eine politische Verlagerung hinsichtlich der Zielgruppe zu verzeichnen. Anstatt ein Verbrechen zu untersuchen (was eine Reaktion darstellen würde), verfolgen die Strafverfolgungsbehörden zunehmend bestimmte soziale Klassen und Rassen, die in gefährdeten Gebieten leben, bevor ein Verbrechen begangen wird – eine Form der Datenüberwachung für eine präventive Polizeiarbeit, die auf militärischen Modellen zur Sammlung von enormen Mengen einfacher Daten basiert.

Ohne Verschlüsselung sind die modernen Kommunikationssysteme transparent für fortschrittliche Abhörvorrichtungen, die zum Mithören eingesetzt werden können. In der Zwischenstudie wird auch erklärt, welche inhärenten Überwachungs- und Abhörmöglichkeiten Mobiltelefone bieten, die von der Polizei und Geheimdiensten genutzt werden können. Beispielsweise impliziert die digitale Technologie, die dazu benötigt wird, die Telefonbenutzer für ankommende Verbindungen aufzuspüren, daß alle Benutzer von Mobiltelefonen in einem Land aufgespürt werden können, wenn das Telefon empfangsbereit ist, wo immer sie sich aufhalten, und ihr jeweiliger Aufenthaltsort im Computer der Gesellschaft gespeichert werden kann. Die Schweizer Polizei hat beispielsweise insgeheim den Aufenthaltsort von Mobiltelefonbenutzern vom Computer des Anbieters Swisscom aus verfolgt, der der ,SonntagsZeitung‘ zufolge die Bewegungen von mehr als einer Million Abonnenten in einer Genauigkeit von wenigen hundert Metern und für mindestens ein halbes Jahr gespeichert hat.

Von allen in der Zwischenstudie behandelten Entwicklungen erregte jedoch jenes Kapitel am meisten Besorgnis, das sich mit den verfassungsmäßigen und rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Zugang der amerikanischen nationalen Sicherheitsbehörde zu allen europäischen Fernmeldeverbindungen – mit der Möglichkeit, diese anzuzapfen – beschäftigt. Es bestreitet zwar niemand die Rolle solcher Netze bei der Bekämpfung des Terrorismus, des Drogenhandels, der Geldwäsche und des illegalen Waffenhandels, das Ausmaß des in der Studie dargestellten Netzes zum Abhören von Auslandsgesprächen sowie die Frage, ob die bestehenden Rechtsvorschriften, der Datenschutz und der Schutz der Privatsphäre in den Mitgliedstaaten ausreichend sind, um die Vertraulichkeit von Verbindungen zwischen EU-Bürgern und Unternehmen mit jenen in Drittländern zu gewährleisten, gaben jedoch Anlaß zu großer Sorge.

Da durch Presseberichte anschließend einige Verwirrung gestiftet wurde, sollen an dieser Stelle etliche der Fragen im Zusammenhang mit der transatlantischen elektronischen Überwachung geklärt und ein kurzer Überblick über die früheren und die jüngsten Entwicklungen seit Veröffentlichung der Zwischenstudie im Januar 1998 gegeben werden Es gibt im wesentlichen zwei unterschiedliche Systeme, nämlich:

(i) Das System VK/USA, das die Tätigkeiten der militärischen Nachrichtendienste wie NSA-CIA in den USA umfaßt und an das GCHQ und MI6 im Vereinigten Königreich angeschlossen sind, die das als ECHELON bekannte System betreiben.

(ii) Das System EU-FBI, das verschiedene Strafverfolgungsbehörden untereinander verbindet, wie beispielsweise FBI, Polizei, Zoll, Einwanderungsbehörden und Behörden der inneren Sicherheit.

Da der Titel von Punkt 44 der Tagesordnung für die Sitzung des Europäischen Parlaments am 16. September 1998 (2) immer noch Verwirrung stiften könnte – vom Standpunkt des Nachrichtendienstes aus gesehen handelt es sich dabei um zwei unterschiedliche ,Gemeinschaften‘ –, sei hier noch kurz auf die Aktivitäten beider Systeme eingegangen: auf die Bereiche ECHELON, Verschlüsselung, Überwachung EU-FBI und neue Schnittstellen, die beispielsweise Zugang zu Internetanbietern und Datenbanken anderer Behörden bieten.

2.4.1. Anzapfung aller Fernmeldeverbindungen in der EU durch die NSA

Der Zwischenstudie zufolge werden in Europa alle E-Mail-, Telefon- und Faxverbindungen routinemäßig von der Nationalen Sicherheitsagentur der Vereinigten Staaten angezapft, und alle Zielinformationen werden vom Europäischen Festland über das strategische Zentrum in London und über das wichtige Zentrum in Menwith Hill in den North York Moors des Vereinigten Königreiches über Satellit nach Fort Meade in Maryland weitergeleitet.

Dieses System wurde erstmals in den siebziger Jahren von einer Gruppe von Forschern im Vereinigten Königreich entdeckt (Campbell, 1981). Ein vor kurzem erschienenes Buch von Nicky Hager, ,Secret Power‘ (Hager, 1996), liefert umfassende Details über ein als ECHELON bekanntes Projekt. Hager interviewte mehr als 50 Personen, die mit dem Nachrichtendienst zu tun haben, um zu belegen, daß dieses globale Überwachungssystem die ganze Welt umfaßt und ein Zielsystem auf allen wichtigen Intelsatelliten bildet, die dazu verwendet werden, die meisten Verbindungen über Satellitentelefon, Internet, E-Mail, Fax und Telex weiterzuleiten. Diese Stationen befinden sich in Sugar Grove und Yakima in den Vereinigten Staaten, in Waihopai in Neuseeland, in Geraldton in Australien, in Hongkong und in Morwenstow im Vereinigten Königreich.

Das ECHELON-System gehört zum UKUSA-System, aber im Gegensatz zu vielen elektronischen Spionagesystemen, die während des Kalten Krieges entwickelt wurden, wurde ECHELON hauptsächlich für nichtmilitärische Zielgruppen entworfen: Regierungen, Organisationen und Unternehmen in praktisch allen Ländern. Das ECHELON-System zapft wahllos sehr große Mengen von Verbindungen an und wertet dann durch künstliche Intelligenz wie Memex zum Auffinden von Schlüsselwörtern die wertvollen Informationen aus. Fünf Staaten können die Ergebnisse nutzen, wobei gemäß dem UK/USA-Abkommen von 1948 die USA der Hauptpartner sind und Großbritannien, Kanada, Neuseeland und Australien eine untergeordnete Position einnehmen.

Alle fünf Zentren stellen den anderen vier Partnern ,Wörterbücher‘ der Schlüsselworte, Sätze, Personen und anzuzapfende Anschlüsse zur Verfügung, und die angezapfte Verbindung wird sofort an das Land weitergeleitet, das den entsprechenden Antrag gestellt hat. Einerseits werden so zwar viele Informationen über potentielle Terroristen gesammelt, es gibt aber andererseits auch viele wirtschaftliche Einsätze, insbesondere für die intensive Überwachung all jener Länder, die an den GATT-Verhandlungen teilnehmen. Aber Hager stellte fest, daß die weitaus wichtigsten Prioritäten dieses Systems weiterhin im Bereich der militärischen und politischen Geheimdienste liegen, die die so gewonnenen Nachrichten für ihre Interessen nutzen können.

Hager zitiert ,hochrangige Geheimagenten‘, die mit dem ,Observer‘ in London gesprochen haben. ;Wir glauben, daß wir in Anbetracht dessen, was wir für groben Mißbrauch und Fahrlässigkeit in unserem Arbeitsumfeld halten, nicht länger Stillschweigen bewahren können.‘ Als Beispiel nannten sie die Anzapfung von drei karitativen Organisationen, einschließlich Amnesty International und Christian Aid, durch GCHQ. ;GCHQ kann deren Verbindungen jederzeit für Routinezielerhebungen abhören‘, sagten die GCHQ-Informanten. Das Verfahren für das Abhören von Telefonverbindungen ist als Mantis bekannt, bei Telexen wird es Mayfly genannt. Durch die Eingabe eines Codes für Hilfe für die Dritte Welt konnte die Quelle beweisen, daß die Telexe aller drei Organisationen überprüft werden können. Ohne jede Regelung der Verantwortlichkeit ist es schwierig festzustellen, welche Kriterien ausschlaggebend dafür sind, ob eine Person oder Organisation zum Ziel erklärt wird oder nicht.

Seit Erscheinen der Zwischenstudie haben Journalisten tatsächlich behauptet, daß ECHELON amerikanischen Firmen, die im Waffenhandel tätig sind, zugute gekommen ist und die Stellung Washingtons in ausschlaggebenden Gesprächen mit Europa im Rahmen der Welthandelsorganisation während einer Auseinandersetzung im Jahre 1995 mit Japan bezüglich der Ausfuhr von Fahrzeugteilen gestärkt hat. Der ,Financial Mail on Sunday‘ zufolge ,umfassen die von US-Experten identifizierten Schlüsselwörter die Namen von zwischenstaatlichen Handelsorganisationen und Unternehmenskonsortien, die gegen US-Firmen bieten. Das Wort ,Block‘ steht auf der Liste, um Verbindungen ausmachen zu können, die Off-shore-Ölvorkommen in Gebieten betreffen, wo der Meeresgrund noch in Explorationsblöcke eingeteilt werden muߑ ... Es wurde auch angedeutet, daß sich die USA 1990 in geheime Verhandlungen eingemischt und Indonesien dazu gebracht haben, den amerikanischen Riesenkonzern AT&T an einem Telecom- Vertrag in Höhe von mehreren Milliarden Dollar zu beteiligen, als es an einem gewissen Punkt so aussah, als ob der Vertrag ausschließlich an die japanische NEC gehen würde.

Die ,Sunday Times‘ (11. Mai 1998) berichtete, daß die Radome von Menwith Hill (NSA Station F83) in North Yorkshire, Vereinigtes Königreich, schon bald die Aufgabe erhielten, die Verbindungen von international tätigen Transportunternehmen (ILC) abzuhören – im wesentlichen handelt es sich dabei um gewöhnliche Geschäftsverbindungen. Das Personal stieg von 400 Mitarbeitern in den achtziger Jahren auf derzeit über 1.400 an; zusätzlich sind 370 Bedienstete des Verteidigungsministeriums dort tätig. Die ,Sunday Times‘ berichtete auch von Behauptungen, daß Gespräche zwischen der deutschen Firma Volkswagen und General Motors abgehört wurden und daß sich die Franzosen beschwert haben, daß Thompson-CSF, die französische Elektronikfirma, einen Vertrag in Höhe von 1,4 Milliarden Dollar über die Lieferung eines Radarsystems an Brasilien verloren hätte, weil die Amerikaner die Details der Verhandlungen abgehört und an die US-Firma Raytheon weitergeleitet haben, die anschließend den Auftrag erhielt. Ferner wird behauptet, daß Airbus Industry ein Vertrag in Höhe von 1 Milliarde Dollar an Boeing und McDonnel Douglas verlorenging, weil entsprechende Informationen vom amerikanischen Geheimdienst abgehört wurden. Andere Zeitungen, wie ,Liberation‘ (21. April 1998) und ;Il Mondo‘ (20. März 1998), definierten das Netz aufgrund der Achse VK-USA als angelsächsisches Spionagenetz. ,Privacy International‘ geht noch weiter. Sie räumt zwar ein, daß ,streng genommen weder die Kommission noch das Europäische Parlament das Recht haben, Sicherheitsfragen durch Vorschriften zu regeln beziehungsweise in Sicherheitsfragen einzugreifen ..., sie tragen jedoch die Verantwortung dafür, daß dieser Bereich in der ganzen Union harmonisiert wird‘.

,Privacy International‘ zufolge dürfte das Vereinigte Königreich feststellen, daß seine Verbindungen im Rahmen der ,besonderen Beziehungen‘ gegen seine Verpflichtungen aus dem Vertrag von Maastricht verstoßen, da es in Titel V des Vertrags von Maastricht heißt: ,Zu jeder außen- und sicherheitspolitischen Frage von allgemeiner Bedeutung findet im Rat eine gegenseitige Unterrichtung und Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten statt, damit gewährleistet ist, daß ihr vereinter Einfluß durch konvergierendes Handeln möglichst wirksam zum Tragen kommt.‘ Im Bereich der besonderen Beziehungen kann Großbritannien jedoch keine offenen Anhörungen mit seinen anderen europäischen Partnern durchführen. Die Situation wird weiter dadurch kompliziert, daß in der französischen Zeitschrift ,Le Point‘ die Gegenbehauptung aufgestellt wird, daß die Franzosen über den Helios 1A-Spionagesatelliten systematisch die Telefon- und Kabelverbindungen der Vereinigten Staaten und der anderen alliierten Länder überwachen (,Times‘, 17. Juni 1998).

Selbst wenn nur die Hälfte all dieser Behauptungen zutrifft, muß das Europäische Parlament Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, daß so mächtige Überwachungssysteme jetzt, da der Kalte Krieg zu Ende ist, auf Grundlage eines demokratischeren Konsens funktionieren. Natürlich entspricht die Politik der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Übersee nicht immer jener der USA, und im wirtschaftlichen Bereich ist Spionage nach wie vor Spionage. Keine Behörde der USA würde es einem ähnlichen Spionagenetz der EU ermöglichen, von amerikanischem Boden aus zu agieren, ohne diesem, falls es überhaupt geduldet würde, strikte Beschränkungen aufzuerlegen. Nach einer umfassenden Erörterung der Auswirkungen des Betriebs derartiger Netze sollte das Europäische Parlament geeignete Verfahren für die unabhängige Überprüfung und Überwachung schaffen; alle Bemühungen um ein Verbot der Verschlüsselung durch EU-Bürger sollten, falls ihnen überhaupt stattgegeben wird, solange zurückgestellt werden, bis demokratische und verantwortliche Systeme geschaffen wurden.

2.4.2. Globales Telekommunikationsüberwachungssystem EU-FBI

Ein großer Teil der Nachforschungen und Untersuchungen, die notwendig waren, um die Geschichte, Struktur, Rolle und Funktion des Abkommens EU-FBI zur Legitimisierung globaler elektronischer Überwachung bekanntzumachen, ist Statewatch zu verdanken, der hoch angesehenen britischen Organisation für Kontrolle und Forschung im Bereich der Grundfreiheiten.

Statewatch hat die Unterzeichnung des Transatlantischen Abkommens in Madrid beim Gipfeltreffen EU-USA vom 3. Dezember 1995 ausführlich beschrieben – einen Teil davon bildet der ,gemeinsame Aktionsplan EU-USA‘. In der Folge hat Statewatch festgestellt, daß diese Bemühungen einen Versuch darstellen, die Atlantische Allianz in der Ära nach dem Kalten Krieg neu zu definieren, wobei man mit Hilfe dieser Haltung mehr und mehr die Anstrengungen interner Sicherheitsbehörden zu rechtfertigen sucht, die in Europa zunehmend Polizeiarbeit übernehmen. Statewatch merkt an, daß der erste gemeinsame Aktionsplan zur Überwachung nicht im Rat für Justiz und Inneres erörtert wurde, sondern ausgerechnet im Rat für Fischereifragen vom 20. Dezember 1996 als A-Punkt (ohne Aussprache) nebenbei angenommen wurde.

Im Februar 1997 berichtete Statewatch, daß die EU die geheime Vereinbarung getroffen hat, ein internationales Netz zum Abhören von Telefongesprächen einzurichten, und zwar über ein geheimes Netz von Ausschüssen, die im Rahmen des ,dritten Pfeilers‘ des Vertrags von Maastricht für die Zusammenarbeit im Bereich der öffentlichen Ordnung gebildet werden. Die Hauptpunkte des Plans sind in einer Vereinbarung festgelegt, die 1995 von den EU-Staaten unterzeichnet wurde (ENFOPOL 112 10037/95 25. Oktober 1995) und die immer noch unter Verschluß gehalten wird. Dem ,Guardian‘ zufolge (25. Februar 1997) spiegelt er die Sorge der europäischen Nachrichtendienste wider, daß die moderne Technologie sie daran hindern wird, private Verbindungen abzuhören. Dem Bericht zufolge sollten sich die EU-Länder auf ,internationale Abhörstandards einigen, die eine Kodierung gewährleisten würden; andernfalls könnten verschlüsselte Wörter von Regierungsbehörden entschlüsselt werden‘. Offiziellen Berichten zufolge einigten sich die Regierungen der EU-Staaten darauf, eng mit dem FBI in Washington zusammenzuarbeiten. Frühere Protokolle dieser Sitzungen legen jedoch die Vermutung nahe, daß die ursprüngliche Initiative von Washington ausging. Statewatch zufolge müssen Anbieter von Netzen und den entsprechenden Diensten in der EU ,abhörbare‘ Systeme installieren und jede Person oder Gruppe überwachen, wenn sie einen Abhörbefehl erhalten.

Diese Pläne wurden weder den europäischen Regierungen noch dem Ausschuß für Grundfreiheiten des Europäischen Parlaments zur Prüfung vorgelegt, obwohl die Frage der Grundfreiheiten durch solche unverantwortliche Systeme eindeutig aufgeworfen wird. Die Entscheidung, diese Entwicklung voranzutreiben, wurde nur im geheimen im Rahmen eines ,schriftlichen Verfahrens‘ durch den Austausch von Telexen zwischen den 15 Regierungen der EU-Staaten getroffen. Statewatch teilt mit, daß der globale Überwachungsplan EU-FBI nun ,außerhalb des dritten Pfeilers‘ weiterentwickelt wird. In der Praxis bedeutet dies, daß der Plan von einer Gruppe von 20 Ländern – den 15 EU-Mitgliedstaaten plus USA, Australien, Kanada, Norwegen und Neuseeland – weiterentwickelt wird. Diese Gruppe von 20 Ländern hat weder dem Rat (Justiz und Inneres) noch dem Europäischen Parlament noch den einzelstaatlichen Parlamenten Rechenschaft abzulegen. Die Finanzierung dieses Systems wird nicht erwähnt, aber in einem Bericht der deutschen Bundesregierung wird angegeben, daß allein der Teil des Pakets, der die Mobiltelefone betrifft, schätzungsweise 4 Milliarden D-Mark kosten wird.

Statewatch zieht die Schlußfolgerung, daß ,die Schnittstelle zwischen dem ECHELON-System und seiner potentiellen Weiterentwicklung im Bereich der Telefonverbindungen, gemeinsam mit der Standardisierung der von der EU und den USA finanzierten Zentren und Ausrüstungen für ,abhörbare Verbindungen‘, eine wirklich globale Bedrohung darstellt, die keinerlei rechtlichen oder demokratischen Kontrollen unterliegt‘ (Pressemitteilung vom 25. Februar 1997). In vielerlei Hinsicht handelt es sich dabei um Treffen von Agenten eines neuen globalen Staats des militärischen Geheimdienstes. Es ist für alle sehr schwierig, sich ein vollständiges Bild davon zu machen, was in den hochrangig besetzten Treffen zur Festlegung dieser ,transatlantischen Agenda‘ beschlossen wird. Statewatch erzielte zwar einen Entscheid des Bürgerbeauftragten, der ihm Einsicht in die Vereinbarung gewährt, weil der Ministerrat ,den Zugangscode falsch angewandt hat‘; bislang wurde jedoch noch niemandem Einblick in die Akten gewährt. Und ohne solche Einsicht in die Unterlagen müssen wir uns damit abfinden, daß die Entscheidungen hinter verschlossenen Türen getroffen werden. Die Erklärung der Kommission zu ECHELON und den transatlantischen Beziehungen, die einen noch nie dagewesenen Vorgang darstellt und die für den 16. September angesetzt ist, wird vermutlich durch das, was sie verschweigt, ebensoviel Aussagekraft haben wie durch das, was sie der Öffentlichkeit preisgibt. Die Mitglieder des Europäischen Parlaments könnten die folgenden politischen Optionen in Erwägung ziehen:

2.5. Politische Optionen

(i) Eine Reihe von detaillierteren Untersuchungen zu den sozialen, politischen, kommerziellen und verfassungsmäßigen Auswirkungen des in der Studie beschriebenen globalen elektronischen Überwachungsnetzes sollte im Hinblick auf die Abhaltung einer Reihe von Anhörungen von Experten als Grundlage für die künftige Politik der EU im Bereich der Grundfreiheiten in Auftrag gegeben werden. Diese Untersuchungen könnten folgende Bereiche abdecken:

(a) die verfassungsmäßigen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Möglichkeit der nationalen Sicherheitsagentur (NSA) der Vereinigten Staaten, alle europäischen Fernmeldeverbindungen anzuzapfen, ergeben, und insbesondere die rechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dem Vertrag von Maastricht sowie die gesamte Problematik des Einsatzes dieses Netzes für die automatisierte politische und wirtschaftliche Spionage;

(b) die sozialen und politischen Auswirkungen des globalen Überwachungssystems FBI-EU, der dadurch mögliche wachsende Zugriff auf die neuen Kommunikationsmedien einschließlich E-Mail und die weitere Expansion in neue Länder, gemeinsam mit allen damit zusammenhängenden finanziellen und verfassungsrechtlichen Fragen;

(c) die Struktur, Rolle und Aufgabe eines EU-weiten Überwachungsgremiums, das unabhängig vom Europäischen Parlament eingesetzt werden könnte, um die Tätigkeiten aller Organisationen zu überprüfen und überwachen, die sich mit dem Anzapfen von Telekommunikationsverbindungen in Europa beschäftigen.

(ii) Das Europäische Parlament hat die Möglichkeit, darauf zu drängen, die Vorschläge der Vereinigten Staaten abzulehnen, private Nachrichten über das globale Kommunikationsnetz (Internet) für die amerikanischen Nachrichtenbehörden zugänglich zu machen. Ferner sollte das Parlament den neuen kostspieligen Verschlüsselungskontrollen nicht zustimmen, bevor innerhalb der EU eine umfassende Debatte über die Auswirkungen derartiger Maßnahmen stattgefunden hat. Diese Auswirkungen betreffen die Grund- und Menschenrechte der europäischen Bürger und die kommerziellen Rechte der Unternehmen, sich ohne ungerechtfertigte Überwachung durch Nachrichtenbehörden, die mit multinationalen Konkurrenten zusammenarbeiten, im Rahmen des Gesetzes zu betätigen.

(iii) Das Europäische Parlament sollte eine Reihe von Anhörungen von Experten einberufen, welche all die technischen, politischen und kommerziellen Tätigkeiten der Organisationen zum Thema haben, die sich mit der elektronischen Überwachung beschäftigen. Ferner sollte es mögliche Strategien ausarbeiten, um diese Tätigkeiten so zu gestalten, daß sie den Grundsätzen der demokratischen Verantwortlichkeit und Transparenz entsprechen. Bei diesen Anhörungen könnte man sich auch mit der Frage von eigenen Verhaltenskodizes befassen, um im Fall von Unregelmäßigkeiten und mißbräuchlicher Verwendung eine Wiedergutmachung zu gewährleisten. Man sollte in Kriterien ausdrücklich festlegen, wer überwacht werden darf und wer nicht, wie diese Daten gespeichert, verarbeitet und weitergeleitet werden dürfen und ob solche Kriterien und die entsprechenden Verhaltenskodizes öffentlich zugänglich gemacht werden sollten.

(iv) Das Mandat des Ausschusses für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten sollte dahin gehend erweitert werden, daß es die Befugnisse und Zuständigkeiten für alle Fragen im Zusammenhang mit den Grundfreiheiten umfaßt, die durch elektronische Überwachungsgeräte und Netze aufgeworfen werden; im Rahmen seines nächsten Arbeitsprogrammes sollte er eine Reihe von Berichten fordern, in denen folgenden Fragen nachgegangen wird:

(a) Wie könnten rechtlich verbindliche Verhaltenskodizes gewährleisten, daß neue Überwachungstechnologien den Datenschutzgesetzen entsprechen?

(b) Die Vorgabe von Leitlinien hinsichtlich der Praxis des Datenvergleichs und insbesondere der Verbindung von Überwachungssystemen mit anderen Datenbanken sowohl für den öffentlichen als auch für den privaten Sektor; dabei sollte auf die Frage eingegangen werden, wie man den Datenschutzbeauftragten der Mitgliedstaaten entsprechende Befugnisse zur Überprüfung des Betriebs von Datenvergleichssystemen erteilen könnte.

(c) Welche weiteren Rechtsvorschriften sollten erlassen werden, um den Verkauf von elektronischen Abhörgeräten und Wanzen an Privatpersonen und Unternehmen zu regeln, sodaß ihr Verkauf durch die gesetzliche Erlaubnis und nicht durch eine Selbstregulierung bestimmt wird?

(d) Wie kann gewährleistet werden, daß das Abhören von Telefongesprächen durch die Mitgliedstaaten auf einem Verfahren der öffentlichen Verantwortung, wie in a) oben erwähnt, beruht (z. B. wäre es denkbar, daß man für das Abhören von Telefonen eine Genehmigung beantragen muß, die vom jeweiligen Parlament in einem bestimmten Verfahren erteilt wird; in den meisten Fällen können die Strafverfolgungsbehörden nur unter höchst außergewöhnlichen Umständen, die der Genehmigungsbehörde so rasch wie möglich mitgeteilt werden müssen, Telefongespräche eigenmächtig abhören).

(e) Wie ist es möglich, die Technologien, mit deren Hilfe automatisch Kundenprofile und Anrufmuster für Freundschafts- und Kontaktnetze erstellt werden können, durch die gleichen Rechtsvorschriften zu regeln wie das Abhören von Telefongesprächen, und wie können sie dem Parlament des jeweiligen Mitgliedstaates gemeldet werden?

(f) Eine Untersuchung sollte in Auftrag gegeben werden, um festzustellen, welcher Art in den Mitgliedstaaten die besten Erfahrungen bei der Überprüfung von CCTV sind, um zu ermitteln, welche Aspekte der verschiedenen Verhaltenskodizes in einen einheitlichen Kodex und ein rechtliches Rahmenwerk übernommen werden könnten, das die Strafverfolgung, den Schutz der Grundfreiheiten sowie die Wiedergutmachung abdeckt.

(v) Schaffung von Verfahrensmechanismen durch die zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments, die Vorschläge für Technologien prüfen, die Auswirkungen auf die Grundfreiheiten im Zusammenhang mit der Überwachung haben (beispielsweise der Ausschuß für Telekommunikationen); diese Ausschüsse sollten verpflichtet werden, alle einschlägigen Vorschläge und Berichte an den Ausschuß für Grundfreiheiten weiterzuleiten, damit sich dieser dazu äußern kann, bevor irgendwelche politischen oder finanziellen Entscheidungen über deren Nutzung getroffen werden.

(vi) Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten über die Übermittlung der jährlichen Statistiken über das Abhören von Verbindungen in einer standardisierten und einheitlichen Form an die Parlamente der einzelnen Mitgliedstaaten. Diese Statistiken sollten umfassende Angaben zur tatsächlichen Zahl der angezapften Verbindungen enthalten, und die Daten sollten nicht aggregiert sein (um zu vermeiden, daß die Statistiken nur die Zahl der erteilten Genehmigungen ausweisen, während die überwachten Organisationen Hunderte von Mitgliedern haben können, deren Telefone angezapft werden).

(1) Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 1/95, vom Rat festgelegt am 20. Februar 1995 im Hinblick auf den Erlaß der Richtlinie 95/../EG des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr.

(2) Erklärung der Kommission – Transatlantische Beziehungen/ECHELON-System. Transatlantische Beziehungen nach dem Gipfeltreffen EU-USA vom 18. Mai und der Einsatz von Überwachungstechniken im Bereich der Kommunikation.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Dringliche Anfrage:

I. Fragen betreffend Überwachungsmaßnahmen in Österreich:

1. Wie viele Personen sind vom Datenmißbrauch der beiden Beamten des Innenministeriums betroffen?

2. Wurden diese Personen davon informiert?

3. Laut APA-Aussendung wurden angeblich Daten unter anderem auch an ,seriöse Firmen‘ weitergegeben. In Zukunft soll dies mit der Sicherheitsüberprüfung legalisiert werden. Wie rechtfertigen Sie die Sicherheitsüberprüfung für private Unternehmen, aber auch für Beamte mit den Aufgaben der Sicherheitsbehörden?

4. Warum werden von Ihnen die zahlreichen Jugendlichen, die in rechtswidriger Weise in den Jahren 1993 bis 1997 erkennungsdienstlich behandelt wurden, nicht verständigt?

5. Bis wann können diese betroffenen Jugendlichen damit rechnen, daß die ermittelten Daten gelöscht werden?

6. Warum werden nach wie vor Jugendliche – wie zuletzt in Preßbaum –, die Haschisch nur in einer Runde mitrauchen (zum Eigengebrauch besitzen), erkennungsdienstlich behandelt?

7. Werden Sie dafür sorgen, daß in allen Fällen, in denen die Daten rechtswidrig ermittelt wurden und von Amts wegen zu löschen sind, die betroffenen Personen davon verständigt werden?

8. In zahlreichen Fällen wurden personenbezogene Daten, auch nachdem die Staatsanwaltschaft keine Anzeige erstattet hatte, an andere Behörden, insbesondere Staatsbürgerschaftsbehörden, weitergeleitet und diesen Personen ein erheblicher Schaden zugefügt. Wie rechtfertigen Sie dieses rechtswidrige Vorgehen?

9. Der Antrag auf Widerruf ermittelter Daten kann nur eingebracht werden, wenn auch bekannt ist, daß von den Behörden Daten ermittelt wurden. Werden Sie daher dafür sorgen, daß grundsätzlich alle betroffenen Personen, über die personenbezogene Daten ermittelt werden, davon informiert werden?

10. Wie vereinbaren Sie die Sicherheitsüberprüfung insbesondere für private Firmen mit den Aufgaben der Sicherheitsbehörden?

11. Wie rechtfertigen Sie die im Entwurf zur Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes verankerte Regierungsinformation mit den Aufgaben der Sicherheitsbehörden?

12. Warum scheint bei der Ermittlung von personenbezogenen Daten psychisch Behinderter oder Kranker nach wie vor der Hinweis auf diesen Umstand (,Geisteskranker‘) auf?

13. Wie rechtfertigen Sie die Tatsache, daß in den Fällen der nach § 57 Abs. 1 Z 7, 8 und 9 SPG ermittelten personenbezogenen Daten, diese nach Widerruf der Fahndung (Erfüllung der Aufgabe) offensichtlich nicht gesperrt werden?

14. Haben Sie Untersuchungen angestellt, ob von weiteren ehemaligen Innenministern beziehungsweise Beamten der ,Stapo‘ Kopien von ,Stapo-Akten‘ angefertigt und mitgenommen wurden?

15. Ist es richtig, daß, wie vom ehemaligen Innenminister Soronics der Presse mitgeteilt wurde, in der Politischen Akademie der ÖVP mehrere Stapo-Akten beziehungsweise Kopien gelagert sind?

16. Wie der Fall des Herrn J. L. zeigt, gaben sich in vielen Fällen Beamte der Heeresnachrichtendienste als Staatspolizisten aus. Wie häufig hat es derartige Vorfälle gegeben und was wurde dagegen unternommen? Wurde von Ihrem Ministerium Anzeige erstattet?

17. Werden von Ihrem Ministerium Daten auch an die Heeresnachrichtendienste übermittelt?

18. Wenn ja, in welchen Fällen und aufgrund welcher gesetzlicher Grundlagen?

19. Durch den Akt von Doris Pollet-Kammerlander ist bekannt geworden, daß das Heeres-Abwehramt auch die Kraftfahrzeugnummern und -daten notierten. Haben die Beamten der Heeresnachrichtendienste Zugriff auf die KFZ-Dateien?

20. Wie beurteilen Sie die Ermittlung personenbezogener Daten durch die heeresnachrichtlichen Dienste, wie sie im Entwurf für ein Militärbefugnisgesetz festgeschrieben sind?

Fragen betreffend Überwachungsmaßnahmen auf EU-Ebene:

21. Wissen Sie von der Existenz eines multilateralen Telekommunikationsüberwachungssystems namens ,ECHELON‘, wie es vom Zwischenbericht des wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments beschrieben wird?

22. Kennen Sie das ,Transatlantische Abkommen‘ von Madrid vom 3. Dezember 1995 und eine dabei getroffene geheime Vereinbarung zwischen der EU und den USA, ein internationales Netz zum Abhören von Telefongesprächen einzurichten, und zwar über ein geheimes Netz von Ausschüssen, die im Rahmen des III. Pfeilers des Vertrages von Maastricht für die Zusammenarbeit im Bereich der öffentlichen Ordnung gebildet werden?

23. Wenn ja, war Österreich an Vorbereitungen und/oder dem Abschluß der Vereinbarung in irgendeiner Weise beteiligt?

24. Wenn ja, ist Österreich an dieses Abkommen gebunden?

25. Hat die österreichische Bundesregierung Kenntnis davon, daß bei der Überwachung der österreichischen Telekommunikation eine technische Einrichtung der NSA in Bad Aibling eingesetzt wird?

26. Kennen Sie zu diesem Abkommen einen gemeinsamen Action-Plan zur Überwachung des Telefonverkehrs?

27. Was ist der Inhalt des EU-Dokumentes ENFOPOL 112 10037/95?

28. Können Sie den Bürgern und Bürgerinnen Österreichs garantieren, daß Telefongespräche oder der Telekommunikationsverkehr in, von und nach Österreich von einer Behörde eines Drittstaates niemals systematisch abgehört werden?

29. Ist ein Joint Action ,out of area‘-Überwachungsplan als sogenannter A-Punkt im Rat für Fischereifragen beschlossen worden, und wenn ja, wann?

30. Hat Österreich diesem Plan zugestimmt?

31. Entspricht es den Tatsachen, daß unter österreichischer Ratspräsidentschaft eine Entschließung zur ,Überwachung des Telekommunikationsverkehrs in bezug auf neue Technologien‘ erarbeitet wird?

32. Entspricht es den Tatsachen, daß sich darin die Mitgliedsländer verpflichten, allen Telekommunikationsbetreibern auf ihrem Staatsgebiet alle technischen Vorkehrungen aufzuerlegen, die eine umfassende Überwachung aller Telefongespräche, E-Mails, Internetaktivitäten, TeilnehmerInnendaten, Standortbestimmung von Handy-TeilnehmerInnen und des Kommunikationsinhaltes ermöglichen sollen?

33. Entspricht es den Tatsachen, daß unter österreichischem EU-Vorsitz ein Rechtshilfeübereinkommen vorbereitet wird, das die grenzüberschreitende Überwachung des gesamten Telekommunikationsverkehrs erleichtern soll?

34. Ist es richtig, daß im Zusammenhang mit der im Amsterdamer Vertrag vorgesehenen Erweiterung der operativen Kompetenzen von EUROPOL eine Situation eintreten könnte, in der EUROPOL eine zur Überwachung des Telekommunikationsverkehrs legitimierte Behörde wird, ohne der Kontrolle des EuGH und ohne der Kontrolle des Europäischen Parlaments zu unterliegen?

35. Ist es richtig, daß durch die Ausweitung der operativen Befugnisse von EUROPOL eine Aushöhlung nationaler Grundrechte und Rechtsschutzgarantien kommen könnte?

36. Ist es richtig, daß aufgrund einer pauschalen Ermächtigung des Rates im Amsterdamer Vertrag die Ausweitung der operativen Befugnisse von EUROPOL keiner Legitimation durch die nationalen Parlamente mehr bedarf?

37. Sehen Sie, Herr Bundesminister, in den angeführten Entwicklungen im Bereich der inneren Sicherheit eine Gefahr für die Grund- und Bürgerrechte in Europa?

38. Was haben Sie unternommen, um sicherzustellen, daß es in der Europäischen Union durch den Ausbau der inneren Sicherheit zu keiner Schwächung, Aushöhlung und Gefährdung von Grundrechten und rechtsstaatlichen Prinzipien kommen kann?

39. Können Sie garantieren, daß es zu keinerlei operativen Kompetenzen kommt, ohne daß die Immunität der EUROPOL-Bediensteten vor Strafverfolgung aufgehoben wird?

40. Teilen Sie die Auffassung, daß im Falle einer Destabilisierung der Demokratie oder einer Regierungsübernahme durch eine extrem rechte Partei diese Überwachungsmaßnahmen ohne Gesetzesänderung eine komplette Bespitzelung jedes/jeder beliebigen Bürgers/Bürgerin ermöglicht?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage gemäß § 93 Abs. 2 GOG verlangt."

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Van der Bellen als Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. Laut Geschäftsordnung beträgt die Redezeit maximal 20 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.01

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! "Die wahre staatsrechtliche Struktur eines Gemeinwesens enthüllt sich in der Handhabung der Sicherheitspolizei", schrieb Ludwig Adamovich im Jahre 1970.

Und er schrieb weiter: "Hier finden sich die letzten Schlupfwinkel jener Staatsauffassung, die man mit dem Namen ,Polizeistaat‘ dem immer weiter an Boden gewinnenden rechtsstaatlichen Denken gegenübergestellt hat." – Ach, lieber Ludwig!, möchte man da sagen.

Damals, im Jahre 1970, unterlag doch die Entwicklung zum Polizeistaat noch gewissermaßen einer ökonomischen Schranke. Der Polizeistaat der sechziger und frühen siebziger Jahre ist doch noch an seinen enormen Kosten gescheitert. Die Liebhaber von Kriminalromanen und Kriminalfilmen wissen, wie schwierig es ist, einen Verdächtigen 24 Stunden lang physisch zu observieren. Dazu brauchen Sie mindestens sechs Beamte im Dreischichtbetrieb – und dann, selbst wenn Sie ihn beobachten können, ist es sauschwer, zu hören, was er oder sie mit anderen Leuten spricht. Das ist oder war also eine sehr arbeitsintensive, sehr teure und lückenhafte Art der Observierung.

Wenn man sich überlegt, daß es die ehemalige DDR trotz 500 000 Informanten letztlich nicht zustande gebracht hat, ihr Staatsgebilde sozusagen unter Kontrolle zu halten, dann gibt einem das zu denken. Die DDR, sozusagen die letzte Inkarnation des alten Metternich – man kann nur sagen: die hoffentlich letzte Inkarnation des alten Metternich! –, hat es nicht geschafft.

Aber wie schaut das heute aus? – Die Zeiten, in denen jemand erst mühsam in eine Wohnung einbrechen mußte, um irgendwo eine Wanze oder irgendein technisches Abhörgerät anzubringen, sind doch lange vorbei! Mit solchem Kinderkram beschäftigt sich doch niemand mehr! Ein modernes Parabolmikrophon hört auf über 1 Kilometer Entfernung ab, und sogenannte Laser-Mikrophone hören durch geschlossene Fenster ab! (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) – Ja, ja, ich habe mich auch eingelesen.

Sogenannte Stroboskopkameras können in Sekunden Hunderte von Fotos machen, das heißt zum Beispiel jeden einzelnen Demonstranten fotografisch festhalten – gleichgültig, wie langsam oder rasch er sich bewegt.

Wenn man sich vergegenwärtigt, was heute schon an Überwachungskameras an vielen Orten steht – in den U-Bahn-Stationen, bei den Banken, vor Amtsgebäuden, vor Botschaften, ganz zu schweigen von verschiedenen Verkehrskontrollsystemen zur Verkehrsüberwachung –, alles für sich genommen vielleicht sinnvoll und notwendig, aber wenn man sich überlegt, welche Vernetzungsmöglichkeiten da bestehen, die heute schon technisch möglich sind und in fünf Jahren durchaus preiswert zu haben sein werden, und wenn man sich dann noch überlegt, welche Möglichkeiten in der Überwachung der modernen Telekommunikation – vom Telefon über die Handys zum Fax, zum E-Mail und so weiter; aber die Handys ganz im speziellen – gegeben sind, kurzum, im Jargon: welche Möglichkeiten die sogenannte algorithmische Überwachung bietet, dann erkennt man, daß heutzutage eine historisch beispiellose Möglichkeit zur Überwachung des Bürgers gegeben ist: eine beispiellose Möglichkeit, von der Metternich und die alten Kumpane in der DDR nicht einmal träumen konnten! Wenn man das erkennt, dann wird einem schon ganz anders zumute.

Für sich genommen mögen ja viele dieser Dinge sinnvoll sein. Als Siemens etwa am Platz des Himmlischen Friedens ein Verkehrskontrollsystem etablierte, konnte Siemens nicht wissen, welche Folgen das haben würde, daß eben dieses Überwachungssystem später, im Jahre 1989, dazu dienen würde, Dissidenten systematisch aufzuspüren, zu verfolgen, einzusperren und zu vernichten.

Wir werden auf moderne Methoden der Verkehrsüberwachung und der Kontrollsysteme nicht verzichten können. Wir werden solche modernen Kontrollmethoden nicht verbieten können. Aber, Herr Bundesminister, unser ganzes Bestreben muß doch dahin gehen, die Möglichkeit des Mißbrauchs solcher Systeme zu verhindern, diese modernen Überwachungssysteme in ein rechtsstaatliches Gefüge einzubinden – ein Gefüge, das garantiert, daß bei uns in Österreich und in der gesamten Europäischen Union der "himmlische Friede" niemals ausbrechen kann!

Wenn man in der Novelle zum Polizeibefugnisgesetz oder in der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz nach einer solchen rechtsstaatlichen Zähmung sucht, dann wird man nicht fündig. Dazu gibt es in der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz nichts.

Was wir dort lediglich finden, sind neue Überwachungsvorschriften unter dem Titel "Sicherheitsüberprüfung" oder unter dem Titel "Regierungsinformation", und nur der weitestgehende Punkt, die sogenannte allgemeine Gefahrenerforschung, wurde von Ihnen, Herr Bundesminister, fallengelassen – aber nicht freiwillig, sondern weil Sie sich nach eigener Aussage vorläufig gegen die Bedenken des Justizministeriums und des Verfassungsdienstes nicht durchsetzen konnten.

Im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung wird praktisch jede Person, die nicht ausgesprochen untergeordnete Dienste ausübt, in Zukunft einer polizeilichen Überprüfung unterzogen werden können und unter Umständen unterzogen werden müssen, auch auf die Anfrage privater Firmen hin.

Herr Bundesminister! Sie werden erwidern, daß das nicht stimmt, weil die betroffene Person ja ihre Zustimmung zu geben hat. Aber in der gegenwärtigen Situation des Arbeitsmarktes frage ich Sie: Welche Person wird denn ihre Zustimmung verweigern können? – Das betrifft nicht nur die jeweils zu überprüfenden Personen, sondern auch deren Familienangehörige. Es kann gefragt und überprüft werden, wer mit wem wohnt und wie lange und wer der jeweilige Mitbewohner ist. (Ruf bei den Freiheitlichen: Neugebauer!) Ich glaube nicht, daß diese Aufgaben mit den herkömmlichen Aufgaben der Polizei in Einklang zu bringen sind.

Der zweite Punkt betrifft die sogenannte Regierungsinformation. Ich muß sagen: Wenn es nicht so tragisch wäre, müßte man direkt versuchen, ein Kabarett daraus zu machen! – Die Regierungsinformation dient dazu, alle Regierungsmitglieder – Landesregierungen, Landeshauptleute inbegriffen – über Umstände zu informieren, die zur Wahrung des Ansehens der Landeshauptleute sowie der Landes- beziehungsweise Bundesregierung von Bedeutung sind. – Ich wiederhole: zur Wahrung des Ansehens von Regierungsmitgliedern. – Ich frage Sie: Gibt es einen unbestimmteren Rechtsbegriff als diesen?

Es wird, so glaube ich, am kommenden Montag wieder einmal eine Ausstellungseröffnung hier im Parlament geben. Es könnte also, wenn dieses Gesetz schon in Kraft wäre, der Präsident des Nationalrates beispielsweise die Sicherheitspolizei beauftragen, alle angemeldeten Gäste – eigentlich auch alle unangemeldeten; es hat ja jeder freien Zutritt – daraufhin zu überprüfen, ob sie in der Lage wären, das Ansehen der Bundesregierung oder der Nationalratspräsidenten zu schmälern.

Ich kann nur sagen: Unter diesen Umständen ist es vielleicht angebracht, alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zu informieren und ihnen zu empfehlen, jeden physischen, direkten und indirekten Kontakt mit Regierungsmitgliedern in Hinkunft zu meiden. Denn wenn sie das nicht tun, laufen sie Gefahr, auf Herz und Nieren, wie es so schön heißt, überprüft zu werden, was sie nicht alles in der Vergangenheit angestellt haben oder in Zukunft anstellen könnten. Man sollte ihnen sagen, daß es darüber einen Akt geben und daß dieser den betreffenden Politikern vorgelegt werden wird.

All das sind Aufgaben, die mit den traditionellen Polizeibefugnissen meines Erachtens und unseres Erachtens nicht in Einklang zu bringen sind, sondern einfach dem Spitzelgedanken Vorschub leisten.

Herr Bundesminister! Wir brauchen keine Gummibestimmungen zur Ausweitung staatspolizeilicher Befugnisse unter dem Titel "Allgemeine Gefahrenerforschung"! Das ist einfach ein Freibrief für staatspolizeiliche Tätigkeiten, wie die Heeres-Nachrichtendienste sie auch gerne hätten! Was wir statt dessen bräuchten, ist die Erforschung konkreter Gefahren zum Beispiel durch Amtsanmaßung und Amtsmißbrauch, die aktenkundig sind.

Uns liegt mindestens ein Fall vor, in dem sich Mitarbeiter des Heeres-Abwehramtes als Staatspolizisten verkleidet und auf diese Weise versucht haben, sich Informationen zu beschaffen. (Abg. Madl: Wie verkleidet man sich als Staatspolizist? – Abg. Dr. Haider: Sind Sie auch Staatspolizist?) – Ich weiß nicht, wie man sich als solcher verkleidet. Das ist eine gute Frage! – Jedenfalls haben sie sich als solche ausgegeben, und darauf kommt es an. (Zwischenruf des Abg. Mag. Mühlbachler.)

Es mag sein, daß der konkrete Fall vor Ihrer Amtszeit eingetreten ist, Herr Minister Schlögl. Aber die Frage lautet: Gibt es solche Fälle auch heute noch? Was würden Sie in einem solchen Fall unternehmen? Rufen Sie den Verteidigungsminister an und sagen Sie: Geh, Werner, laß das in Zukunft bitte sein!?

Oder ist die Staatspolizei beauftragt worden, den betreffenden Amtsmißbrauch aufzuklären und die Amtsanmaßer zu ermitteln? Haben Sie oder Ihre Vorgänger Anzeige erstattet gegen diese Personen? (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Oder verlassen Sie sich darauf, daß nach echt kakanischer Manier sowieso nichts herauskommt, wenn die Heeres-Nachrichtendienste ermitteln, und daß nach der seit einigen Wochen bekannten Methode spätestens dann, wenn der zuständige Minister ausscheidet, die Information in eine Kiste verpackt und nach Hause genommen wird, dort im Keller – oder allenfalls im Keller der zuständigen Parteiakademie – vermodert? (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Wenn Sie sich an die Fakten halten, die Sie selbst verkündet haben, dann wissen Sie, daß 27 000 Sicherheitsbeamte auf die verschiedenen Dateninformationssysteme Zugriff haben und daß 93 000 Zugriffe täglich erfolgen. Wie wollen Sie gewährleisten, daß diese Daten nicht mißbraucht werden?

Wir wissen doch heute schon von zahlreichen Fällen, in denen Daten rechtswidrig ermittelt worden sind, in denen Daten rechtswidrig verarbeitet worden sind, rechtswidrig übermittelt worden sind – zum Beispiel von Sicherheitsbehörden an Staatsbürgerschaftsbehörden – oder in denen Daten rechtswidrigerweise nicht gelöscht worden sind. Und wir wissen seit einigen Tagen, daß von Beamten des Innenministeriums über Jahre hinweg Daten mißbräuchlich weitergegeben, das heißt verkauft worden sind.

Ich frage Sie: Was steht im Hinblick darauf in der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz? – Nichts steht in der Novelle – außer der Einrichtung eines Menschenrechtsbeirates, die von uns selbstverständlich schon lange gefordert wurde und auch begrüßt wird.

Ich möchte darauf jetzt nicht näher eingehen, aber die Zusammensetzung dieses Beirates gibt allerdings zu den schlimmsten Befürchtungen Anlaß, weil Sie selbst mindestens die Hälfte der Mitglieder dieses Beirates bestellen werden.

Herr Bundesminister! Im Rahmen der EU-Präsidentschaft ist Ihr Ressort und sind Sie persönlich dadurch aufgefallen, daß Sie ein sogenanntes Strategiepapier mit einer Einschränkung des Asylrechts vorgelegt haben, das Sie anschließend zurückziehen mußten.

Was gedenken Sie noch zu tun, um in der restlichen Zeit der Ratspräsidentschaft Österreichs im Zusammenhang mit dem Schutz der Bürgerrechte positiv aufzufallen, oder zumindest, wenn Ihnen das schon nicht am Herzen liegt, im Zusammenhang mit dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen Österreichs und anderer EU-Staaten?

Sie müssen doch wissen, daß sich die Indizien verdichten, daß amerikanische Nachrichtendienste und Geheimdienste europäische Telekommunikationsnetze nicht nur benützen – das dürfen sie ja –, sondern abhören und anzapfen, und das nicht nur zur Terrorbekämpfung, was ja für sich genommen noch legitim wäre (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé), und nicht nur zur Anzapfung der Gespräche von Amnesty International, was bereits in keiner Weise legitim ist, und nicht nur zur Bespitzelung von Firmen, die in der Waffenproduktion oder im Waffenhandel tätig sind, nein, sondern vor allem auch für Industriespionage im großen Stil.

Ich berufe mich auf ein Dokument des Europäischen Parlaments, in dem – wiederum unter Zitierung international zugänglicher Quellen – behauptet wird, daß beispielsweise Gespräche zwischen Volkswagen und General Motors über gemeinsame Geschäftsbeziehungen abgehört wurden, daß sich Thompson-CSF, die französische Elektronikfirma, darüber beschwert, daß sie einen Auftrag in Brasilien in Höhe von eineinhalb Milliarden Dollar nicht bekommen habe, weil die Amerikaner die Details der Verhandlungen abgehört und an die Konkurrenz weitergegeben haben, oder daß Airbus Industry einen Vertrag in Höhe von 1 Milliarde Dollar aus ähnlichen Gründen nicht erhalten hat. – Das muß Ihnen doch zu denken geben, Herr Bundesminister, selbst wenn Ihnen die Bürgerrechte als solche gleichgültig sind.

Selbst wenn der eine oder andere der erwähnten Fälle nicht zutrifft oder nur die Hälfte davon stimmt, muß Ihnen das doch zu denken geben. Aber wir vermissen die einschlägigen Aktivitäten Ihrerseits auf EU-Ebene. Ganz zu schweigen davon, daß sich seit zwei Jahren, seit Anfang 1997, die Anzeichen und die Gerüchte verdichten und behauptet wird, daß die Europäische Union eine geheime Vereinbarung getroffen hat, um ein internationales Netz zum Abhören von Telefongesprächen einzurichten. – Ist das richtig, Herr Bundesminister, oder ist das falsch?

Was steht in der Vereinbarung ENFOPOL 112 10037/95 vom 25. Oktober 1995? Ist es wahr, daß diese Vereinbarung immer noch unter Verschluß gehalten wird? Wenn nein, geben Sie uns den Inhalt bekannt! Wenn ja, wieso?

Ist es wirklich das Ziel Ihrer Politik, das Ziel der Sozialdemokraten in Österreich – und nicht nur in Österreich, sondern innerhalb der Europäischen Union –, alle Polizeirechte auszuweiten, aber nicht parallel dazu die notwendigen Bürgerrechte, die Bürgerinformationsrechte und die entsprechenden Informationspflichten der Polizeibehörden und anderer Behörden zu installieren? (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Ich komme zum Anfang zurück, zur Aussage von Ludwig Adamovich im Jahre 1970:

"Die wahre staatsrechtliche Struktur eines Gemeinwesens enthüllt sich in der Handhabung der Sicherheitspolizei. Hier finden sich die letzten Schlupfwinkel jener Staatsauffassung, die man mit dem Namen ,Polizeistaat‘ dem immer weiter an Boden gewinnenden rechtsstaatlichen Denken gegenübergestellt hat." 

Das wurde vor 28 Jahren gesagt. Ich frage mich, ob das aus heutiger Sicht nicht zu optimistisch gedacht war. Wir von den Grünen haben nicht den Eindruck, Herr Bundesminister, daß Sie – in der Redeweise Adamovichs – die letzten Schlupfwinkel des Polizeistaates verstopfen, daß Sie das im Dienste eines Rechtsstaates tun, der diesen Namen verdient.

Herr Bundesminister! Ganz im Gegenteil haben wir den Eindruck, daß Sie Schritt für Schritt, ob mit Absicht oder unabsichtlich, ob bewußt oder unbewußt, den alten Metternich wiederzubeleben versuchen. (Abg. Dr. Stummvoll: Ein Scherz!) Herr Bundesminister! Ich kann Ihnen nur sagen: Dieser Politik setzen die Grünen ihren erbitterten Widerstand entgegen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundesminister für Inneres Mag. Schlögl zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

15.18

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Beantwortung der Dringlichen Anfrage der Grünen betreffend Überwachungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden möchte ich, bevor ich sie im konkreten behandle, einige Bemerkungen meinerseits voranstellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Recht der Menschen auf Sicherheit, auf Schutz vor Kriminalität und Gewalt ist ein zentrales Anliegen in unserer Gesellschaft. Wir wollen keine Gesellschaft, in der etwa die Starken die Schwachen unterdrücken, in der sich die Menschen, und im speziellen die Frauen, nicht frei von Angst bewegen können.

Neue gesellschaftspolitische Situationen, neue Technologien bedeuten neue Herausforderungen für die Exekutive. Um diesen Herausforderungen erfolgreich begegnen zu können, bedarf es meiner Meinung nach nicht nur einer neuen technischen Ausrüstung und nicht nur einer intensiveren, besseren Ausbildung unserer Exekutivbeamten, sondern auch der Anpassung der Rechtssituation an diese neuen Anforderungen. Dabei muß vor allem der Innenminister, aber auch das Parlament darauf achten, daß bei aller Unterstützung für die Arbeit der Exekutive die demokratischen Grundrechte nicht eingeschränkt, sondern erhalten und gestärkt werden.

Ich bekenne mich zum Rechtsstaat Österreich, zur Demokratie und zu einer Exekutive, die ihre gesetzlichen Aufgaben auf einer rechtsstaatlichen Grundlage und unter strenger demokratiepolitischer und demokratischer Kontrolle erfüllt. Jeder Aushöhlung des Rechtsstaates habe ich mich bisher entgegengestellt und werde ich mich auch in Zukunft entschieden entgegenstellen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsächlich ist es seit Inkrafttreten des Gesetzes über die erweiterten Ermittlungsbefugnisse, nämlich Lauschangriff und Rasterfahndung, zu keiner Ausdehnung polizeilicher Befugnisse gekommen. Alle in der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz vorgeschlagenen Maßnahmen sind Adaptionen, die aufgrund von Aufgabenverlagerungen, Privatisierungen und Veränderungen im Charakter der Kriminalität notwendig erscheinen. Es sind das Adaptionen, die es den Sicherheitsbehörden ermöglichen sollen, ihre ausgezeichnete Arbeit im Interesse der Sicherheit unseres Landes fortzusetzen. Sie stellen aber keine Erweiterung und keine Ausweitung der Befugnisse dar.

Es ist wohl die Rate der konventionellen Kriminalität, wie Sie in Ihrer Anfrage richtigerweise darstellen, in den letzten Jahren deutlich und stetig gesunken, gleichzeitig ist es auch gelungen, die Aufklärungsquote zu verbessern, allerdings muß uns bewußt sein, daß es eine wesentliche Veränderung der Form der Kriminalität und der Qualität der Kriminalität in unserem Land gibt. Und das hat auch dazu geführt, daß das Parlament entschieden hat, daß besondere Ermittlungsmethoden notwendig sind.

Ich möchte darauf hinweisen, daß diese Ermittlungsmethoden nur unter qualifiziertem und begleitendem Rechtsschutz eingesetzt werden dürfen. Ich habe auch versucht, all den Bedenken, die gerade von der Oppositionsseite zu diesen besonderen Ermittlungsmethoden geäußert wurden, Rechnung zu tragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir scheint auch folgendes wichtig zu sein – das vor allem auch in Richtung der Abgeordneten der Grünen –: Der Entwurf dieses Gesetzes für die besonderen Ermittlungsmethoden wurde nicht von Innenminister Schlögl, sondern von meinem Vorgänger und dem Justizminister dem Nationalrat vorgelegt und von mir gemeinsam mit Ihnen in sehr langwierigen, in sehr schwierigen und in sehr intensiven Diskussionen in dem einen oder anderen Bereich deutlich verbessert.

Ich erinnere mich noch sehr, sehr gut daran, wie beispielsweise Herr Abgeordneter Ofner, Frau Abgeordnete Fekter, Herr Abgeordneter Fuhrmann und viele andere gemeinsam darum gerungen haben, den ursprünglich vorgelegten Entwurf so zu adaptieren, daß er zumindest von der Mehrheit dieses Hauses unterstützt wird. (Abg. Dr. Ofner: Aber, Herr Minister, nur mit ganz bescheidenem Erfolg! Bedauerlicherweise!)

Ich darf dazu sagen, daß es in diesem Zusammenhang eine Reihe von Veränderungen gegeben hat, die mir sehr wichtig erscheinen. Zwei davon möchte ich herausstreichen.

Erstens: Wir haben die Stelle eines begleitenden Rechtsschutzbeauftragten eingeführt, der die Aufgabe hat, dann, wenn solche Ermittlungsmethoden angewendet werden, neben der rechtsstaatlichen Kontrolle eine zusätzliche Kontrolle durchzuführen.

Und zweitens – das erscheint mir als noch viel wichtiger –: Wir haben dieses Gesetz befristet, nämlich bis zum Jahre 2001, und es muß daher dann über eine Verlängerung dieses Gesetzes hier in diesem Haus wieder diskutiert werden. (Abg. Dr. Ofner: Das haben aber die Kritiker nicht gewollt! Das ist Kosmetik!)

Ich meine daher, der Vorwurf, daß dieses Gesetz nicht ausführlich diskutiert worden wäre, stimmt in keiner Weise.

Ich sehe auch nicht die Bedenken, die im Zusammenhang mit der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz geäußert wurden, denn ich meine, daß es entscheidend und wichtig ist, daß um jedes Gesetz und um jede Formulierung gerungen wird. Ich erhebe nicht den Anspruch auf Alleinvertretung der Wahrheit und des Rechtes (Zwischenruf des Abg. Wabl), sondern ich bin der Ansicht, daß es notwendig und wichtig ist, daß wir gemeinsam über alles diskutieren. Deshalb haben wir auch sehr ausführlich diskutiert im Rahmen der Begutachtung, deshalb wurde im Ministerrat ein Entwurf für die Novelle vorgelegt, und dieser kommt jetzt in das parlamentarische Verfahren. Im Rahmen dieses parlamentarischen Verfahrens haben wir alle, haben vor allem Sie, Herr Abgeordneter Van der Bellen, Gelegenheit, die unterschiedlichen Meinungen, die ich nicht vom Tisch wischen möchte, sondern mit denen ich mich sehr gerne auseinandersetzen möchte, zu diskutieren und in der einen oder anderen Weise unter Umständen Veränderungen durchzuführen.

Ich kann zumindest für mich in Anspruch nehmen – auch wenn das von mancher Seite als Schwäche ausgelegt wird –, daß all die Gesetzesvorlagen, die von unserer Seite, von seiten des Innenministeriums, in der Zeit, in der ich dafür verantwortlich bin, vorgelegt wurden, sehr ausführlich diskutiert wurden und ich immer bereit war, auf die Vorschläge, auf die Kritik der Opposition einzugehen und auch entsprechende Veränderungen einzuleiten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich sehe nicht ein, wieso das bei der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz nicht auch der Fall sein sollte.

Was mir auch sehr wichtig ist, weil gerade beim Sicherheitspolizeigesetz und der Novelle dazu sehr viel – bewußt oder unbewußt, aus Unwissenheit oder sehr bewußt – verfälscht und vermengt wird: In das verfassungsmäßig garantierte Recht auf Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses wird durch diese Novelle in keiner Weise eingegriffen! Es geht nicht um eine Abhörung ohne richterlichen Befehl und ohne richterliche Anordnung, es geht nicht darum, daß wir durch diese Novelle eine Rückrufdatenerfassung ohne richterliche Anordnung machen können, sondern es geht lediglich darum, daß wir trotz der Privatisierung der Post, trotz der privaten Anbieter die Möglichkeit haben, in wenigen konkreten Ausnahmefällen auf Stammdaten Zugriff zu bekommen. Stammdaten heißt: Name, Adresse und Telefonnummer.

Das heißt in keiner Weise, daß wir Vermittlungsdaten oder Inhaltsdaten haben wollen. Wenn wir diese brauchen, Herr Abgeordneter Kier, dann nur unter richterlicher Kontrolle und nach richterlicher Anordnung. Anders ist das in keiner Weise in irgendeinem Gesetz geregelt oder von uns geplant gewesen. Ich möchte das sehr, sehr klar festhalten!

Dasselbe gilt auch für eine Erweiterung in anderen Bereichen, wie zum Beispiel im Bereich der Verlagerung von Aufgaben durch den Wegfall der Schengen-Grenzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weise daher den Vorwurf, daß diese Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz in irgendeiner Weise dazu dient, daß die österreichische Exekutive zusätzliche Befugnisse bekommt, oder daß das in Richtung Polizeistaat geht, entschieden zurück!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist richtig, daß rund 27 000 Beamtinnen und Beamte Zugang zu verschiedenen Dateninformationssystemen des Innenministeriums haben. Es entspricht auch den Tatsachen, daß täglich an die 93 000 Abfragen in den Datensystemen erfolgen. Eine Restriktion erscheint mir in diesem Bereich nur schwer möglich, und ich glaube, sie würde auch die Arbeit der Sicherheitsbehörden erheblich erschweren. Aber – und das ist mir auch sehr wichtig, Herr Abgeordneter Kier, weil Sie die "black box" gefordert haben! – jeder Zugriff – das möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen – ist nachvollziehbar, wird protokolliert, dokumentiert und ist auf drei Jahre gespeichert, sodaß diese Forderung der "black box", wie Sie sie gestellt haben, in diesem Bereich bereits erfüllt ist.

Der Umstand, daß wir diese Zugriffsmöglichkeit jederzeit kontrollieren können, hat schlußendlich auch dazu geführt, daß wir den Datenmißbrauch durch die beiden Beamten des Innenministeriums feststellen konnten.

Seit Einführung des automatisierten Datensystems werden von unseren Kontrollinstanzen stichprobenweise Kontrollen durchgeführt. Ich gebe aber zu – und ich werde das nie garantieren können –, daß diese 93 000 täglich erfolgenden Zugriffe nicht lückenlos auf ihre Zweckhaftigkeit, Sinnhaftigkeit und Korrektheit kontrolliert werden können. Unsere Aufgabe muß es sein, alles daranzusetzen, zu erreichen, daß Mißbrauch soweit wie möglich ausgeschlossen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe versucht, gemeinsam mit meinem Haus so schnell wie möglich auf diese Affäre zu reagieren, und ich kann Ihnen garantieren, daß ich persönlich an einer restlosen Aufklärung dieser Causa sehr interessiert bin. Vor allem deswegen, weil nur eine restlose und schonungslose Aufklärung dieser Causa eine entsprechende Warnung für alle anderen Beamtinnen und Beamten ist, daß dieses Innenministerium, daß dieser Innenminister, daß wir alle in keiner Weise akzeptieren werden, daß Datenmißbrauch in unserem Bereich geduldet wird! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben deshalb auch versucht, eine Reihe von Maßnahmen zu setzen, beispielsweise eine Verschärfung der Dienstaufsicht, wonach alle Gendarmeriepostenkommandanten, alle Polizeiverantwortlichen zu einer erhöhten Dienstaufsicht verpflichtet werden.

Wir haben mit sofortiger Wirkung die händische Kontrolle nach dem Zufallsprinzip verstärkt. Wir werden mittelfristig eine Art Zufallsgenerator einführen – ich hoffe, in den nächsten Wochen und Monaten –, der garantiert, daß nach einem intelligenten automatisierten System niemand sicher ist, daß er nicht urplötzlich kontrolliert wird.

Wir haben die Datenschutzkommission eingeschaltet und werden mit ihr gemeinsam darüber hinausgehende weitere Maßnahmen diskutieren und, wenn sinnvoll, auch umsetzen.

Schlußendlich werde ich auch versuchen, eine Beschleunigung der Abfragen zu erreichen, nämlich der Abfragen von Bürgerinnen und Bürgern, die sie rechtmäßig machen dürfen und die leider allzu oft zu lange dauern.

Ich glaube, daß es mit diesem Maßnahmenkatalog gelingt, zumindest einigermaßen bessere Schutzmechanismen zu garantieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ständig wiederholten Behauptungen, Österreich befinde sich auf dem Weg zu einem Polizeistaat und es werde die Aushöhlung des Rechtsstaates betrieben, entsprechen daher keinesfalls den Tatsachen und werden von mir ausdrücklich zurückgewiesen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich weise auch nachdrücklich darauf hin, daß die österreichischen Sicherheitsbehörden Bestandteil des demokratischen Rechtsstaates sind. Ich werde niemals zulassen, daß sich an dieser Verankerung der österreichischen Exekutive in unserem demokratischen System in Zukunft etwas ändert.

Im einzelnen beantworte ich die Fragen nun wie folgt:

Zur Frage 1:

Sämtliche Erhebungen der Sicherheitsbehörden im gegenständlichen Fall erfolgten ausschließlich im Dienste der Strafjustiz, konkret im Auftrag des Landesgerichtes für Strafsachen Wien. Alle Ermittlungsergebnisse der Sicherheitsbehörden wurden dem genannten Gericht unter der entsprechenden Geschäftszahl übermittelt. Das gerichtliche Strafverfahren befindet sich im Stadium einer laufenden Voruntersuchung. Auch die Ermittlungen der Sicherheitsbehörden im Dienste der Strafjustiz sind noch nicht abgeschlossen. Im Hinblick auf die bereits gemachten Ausführungen bin ich zur Beantwortung dieser Frage nicht zuständig.

Zur Frage 2:

Aufgrund der laufenden und noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen sowie mangels gesetzlicher Verpflichtung ist von seiten des Innenressorts derzeit – ich betone: derzeit – nicht beabsichtigt, die betroffenen Personen zu informieren.

Zu den Fragen 3 und 10:

Die Sicherheitsüberprüfung von Bediensteten privater Unternehmen und von Beamten dient der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, nämlich der Abwehr bandenmäßiger oder organisierter Kriminalität oder dem vorbeugenden Schutz gegenüber gefährlichen Angriffen, wobei in bezug auf private Unternehmen insbesondere an den Straftatbestand des § 124 StGB, nämlich "Auskundschaftung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses zugunsten des Auslandes", zu denken ist.

Insgesamt ist festzuhalten, daß der Kreis gesetzlich zulässiger Sicherheitsüberprüfungen mit der dem Nationalrat zugehenden Regierungsvorlage zu einer Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz in keiner Weise erweitert werden soll. Die Novelle zielt lediglich auf eine differenzierte Tiefe der Überprüfung nach Maßgabe der im Einzelfall bestehenden Geheimschutzbedürfnisse ab. Zudem soll künftig jede solche Sicherheitsüberprüfung eine Erklärung und Zustimmung des oder der Betroffenen zur gesetzlichen Voraussetzung haben.

Zur Frage 4:

Eine Verständigung ist gesetzlich nicht vorgesehen, weil das Gesetz davon ausgeht, daß der Betroffene durch die persönliche Anwesenheit bei der erkennungsdienstlichen Behandlung von dieser Maßnahme Kenntnis hat.

Zur Frage 5:

Erkennungsdienstliche Daten, die mit der neuen Rechtslage nach dem Suchtmittelgesetz nicht in völligem Einklang stehen, werden gelöscht. Dieser Prozeß gestaltet sich jedoch vor allem im Hinblick auf die große Anzahl der Speicherungen sowie die Überprüfung der vor Inkrafttreten des Suchtmittelgesetzes gespeicherten Daten auf die Zulässigkeit nach der neuen Rechtslage schwierig und auch langwierig. Es wird aber dafür Sorge getragen, daß unzulässig ermittelte oder verarbeitete Daten so schnell wie möglich gelöscht werden. Eine Verständigung der betroffenen Personen von der Löschung ist gesetzlich nicht vorgesehen, es besteht jedoch nach § 73 des Sicherheitspolizeigesetzes ein Recht, darüber Auskunft zu verlangen.

Zur Frage 6:

Ich habe angeordnet, daß die entsprechenden Akten zu diesem Vorfall beigeschafft werden, damit sie von der zuständigen Fachabteilung überprüft werden können. Warum die erkennungsdienstliche Behandlung in diesen Fällen erfolgte, kann ich daher derzeit noch nicht sagen, werde ich Ihnen aber, sobald mir ein Ergebnis vorliegt, schriftlich mitteilen.

Zu den Fragen 7 und 9:

Das österreichische Datenschutzrecht baut auf der Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Löschung von Daten auf, wobei diese Verpflichtung unabhängig davon besteht, ob die in Frage stehenden Daten bereits ursprünglich unrechtmäßig ermittelt wurden oder zufolge später eintretender Umstände nicht weiter verarbeitet werden dürfen. Zudem hat jeder und jede Betroffene ein Recht auf Auskunft.

Zur Frage 8:

Der Hintergrund der in dieser Anfrage kritisierten Vorgangsweise ist offensichtlich die Regelung des § 10 des Staatsbürgerschaftsgesetzes, die darauf abstellt, ob ein Staatsbürgerschaftswerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt. An der Feststellung dieses Umstandes haben laut Gesetz die Sicherheitsbehörden mitzuwirken.

Ich möchte aber darauf hinweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach festgestellt hat, daß für die Beurteilung dieser Gefährlichkeit weder eine erfolgte Verurteilung noch deren Tilgung maßgeblich sind.

Zur Frage 11:

Die Regierungsinformation dient nicht der Erfüllung sicherheitspolizeilicher Aufgaben. Bei der Regierungsinformation handelt es sich um eine – ich füge hinzu: international übliche – Unterrichtung von Mitgliedern der Bundesregierung oder der Landesregierung im Hinblick auf die von diesen zu erfüllenden gesetzlichen Aufgaben, insbesondere in bezug auf deren offizielle Auslandsreisen. Es dürfen dazu auch nur offene Quellen verwendet werden.

Zur Frage 12:

Es handelt sich bei dem in der Anfrage kritisierten Ausdruck um ein Schlagwort, das dem einschreitenden Organ die Aufgabenstellung deutlich machen soll. Dieser Ausdruck ist – das betone ich – nicht öffentlich zugänglich; trotzdem halte ich ihn für falsch und werde daher eine Änderung der Bezeichnung veranlassen.

Zur Frage 13:

Zufolge § 58 Abs. 1 Z 7 Sicherheitspolizeigesetz sind die in Frage stehenden Datensätze fünf Jahre nach Auffinden des gesuchten Abgängigen für die Zugriffe der Sicherheitsbehörden als Auftraggeber zu sperren. Nach § 58 des Sicherheitspolizeigesetzes sind solche Personendatensätze, wenn der Abgängige nicht gefunden wird, nach sechs Jahren auf das weitere Vorliegen der Voraussetzungen einer Sperrung zu überprüfen.

Zur Frage 14:

Es ergaben sich bisher keine weiteren Anhaltspunkte, die eine solche Untersuchung hätten notwendig erscheinen lassen. Persönliche Gespräche mit meinen Amtsvorgängern haben diesbezüglich größtenteils bereits stattgefunden.

Zur Frage 15:

Nach meinen Informationen hat eine Befragung des Ex-Innenministers Soronics ergeben, daß in der Politischen Akademie der ÖVP keine Stapo-Akten gelagert sind. (Abg. Dr. Fekter: Na, das meinen wir auch!) Soronics hat sich vielmehr unter Verwendung seiner Unterlagen für einen Vortrag in der Akademie vorbereitet. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Können Sie das wiederholen?) – Es liegen mir ausschließlich solche Informationen vor. Für den Fall, daß Sie andere Informationen haben, bitte ich Sie, mir diese so schnell wie möglich zu übermitteln, damit ich die entsprechenden Untersuchungen einleiten kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zur Frage 16:

In früheren Jahren wurden vereinzelt solche Behauptungen aufgestellt. Die Überprüfungen in Kontaktnahme mit den Heeresdienststellen blieben jedoch meines Wissens bisher ergebnislos.

Zur Frage 17:

Die Antwort lautet ja.

Zur Frage 18:

Im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen auf der Grundlage der Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes und zusätzlich aufgrund einer Ressortübereinkunft aus dem Jahre 1994 als Übergangsregelung bis zur Gesetzwerdung eines Militärbefugnisgesetzes. (Abg. Wabl: "War es"! Es gibt ja noch keines!) – Bis zur Regelung durch ein Militärbefugnisgesetz. (Abg. Koppler: Zuhören, Herr Wabl!)

Die Antwort lautet: Das wird gemacht im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen und aufgrund der Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes, nämlich § 53, und zusätzlich aufgrund einer Ressortübereinkunft aus dem Jahre 1994 zwischen unseren Ministerien. Das Ressortübereinkommen dient als Übergangsregelung bis zur Gesetzwerdung eines Militärbefugnisgesetzes. (Abg. Wabl: Jetzt ist es richtig!)

Diese Tatsache beweist, Herr Abgeordneter, wie wichtig die Erlassung eines Militärbefugnisgesetzes ist (ironische Heiterkeit des Abg. Wabl) und wie wichtig es ist, daß diese Materie eine eindeutige gesetzliche Grundlage hat. Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt, wenn ich fordere, daß es zu einem Bereich eine eindeutige gesetzliche Grundlage gibt. Das muß ja in unserem gemeinsamen Interesse sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Wabl: Wie lange dauert das schon, das Militärbefugnisgesetz?)

Darum betone ich ja, wie wichtig es ist, daß es endlich geregelt wird (Abg. Wabl: Wie lange dauert es schon? Wie lange operiert ihr schon im gesetzlosen Raum?) und daß hier im Parlament endlich eine entsprechende klare gesetzliche Grundlage geschaffen wird.

Zur Frage 19:

Der angesprochene Fall war Anlaß für ein Prüfungsverfahren durch die Datenschutzkommission. Aufgrund des Ergebnisses ist die früher bestehende Zugriffsmöglichkeit beseitigt worden. Eine solche Zugriffsmöglichkeit auf EKIS-Daten besteht seit einigen Jahren nicht mehr.

Zur Frage 20:

Der Entwurf eines Militärbefugnisgesetzes ist dem Bundesministerium für Inneres am 20. November zugegangen. Der Prozeß der Meinungsbildung ist noch nicht abgeschlossen, doch wird die Haltung des Bundesministeriums für Inneres dem Nationalrat spätestens am Ende der Begutachtungsfrist mitgeteilt werden.

Zu den Fragen 21 bis 27 und zu den Fragen 29 bis 34 bitte ich um Verständnis dafür, daß mir die Beantwortung dieser Fragen aufgrund der mir zur Verfügung stehenden kurzen Vorbereitungszeit nicht möglich erschien. Ich werde Ihnen diese Fragen umgehendst schriftlich beantworten.

Zur Frage 28:

Eine Garantie dieser Art kann Ihnen niemand geben und kann auch ich Ihnen nicht geben. Ebenso offensichtlich ist jedoch, daß das beschriebene Verhalten als Verletzung des Fernmeldegeheimnisses gerichtlich strafbar ist und deshalb Gegenstand sicherheits- und kriminalpolizeilicher Tätigkeit sein muß.

Zu den Fragen 35 bis 39:

Von einer Ausweitung der operativen Befugnisse von EUROPOL kann schon deshalb nicht gesprochen werden, weil EUROPOL derzeit nicht über operative Befugnisse verfügt. Nach Artikel 30 Abs. 2 des EU-Vertrages in der Fassung des Amsterdamer Vertrages wird der Rat binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten dieser Vertragsfassung EUROPOL bestimmte Möglichkeiten im Vorfeld exekutiver Befugnisse eröffnen. Eine Gefahr für die Grund- und Bürgerrechte kann ich in dem vorstehend skizzierten Inhalt des Amsterdamer Vertrages nicht erkennen. Gerade die EUROPOL-Konvention eröffnet dem, der von der Verwendung personenbezogener Daten durch EUROPOL betroffen ist, sehr weitgehende Rechte und auch Rechtsschutzinstrumente. Der Amsterdamer Vertrag führt noch zu einer Stärkung der Stellung des Europäischen Gerichtshofes im Rechtsschutzsystem der Dritten Säule, was ich persönlich für sehr begrüßenswert und wichtig halte.

Zur Frage 40:

Die Antwort ist ein klares Nein. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Wir gehen nun in die Debatte ein. Ich erinnere an die Bestimmungen der Geschäftsordnung, wonach jedem Klub eine maximale Redezeit von 25 Minuten und jedem Redner eine solche von 10 Minuten zur Verfügung steht.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Maximale Redezeit, wie gesagt, 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.43

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gleich zu Beginn meiner Ausführungen streiche ich heraus, was ich irgendwie als das Bemerkenswerteste, das Erschreckendste an der Antwort des Bundesministers empfunden habe: daß er offenbar nichts dabei findet, in seiner Antwort einen Punkt aufzunehmen, den ich für klar, eindeutig und unmißverständlich verfassungswidrig halte. (Abg. Kiss: Sie?) – Ja, ich. (Abg. Kiss: Wer sagt das?) Herr Abgeordneter Kiss, ich denke – und wenn Sie mir zuhören, werden Sie zu einer ähnlichen Auffassung kommen (Abg. Kiss: Da bin ich neugierig, was da wieder für eine Überraschung kommt!) –, Sie sind wie ich der Meinung, daß das Verhalten jeder Verwaltungsbehörde, vor allem dort, wo es um mögliche Einschränkungen – auch nur mögliche Einschränkungen – von Grundrechten geht, eines gesetzlichen Auftrages bedarf. Ich glaube, Herr Abgeordneter Kiss, Sie sind so wie ich der Meinung, daß das im Artikel 18 des Bundes-Verfassungsgesetzes verankert ist. Wenn jetzt der Herr Bundesminister sehr klar zu erkennen gibt, daß es auch seinem Wissensstand entspricht, daß es kein Militärbefugnisgesetz gibt, dann frage ich Sie schon: Welche gesetzliche Grundlage hat denn das Ressortübereinkommen von 1994? – Ich kenne keine.

Herr Bundesminister! Das ist rechtswidrig, was hier passiert ist! Das ist verfassungswidrig! Das Schlimme ist, daß es offenbar kein Unrechtsbewußtsein mehr gibt. Das sind die Gefahrenmomente, die ich wirklich sehe: wenn dieses Bewußtsein, daß hier etwas Schlechtes, etwas Schlimmes läuft, nicht mehr gegeben ist! (Beifall bei den Grünen.)

Ganz abgesehen davon, daß es auf den konkreten Fall auch nicht anwendbar ist, denn die Causa Pollet-Kammerlander geschah vor 1994, und damals gab es nicht einmal dieses rechtswidrige, verfassungswidrige Übereinkommen. Was mich aber so fassungslos macht, ist die Selbstverständlichkeit, mit der das gesagt wird.

Herr Bundesminister, Sie sagten in Ihren allgemeinen Ausführungen zu dieser Dringlichen Anfrage, die Bürgerinnen und Bürger hätten ein Recht auf Sicherheit. – Ja, Herr Bundesminister, das haben sie. Nur: Steht dem nicht auch ein Recht auf Schutz der Privatsphäre gegenüber? Und, vor allem, Herr Bundesminister: Was heißt denn dieses Recht auf Sicherheit? Hatten die geprellten Opfer der Riegerbank kein Recht auf Sicherheit? Wieso hat man dort Warnhinweise – und die gab es doch, Herr Abgeordneter Parnigoni, oder nicht? – nicht ernstgenommen? Warum denn? Hatten die in Wien ermordeten Kurden kein Recht auf Sicherheit, Herr Bundesminister, und vor allem: Hatten die Täter ein höheres Interesse, daß sie geschützt werden, mit Polizeieskorte zum Flughafen gebracht werden? Wer bestimmt denn das legitime Recht auf Sicherheit? Wessen Sicherheit wird geschützt? Gibt es Menschen, die mehr, und andere, die weniger schutzwürdig sind?

Und vor allem: Welche Apparate – von denen Sie sagen: kann nicht gesagt werden, wissen wir nicht – sind hier involviert? Ist nicht einmal die rechtswidrige Erfassung von Daten bekanntzugeben? – Zu der Anmerkung, die Personen werden ja selber gewußt haben, daß sie Opfer einer Amtshandlung waren: Vielleicht sind unter ihnen Jugendliche, denen die Bedeutung der Aktion gar nicht bewußt war, oder die Menschen, die in diesen Akten als entsprungene Geisteskranke bezeichnet werden. Nicht einmal die werden informiert! Um wessen Recht auf Sicherheit geht es, Herr Bundesminister? (Bundesminister Mag. Schlögl: Ich habe gesagt: alle!) – Alle? Okay. Ich habe Ihnen einige Fälle von Bürgerinnen und Bürgern, von Menschen genannt, deren Sicherheit in diesem Land offenbar weniger wert war.

Oder: Gerade zuvor haben wir über die Arbeitnehmer von Lassing diskutiert. Dort gab es Gerüchte im ganzen Ort, jeden Tag. Nur: Wo sollten diese Menschen denn hingehen, wenn sie einem Konzern gegenüberstanden, der im Ernstfall ja jetzt die Sicherheitsüberprüfung in Anspruch nehmen kann? (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Schlögl.)

Herr Bundesminister! Es ist immer die Frage, wessen Hinweisen, wessen Verdachtsmomenten man nachgeht. Meiner Wahrnehmung entspricht es, daß ein Warnhinweis, der von gefährdeten Unternehmen, von der Rüstungsindustrie, von der Pharmaindustrie, vielleicht von einem Regierungsmitglied (Abg. Haigermoser: Vom Gesundheitsministerium, vom Sozialministerium!) kommt, ernstgenommen wird. Wer wurde denn notorisch überwacht? Das wissen Sie doch genauso gut wie ich, Herr Bundesminister; es sind Tierschutzorganisationen, es sind der Gentechnik gegenüber kritisch eingestellte Organisationen, es waren AKW-Gegnerinnen und -Gegner, wie Frau Pollet-Kammerlander, von der wir es schwarz auf weiß haben! Sind die Gegner von Kernkraftwerken wirklich gefährlicher als die Betreiber von Kernkraftwerken? Herr Bundesminister, ich stelle das in Abrede. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Mag. Schlögl: Gibt es bei uns Betreiber von Kernkraftwerken?)

Herr Bundesminister, es gibt sehr potente Wirtschaftslobbies, die im Einklang stehen, und Unternehmungen, die die Tätigkeiten dieser AKW-Betreiber, die hier unter dem Schlagwort "Sicherheitsnachrüstung" tätig sind, unterstützen. Die kommerziellen Interessen dieser Konzerne existieren selbstverständlich auch in Österreich. Ich schaue mir doch an, wer und wessen Sicherheit denn hier geschützt wird: die der Firma Siemens oder Framatome oder die einer atomkritischen Initiative? Das wissen Sie doch auch, auf wen die Kameras der Heeresdienste und der Stapo gerichtet sind!

Herr Bundesminister, Sie sagen, Sie haben keine Informationen über konkrete Datenflüsse und auch falsche Personenbezeichnungen bei Tätigkeiten des Heeres-Abwehramtes. Wieso kommen diese Informationen nur uns zu? Wieso, glauben Sie, gibt es Menschen, die in ihrem eigenen Stapo-Akt einen Querverweis auf Akte des Heeres-Abwehramtes gelesen haben, die sich die Aktenzahl gemerkt haben? Wenn sie das aber schriftlich verlangen, dann gibt es das alles nicht mehr! Dann sagt uns der Herr Verteidigungsminister: Wir haben keine Akten! – Nur über Frau Pollet-Kammerlander gab es einen solchen Akt: die einzige Österreicherin, über die es so etwas gibt! (Abg. Koppler: Das stimmt nicht! Es gibt auch von mir einen Akt! – Abg. Scheibner: Wer hat gesagt, daß es einen Akt gibt?)

Glauben Sie das? Herr Bundesminister, es ist ja immer dieselbe Vorgangsweise: Zuerst verlangt man einmal Ungeheuerliches – und da war selbstverständlich auch die Rufdatenrückverfolgung inkludiert –, dann kommt ein geharnischter Protest. Daraufhin werden Abstriche gemacht – ja, stimmt. Aber was übrigbleibt, reicht auch noch, das gibt genug aus! Ich ersuche Sie, Herr Bundesminister, als verantwortliches Regierungsmitglied, vor allem auch als Sozialdemokraten, darüber nachzudenken, in welche Richtung das schon geht und warum dieser Aufschrei von seiten der Grünen zutiefst ernst gemeint ist.

Es gab eine lange Entwicklung, zuerst einmal der Rechte der Person, von der Französischen Revolution über die bürgerlichen Gesetzbücher zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Es war ein Kampf, das zu erreichen: die Rechte jeder einzelnen Person, unabhängig von Stand, von Geschlecht, von Rasse, von Religion. Es folgte dann der Kampf um die Grundrechte, um die bürgerlichen Freiheiten in den Verfassungsentwürfen des 19. Jahrhunderts. Heute, sage ich, bräuchten wir neue Grundrechte, soziale Grundrechte, wie sie einmal Herr Klubobmann Kostelka vorgeschlagen hat. Das liegt gut in irgendwelchen Schubladen. Wir brauchen auch ökologische Grundrechte! Und was tun wir? – Wir feilschen um einen etwas gebremsten Abbau der Rechte des 19. Jahrhunderts! Das ist die Tragik, und daß die Sozialdemokratie das nicht mehr sieht, was hier passiert!

Es ist wirklich das Menschenbild, über das wir reden. Natürlich hat die Polizei das Recht und die Pflicht der Verbrechensbekämpfung. Aber von welchem Menschenbild gehe ich denn aus? Können wir davon ausgehen, daß der Anlaß doch eine konkrete Gefahr sein muß? Es kann doch nicht so sein, daß – angesichts von Mundhöhlenabstrichen und ich weiß nicht was noch alles – davon auszugehen ist, daß jeder ein potentieller Verbrecher ist. Das kehrt die Errungenschaften des 19. Jahrhunderts um! Wir haben uns dazu durchgerungen, daß jeder Mensch frei sein muß, würdig sein muß, Grundrechte hat und daß es einer konkreten Beweisführung des Staates bedarf, um dies außer Kraft zu setzen.

Jetzt dreht sich alles um, jetzt lautet es auf einmal auch aus dem Boulevard: Die, die nichts zu verbergen haben, können ja alles offenlegen! Diese Entwicklung bitte ich Sie, Herr Bundesminister, zu sehen. Ich ersuche einmal mehr darum, hiezu auch mit den Oppositionsparteien den Dialog zu führen – und ich meine damit nicht nur die Namen, die Sie genannt haben, die in klassischer Weise für eine Ausweitung der Polizeirechte eintreten, sondern jene, die für neue Grundrechte eintreten. Denn das wäre es eigentlich, was dieses Land braucht! (Beifall bei den Grünen.)

15.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Bundesminister.

15.54

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Frau Abgeordnete Petrovic, ich werde mich nicht vor dieser Verantwortung drücken, und ich werde Sie zu diesem Dialog über neue Grundrechte einladen.

Der Grund dafür, daß ich mich gleich wieder zu Wort gemeldet habe, liegt aber einfach darin, daß ich glaube, daß Sie jetzt sehr unfair vorgegangen sind, weil Sie in Ihrem Debattenbeitrag sehr viele Dinge erwähnt haben, die schon lange zurückliegen, die schon von Ende der achtziger Jahre und von Anfang der neunziger Jahre stammen.

So behaupte ich beispielsweise – und das kann ich wirklich ehrlichen Gewissens behaupten –, daß es in der Zeit, seit ich als Minister verantwortlich bin, keine Beobachtung von AKW-Gegnern durch die Staatspolizei und keine Bevorzugung etwa von Betreibern von AKWs gibt. (Abg. Dr. Kier: Das ist jetzt auch nicht mehr ganz das Argument!) Das sind einfach Dinge, die möglicherweise in den achtziger Jahren stattgefunden haben – ich kann das gar nicht beurteilen oder wissen –, die in irgendeiner aktuellen Diskussion aber in keiner Weise notwendig oder wichtig sind. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Wabl: Mülldeponien, Straßenbau – das ist die Frage!)

Wenn es Warnhinweise gibt, dann bin gerade ich ein Garant dafür, daß ich jedem Warnhinweis nachgehe. Sie können mir keinen Fall nachweisen – weil es keinen gibt –, bei dem ich nicht auf einen konkreten Verdacht hin auch sofort versucht habe, die entsprechenden Ermittlungen einzuleiten und diese Dinge auch schonungslos aufzuklären. Dabei war mir völlig egal, ob das von dieser politischen Seite gekommen ist oder von Ihrer politischen Seite – ich bin all den Dingen nachgegangen (Abg. Dr. Khol: Stimmt!) und habe versucht, offen, transparent und schonungslos das aufzuklären, was aufzuklären ist. (Ruf bei den Freiheitlichen: Stimmt, ja!) Die Unterstellung von Ihnen, daß ich Warnhinweise nicht ernst nehme, möchte ich zurückweisen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte noch eines sagen, was mir persönlich wichtig erscheint: Ich glaube, daß es ein Fehler ist, wenn Sie sagen, daß man Sicherheit nicht allen Menschen zukommen lassen will. Mein Bestreben ist es – und ich glaube, die überwältigende Mehrheit dieses Hauses, wenn nicht alle in diesem Haus, will das haben –, daß Sicherheit auch ein wichtiges Grundrecht des Menschen ist, wobei es bei Sicherheit meiner Meinung nach nicht nur um Kriminalitätsbekämpfung und Verbrechensbekämpfung oder um den bestmöglichen Schutz der Landesgrenzen geht, sondern für mich ist Sicherheit ein sehr umfassender Begriff, ob das jetzt ökologische Sicherheit oder soziale Sicherheit, Beschäftigung und so weiter ist.

Was Sie aber heute getan haben, nämlich Lassing, die schreckliche Ermordung der Kurden im Jahre 1989 und die Riegerbank in einen Topf zu werfen, ist auch unzulässig. Ich würde gerne mit Ihnen die Debatte führen – wahrscheinlich können wir sie hier von der Regierungsbank aus hin zur Oppositionsbank nicht führen –, aber sagen Sie mir, wie die österreichische Exekutive in den einzelnen Fällen mit den jetzigen rechtlichen Instrumenten früher, vorbeugend, präventiv hätte handeln können. Ich sehe diese Möglichkeit fast nicht. Möglicherweise hat es Versäumnisse gegeben, dann höre ich diese Versäumnisse gerne und bin auch gerne bereit, darauf zu reagieren. Ich sehe aber keine Möglichkeit, wie die Exekutive hier hätte anders handeln können.

Das letzte, was ich noch sagen möchte, betrifft den Mundhöhlenabstrich, die DNA-Analyse: Ich weiß schon, daß es manchen – nicht Ihnen, das unterstelle ich nicht Ihnen – vielleicht ein Dorn im Auge ist, daß die österreichische Exekutive mit der DNA-Analyse, die wir als zweites Land Europas eingeführt haben, sehr erfolgreich ist. Wir haben bereits eine Reihe von schrecklichen Sexualverbrechen aufklären können, wir haben bereits eine Reihe von schrecklichen Straftatbeständen – Morde und ähnliches – aufklären können. Der Mundhöhlenabstrich ist aber nicht gedacht für Menschen, die sich nichts zuschulden kommen haben lassen, sondern er ist ausschließlich für Personen gedacht, die schwer kriminell geworden sind oder unter dem Verdacht stehen, schwer kriminell zu sein. Ausschließlich für diese Personen ist er gedacht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.58

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin dem Herrn Bundesminister sehr dankbar, daß er sich jetzt noch einmal zu Wort gemeldet hat und hier einige nicht haltbare Vorwürfe der Klubobfrau der Grünen zurechtgerückt hat. Denn es ist schon so, wie es der Herr Innenminister erwähnt hat: Der Bürger unseres Staates hat natürlich ein Grundrecht auf Freiheit – selbstverständlich! –, aber genauso ist es auch ein Grundrecht des Bürgers, wenn er Schutz vor Kriminalität einfordert. Diesen Schutz vor Kriminalität kann man nicht irgendwo in einem Großmarkt erwerben, sondern Schutz vor Kriminalität hat gewisse Voraussetzungen; Voraussetzungen, die auf gesetzlicher Basis beruhen, Voraussetzungen, die in der Organisation unseres Exekutivapparates zu finden sind, und letztendlich auch Voraussetzungen, die beim einzelnen Bürger selbst liegen, inwieweit er dazu bereit ist, mit der Exekutive zusammenzuarbeiten, und inwieweit er dazu bereit ist, auch die Grundrechte und die Gesetze unseres Landes zu akzeptieren.

Weil Sie wieder einmal die Kurden-Morde angesprochen haben, um ein plakatives Beispiel hier vom Rednerpult aus zu bringen, möchte ich Sie daran erinnern, daß es Ihre Fraktion, daß es Ihr Klub war – ich weiß nicht, ob Sie selbst dabei waren –, der immerhin einen Massenmörder wie Bani Sadr in Wien empfangen, ihn zum Mittagessen eingeladen hat. Ich weiß nicht, was Sie mit solchen Leuten auf dem Hut haben, was Sie mit solchen Leuten zu besprechen haben, aber das muß Ihnen wieder einmal in Erinnerung gerufen werden.

Meine Damen und Herren! Eines ist klar: Neben der großen Sorge um den Arbeitsplatz ist die Gewährleistung der inneren Sicherheit ein ganz wichtiges Anliegen der österreichischen Bürger. Die Exekutive, die für diese Sicherheit zu sorgen hat, hat innerhalb der österreichischen Bevölkerung sehr hohes Ansehen. Das hat eine erst vor einigen Wochen durchgeführte Umfrage ergeben. So sind beinahe 80 Prozent der Befragten mit der Arbeit der österreichischen Exekutive sehr zufrieden beziehungsweise zufrieden, und das stellt der Exekutive doch ein gutes Zeugnis aus und bestätigt nicht das, was Sie heute in Ihrer Dringlichen Anfrage der Exekutive unterstellen.

Überhaupt ist Ihre heutige Anfrage eine sogenannte Kraut-und-Rüben-Anfrage, denn sie geht quer durch den sicherheitspolitischen Keller, ohne eigentlich konkrete Fragen zu stellen. Es ist alles mögliche darin enthalten, von der internationalen Kriminalität bis zum Datenklau, und es werden gleich alle 33 724 Exekutivbeamten in einen Topf geworfen. In Wirklichkeit aber waren es nur zwei Beamte, die einen kriminellen Akt gesetzt haben. Außerdem war es das Innenressort selbst, das für dessen Aufklärung gesorgt hat. Niemand von außen hat das entdeckt, sondern das Innenressort hat diesen Fall aufgeklärt. Die Beamten sind suspendiert und werden einer gerechten Strafe zugeführt werden. Ich wehre mich dagegen, daß die Exekutive nun generell beschuldigt wird – wie dies von Ihnen immer wieder gemacht wird –, Daten weiterzugeben. (Abg. Wabl: Niemand behauptet das generell!) Zwei Beamte waren es, die einen kriminellen Akt gesetzt haben, und diese werden nun zur Verantwortung gezogen werden, aber nicht die gesamte Exekutive. (Abg. Wabl: Niemand behauptet das generell! Das ist das älteste und unfairste Redemanöver, das es gibt!)

Wenn Sie in Ihrer Dringlichen Anfrage Sorge wegen des Sicherheitspolizeigesetzes anmelden, obwohl noch genügend Zeit sein wird, es hier im Hohen Hause und im Ausschuß zu diskutieren – der Entwurf ist bei uns noch nicht eingetroffen; wir werden noch sehr ausführlich darüber diskutieren können –, wenn Sie heute schon Sorge betreffend weitere Erweiterungen polizeilicher Befugnisse haben, dann, meine Damen und Herren von den Grünen, aber auch jene von den Liberalen, sollten Sie die letzte Ausgabe der Wochenzeitschrift "Format" lesen. Darin ist nämlich auch das Ergebnis einer Umfrage veröffentlicht, das besagt, daß zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher haben wollen, daß die Befugnisse der Polizei erweitert werden.

Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher verlangen von uns, daß wir der Polizei weitere, bessere Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung in die Hand geben! Sie sollten sich diese Umfrage und ihr Ergebnis ansehen.

Sie kommen in Ihrer heutigen Dringlichen Anfrage meiner Meinung nach überhaupt zu eigenartigen Schlüssen. Sie meinen in der Einleitung dazu, daß eigentlich kein Grund zu einer Erweiterung der polizeilichen Befugnisse bestünde, weil ohnehin die Kriminalitätsentwicklung eine rückläufige und die Aufklärungsrate eine steigende sei. – Das ist richtig! Aber das ist ja nicht von ungefähr gekommen, meine Damen und Herren von der grünen Bewegung! Ihr Schluß, den Sie daraus ziehen, daß man nämlich deswegen eigentlich weniger Polizei und keine weiteren polizeilichen Befugnisse bräuchte, ist ein falscher, weil es der Exekutive gerade deswegen, weil ihre Strukturen geändert wurden, weil ihre Organisationsform geändert wurde und weil eine Reihe von Sondereinsatzgruppen wie die EBS, die EDOK, die SEG, die EBT und das Gendarmerie-Einsatzkommando in Wiener Neustadt gegründet wurden, ermöglicht wurde, effizienter zu arbeiten, was zur Folge hatte, daß die Kriminalitätsrate sank und die Aufklärungsrate stieg.

Ich glaube, daß das ein guter Weg ist, den das Innenressort und der Innenminister da gegangen sind, und wir sind sehr froh darüber. Österreich ist eines der sichersten Länder der Welt, weil wir eine solche Exekutive haben, und wir wollen unserer Exekutive zumindest die gleichen Chancen bei der Kriminalitätsbekämpfung einräumen, wie sie die Kriminellen selbst haben. Diese arbeiten auch nicht mehr mit althergebrachten Methoden, sondern mit den neuesten. Und dasselbe wollen wir auch unserer Exekutive in die Hand geben.

Meine Damen und Herren! Ich nehme jetzt kurze Anleihe bei einer Aussage des Wirtschaftsministers Farnleitner, die er vor wenigen Tagen in Klagenfurt bei der Übergabe des neuen Sicherheitszentrums gemacht hat. Farnleitner hat dort erklärt, daß sich vor einigen Wochen in Amerika 30 Topmanager zusammengesetzt und über mögliche Standorte für Industrieansiedlungen beraten haben. Dabei standen Amerika, Europa und auch Österreich zur Auswahl. Es hat eine Reihe von Punkten gegeben, die für Amerika gesprochen haben. Letztendlich haben sich die Manager aber dann für Österreich und für Europa entschieden. Wissen Sie, was dafür ausschlaggebend war? – Die Sicherheitspolitik in unserem Lande! Sie haben gesagt, in Österreich könnten die Leute auch nach 20 Uhr noch auf die Straße gehen und bräuchten sich nicht zu fürchten, was in Amerika nicht der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Das, meine Damen und Herren und Herr Kollege Van der Bellen, deshalb, weil Sie darauf hingewiesen haben, daß diese Exekutive unser Land anscheinend so darstellt, daß niemand mehr zu uns kommen will. Genau das Gegenteil ist der Fall!

Weil Sie beklagt haben, daß es im Bereich der Industrie Spionage gibt, gegen die anscheinend zuwenig getan wird, muß ich Ihnen sagen: Auch dieser Bereich steht in Widerspruch zu Ihrer Anfrage, die Sie heute hier eingebracht haben, denn genau dieser Teil ist im kommenden Sicherheitspolizeigesetz sehr ausführlich enthalten – so ausführlich, daß Sie sogar meinen, daß die private Abfrage von Daten nicht kommen dürfe.

Es steht mir leider nicht genug Redezeit zur Verfügung, um noch ausführlicher auf die Inhalte des neuen Sicherheitspolizeigesetzes einzugehen. Aber wir werden noch ausreichend Gelegenheit haben, über dieses Sicherheitspolizeigesetz zu diskutieren, und ich bin überzeugt davon, daß es ein gutes, ein brauchbares Gesetz wird, das unsere Exekutive einfach braucht, um den erfolgreichen Weg der Kriminalitätsbekämpfung weiter fortsetzen zu können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Kiss übergibt die Brille, die er auf dem Rednerpult vorgefunden hat, dem Abg. Leikam mit den Worten: "Die Fahndung ist erfolgreich abgeschlossen! Bitte, Toni!" – Abg. Leikam – die Brille in Empfang nehmend –: Das nennt man koalitionäre Zusammenarbeit! – Abg. Kiss: Das heißt, er erwartet sich auch etwas von mir!)

16.07

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich begrüße es, daß wir heute diesen ersten Diskurs führen, den die Grünen mit ihrer Dringlichen Anfrage initiiert haben, und zwar über Grundrecht, über Menschenrecht, über Rechtsstaat, über Polizeistaat – wie sie es ja gerne hätten. Ich begrüße es deswegen, weil aus der Sicht der ÖVP in diesem Zusammenhang einige ganz wesentliche Fragen deponiert werden können, einerseits kritisch, andererseits aber doch auch konstruktiv, und zwar dort, wo es darum geht, dem Innenminister die entsprechende Unterstützung zu geben.

Geschätzte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Leikam hat es ja schon gesagt, und das ist der Einstieg in diese Diskussion: Es ist eine doppelbödige Vorgangsweise, wenn Kollegin Petrovic moniert, daß die Grundrechte in diesem Staat ausgehöhlt werden, daß das Menschenrecht nicht mehr jenes sei, das dem einzelnen zugestanden werden müsse, denn die Grünen haben sich, als sie Bani Sadr, den ehemaligen iranischen Ministerpräsidenten, nach Wien zum Mittagessen eingeladen haben, keinen Deut darum geschert, daß er Zehntausende Menschen im Iran zu Tode hat kommen lassen und verfolgt hat. Es sind mehr Menschen unter seiner Knute zu Tode gekommen, als Sie überhaupt Wähler haben. Da war von Menschenrechten keine Rede Ihrerseits! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie glauben, daß Sie diese Diskussion mit solch fadenscheinigen Argumenten in einer offenen Art und Weise führen können, dann irren Sie. Sie gehen von anderen Positionen aus als wir. Sie unterstellen nämlich der Exekutive grundsätzlich, daß sie gegen die Bürger eingestellt ist, und vertreten die Meinung, daß sie keine Mittel in die Hand bekommen soll. Sie würden es am liebsten sehen, daß unsere Exekutive mit Methoden des 19. Jahrhunderts gegen die organisierte Kriminalität auftritt, ungefähr so – ein plastisches Beispiel –, wie wenn die Exekutive mit dem Fahrrad hinterherfahren müßte, wenn die Verbrecher und die Kriminellen mit dem Porsche davonrauschen. (Abg. Wabl: Sie sollten den Haider nicht beleidigen! Sauerei!) Das ist Ihr Bild von Sicherheit! Das ist das, was Sie wollen! Damit können Sie uns aber nicht in Ihr Lager ziehen, und damit werden Sie uns auch nie für sich in Anspruch nehmen können! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Es ist so, daß wir in unseren internen Aussprachen immer sehr offen die Finger in die Wunden gelegt haben, wenn es Wunden gegeben hat. Sie selbst haben im Innenausschuß gesagt: Jawohl, wir haben Fehler begangen, als es um die Kontrolle im Innenministerium gegangen ist! Und ich sage hier als Sicherheitssprecher der Österreichischen Volkspartei: Herr Bundesminister, es gibt Mängel im Kontrollsystem im Innenministerium! Herr Bundesminister, es hat bei dieser Datenmißbrauchsaffäre gravierende Fehler gegeben! Herr Innenminister, Sie tun gut daran, diesen Augiasstall auszumisten! Sie haben dabei unsere Unterstützung, Herr Bundesminister. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Eine klare Forderung der ÖVP erhebe ich hier und jetzt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es ein Unternehmen, einen Betrieb von einer Größenordnung von 33 000 Personen gibt, der keine Innenrevision hat. Ich gebe schon zu: Sie haben gesagt, daß Sie den Herrn Generaldirektor beauftragt haben, er möge externe Polizeikräfte heranziehen, die kontrollieren. Aber das, Herr Bundesminister, ist aus unserer Sicht unredlich. Ich sage auch, warum.

Es sind das Kollegen aus Oberösterreich, die natürlich Freundschaften geschlossen haben, die in Seilschaften groß geworden sind, die einander kennen, die einander nicht nur nicht weh tun wollen, sondern die dann, wenn sie jemandem weh tun, natürlich auch – entschuldigen Sie, daß ich das so sage – innerhalb der eigenen Exekutive in Verschiß kommen. Das wollen wir nicht, das ist nicht unser Ziel! Schaffen Sie eine eigene Innenrevision im Innenministerium, dann haben Sie uns an Ihrer Seite, Herr Bundesminister! (Beifall bei der ÖVP.)

Das Sicherheitspolizeigesetz an sich – und da stehen wir zu Ihnen, das haben wir im Ministerrat auch genauso deponiert – ist genau jenes Instrumentarium, Herr Bundesminister, das Sie von uns mit in die Hand bekommen und das damit auch die Exekutive in die Hand bekommt. Wir hören immer wieder nur, daß das, was da an Erweiterungen in diesem "Polizeistaat", wie es die Grünen bezeichnen, geplant sei, schlecht sei. In Wirklichkeit wissen wir aber, daß in diesem Sicherheitspolizeigesetz eine Reihe elementarer Verbesserungen für unsere Exekutive enthalten sind.

Ich wundere mich darüber, daß kein einziger Vorarlberger aufschreit, wenn er zum Beispiel hört, daß dieses Sicherheitspolizeigesetz nichts bringe. Die Vorarlberger Kollegen der Gemeindewachen waren es, die uns Jahre hindurch gelöchert haben und gesagt haben: Wir wollen in dieses Sicherheitspolizeigesetz aufgenommen werden! Wir wollen mit Exekutivrechten ausgestattet werden, wir wollen ähnliche Rechte haben wie die Gendarmerie und die Polizei! – Jetzt erreichen wir es. Das wollen wir! Das ist ein wesentlicher Fortschritt des Sicherheitspolizeigesetzes. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Leikam.)

Ich erinnere mich an jene Diskussionen in diesem Hause, als die Grünen und die Liberalen gefragt haben: Herr Bundesminister, Abgeordneter Kiss, was ist los mit der Sicherheitsakademie? Ihr schafft nicht die Rechtsstruktur, ihr schafft nicht die organisatorischen Rahmenbedingungen, daß diese Sicherheitsakademie kommt! – Sie wird mit dem Sicherheitspolizeigesetz kommen. Wir haben dies paktiert, wir haben es vereinbart, wir stehen dazu, und es ist ein guter Schritt, daß all jene, die im Bereich der Exekutive wirklich auch Weiterbildung als Ausbildungschance für die Zukunft sehen, den Weg gehen können, den wir haben wollen – nämlich: Aufstiegsmöglichkeiten im Rahmen der Exekutive, sodaß der kleinste Beamte letztlich ein Generaldirektor werden kann. Genau das wollen wir eigentlich! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Leikam.)

Herr Bundesminister! Ich stehe nicht an zu sagen, daß das Thema der Schleierfahndung etwas ist – das führt mich zurück zum Thema organisierte Kriminalität –, wo wir Ihnen ausdrücklich unsere Unterstützung geben. Es kann nicht so sein, daß man sagt: Jetzt sind 30 Kilometer erreicht, darüber hinaus geht es nicht! Auf internationalen Routen – das sagen wir, das sagt auch die SPÖ – muß es für unsere Exekutive die Möglichkeit geben, gegen Banden, gegen Verbrecher, gegen organisierte Kriminalität auch über die 30 Kilometer hinaus im Rahmen der Schleierfahndung vorzugehen.

Das sind jene Mittel, das sind jene Instrumentarien, das sind jene Möglichkeiten, die im Rahmen des Sicherheitspolizeigesetzes bestehen, die die Grünen nicht nur nicht sehen wollen, sondern die sie auch in der Diskussion nicht erwähnen, und das ist unredlich. Sie nennen das Stichwort "Datenraub", punzieren alles mit dem Stichwort "Polizeistaat" und glauben, mit diesem Knüppel die gesamte Diskussion erschlagen zu können. Mit uns nicht, werte Kolleginnen und Kollegen! In der Kritik am Datenmißbrauch und am Kontrollsystem sind wir als ÖVP hart, aber wir sind dort loyal, wo es um die internen Rechte geht, darum, der Exekutive jene Chancen einzuräumen, die sie im Kampf gegen die Kriminalität braucht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Leikam.)

16.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

16.15

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist hier immer außer Zweifel gestanden, daß alle Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit auch den Schutz der Privatsphäre zu beachten haben und daß sie alle gesetzlich zu binden sind. Ich glaube, daß es darüber noch nie eine Diskussion gegeben hat. Aber wer hinter allem etwas Böses sucht, wird es auch finden. Dazu erzähle ich Ihnen eine kurze Geschichte aus dem vorigen Jahrhundert.

Als Metternich die Straßenbeleuchtung in Wien eingeführt hat, haben die Liberalen vermutet, daß das wieder einmal ein böser Eingriff des Polizeistaates ist, um die Bürger besser kontrollieren zu können. – Und so ähnlich kommt mir auch diese Diskussion vor! (Abg. Mag. Posch: Wollen Sie den Metternich verteidigen?) Ich verteidige doch nicht Metternich, sondern ich verteidige die Einführung der Straßenbeleuchtung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Heute wird man doch sehen, daß die Technik mehr Segen gebracht hat als die paar Heimlichkeiten, die damit aufgedeckt worden sind. Also der Schaden ist wirklich sehr gering.

Meine Damen und Herren von den Grünen! Ihre Angst vor der Einführung des Polizeistaates kommt mir so ähnlich vor wie damals die Angst vor der Straßenbeleuchtung. Sie von den Grünen haben gesagt, daß Sie gegen Fahndungsmaßnahmen erbittert kämpfen werden. Wahrscheinlich hätten Sie auch gegen die Einführung der Straßenbeleuchtung erbittert gekämpft, nur weil sie von Metternich oder unter Metternich eingeführt worden ist. (Abg. Wabl: Herr Schlögl ist doch nicht der Metternich! Das ist doch eine Beleidigung!)

Sie von den Grünen wollen in Wirklichkeit Angst erzeugen. Wissen Sie, was ich ganz besonders verwerflich finde: daß Sie mit einem Bericht, der in Brüssel vorgelegt worden ist, der nach Science-fiction-Manier geschrieben worden ist, von dessen Verwirklichung in Österreich überhaupt keine Rede ist, die Bevölkerung verunsichern, weil Sie so tun, als wären die Maßnahmen, die in diesem Bericht dargestellt sind, bei uns schon Praxis. Das werfe ich Ihnen von den Grünen vor! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie verunsichern die Bevölkerung. Es ist in den letzten Jahren schon Ihre Methode geworden, Angst zu erzeugen. Sie erzeugen Angst vor der Exekutive, Sie erzeugen Angst vor den Kontrollen, und zwar auch vor solchen, die berechtigt sind, Sie erzeugen Angst vor der Bekämpfung der Kriminalität, und Sie erzeugen Mißtrauen gegenüber allen Behörden. Diese Angst oder dieses Mißtrauen gipfelt ja darin, daß einer Ihrer Abgeordneten gefordert hat, daß die Fremdenpolizei durch Sozialarbeiter ersetzt werden soll. Das ist Ihre Methode! (Abg. Haigermoser: Wer?) Das haben die Grünen gefordert.

Wir kennen all das ja schon: All jene Maßnahmen, die nicht in Ihr "Ideologie-Menü" passen, wollen Sie verhindern. Das ist Ihre Politik! Sie ist eindeutig einseitig. Sie sind nämlich auf einem Auge absolut blind. Sie wollen die Staatsgewalt nur dort einsetzen, wo Ihre ideologischen Interessen nicht betroffen sind. Sie unterscheiden, woher die Gefahr kommt, ob sie von links oder von rechts kommt. Sie unterscheiden auch, woher die Gewalt kommt, ob sie von links oder von rechts kommt. Je nachdem schreien Sie entweder nach der staatlichen Gewalt oder wollen diese eben verhindern. Das kennen wir schon.

Wenn es zum Beispiel um das linksextremistische "TATblatt" oder um Anarchisten geht, wollen Sie auf alle Fälle verhindern, daß die staatlichen Kontrollmechanismen einschreiten. – Wenn es aber um Rechtsgerichtete geht, schreien Sie nach dem Staatsanwalt, nach der Polizei und so weiter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, aber auch unter den Sozialisten sitzen entsprechende Vertreter: Die Aufrechterhaltung der Sicherheit muß man ohne ideologische Standpunkte betrachten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie meinen – in Ihrer Dringlichen Anfrage machen Sie das in einem der ersten Sätze –, daß überhaupt keine Veranlassung für eine Ausweitung der sicherheitsbehördlichen Befugnisse bestehe, und wenn Sie von polizeistaatlichem Denken reden, dann kann ich Ihnen wirklich nur eines empfehlen: Schauen Sie sich einmal den Staatsschutzbericht 1997 an! Sie werden sehen, daß haargenau das eingetreten ist, wovor wir Freiheitlichen gewarnt haben, und zwar jahrelang.

Die organisierte Kriminalität ist bereits so stark, daß 30 Prozent aller kriminellen Handlungen die organisierte Kriminalität betreffen. Das ist keine Feststellung, die von uns Freiheitlichen kommt, sondern der Herr Minister selbst hat neulich weinerlich im Rundfunk davon berichtet. Im Plenum, im Parlament haben er und auch seine Fraktion jedoch niemals zugegeben, daß das richtig ist, was wir Freiheitlichen gesagt haben. (Abg. Leikam: Stimmt ja nicht!)

Der Herr Minister hat selbst gesagt, aus seiner Sicht sei die organisierte Kriminalität die größte Gefahr für unser gesamtes Staatswesen. Herr Abgeordneter Leikam! Sie sollten die Presseaussendungen Ihres Innenministers besser lesen und sich nicht auf das verlassen, was ich Ihnen sage. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Das hat er doch alles in einem Ausschuß gesagt, was Sie uns jetzt erzählen!)

Aber Sie alle, wie Sie da sitzen in der sozialistischen Fraktion und auch bei den Grünen, glauben, daß Sie die organisierte Kriminalität mit den Methoden der siebziger Jahre bekämpfen können. (Abg. Dr. Heindl: Das glaube ich nicht!) Selbstverständlich glauben Sie das, denn immer wieder, wenn es einen technischen Fortschritt in der Fahndung oder in der Bekämpfung der Kriminalität geben soll, schreien Sie auf und sagen: Nein, das geht uns zu weit! (Abg. Wabl: Sie sind nicht einmal in der Lage, die Kriminalität in Ihren eigenen Reihen zu bekämpfen!) Ich hoffe im Interesse der Österreicher, daß Sie nicht eines Besseren belehrt werden und daß die organisierte Kriminalität nicht weiter fortschreitet.

Selbstverständlich steht fest – damit spreche ich Sie an, Herr Minister –, daß jede Kontrolle des Staates an Normen gebunden werden muß und daß es so etwas, was in den vergangenen Monaten geschehen ist, nicht geben darf. Jeder Mißbrauch ist zu unterbinden. Deshalb möchte ich, daß Sie die Kontrollmechanismen verstärken. Ich habe auch Bedenken dahin gehend, daß in der Vollziehung nicht alles so funktioniert, wie wir es uns hier im Parlament bei der Gesetzgebung vorstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich denke, da müssen Sie, Herr Minister, Wesentliches tun, vor allem auch, um die Kritik, die dann die Technik, die Fahndungsmaßnahmen und so weiter betrifft, auszuschalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.21

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zuerst kurz auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Leikam eingehen. Er hat gesagt, daß zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher – so ist es im neuen "Format" zu lesen; wir nehmen zur Kenntnis, daß auch Sie so wie wir "Format" lesen – mehr Befugnisse für die Polizei haben wollen (Abg. Leikam: Ja!), daher sollten wir es machen.

Jetzt darf ich Sie an andere Umfragen erinnern. Ich könnte zum Beispiel eine Umfrage zitieren, deren Ergebnis uns alle sehr schockiert hat, als wir hier im Hause darüber sprachen. In dieser Umfrage war gefragt worden: Möchten Sie neben Juden wohnen? – Es gab leider viele Österreicherinnen und Österreicher, die sagten: Nein, das wollen wir eigentlich nicht.

Jetzt bin ich schon sehr auf der Hut, festzustellen, daß Herr Abgeordneter Leikam einmal hier herausgeht und sagt: Unter Berufung auf diese Umfrage sollten wir überlegen, welche Maßnahmen wir ergreifen.

Wenn Sie so viel davon halten: Ich würde gerne wissen, was Sie hier vom Rednerpult aus sagen würden, wenn zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher sagten, daß wir eine Steuersenkung machen sollten. Würden Sie dann sagen: Wir müssen sofort eine Steuersenkung machen? (Abg. Leikam: Der Finanzminister ist soeben dabei, darüber nachzudenken!) Nachdenken tut die große Koalition schon seit zwölf Jahren, und bisher sind Steuererhöhungen, aber keine Steuersenkungen dabei herausgekommen. (Abg. Leikam: Ein paar Wochen noch, dann ist es soweit! Bis dahin aushalten!)

Was mir in diesem Zusammenhang wichtig ist, Herr Leikam: Verwenden Sie nicht Umfragen gerade so, wie es Ihnen gefällig ist, sondern sagen Sie einfach, was die politische Wertung ist, die dahintersteht! Nur um diese politische Wertung streiten wir – im positiven Sinne – hier auch mit dem Herrn Bundesminister. Herrn Abgeordnetem Kiss ist zugute zu halten, daß er hier gesagt hat: Herr Bundesminister, in Ihrem Hause fehlt die interne Revision! (Abg. Kiss: Es gibt keine!) Ich sage ja, daß sie fehlt! Herr Bundesminister! Es fehlt in Ihrem Haus die interne Revision, und diese muß eingerichtet werden.

Die große Koalition gibt es jetzt wieder seit zwölf Jahren. In diesen zwölf Jahren hat es die große Koalition zwar nicht zustande gebracht, eine interne Revision im Innenministerium zu etablieren, aber die Rasterfahndung hat sie einführen können! Sie haben es nicht zustande gebracht, eine interne Revision im Innenministerium einzurichten, aber den Lauschangriff haben Sie einführen können! (Abg. Mag. Mühlbachler: Man muß Prioritäten setzen!) Sie haben es nicht zustande gebracht, eine interne Revision im Innenministerium zu schaffen, aber eine Gentechnik-Datenbank hat der Herr Bundesminister – nur mit Erlaß, ohne gesetzliche Grundlage! – einführen können, ohne daß es einen Aufschrei auch von seiten der großen Koalition gegeben hätte! (Abg. Mag. Mühlbachler: Man muß Prioritäten setzen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Gott sei Dank!)

Die Frau Abgeordnete sagt jetzt: Gott sei Dank! Aber sie war diejenige, die unmittelbar vor meinen Ausführungen klar gesagt hat: Jede dieser Vollziehungen muß aufgrund von Normen vor sich gehen! Das waren erst vorhin ihre Worte! Daß aber die Gen-Datenbank nicht aufgrund gesetzlicher Normen eingerichtet worden ist, hat sie anscheinend nicht gestört.

Den Liberalen geht es in diesem Zusammenhang darum, zu sagen: Messen wir nicht mit doppeltem Maß! Machen wir nicht Türen auf, von denen wir nicht wissen, was in der Folge hereinstürzen wird! Ich sage Ihnen: Das ist in diesem Zusammenhang das eigentliche Problem! Zwölf Jahre große Koalition, Frau Abgeordnete, haben uns zwar auch einen On-line-Zugang zu den Computern der Telefonanbieter beschert, aber eine interne Revision im Innenministerium gibt es trotzdem nicht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber dafür gibt es einen Minderheitenbeirat!)

Genau das ist das doppelte Maß, auf das wir Sie ständig hinweisen und hinsichtlich dessen wir Ihnen sagen: Wenn BürgerInnenrechte in diesem Lande etwas gelten, dann dürften nicht all diese Maßnahmen ergriffen worden sein, während im selben Atemzug die Schutzmechanismen nicht angezogen wurden. Das ist das, was wir kritisieren. Wir bitten Sie – ich sage ausdrücklich: wir bitten Sie –, Herr Abgeordneter Kiss, ... (Abg. Leikam: Diese Datensache ist vom Innenministerium aufgedeckt worden, bitte!) – Dazu sage ich Ihnen etwas: Das war seit 20 Jahren bekannt, und es gab dazu zwei Untersuchungen, die jedoch eingestellt wurden.

Erinnern Sie sich noch an den Fall in Leoben, Herr Abgeordneter Leikam, als es darum ging, daß ein harmloses Grüppchen von bekennenden Christen hätte überwacht werden sollen, weil ein Exekutivbeamter sich das so vorstellte? – Wir machen jetzt nicht den Fehler, zu sagen: Die ganze Exekutive ist so. Wir sagen Ihnen nur: Es gibt in diesem Bereich auch Menschen, die – vielleicht so, wie es die Frau Abgeordnete Partik-Pablé angeschnitten hat – hinter allem etwas Böses vermuten. Wenn die Frau Abgeordnete das sagt, dann nehme ich das sehr ernst, denn sie weiß, wovon sie spricht, wenn sie sagt, daß hinter allem etwas Böses vermutet wird.

Ich frage Sie: Was ist denn in dem Fall in Leoben herausgekommen? – Überhaupt nichts ist dabei herausgekommen! Alles ist eingestellt worden: Das Disziplinarverfahren ist eingestellt worden, es gibt auch kein strafrechtliches Verfahren. Alles ist nichts gewesen, nicht einmal ein Versuch war es. (Bundesminister Mag. Schlögl: Das stimmt nicht!) – Mir ist das so gesagt worden, Herr Bundesminister. (Bundesminister Mag. Schlögl: Was soll ich machen, wenn die Staatsanwaltschaft einstellt?) Ich sage ja: Die Staatsanwaltschaft stellt ein. (Bundesminister Mag. Schlögl: Was tun Sie, wenn es dazu kommt? – Abg. Leikam: Es ging weiter bis zum Staatsanwalt, dann ist es eingestellt worden! Das müssen Sie den Justizminister fragen!)

Wenn jemand versucht, unter Verwendung von Videokameras ein harmloses Grüppchen bekennender Christen aufzunehmen, und das Verfahren dann eingestellt wird, Herr Bundesminister, dann müssen wir uns fragen, ob das politisch so gewollt ist. Ich sage ja nicht, daß das ein illegales Vorgehen ist, sondern ich sage Ihnen nur, daß die Privatsphäre ein Potemkinsches Dorf wird und daß wir uns überlegen müssen, was wir in einem zunehmenden Informationszeitalter in diesem Zusammenhang zu tun haben und tun wollen. Das ist es, worauf wir Sie hinweisen.

Ich möchte folgendes herausstreichen, meine Damen und Herren, weil es auch darum geht, wie wir die einzelnen Fakten, auf die wir stoßen, wahrnehmen. Ich zitiere aus der APA vom 12. November 1998 und bitte dafür wirklich um Ihre Aufmerksamkeit.

In einer APA-Aussendung vom 12. November 1998 – also aus jüngster Zeit – ist zu lesen: Laut jüngst durchgeführter Studie haben die Neugründungen in Österreich – es geht dabei um Unternehmungen – deutlich zugenommen. Waren es 1990 noch 12 500, stieg diese Zahl 1997 bereits auf 19 300, wodurch 35 000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Schätzungen für 1998 lassen 20 400 neue Unternehmen erwarten, so Farnleitner. – Das ist eine Erfolgsmeldung von Herrn Bundesminister Farnleitner. Er sagt: Eine neue Gründeroffensive hat diese große Koalition in die Welt gerufen. Das ist etwas sehr Positives.

Ich bin dann etwas erschrocken, als ich am 24. November 1998 im Staatsschutzbericht lesen mußte, daß der Anteil der organisierten Kriminalität in Österreich massiv im Steigen begriffen ist und daß das insbesondere auf die Ostöffnung zurückzuführen ist. Im Staatsschutzbericht ist dann zu lesen: Seit der Öffnung der Ostgrenzen steigt die Zahl der Gründungen von Kapitalgesellschaften, deren Gesellschafter und Geschäftsführer aus der GUS stammen.

Dazu sage ich: Schön, aber hätten Sie das nicht auch Herrn Bundesminister Farnleitner sagen können? Hätten Sie ihm nicht sagen können, er möge von seiner Gründeroffensive jene Unternehmen abziehen, die im Staatsschutzbericht genannt werden und die offenbar nur der organisierten Kriminalität dienen?

Meine Damen und Herren! Wir zweifeln nicht daran, daß organisierte Kriminalität auch in Österreich Fuß faßt, aber ist es nicht so, daß sich organisierte Kriminalität, bei der auch große Mengen von Geld hin und her geschoben und weißgewaschen werden, primär nicht nur der wirtschaftlichen Strukturen, sondern gerade auch der Bankenstruktur bedient? Wäre es nicht auch notwendig, zum Beispiel enger mit der Bank Austria zu kooperieren, die gerade im Ostgeschäft nicht unerhebliche wirtschaftliche Erfolge aufweist, um nachzufragen, ob sich nicht auch dort organisierte Kriminalität einschleicht?

Aber nein, davon hören wir nichts. Wir hören nur davon, daß Sie in allen anderen Bereichen – mittlerweile ohne richterliche Anordnung – zugreifen wollen. Das sind die widersprüchlichen Signale, die Sie aussenden! (Abg. Leikam: Auch das stimmt nicht!) Herr Abgeordneter Leikam, das sind ... (Bundesminister Mag. Schlögl: Wo geschieht das ohne richterliche Anordnung? Bitte sagen Sie es konkret!)

Das Sicherheitspolizeigesetz war in seinem Entwurf nicht nur auf die Stammdaten, wie Sie es ausgeführt haben, sondern auch auf die Vermittlungsdaten hin ausgefertigt. Wenn Sie die Stammdaten anschauen, Herr Bundesminister, dann sehen Sie, daß dazu nicht nur Name, Adresse oder Telefonnummer gehören, sondern auch die Bonität. Damit haben Sie auch – wenngleich ein Unterschied zwischen Stammdaten und Vermittlungsdaten besteht – den Konnex zu den Vermittlungsdaten, weil zu den Vermittlungsdaten etwa auch die Art und Weise des Bezahlens einer Telefonrechnung zählt: Leistet jemand Vorauszahlungen, oder ist jemand in Verzug? (Abg. Kiss: Nein! Wer mit wem wie lange!) – Herr Abgeordneter! Dann schauen Sie bitte ins Telekommunikationsgesetz, darin sind die Vermittlungsdaten definiert. Das ist so.

Wir sagen Ihnen nur, daß Sie in diesem Zusammenhang die Grenzen übersehen. Ein Recht auf Sicherheit bedeutet nicht nur ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Schlögl.) Aber von Herrn Generaldirektor Sika ist gesagt worden: Wir fahren in Zukunft Kampflinie. Auch Sie, Herr Bundesminister, haben klargelegt: Der Staatsschutz muß ohne konkreten Verdacht ermitteln können. Ich glaube Ihnen, wenn Sie sagen, daß heute keine AKW-Gegner überwacht werden, aber bedenken Sie bitte auch: Wie wird es mit den NATO-Gegnern sein? Wer sagt, daß wir in diesem Zusammenhang nicht auch einmal vehementere Diskussionen haben werden?

Wenn es so ist, Herr Bundesminister, dann können Sie heute nicht ausschließen – wiewohl wir Ihnen persönlich glauben, daß Sie es nicht so haben möchten –, daß das in einem anderen Maße vielleicht auch einmal gegen jene Personen durchschlagen wird, die heute diese Maßnahmen beschließen.

Meine Damen und Herren! Die Liberalen übersehen überhaupt nicht, daß die Exekutive nicht nur ein Bestandteil der demokratischen Ordnung, sondern ein notwendiger, ein unverzichtbarer Bestandteil der demokratischen Ordnung ist. Das, was wir in diesem Hause immer wieder vehement einfordern, ist aber, daß es auch eine parlamentarische Kontrolle geben muß. Sie werden uns wohl zugestehen, daß der Staatspolizei-Ausschuß oder der Heeres-Nachrichtendienst-Ausschuß das Wort "Kontrolle" nicht verdienen. Sie verdienen es nicht, und das wissen Sie! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Woher weißt du das? Du warst nicht drinnen!)

Viele unserer Bedenken kommen daher, Herr Abgeordneter Kiss, daß wir im tagtäglichen politischen Leben hier im Hause sehen, daß die parlamentarische Kontrolle nicht zugelassen wird. Wenn wir uns endlich darauf verständigen würden, daß Kontrolle in diesem Land ein Minderheitsrecht und kein Mehrheitsrecht sein soll, meine Damen und Herren, dann wäre der Diskussion viel von ihrer Schärfe genommen. Aber so, wie es heute gehandhabt wird, sind wir dessen nicht sicher. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Es ist nicht so, daß die Kontrolle ein Minderheitsrecht ist, und daher werden wir auch in Zukunft vor der Aushöhlung der Grundrechte in diesem Land warnen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. (Abg. Leikam: Oje, der Wabl! Ist das die letzte Rede?)

16.32

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Leikam, das ist nicht meine letzte Rede. Aber Sie, Herr Kollege Leikam, und auch Herr Kollege Kiss sollten sich in solchen Debatten diese plumpen Redefiguren abgewöhnen. Es ist ein ganz einfaches Muster: Man unterstellt dem politischen Gegner Verallgemeinerung, behauptet dann, Verallgemeinerung sei undifferenziert und dumm – was ja richtig ist –, um dann mit voller Wucht und voller Argumentationsstärke loszuschlagen. (Abg. Leikam: Ihr macht das mit der Anfrage!) Dann heißt es: Sie wollen ja nur die organisierte Kriminalität, Sie wollen die Verbrecher schützen, Sie wollen die Polizei schwächen, und so weiter. (Abg. Kiss: Das ist der Umkehrschluß!) Genau das ist Ihre Strategie!

Diese wunderschöne Geschichte, Frau Kollegin Partik-Pablé ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie glauben es nicht!) Ich glaube sie schon. Sie haben wahrscheinlich den Bericht von Metternich gelesen. Ich kann mir mit ein bißchen Phantasie vorstellen, wie das damals war. (Abg. Jung: 25 Polizisten haben wir für diesen Zweck!) Selbstverständlich ist das Aufstellen von Lampen, von Beleuchtungskörpern in Wien an sich kein problematischer Vorgang, aber unter Metternich sollte man als grundrechts- und freiheitsbewußter Bürger selbstverständlich sagen, daß besondere Vorsicht zu walten hat, daß nicht an jeder Ecke und an jeder Laterne ein Metternichscher Spitzel steht. Das war natürlich klar. (Abg. Kiss: Aber die Perfidie ist, daß ihr selbst den Staat ...!)

Auch die Kamera ist an sich nichts Böses, Frau Kollegin Partik-Pablé! Was ist schlecht daran, wenn in einem Tunnel, durch den tagtäglich Autos fahren, eine Kamera steht? (Abg. Jung: Was ist schlecht daran, wenn dort eine Kamera steht?) Was ist daran schlecht, daß in den U-Bahn-Bereichen für den Fall, daß ein Unfall passiert oder irgend etwas Gefährliches droht, Kameras sind? – Auch nichts. Was ist denn Schlechtes daran, daß an sehr gefährlichen Kreuzungen Kameras stehen, damit die Polizei sofort dorthin fahren kann, um die Verkehrsproblematik zu lösen oder um drohende Gefahr abzuwenden? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Und was ist schlecht, wenn einer mit einer DNA-Analyse erwischt wird?)

Aber die Gefahr besteht, daß bei einem Apparat, von dem aus 27 000 Beamte Zugang zu Daten haben, alle diese Kameras vernetzt werden. In London ist das bereits geschehen. Dort stehen Kameras an den Straßen, die automatisch durchscannen, welche Personen sich auf den Straßen bewegen, und dann Abgleichungen mit jenen Personen vornehmen, die von der Staatsmacht kontrolliert, observiert oder eingesperrt werden sollen. (Abg. Dr. Petrovic: Stärken wir die Bürgerrechte! Das ist die Antwort!) Da ist die Gefahr des Mißbrauchs groß! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt sage ich Ihnen folgendes, Herr Innenminister: Ich nehme Ihnen ab, daß Sie als Innenminister – das ist auch Ihre Aufgabe – selbstverständlich alles für die Sicherheit und den Schutz der Bevölkerung tun möchten. Das ist selbstverständlich Ihre Aufgabe als Minister. Ich nehme Ihnen auch ab, daß Sie selbstverständlich nach adäquaten Methoden suchen, um der organisierten Kriminalität und dem Verbrechertum insgesamt etwas entgegensetzen zu können. Selbstverständlich ist es notwendig, daß auch Sie das technisch modernste und beste Gerät haben. Selbstverständlich können Sie und Ihre Exekutivbeamten nicht mit dem Fahrrad, mit der Lupe in der Hand, durch die Gegend fahren. Das sieht jeder ein, die Grünen, die Liberalen, die Sozialdemokraten und andere grundrechtsbewußte Personen. (Abg. Kiss: Na, da habe ich schon anderes von euch gehört!) Herr Kollege Kiss! Es ist selbstverständlich, daß die Exekutivbeamten, die versuchen, ihre Arbeit zu machen, gutes Gerät haben sollen. (Abg. Kiss: Das hören wir gern! – Abg. Leikam: Das erste Mal hören wir das!)

Aber es gibt Grenzen und besondere Gefahren in diesen Bereichen, die in manchen Teilen längst überschritten sind. Das Beispiel von den beiden Beamten zeigt es sehr schön: Wenn irgendwo ein Skandal auftaucht, dann kommt immer irgendein Regierungsmitglied oder ein Regierungsparteimitglied und sagt: Das ist ja nur ein schwarzes Schaf! (Bundesminister Mag. Schlögl: Nein!) – Was sagen Sie denn dann, Herr Innenminister? (Abg. Kiss: Das ist ein rotes Schaf! – Bundesminister Mag. Schlögl: ... Kontrolle!) 27 000 Beamte, die Zugang zu diesen Daten haben, können Sie nicht kontrollieren! Die Gefahr ist einfach viel zu groß! Aber das, was Sie machen können – und das würde ich mir wünschen, Herr Innenminister –, ist, daß Sie hervortreten und fragen: Wir haben jetzt neue Instrumente, und wie können wir verhindern, daß diese Instrumente mißbraucht werden?

Kollege Kiss hat ganz richtig gesagt, daß die innere Revision fehlt. Wo ist der revolutionäre Vorschlag dafür, wie Sie jene Daten schützen können, die mißbräuchlich verwendet werden können? Wo sind hier die revolutionären Vorschläge? Wo sind hier die entsprechenden Maßnahmen? (Bundesminister Mag. Schlögl: Ich habe sie schon aufgezählt!)

Herr Innenminister! Sie haben Frau Kollegin Petrovic attackiert, indem Sie gesagt haben: Die AKW-Gegner werden in meiner Zeit schon lange nicht mehr kontrolliert. – Herr Innenminister, das war ein sehr heiterer Beitrag. Sonst müßten Sie sie ja auch im Bundeskanzleramt suchen, denn dort wird zumindest versucht, etwas gegen die AKWs zu machen.

Aber Sie vergessen, daß es jetzt andere Konfliktfelder in der Politik gibt und daß dort sehr wohl die Staatspolizei und die Nachrichtendienste eingesetzt, Bürgerinnen und Bürger bespitzelt und von Ihren Beamten auch observiert werden. Ich habe Ihnen damals den Fall einer "Abwasser"-Demonstration in Kärnten dargestellt, als empörte Bürger gegen die Bürokratie auf die Straße gingen und selbstverständlich die Polizei die Demonstranten mit Kameras gefilmt hat. Können Sie sich nicht vorstellen, daß Bürgerinnen und Bürger dabei das Gefühl haben, daß dieses Filmmaterial dann auch ausgewertet wird und die Daten gespeichert werden? Können Sie sich nicht vorstellen, was diesen Menschen, die dort von Ihnen oder von Ihren Beamten observiert worden sind, passiert, wenn sie in Kärnten zum Beispiel Arbeit suchen, wenn also diese Personen versuchen, eine Arbeitsstelle zu bekommen, und dann möglicherweise von der Firma nachgesehen wird, ob sich derjenige korrekt verhalten hat? (Abg. Leikam: In Kärnten kennst du dich nicht aus! Red über die Steiermark!)

Sie haben geantwortet, das wäre – soweit ich mich erinnern kann – eine Schulungsmaßnahme oder eine "übliche" Maßnahme gewesen. Ich weiß es nicht mehr genau, die Antwort war auf jeden Fall sehr verharmlosend. Es war Ihnen nicht recht, daß die Polizei damals diese Observation vorgenommen hatte. Aber genau das ist das Problem. Wir haben es in fast allen kritischen Bereichen, selbstverständlich auch dann, wenn Bürger sich gegen bestimmte Projekte wehren. Wenn sie Bürgerversammlungen abhalten – ob das die Tierschützer sind oder diejenigen, die eine neue Verkehrspolitik haben wollen und bestimmte Straßenprojekte bekämpfen –, werden sie selbstverständlich auch von den Nachrichtendiensten observiert.

Jetzt zu dem, Herr Innenminister, was bereits Kollegin Petrovic angekreidet hat: Wie kann es sein, daß Ihr Ministerium im Jahre 1994 einen Vertrag mit dem Heeres-Nachrichtendienst darüber gemacht hat, daß Daten an den Heeres-Nachrichtendienst weitergegeben werden, obwohl es keine gesetzliche Grundlage der Heeres-Nachrichtendienste gibt? – Das Militärbefugnisgesetz gibt es nicht. Und Sie haben die Frage, wie lange es das nicht gibt, nicht beantwortet. Das würde Sie meiner Ansicht nach sehr kränken, weil Herr Minister Fasslabend in bezug auf das Militärbefugnisgesetz offensichtlich davon träumt, daß er all das, was er bisher illegal gemacht hat, dann auch legal machen kann.

Das aber sind unsere Befürchtungen. Jene Daten, die dort gesammelt werden, unterliegen überhaupt keiner Kontrolle. Kollege Barmüller hat das ganz richtig gesagt. Betreffend den Vergleich der beiden Ausschüsse muß ich auch ein positives Wort zu Ihnen sagen: Kontrolle erfolgt in beiden Ausschüssen kaum, aber in Ihrem Ausschuß zumindest noch im Ansatz.

Aber sonst? – Wo ist denn die Kontrolle über jene Nachrichtendienste, bei denen Sie sich erwarten, daß es Erweiterungen – Sie sagen "Adaptierungen" dazu; das ist meines Erachtens Neusprech – geben wird? "Adaptierungen" nennen Sie das ganz bescheiden. Herr Vorsitzender Gaál! Es ist ein Trauerspiel, wie dieser Heeres-Nachrichtendienst-Kontrollausschuß verkommt, weil dort die koalitionäre Treue jede Information verhindert, jede Kontrolle verhindert!

Und dann bekommt dieser Nachrichtendienst, der einer absoluten Null-Kontrolle unterliegt, auch noch durch einen Vertrag mit dem Innenministerium das Recht auf Datenzugriff! Herr Kiss! (Abg. Kiss: Bitte?) Was Ihre Daten über Ihre Besuche in London und bei anderen wunderbaren Vereinigungen (Abg. Kiss: Na selbstverständlich, auch in Amerika, in Ungarn, überall!) betrifft: Sind Sie schon informiert, welche Daten alle gesammelt werden? Wissen Sie auch, daß der Heeres-Nachrichtendienst Ihre Besuche bei Mensdorff-... – ich weiß nicht, wie er noch heißt (Abg. Kiss: Pouilly!) – auch überprüft, der im Burgenland immer diese herrlichen Geschäfte anbahnt – Sie wissen schon? Sind Sie darüber informiert? (Abg. Kiss: Und?) Und? – Das ist alles in Ordnung. Na selbstverständlich! Sie haben eine reine Weste, Sie haben nichts zu verbergen. Sie können sich hinstellen, Sie kennen die Akten. Man kann ja auch in der ÖVP in der Akademie nachschauen, da gibt es auch andere Dinge. (Ruf bei der ÖVP: Sehr verworren!)

Herr Bundesminister! Hier von diesem Rednerpult aus konnte ein Oppositionsführer aus geheimen Akten zitieren und darüber reden, wie verschuldet ein SP-Mandatar ist. Hat es Nachforschungen darüber gegeben, wie dieser Oppositionspolitiker zu diesen Akten gekommen ist? – Von diesem Rednerpult aus, ohne Probleme! Es hat hier keinen Aufschrei gegeben, es hat hier keinen Protest gegeben – nichts!

Herr Bundesminister! Das ist nicht der einzige Fall. Ich sage Ihnen: Wenn es ein Gerücht gibt in einem kleinen Dorf, daß irgendwo ein paar Dorfbuben zusammensitzen und Haschisch rauchen – ein Gerücht! –, dann ist am nächsten Tag selbstverständlich die Gendarmerie dort und kontrolliert diese Buben. (Abg. Mag. Stadler: Na hoffentlich! – Gegenruf der Abg. Dr. Petrovic.) Dann werden sie kontrolliert und ihre Daten erhoben. Aber wo ist denn die Exekutive gewesen, als es Jahre hindurch ein Gerücht über die Riegerbank gab? Wo ist denn die Exekutive gewesen, als es Jahre hindurch Gerüchte gab, daß in einem Bergwerk unglaubliche Dinge passieren?

Das ist das Ungleichgewicht in der Behandlung der Bürger in Österreich durch die Exekutive, und das wollen wir abstellen! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Sie haben alle Unterstützung, wenn es um die Arbeit der korrekten Exekutivbeamten geht, von denen es sehr viele gibt, aber ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, bitte den Schlußsatz!

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Ich wollte gerade ansetzen, Herr Präsident.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das kann man bei Ihnen nie wissen, Herr Abgeordneter. (Heiterkeit.)

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Danke schön. Ich danke für das Kompliment.

Sie haben alle Unterstützung bei der korrekten Durchführung Ihrer Arbeit, Herr Innenminister, aber Sie erfahren jeden Widerstand, wenn es um Übergriffe und um die Einschränkung der Grundrechte und der Grundfreiheiten der österreichischen Bürgerinnen und Bürger geht. (Beifall bei den Grünen.)

16.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin – nachdem Herr Abgeordneter Wabl nicht nur dazu angesetzt, sondern wirklich den Schlußsatz gesprochen hat – ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte.

16.43

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In der Sicherheitspolitik gibt es Themen, die grundsätzlich und auch sehr offen diskutiert werden müssen – offen gegenüber Entwicklungen und auch geistig offen in dem Sinne, daß wir uns mit neuen Fragen auseinandersetzen müssen und uns als Gesetzgeber bemühen müssen, Entwicklungen nicht nachzuhinken, sondern sie, sobald es geht, zu erfassen und in unsere Gesetzestätigkeit einzubeziehen.

Eine dieser Entwicklungen ist die technische. In der Anfrage ist ein Dokument des Europäischen Parlaments enthalten, das sich auf die Studie von Steve Wright über die technischen Möglichkeiten im Bereich der Abhörung bezieht. Ich habe mir diese Studie aus dem Internet geholt, und sie ist tatsächlich sehr interessant, und ich glaube, daß wir sie diskutieren müssen – eben deshalb, weil wir als Gesetzgeber die neuesten Entwicklungen kennen müssen, um adäquat darauf reagieren zu können.

Es zeigt sich, daß es heute Möglichkeiten der Kontrolle und der Überwachung von Menschen gibt, die es früher nicht gegeben hat, aufgrund welcher wirklich das Verhalten, die Eigenschaften, die Situation eines Menschen in einem Ausmaß beobachtet werden können, wie das nie zuvor der Fall war.

Das macht es erforderlich, daß wir überlegen, wie die organisierte Kriminalität, die sich neuer technischer Methoden bedient, in den Griff zu bekommen ist. Und das zeigt auch, daß wir auch darüber nachdenken müssen, was Private mittels Überwachungsmethoden machen können, denn es ist ja nicht nur der Staat, dem neue technische Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Es ist aber auch unsere Aufgabe, zu überlegen, was das im Zusammenhang mit der Situation der Menschenrechte bedeutet, was das für die Kontrolle von Bürgern bedeutet, die völlig unbescholten sind, aber dennoch in eine Untersuchung geraten können.

Ich glaube daher, daß es wichtig ist, im Zusammenhang mit der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz all dies abzuwägen, abzuwägen, welche Instrumente die Polizei braucht – und sie braucht neue Instrumente, das ist für uns gar keine Frage. Die organisierte Kriminalität ist eine Gefahr, und die Polizei muß adäquat darauf reagieren können. Das bedeutet für uns aber auch, daß wir überlegen müssen, wie weitgehend Eingriffe sein dürfen, und daß wir vor allem auch eingrenzen müssen, in welchen Bereichen Eingriffe möglich sein dürfen. Daß wir uns vom Innenministerium beziehungsweise vom Innenminister und seinem Apparat erwarten, daß die Bevölkerung so weit wie möglich vor Verbrechen geschützt wird, ist ja für uns alle hier keine Frage.

Es muß aber bei der Verwendung von Daten und bei der ungeheuren Fülle von Daten sowie der großen Anzahl von Personen, die Zugriff darauf haben, eine strenge Kontrolle geben. Der Herr Bundesminister hat angekündigt, daß eine ganze Reihe von Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Mißbrauch von Daten geplant ist. Es sind ja auch bereits Schritte gesetzt worden. Ich glaube, es ist auch im Interesse der Exekutive sehr wichtig, daß bewiesen wird, daß die Daten, die erhoben werden, in guten Händen sind, daß sie nicht mißbraucht werden, daß sie nicht an Unbefugte weitergegeben werden.

Es ist ja heute schon mehrmals der Gesetzentwurf betreffend die Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes angesprochen worden. Ich halte es auch für sehr, sehr wichtig, daß in der Novelle ein Menschenrechtsbeirat vorgesehen ist. Wir müssen diesen Beirat zu einem Instrument machen, mit dem tatsächlich eine gute Kontrolle möglich ist, in dem eine Abwägung erfolgt und in dem auch im Einzelfall geklärt werden kann, ob es Übergriffe und Probleme gibt.

Ich meine, daß wir diese Fragen der Abwägung, der Abgrenzung, der Kontrolle grundsätzlich immer wieder diskutieren müssen, und für uns ist die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz eine wichtige Grundlage dafür.

Es gibt einige Aufregung über diesen Entwurf; über einiges, was gar nicht drinsteht, aber auch über einige Fragen, die auch ich geklärt haben möchte, von denen ich meine, daß wir sie diskutieren müssen, und zwar offen diskutieren müssen. Meine Erfahrung ist, daß bei solch heiklen Materien – und ein Sicherheitspolizeigesetz ist zweifellos eine – mit dem Innenministerium und mit dem Innenminister ein guter Dialog geführt werden kann.

Ich möchte daran erinnern, daß es eine sehr, sehr ausführliche und auch in meiner Fraktion sehr kontroversiell geführte Debatte zu Lauschangriff und Rasterfahndung gegeben hat und daß diesbezüglich im Unterausschuß doch noch sehr vieles geändert und der Menschenrechtsschutz in diesem Bereich wesentlich verbessert wurde. Ich habe damals zwar dem Entwurf nicht zugestimmt, glaube aber doch – und ich habe das auch damals in der Debatte zum Ausdruck gebracht –, daß es wesentliche Verbesserungen gegeben hat.

Der Herr Bundesminister hat angekündigt, daß es eine ausführliche und auch sehr offene Debatte über die Wünsche der Exekutive im Zusammenhang mit dem Sicherheitspolizeigesetz geben wird, und ich begrüße das sehr. Ich bin überzeugt davon, daß es Verbesserungen geben wird, daß einerseits die Möglichkeit bestehen wird, die Exekutive mit jenen Mitteln auszustatten, die sie braucht, aber andererseits durch ganz klare Abgrenzungen klargestellt werden wird, wofür diese Rechte bestehen sollen und wo welche Mittel eingesetzt werden dürfen, und auch eine klare Kontrolle darüber erfolgen wird, in welchen Bereichen es zu keiner Weitergabe kommen darf.

Es ist die Aufgabe des Staates, die Menschen vor Kriminalität zu schützen. Ich halte das für eine wichtige Aufgabe, und ich bin dagegen, daß diese Funktion des Staates, nämlich die Sicherheit zu gewährleisten, von privaten Unternehmen übernommen wird, denn das wäre etwas, was sich nur einige wenige Privilegierte leisten könnten. Es muß daher darum gehen, daß wirklich jeder Mensch in unserem Land ein höchstmögliches Maß an Sicherheit hat. Daß zu dieser Sicherheit auch die Wahrung der Menschenrechte gehört, das ist mir sehr wichtig, und ich bin überzeugt davon, daß es uns gelingen wird, hier eine vernünftige Basis zu finden. (Beifall bei der SPÖ.)

16.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte.

16.52

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit zwei Grundsatzfragen beschäftigen, die in diesem Zusammenhang auftreten.

Frage eins: Wie weit kann man wirklich in einem Rechtsstaat gehen, um auf der einen Seite der Kriminalität vorzubeugen und auf der anderen Seite möglichst schonend mit allen Rechten der Staatsbürger umzugehen? Ich glaube, auch heute haben wir hier in der Diskussion gesehen, daß sehr stark schwarzweiß gemalt wird und nicht die Farben in ihrer Vielfalt erkannt werden. Das möchte ich vor allem an die Adresse der grünen und der liberalen Fraktion in diesem Haus richten. Man darf nicht nur so tun, meine Damen und Herren, als würde die Allmacht der Sicherheitsbehörden gegen den ohnmächtigen Staatsbürger, der von der Willkür der anderen abhängig ist, im Zentrum stehen, sondern man muß auch sehen, daß heute sehr viele Bürger in Österreich von der organisierten Kriminalität betroffen sind. Ich darf Ihnen dazu auch aus meiner Sicht Erfahrungsbeispiele bringen.

Wenn Sie heute im urbanen Umfeld von Wien wohnen und erfahren, wie dort organisiert und professionell vorbereitet Häuser ausgeräumt werden, eines nach dem anderen, wie stark die Eigentumskriminalität steigt und wie diese gestohlenen Güter über die grüne Grenze außer Landes gebracht werden, dann gibt das schon Anlaß zu Besorgnis. Auf der anderen Seite merken Sie gerade in den Grenzgebieten, auch in der Nähe von Wien, wie organisiert Schlepperbanden Illegale nach Österreich bringen. Es darf doch keine Frage des Geldes sein, ob man in ein Land wie Österreich kommen kann, weil man sich eine Schlepperbande leisten kann oder nicht. Da hat die organisierte Kriminalität Erscheinungsformen erreicht, denen man begegnen muß, und zwar mit der vollen Härte des Gesetzes! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte auch den Herrn Bundesminister in diesem Zusammenhang nicht aus der Verantwortung entlassen. Herr Bundesminister! Auch Sie erkennen manchmal nicht oder wollen vielleicht nicht erkennen, daß die Sensibilität, die in der Vollziehung angebracht ist, bei Ihren Herren in der Exekutive nicht immer an erster Stelle steht. Denn sehr vertrauenerweckend war es nicht, daß zwei Beamte aus Ihrem Haus, aus dem Bundesministerium für Inneres, offensichtlich gegen Entgelt sensible Daten an andere verkauft haben. Auch das kann man nicht zur Kenntnis nehmen, sondern muß es ebenfalls mit Härte verfolgen, und man muß auch mit Instrumenten arbeiten, die so etwas in Zukunft verhindern. Diesbezüglich sind mir Ihre Vorschläge – das darf ich ehrlich sagen – doch ein bißchen zu wenig.

Ich glaube nicht, daß es genügt, Einzelfälle zu verfolgen. Da bedarf es nicht nur einer Innenrevision, wie das heute schon mein Kollege Kiss ausgeführt hat, sondern schon bei der Auswahl der Mitarbeiter, die mit solch sensiblen Daten arbeiten, bedarf es einer ganz spezifischen Vorgangsweise. Vielleicht ist das auch eine Frage der Bezahlung, vielleicht muß man sich auf diesem Gebiet etwas überlegen, denn es kann nicht sein, daß man einen neuen Markt eröffnet, wenn man sensible Daten zu bearbeiten hat.

Ich möchte mich nun mit einer zweiten Frage beschäftigen, die in diesem Zusammenhang auch erörtert gehört, nämlich: Wie kann man denn heute überhaupt der organisierten Kriminalität begegnen? Gibt es überhaupt eine Chance für die Exekutive, und sei sie noch so modern ausgerüstet?

Ich glaube, daß man im Bereich der professionellen Aufspürung sicher einiges tun muß und daß der Einsatz der Technik dazu sehr wesentlich beitragen kann. Es gibt heute bereits Instrumente im Rahmen des Sicherheitspolizeigesetzes – einige müssen noch geschaffen werden –, mit denen wir vielleicht einen Schritt vorwärts machen können.

Herr Bundesminister! Wir seitens der ÖVP-Fraktion sind bereit, mit Ihnen in einer sehr sensiblen Art und Weise auch Einschränkungen von manchen Staatsbürgerrechten zu verhandeln, aber im Zentrum muß stehen, daß auch ein Erfolg gewährleistet ist.

Außerdem darf ich Ihnen sagen: Bei organisierter Kriminalität wird eines auch notwendig sein: eine gewisse Präsenz vor Ort. Wenn wir uns heute viele Teile Österreichs anschauen, dann stellen wir fest, daß diese Präsenz von Sicherheitskräften vor Ort nicht mehr gegeben ist. Ich darf wieder auf das Beispiel jener kommen, welche die Eigentumskriminalität vorantreiben: Es kann doch nicht so sein, daß ich beim Gendarmerieposten anrufe und dann über eine Fernsprechleitung erfahre, daß ein anderer zuständig ist, der vielleicht in einer dreiviertel Stunde vor Ort erscheinen wird. – Das ist aber heute der Fall.

Wenn ich mir das Umfeld von Wien und gerade Niederösterreich mit 413 Kilometern Außengrenze vergegenwärtige, dann sehe ich auch, daß es dort Vollzugsdefizite gibt, und zwar massive. 1 124 Planstellen haben Sie und Ihre Mitarbeiter im Ministerium dafür ursprünglich als notwendig erachtet. Aus den 1 124 Planstellen sind dann 1 024 geworden, und mittlerweile sind wir bei einer Zahl von 789. – Eine Reduktion, die man sich bei 413 Kilometern Außengrenze überlegen muß! Aber ich gestehe Ihnen zu, daß man das nicht von heute auf morgen regeln kann, dazu bedarf es sicher einiger Jahre Aufbauarbeit.

Aber, Herr Bundesminister – und das ist jetzt eine ganz konkrete Frage an Sie –, was die technischen Hilfsmittel betrifft, haben Sie versprochen, daß man den Sicherheitspatrouillen Wärmebildgeräte zur Verfügung stellen wird. (Zwischenruf des Abg. Jung.) Noch immer ist nicht gewährleistet, daß alle Patrouillen diese Wärmebildgeräte wirklich mithaben. Wir haben gehört, daß die Ausschreibung nicht funktioniert hat. (Abg. Dr. Petrovic: Wie werden die Banken überwacht?) Herr Bundesminister! Wenn das keine Vollzugsdefizite sind, dann frage ich mich schon, was im Ministerium passiert, wenn wir ein solch wirklich notwendiges technisches Gerät den Mitarbeitern an der Grenze bis heute nicht zur Verfügung stellen, obwohl sie es eigentlich schon längst haben sollten. (Zwischenruf des Abg. Wabl.)

Und wenn es derzeit zwei Patrouillen gibt – zwei Patrouillen zu je zwei Mann – für 40 Kilometer grüne Grenze, dann kann man wohl wirklich nicht davon sprechen, daß die grüne Grenze tatsächlich überwacht wird. (Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic.)

Das halte ich auch für eine Frage der Gerechtigkeit, weil nicht sein kann, daß die einen es sich leisten können, über eine Schlepperbande oder überhaupt organisiert kriminell über die grüne Grenze zu kommen, während andere, die legal nach Österreich einwandern wollen, diese Möglichkeit nicht haben. Ich glaube, in diesem Bereich ist in der Vollziehung wirklich noch sehr viel aufzuarbeiten, und ich fordere Sie auf, jetzt hier Klarheit zu schaffen und die Vollziehung auch zu gewährleisten. Denn man kann den Mitarbeitern der Exekutive nicht zumuten, daß sie ohne technische Hilfsmittel in Niederösterreich an der grünen Grenze arbeiten und in Wirklichkeit vor einer unlösbaren Aufgabe stehen. Das tut uns als Rechtsstaat nicht gut, und das tut Ihnen als Innenminister nicht gut. Daher bitte ich Sie, in diesem Fall auch Handlungen zu setzen und das fehlende Gerät rasch nachzubeschaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Dieses Haus trägt die Verantwortung dafür, mit aller Sensibilität wirksame Instrumente zu entwickeln, wie man auch ein Sicherheitspolizeigesetz vielleicht noch verschärft auf das Ziel richten kann, der organisierten Kriminalität zu begegnen. (Abg. Mag. Stadler: Sie haben das gutgeheißen!) Die Vollziehung haben nicht wir zu gewährleisten, die Vollziehung haben Sie als Innenminister, als einer der wesentlichen Minister auf diesem Gebiet zu verantworten. Und ich bitte Sie daher, auch wenn Sie da und dort personelle Nöte haben, das eben auch offen auszusprechen und dafür zu sorgen, daß wir auch wirklich die Sicherheit in diesem Land gewährleisten können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

17.01

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! (Abg. Wabl: Oje, jetzt gibt es wieder neue Vorschläge, was der Innenminister alles tun soll!) Darf ich das Kandidatengespräch unterbrechen? (Abg. Schwarzenberger: Oder daran teilnehmen!) Sie haben im nächsten Wahlkampf noch genug Gelegenheit, sich mit dem Herrn Bundesminister – dann wahrscheinlich außer Dienst – zu unterhalten.

Meine Damen und Herren von den Grünen! Kollege Van der Bellen, der sich jetzt Commenterleichterung hier im Haus gewährt hat, hat bei seiner Begründungsrede gesagt, es drohe der Metternichsche Überwachungsstaat, es gibt jetzt schon Superkameras, die in wenigen Sekunden Hunderte Aufnahmen von Teilnehmern an Demonstrationen produzieren können und dergleichen mehr. Herr Kollege Van der Bellen, wir sind manchmal dankbar dafür – und das sollten Sie vielleicht sehen –, daß es solche Überwachungen gibt, nicht nur, wenn es um Ihre Klientel geht. (Abg. Wabl: Sie haben schlecht funktioniert bei den Freiheitlichen!)

Ich erinnere an die Umstände der Aufklärung jenes Falles in Frankreich, als Hooligans einen Polizisten, der am Boden lag, halb totgeschlagen haben. Der Mann lag wochenlang im Koma und wird sich nie mehr von diesen Verletzungen, die er damals erlitten hat, erholen. Und nur dank einer Videoaufzeichnung eines 17jährigen Mitläufers konnte man überhaupt aufklären, wer diese Verbrecher waren, meine Damen und Herren.

Sie wissen ganz genau, daß gerade bei Demonstrationen, vor allem bei jenen, die unangemeldet erfolgen, das gewaltbereite Potential immer irgendwo mitmischt, sei es links oder rechts. (Abg. Dr. Haider: Dafür wäre der Minister verantwortlich!) Solche Aktionen ziehen geradezu gewaltbereite Menschen an (Abg. Dr. Petrovic: Ja, Sie ziehen die an!), die dort in der anonymen Masse die Gelegenheit sehen, sich kriminell zu betätigen. Ich bin froh, wenn dann mit Hilfe einer Aufzeichnung schwere Straftaten, die unter dem Schutz des Grundrechtes auf Kundgebungsfreiheit verübt werden, aufgeklärt werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn unser Staat ist nicht dazu da, daß sich kriminelle Elemente bei Demonstrationen einschleichen. (Abg. Dr. Petrovic: Das war keine Demonstration, sondern ein Fußballspiel!)

Ich möchte Ihnen das nächste Beispiel in Erinnerung rufen, Frau Kollegin Petrovic. (Abg. Dr. Petrovic: Es war ein Fußballspiel!) – Frau Kollegin, es geht nicht nur um Fußballspiele, sondern es ist generell so. Ich weiß nicht, warum Sie das so lustig finden? Soll ein Polizist kein Recht auf persönliche Unversehrtheit mehr haben (Abg. Dr. Petrovic: Selbstverständlich soll er das haben! Es war aber trotzdem keine Demonstration!), nur weil ein paar Verrückte in diesem Land glauben, sie können jeden Polizisten, nur weil er Uniform trägt, niederschlagen? Wird der Freiwild? Mit uns nicht, Frau Kollegin Petrovic! Mit uns nicht!

Ich erinnere an etwas anderes (Abg. Wabl: Kein Mensch ist dieser Meinung!) – ich bin jetzt gerade so schön dabei, Kollege Wabl –: Die Morde an den Kurden-Funktionären in Wien zu bedauern und zu betrauern, womit Sie recht haben, ist das eine, aber gleichzeitig dagegen aufzutreten, daß der Innenminister die Kurdenorganisationen überwachen läßt – womit man vielleicht das eine oder andere hätte verhindern können –, das war Ihre Sache. Sie haben seinerzeit Herrn Innenminister Einem die Mauer gemacht, als er sagte: Die PKK und die ERNK überwachen wir nicht in diesem Land! Die können tun, was sie wollen! – Herr Öcalan ist Ihr Gesinnungsgenosse. (Abg. Wabl: Der Sekretär des Parlamentspräsidenten ist abgehört worden bei seinen Gesprächen!) Herr Öcalan ist der Gesinnungsgenosse des Internationalen Sekretärs der SPÖ – dafür kann der Herr Innenminister nichts –, aber diese Organisationen genießen eine besonders pflegliche Behandlung.

Der OGH sagt, wie aus einer Anzeige des Kollegen Kiss hervorgeht: Das ist eine kriminelle Vereinigung im Sinne des § 278 StGB!, aber der Innenminister hat gesagt: Überwachen wir nicht! Aber dann, wenn etwas passiert, sind Sie alle traurig und schreien empört nach dem Innenminister, der angeblich nichts getan hat. (Abg. Kiss: Das war beim Einem!)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie wissen, daß es eine kriminelle Organisation in diesem Lande gibt – wenn auch meinetwegen eine besondere Nahebeziehung eines Internationalen Sekretärs einer Regierungspartei dazu besteht –, dann können Sie doch nicht sagen, daß man diese nicht überwachen soll, oder dann, wenn man sie nicht überwacht und etwas passiert, auch noch behaupten, daß der Innenminister schuld daran sei, meine Damen und Herren. Das ist die Doppelzüngigkeit und die Widersprüchlichkeit, die aus Ihrer Argumentation hervorschillert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von den Grünen und von den Liberalen! Wenn Sie schon vom Überwachungsstaat reden – Van der Bellen hat gesagt, es drohe der Metternichsche Überwachungsstaat –, dann erinnern Sie sich: Herr Kollege Van der Bellen, Metternich hat in erster Linie versucht, die Gesinnung seiner Untertanen zu erschnüffeln. Das haben wir doch auch alles schon gehabt. (Abg. Dr. Haider: Die Grünen wollten das!) Das ist alles schon dagewesen. (Abg. Dr. Haider: Bei den Lehrern!) Sie haben Herrn Innenminister Einem seinerzeit die Mauer gemacht, als Frau Kollegin Ederer im "Standard" erklärte – ich zitiere –, daß alle Schüler und Studenten vom VSStÖ aufgefordert werden, verdächtige Lehrer bekanntzugeben. Sie führt eine Liste von verdächtigen Lehrern, die sich ihrer Gesinnung nach verdächtig gemacht haben.

Herr Kollege Van der Bellen! Das ist Gesinnungsschnüffelei Marke Metternich! Ich habe das damals hier von diesem Rednerpult aus angeklagt, und Sie haben ihm damals die Mauer gemacht. – Man darf nicht auf einem Auge blind sein, wenn man gegen Gesinnungsschnüffelei auftritt. (Abg. Dr. Petrovic: Sie sind auf beiden Augen blind!) Ich bin gegen Gesinnungsschnüffelei, aber dann muß man sie genau dort bekämpfen, wo dies Ihrer gesinnungsmäßigen Ausrichtung am nächsten kommt, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Noch schlechter ist es, auf beiden Augen blind zu sein!)

Ich bin gegen Gesinnungsschnüffelei! Sie haben einen Verbündeten in mir. Aber dann erwarte ich mir, daß Sie uns bei nächster Gelegenheit, wenn derartige Gesinnungsschnüffelei stattfindet, unterstützen. Ich lade Sie gleich ein, eines der größten Gesinnungsschnüffelinstitute dieses Landes mit uns gemeinsam zu bekämpfen, meine Damen und Herren: das DÖW. (Abg. Wabl: Nein!) Was, Sie sagen "Nein!"? Ich habe hier ein Urteil, danach darf man dieses Gesinnungsschnüffelinstitut eine Art Privat-Stasi nennen. (Abg. Dr. Haider: Vernaderer und Gesinnungsschnüffler!) Vernaderer, Gesinnungsschnüffler! Die betreiben nichts anderes als Gesinnungsschnüffelei. Das geht so weit, daß sich Herr Khol, bevor Herr Präsident Brauneder im Hohen Haus gewählt werden sollte, ein Gutachten vom DÖW holte, ob Herr Professor Brauneder unbedenklich sei. Das hat er gemacht seinerzeit. Soweit geht das, meine Damen und Herren!

Eine private Stasi-Institution, ein Gesinnungsschnüffelinstitut muß erst sozusagen den Persilschein oder die Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen ... (Abg. Wabl: Nicht jeder hat einen Jung!) – Bitte, Herr Kollege Wabl? (Abg. Wabl: Nicht jeder hat einen Herrn Jung im eigenen Klub!) Ich wäre froh, hätte ich noch mehr solcher "Jünger", Herr Kollege Wabl! Die sind mir lieber als Sie, denn Sie sind auf einem Auge blind, Herr Kollege Wabl. (Abg. Wabl: Besser als auf beiden Augen!) Sie sind auf einem Auge blind! In diesem Fall sind Sie sogar auf beiden Augen blind. Sie sollten erkennen, daß es sich dabei um ein öffentlich subventioniertes Gesinnungsschnüffelinstitut handelt (Abg. Wabl: Ach so!), bei dem Sie selbst auch noch Abfragen über mißliebige Freiheitliche tätigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Nicht nur Herr Klubobmann Khol macht das, sondern auch Sie selbst. Ihre Nahebeziehung zum DÖW ist ja aktenkundig. (Abg. Dr. Petrovic: Reden Sie von Ihrer Nahebeziehung zum Heeres-Abwehramt!)

Es geht nicht um das Heeres-Abwehramt. (Abg. Wabl: Ach nein?) Das Heeres-Abwehramt ist nicht das ... (Abg. Wabl: Da hat der Herr Haider direkte Kontakte hin!) Nein, Sie bringen schon die ... (Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Herr Kollege Wabl! Klären Sie Ihre Klubobfrau auf, damit sie nicht ständig das Heeres-Abwehramt und das Heeres-Nachrichtenamt verwechselt. (Abg. Wabl: Das ist unerheblich!) Das hat übrigens auch Herr Van der Bellen in seiner Rede gemacht.

Das, was Sie aufgezeigt haben, habe ich heute im Rahmen einer Anfrage, die schon gestern fertig war, unterschrieben. Das ist nämlich jener Fall, wo sich tatsächlich Leute des Nachrichtenamtes als Polizisten des Herrn Innenministers ausgegeben haben und dann schnüffeln gingen.

Sie haben sofort Verbündete in uns, aber Sie müssen zur Kenntnis nehmen, daß man nicht nur das eine bekämpfen kann, sondern daß man den Mißbrauch der Bürgerrechte auch auf der anderen Seite bekämpfen muß. (Abg. Wabl: Selbstverständlich!) Und ich fordere Sie auf: Unterstützten Sie uns gegen dieses Schnüffelinstitut DÖW! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen, wie weit das geht. Ich weiß nicht, ob Sie das jüngste "profil" gelesen haben, in dem ein Kriminalfall, ein ganz gewöhnlicher brutaler Kriminalfall abgehandelt wird. Eine alte Frau, eine Klavierlehrerin, wird zuerst mißhandelt und dann mit zwei Schüssen hingerichtet. Und dann schreibt das "profil" über die Täter – ich zitiere –: Dennoch, selbst dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes sind die beiden Männer unbekannt. – Meine Damen und Herren! Selbst dem Dokumentationsarchiv, das ja alles wissen muß in diesem Lande, das auch alles wissen darf in diesem Lande! (Abg. Wabl: Das ist ein Milderungsgrund!) Ja, wahrscheinlich ist das ein Milderungsgrund, denn damit sind sie schon einmal ideologisch unbedenklich, damit sind sie keine Gesinnungstäter mehr, sondern nur gewöhnliche Kriminelle. Welch ein Glück, daß einer der beiden Täter im Rahmen eines Schußwechsels erschossen wurde! Aber selbst dem DÖW sind sie unbekannt.

Sehen Sie, das ist die Gesinnung, die dahintersteckt! Sie unterstützen dieses Gesinnungsschnüffelinstitut, und wir sind gegen dieses Gesinnungsschnüffelinstitut. Und solang Sie nicht auch bereit sind, auf dieser Seite der Republik für die Bürgerrechte einzutreten, auch wenn es nicht Ihre Ideologie ist, die davon betroffen ist, sollten Sie in sich gehen und sich vorher prüfen. Wir sind gegen das DÖW, wir sind aber auch gegen jede andere Form des Mißbrauchs von Datenmaterial und gegen jede andere Form der Verletzung von Bürgerrechten. Das ist der Unterschied, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist der Unterschied, und daher laden wir Sie ein, uns künftig zu unterstützen! Dann haben Sie auch die moralische Kompetenz, Mißbräuche im Bereich des Innenministeriums, so sie vorhanden sind – die aber ohnehin vom Minister recht heftig bekämpft werden –, auch hier anzuprangern. Ich habe nämlich keinen Zweifel daran, daß es dem Innenminister – im Gegensatz zu seinem Vorgänger; ich hoffe, lieber Karl, daß ich dir jetzt nicht wieder schade in deiner Partei (Abg. Dr. Haider: Das schadet ihm schon!) – ein Anliegen ist, den Datenmißbrauch gegen vor allem ideologisch Mißliebige oder politische Mitbewerber zu mißbrauchen. Das war bei seinem Vorgänger nicht so. Das ist Ihr Freund Caspar Einem, der mit Ihnen eine Ampelkoalition schmieden möchte. Und Sie müssen erst einmal beweisen, daß Sie bereit sind, dagegen anzutreten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Ich glaube, das war eine dünne Khol-Suppe!)

17.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

17.10

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister Schlögl hat uns gesagt, daß er für die demokratischen Grundrechte eintritt, und wir wollen ihm das glauben. Allerdings möchte ich etwas dazu anmerken: Die Grundrechte sind in einer Demokratie im Regelfall gut aufgehoben, sie bedürfen aber qualifizierten Schutzes auf der Ebene von Verfassung, von internationalen Übereinkommen, weil sie eben nicht so ohne weiteres mehrheitsdisponibel sind. Grundrechte in diesem Sinne sind daher mehr als nur demokratische Grundrechte, sie sind fundamentaler, sie sind vor allem auch unteilbar.

Natürlich gibt es manchmal Konflikte zwischen einzelnen Grundrechten, denn ich habe den Anspruch, in meiner Integrität geschützt zu werden, auch mit den Mitteln des Staates, so wie ich auch den Anspruch habe, daß meine Integrität nicht mit Hilfe der Mittel des Staates verletzt wird. Das kann manchmal zu konkreten Widersprüchen in den Abläufen führen, das ist ohne jeden Zweifel richtig, aber – und das bitte ich Sie doch zu bedenken – wenn dann Kollege Leikam in seinen Ausführungen hier sagt, zwei Drittel der Österreicher wollen mehr Polizeibefugnisse, stelle ich schon die Frage: Wollen Sie die Grundrechte nach Ergebnissen von Meinungsumfragen umordnen und sortieren oder wollen Sie in bestimmten Fragen des Persönlichkeitsschutzes standfest bleiben, und zwar auch dann, wenn Ihnen ein bestimmter Wind aus den Meinungsumfragen entgegenweht? Das wäre nämlich eine demokratische Verpflichtung der gewählten Vertreter in einer Republik und auch der Mitglieder der Bundesregierung. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen!)

Das Argument, daß zwei Drittel mehr Polizeibefugnisse haben wollen, ist ein sehr unreflektiertes Argument. Man müßte genauer wissen, wie die Fragestellung gelautet hat und so weiter. Ich meine, man sollte etwas behutsamer umgehen mit dem Spielen, mit dem Sich-darauf-Berufen, daß die Mehrheit das oder jenes will, weil es abgetestet sei. Ich meine, das wäre für die Grundrechte ungesund im eigentlichen Sinn des Wortes.

Jetzt zu den konkreten Aspekten, die hier drinstecken. (Abg. Parnigoni: Man darf also gar nicht darüber diskutieren Ihrer Meinung nach?) – Selbstverständlich darf man darüber diskutieren. Man muß sogar über solche Aspekte diskutieren. Das ist sehr wichtig! Hier ist die Politik vielfach gefordert, aber nicht, indem sie solche Anliegen einfach nur aufgreift und umsetzt, sondern indem sie sie aufgreift, erörtert und auf den richtigen Platz stellt. Das ist ein großer Unterschied. Und wenn Kollege Leikam sich darauf beruft, daß zwei Drittel mehr Befugnisse für die Polizei haben wollen, und meint, daß deswegen welche kommen müßten, dann ist das die falsche Begründung. Entweder sie sind notwendig aus bestimmten Gründen oder nicht – das wäre zu diskutieren.

Der Herr Bundesminister hat – eingehend auf ein paar Forderungen der Liberalen, zum Beispiel auf den Aspekt "black box" – interessante Ausführungen gemacht, und ich darf diese jetzt in der Zeitabfolge kurz analysieren.

Es ist uns darum gegangen, auf Möglichkeiten hinzuweisen, die es in modern organisierten Datenverwaltungen gibt, eine zusätzliche externe Kontrolle zu gewährleisten. Ich bringe in Erinnerung: Als der Datenskandal betreffend den mißbräuchlichen Handel durch Mitarbeiter des Ministeriums mit sogenannten Privatdetektiven offenkundig wurde, hat der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit auf die hohe Zahl der Zugriffe und auch auf die Unmöglichkeit, das zu kontrollieren, hinwiesen. Das habe ich noch im Ohr: Es seien viele Tausende Zugriffe, und daher sei es unmöglich, das zu kontrollieren. (Abg. Kiss: 30 Millionen!) Mag sein, es sind 30 Millionen, vielleicht auch mehr. Ich sage Ihnen, diese Zahl der Zugriffe ist in größeren Datenverarbeitungsanlagen Stand der Technik, und selbstverständlich wird dort alles protokolliert.

Der Bemerkung des Herrn Generaldirektors war eindeutig zu entnehmen, daß er aufgrund der Unmöglichkeit der Kontrolle auch gar keine hat durchführen lassen. Das hat uns sehr beunruhigt, und daher waren wir der Meinung: Hier ist ein Mehr an Kontrolle notwendig! Wir haben konkrete Forderungen in den Raum gestellt, zum Beispiel eine unabhängige Kontrolle. Selbst Kollege Kiss hat gerügt, daß es noch nicht einmal eine Innenrevision gibt. Also wäre eine Innenrevision schon ein erster Fortschritt, aber so würde sich die Schlüsselfrage: Wer bewacht die Wächter? nicht beantworten, wir bräuchten überdies auch noch eine unabhängige Kontrolle von außen und eine unabhängige – in dem Fall parlamentarische – begleitende Kontrolle. Die beiden zuletzt genannten Teile fehlen. Es gibt keine Außenkontrolle, und die parlamentarische Kontrolle kann nicht durchgeführt werden, wenn die Informationsflüsse in das Kontrollorgan Ausschuß nicht stimmen.

Heute sagt uns der Herr Bundesminister: Jeder Zugriff ist nachvollziehbar, alles wird protokolliert und drei Jahre lang aufgehoben, daher gebe es diese "black box" schon, das Problem sei in dieser Hinsicht gelöst.

Also entweder hat das bis vorgestern der Herr Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, der uns öffentlich darauf hinwiesen hat, daß all das nicht möglich ist, nicht gewußt, oder der Herr Bundesminister wurde unvollständig informiert. Denn selbstverständlich kann eine Datenverarbeitungsanlage ohne Protokollierung der Abläufe überhaupt nicht funktionieren. Daher war klar, daß es Protokolle gibt.

Die politische Forderung, die wir in den Raum gestellt hatten, war, daß eine Doppelprotokollierung stattfinden möge: eine innerhalb der Anlage und eine innerhalb einer "black box", auf die die Benützer der Datenanlage keinen Zugriff haben, damit man, wenn die externe Kontrolle kommt, in diesen gesicherten Protokollen nachschauen kann, ob nicht möglicherweise eine Manipulation in den Protokollen der Anlage selbst stattgefunden hat. Das ist ein Doppelsystem, das zur verbesserten Kontrolle von Datenabläufen Stand der Technik ist und in technischen Anwendungen regelmäßig eingesetzt wird und vielleicht auch etwas kostet – soll schon sein –, aber das wären Kosten, die zur höheren Ehre der Grundrechte und zu ihrem Schutz nützlich aufgewendet wären. Sollten Sie dafür ein Budgetüberschreitungsgesetz brauchen, unsere Stimmen hätten Sie dafür, Herr Bundesminister. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich halte noch einmal ausdrücklich fest: Heute sagt uns der Herr Bundesminister, daß das schon verwirklicht ist, vorgestern hat der Herr Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit gesagt, daß es nicht möglich ist. Und wenn der Generaldirektor gesagt hat, daß das nicht möglich ist, dann heißt das explizit: Es hat bis heute oder bis gestern gar nicht stattgefunden. Das ist ein unangenehmer Befund in Fragen von Kontrolle. Die Innenrevision gibt es auch nicht. – Zitat Kiss. – Also ich weiß nicht, wie man die Welt so rosig zeichnen kann.

Zum Recht auf Auskunft, auf das man sich beruft: Was habe ich von einem Recht auf Auskunft, wenn derjenige, der mir die Auskunft erteilt, derjenige ist, den ich damit kontrollieren will. Wie kann ich jemals wissen, ob die Auskunft, die er mir erteilt, richtig und vollständig ist, wenn ich mich dabei nicht einer dritten, unabhängigen Stelle bedienen kann? Diese Auskünfte sind zwar gut gemeint und werden häufig vielleicht sogar stimmen, aber ich habe nie die Gewißheit, daß sie stimmen, wenn ich denjenigen befragen muß, von dem ich befürchte, daß er hinter meinem Rücken Daten gesammelt hat. Es ist denkunmöglich, daß das eine befriedigende Auskunft ist.

Dasselbe gilt daher auch für die persönlich möglicherweise durchaus glaubwürdigen Auskünfte des Herrn Exbundesministers Soronics. Wenn Sie bei Ihren Erhebungen niemand anderen fragen als den Betroffenen selbst, ob er sich richtig verhalten hat, und dabei vergessen, daß es eines der Fundamente der Strafrechtspflege in Österreich und in Kontinentaleuropa ist, daß der Beschuldigte selbst in der Wahl seiner Verteidigung frei und daher nicht zur Wahrheit verpflichtet ist, dann sind diese Auskünfte eines in Verdacht Geratenen wertlos. Wenn sie keiner objektiven Drittkontrolle unterworfen werden, sind sie wertlos.

Herr Bundesminister! Wenn Sie sich mit diesen Auskünften zufriedengeben und dann uns in den Oppositionsbänken zurufen, wenn wir mehr wüßten, dann sollten wir es Ihnen sagen, dann ist das unredlich, denn Sie hätten die Instrumente, mehr zu wissen, ohne sich auf die bloße Auskunftsstellung bei den Betroffenen zurückzuziehen. Wenn die beiden Disziplinarfälle in Ihrem Haus nicht auch zur Folge haben, daß auch die Käufer dieser Daten genau untersucht werden, dann werden Sie niemals weiterkommen. (Bundesminister Mag. Schlögl: Sollen wir Hausdurchsuchungen machen?)

Zum Abschluß auch eine Bemerkung zu den Ausführungen des Kollegen Stadler: Das mit dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes geht Ihnen halt nicht aus dem Kopf. Es ist dies eine Stiftung, es ist dies eine wissenschaftliche Einrichtung, die bestimmte Grundanliegen hat, nämlich die Dokumentation des österreichischen Widerstandes, und sie verfolgt auch Zeitdokumente bis in die Gegenwart – aber sie hat keine Geheimakten. Nehmen Sie das zur Kenntnis!

Es mag das, was das Dokumentationsarchiv macht, Ihnen persönlich unsympathisch sein, aber Geheimakten gibt es dort keine. Jeder kann dort jede Auskunft bekommen. Wenn Sie dort Informationen vermuten sollten, die nicht stimmen, dann weisen Sie diese Informationen zurück, aber tun Sie nicht so, als wäre das Dokumentationsarchiv ein Geheimdienst – nur deswegen, weil dort in bestimmten Fragen Leute arbeiten, die in ihrer Gesinnung recht standfest sind (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen), die sich nicht einschüchtern lassen und die möglicherweise auch nicht die gesamten Sektoren der österreichischen Innenpolitik abgrasen, die sich möglicherweise auf demokratiegefährdende Aspekte konzentrieren und nicht auf alles, die möglicherweise auch unvollständige Arbeit leisten, weil sie nicht jede Organisation dokumentieren, die wichtig ist. All das mag ja sein, aber allein daraus eine Einäugigkeit einer Stiftung abzuleiten, die keine öffentliche Einrichtung wie eine Behörde ist, ist steil, das ist eine Vermengung von Ungleichem.

Das wollte ich hier deutlich sagen, denn natürlich ist Gesinnungsschnüffelei, wie Sie es bezeichnen, übel. Wenn allerdings irgend jemand – mein Schlußsatz, Herr Präsident – Schüler zur politischen Wachsamkeit mahnt, dann mahnt er sie nicht zum Schnüffeln, sondern dann ruft er sie auf, Zivilcourage zu zeigen. Und es wäre nützlich, wenn das öfter der Fall wäre. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

17.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Schlögl. – Bitte, Herr Minister.

17.21

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Herr Abgeordneter Kier! Ich möchte es noch einmal wiederholen – vielleicht habe ich mich mißverständlich ausgedrückt, vielleicht ist das, was der Herr Generaldirektor gesagt hat, falsch interpretiert worden –: Faktum ist, daß wir 93 000 Abfragen pro Tag haben, das sind ungefähr 34 Millionen pro Jahr. (Abg. Dr. Kier: Wir haben 200 000 pro Tag!) – Können Sie garantieren, daß jede der 200 000 Abfragen auf ihre Zweckmäßigkeit, auf ihre Sinnhaftigkeit und auf mißbräuchliche Verwendung kontrolliert wird? – Ich weiß es nicht. (Abg. Dr. Kier: Es gibt Matrizen, mit denen man das machen kann!) Ich kann es nicht garantieren. Ich bin aber gerne bereit, alles zu tun, damit das in Zukunft garantiert wird.

Deshalb habe ich zuerst gesagt, Herr Abgeordneter, daß wir alle Abfragen, die es gibt, speichern und daß diese Speicherung drei Jahre lang aufgehoben wird. Das ist für mich eine Art "black box", auf die man jederzeit zurückgreifen und feststellen kann, wer wann angefragt hat. Wieso angefragt wurde, das ist eine Frage, die man noch überprüfen muß. Diese Überprüfung ist natürlich schwierig. Es gibt Situationen oder zum Großteil Situationen, bei denen man im nachhinein jederzeit rückverfolgen kann, wieso angefragt worden ist, weil eben eine Aktenlage vorhanden ist. Aber es kann genausogut sein, daß eine Gendarmeriestreife in der Nacht durch eine dunkle Gasse fährt, dort ein unbeleuchtetes Auto stehen sieht und über das EKIS rückfragt, ob ein Diebstahl vorliegt, ob vielleicht nach dem Auto gefahndet wird oder nicht. Der Gendarmeriebeamte wird sich nach einem halben Jahr oder nach einem Jahr kaum noch daran erinnern, warum er angefragt hat. – Allein daraus ergibt sich schon ein Problem, wenn man die Sinnhaftigkeit und Korrektheit einer Überprüfung, einer Anfrage im nachhinein feststellen will.

Aber trotzdem werden wir uns bemühen, all das jetzt zu machen, und wir haben bereits einige Dinge eingeleitet. Daß das überhaupt aufgedeckt wurde, ist nur aufgrund unseres Kontrollsystems möglich gewesen, weil wir bei einer zufälligen Überprüfung draufgekommen sind, daß es da ungewöhnlich viele Abfragen gibt, die mit der normalen Tätigkeit nichts zu tun haben. – Sie können zu Recht sagen, daß es ein Fehler war, daß das so lange gedauert hat. Darin stimme ich Ihnen zu. Sie können auch zu Recht sagen, daß es falsch war, diesen Beamten damit zu beauftragen, bei Interpol die Datenabfragen durchzuführen, da bei ihm bereits vor zehn Jahren der Verdacht bestanden hat, daß er Daten mißbräuchlich verwendet. Diese Feststellung ist ohne Zweifel richtig, und es war das ein Fehler. Das ist aber zu einer Zeit passiert, nämlich vor zehn Jahren, zu der ich leider – oder zum Glück – noch nicht dafür zuständig war.

Die Maßnahmen, die wir jetzt setzen, Herr Abgeordneter Kier, gehen genau in die Richtung, die Sie fordern.

Erstens: Wir wollen eine Verschärfung der Dienstaufsicht haben.

Zweitens: Wir wollen – das wird auch bereits durchgeführt – eine sofortige händische und stärkere Überprüfung nach dem Zufallsprinzip haben.

Drittens: Wir brauchen einen Zufallsgenerator, der das automatisiert macht.

Viertens: Die Datenschutzkommission wird beauftragt, mit uns gemeinsam weitere Maßnahmen festzusetzen. Nächste Woche beginnen bereits die ersten Arbeiten zwischen der Datenschutzkommission und unseren Leuten in diese Richtung.

Und fünftens: Wir wollen eine Beschleunigung der Abfragen erreichen.

Herr Abgeordneter Kier! Das, was Herr Kollege Kiss fordert, ist etwas ganz anderes. Wir haben im Innenministerium eine Innenrevision, so wie wahrscheinlich alle anderen Ministerien, welche die Beschaffung und andere Dinge kontrolliert. Aber das, was Kollege Kiss haben will, ist folgendes: Er will sozusagen eine Sondereinsatztruppe haben, die bei Verfehlungen von Beamten, wie beispielsweise bei Datenmißbrauch, eingreift. Das soll sozusagen eine Sondereinsatzgruppe machen, die in keiner Art und Weise mit den Beamten, die involviert sind, verbunden ist.

Wir haben das bisher so gelöst, daß wir bei solch heiklen Geschichten keine Beamten aus dem unmittelbaren Bereich genommen haben, sondern von weiter entfernt. Bei der "Datenschutzklaugeschichte" haben wir es so gemacht, daß wir die Oberösterreicher damit beauftragt haben. – Das ist die eine Methode.

Die zweite Methode ist jene des Kollegen Kiss. Ich werde mich auch dieser Methode stellen, und ich werde mit Kollegen Kiss die Diskussion darüber führen. Wir werden vielleicht in diese Richtung gehen. Aber: Eine Innenrevision gibt es bereits, diese hat jedoch nicht die Aufgabe, das zu überprüfen, denn dafür gibt es andere Gremien und andere Institutionen.

Das heißt also, ich drücke mich in keiner Weise vor der Verantwortung für den Datenmißbrauch. Im Gegenteil: Ich bin gerne bereit, alles zu tun, damit wir diesen verhindern können. Immerhin gibt es ständig Anzeigen. Es ist nicht so, daß das bisher der einzige Fall war, bei dem Daten mißbräuchlich verwendet wurden. Es ist in der Vergangenheit bereits eine Reihe von Beamten disziplinär und strafrechtlich verurteilt worden, weil sie Daten mißbräuchlich verwendet haben.

Unsere Aufgabe muß es sein, klar zu durchforsten, ob es notwendig ist, daß wir die Daten in dieser gigantischen Form haben. Es gibt ein paar Dinge, die im EKIS enthalten sind, hinsichtlich derer ich gerne bereit bin, gemeinsam mit der Opposition darüber zu reden, ob das in dieser Form und diesem Umfang notwendig ist.

Zweitens müssen wir alles tun, wenn es moderne Techniken gibt, um zu garantieren, daß wir jede einzelne Abfrage überprüfen können. Ich glaube zwar nicht, daß das möglich ist, aber wenn Sie, Herr Abgeordneter Kier, mir solch eine Möglichkeit anbieten, von der ich glaube, daß sie auch technisch umsetzbar ist, dann bin ich der erste, der dafür ist. Ich werde Sie nächste Woche zu einem diesbezüglichen Gespräch einladen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kammerlander. Die restliche Redezeit Ihrer Fraktion beträgt 5 Minuten. – Bitte.

17.27

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Minister! Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich bin heute hier schon des öfteren zitiert worden und möchte daher die Gelegenheit nützen, einiges dazu zu sagen, wiewohl das, was zitiert wurde, in einem anderen Zusammenhang steht, nämlich im Zusammenhang mit den Ermittlungen und Beobachtungen aus dem Landesverteidigungsministerium, die es angeblich gar nicht gibt, die ich aber schwarz auf weiß, wie Sie wissen, vor mir liegen habe.

Ich möchte durchaus in diesem Zusammenhang, weil sowohl das eine als auch das andere mißbräuchlich geschehen ist, noch einmal auf diesen Mißbrauch zu sprechen kommen, Herr Minister! Sie haben jetzt noch einmal ausgeführt, wie bemüht Sie sind, solchen Mißbräuchen nachzugehen. Wir haben es aber nicht nur mit dem Mißbrauch durch Beamte, die Daten an Privatdetektive weitergegeben haben, zu tun, wir haben es nicht nur damit zu tun, daß frühere Innenminister Unterlagen mit nach Hause genommen haben, sondern wir haben es auch damit zu tun, daß politische Funktionäre dieses Hauses, sowohl Exabgeordnete als auch Abgeordnete der Freiheitlichen Partei, aus polizeilichen Unterlagen, die die Geheimsphäre, die Privatsphäre des einzelnen verletzen, hier ungeniert vorlesen können.

Im konkreten Fall hat es einen Bericht gegeben – Sie kennen die Geschichte –, in der Zeitschrift "TOP", des früheren Abgeordneten Pretterebner, in dem ein Faksimile veröffentlicht und auch mein Name in irgendeinem Zusammenhang – ich weiß gar nicht mehr, was es war – gebracht wurde; ich hatte damit nämlich tatsächlich nichts zu tun. Sie haben uns damals in einer Anfragebeantwortung, die wir gestellt haben, bestätigt, daß es sich bei dieser Veröffentlichung um eine Verletzung des Amtsgeheimnisses handelt und daß entsprechende Ermittlungen eingeleitet werden. Nun entnehmen wir einer Anfragebeantwortung von Ihnen, die Sie meinem Kollegen Öllinger gegeben haben, daß in der Tat in diesem Fall Ermittlungen eingeleitet wurden. Doch muß dazugesagt werden, daß das ganze jetzt schon ein Jahr dauert.

Was schließe ich daraus? – Es gibt offensichtlich – das geben Sie hiemit zu – in Ihrem Ministerium die Gewohnheit, daß bestimmte politische Funktionäre ungeniert von polizeilichen Unterlagen und von Akten Gebrauch machen können und darin Einsicht nehmen können, obwohl es sich um Dinge handelt, die eigentlich unter Verschluß liegen müßten. Welche Lehre ziehe ich daraus und aus dieser Debatte? – Mein Vertrauen und das Vertrauen wahrscheinlich einiger Staatsbürger und Staatsbürgerinnen in diesem Land ist, wenn es um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit geht, sehr eingeschränkt. Und genau das ist der Punkt.

Sie haben auf die Fragen 3 und 10 unserer Dringlichen Anfrage, nämlich womit Sie es begründen, wenn nun in Zukunft seriöse Firmen auch Auskunft bekommen werden, mit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit geantwortet. Sie wissen aber, daß genau diese Frage hinsichtlich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, vor allem wieweit Sie veranlaßt sein können, diesbezüglich Untersuchungen anzustellen, eine etwas verschwommene Grenze mit sich zieht.

Sie können nur dann diese Untersuchungen anstellen, wenn gerichtlich strafbare Handlungen anstehen oder vorliegen. Und genau darum geht es. Diese Definitionsbreite, die sich daraus ergibt, gibt uns wieder Anlaß nicht nur zu Vorsicht und Skepsis, sondern auch zu Mißtrauen, Mißtrauen aus der Vergangenheit, auch wenn Sie darauf Bezug nehmen, daß das in Zukunft nicht mehr möglich sein sollte.

Diese Beispiele zeigen einiges auf, insbesondere jenes Faktum, das ich erwähnt habe, aber auch Antworten, die Sie gegeben haben, bis hin zu der Übergangsregelung, die gilt, bis ein Militärbefugnisgesetz in Kraft tritt, und mit der es möglich ist, daß Sie solche Erkenntnisse der Landesverteidigung zur Verfügung stellen. Es ist schon ausgeführt worden, daß es keinen gesetzlichen Rahmen dafür gibt. Wer garantiert mir als Staatsbürgerin, was Sie da weitergeben? Ich weiß es nicht einmal! Sie sagen auf die Frage, ob diese Personen vom Mißbrauch informiert werden: Derzeit nicht! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Schlögl.)

Herr Minister! Warum machen Sie nicht von der Möglichkeit, die Sie als Minister haben, nämlich diese Personen zu informieren, Gebrauch? Diese Personen haben meiner Meinung nach ein Anrecht darauf.

In dieselbe Richtung Ihrer sehr verhaltenen Antworten geht auch die Nichtbeantwortung unserer Fragen, die mit den sogenannten transatlantischen Beziehungen und mit Echolon zu tun haben. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme schon zum Schluß, Herr Präsident.

Es ist verständlich, daß Sie nicht im Detail darauf Antwort geben können, aber Ihre persönliche Meinung dazu, vor allem im Lichte der Debatte über dieses Polizeibefugnisgesetz oder Sicherheitspolizeigesetz, die wir hier führen, hätte uns sehr wohl interessiert und wäre relevant gewesen. (Beifall bei den Grünen.)

17.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Achs. – Bitte.

17.33

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die beiden kleinen Oppositionsparteien haben von einer massiven Bedrohung der Bürgerrechte gesprochen und kritisieren die Entwürfe für ein neues Sicherheits- und Militärbefugnisgesetz. Sie sprechen von einem "Überwachungsstaat" und von "Datenklau". Der Verdacht, daß Daten weitergegeben wurden, hat sich leider bestätigt. Und vom Herrn Innenminister haben wir soeben gehört, daß beim ersten Verdacht sofort gehandelt und rasch reagiert wurde und die beiden Beamten suspendiert wurden – zumal persönliche Fehlleistungen einzelner Beamter dem Ansehen der gesamten Exekutive schaden.

Man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, daß von den 27 000 zugriffsberechtigten Beamten 99,9 Prozent ihre Arbeit gewissenhaft erfüllen und nicht käuflich sind. Es gibt im Bereich des Innenministeriums derzeit täglich 93 000 Anfragen, was – hochgerechnet – 34 Millionen Anfragen im Jahr entspricht. Wie wir wissen, wird sich diese Zahl auf 40 Millionen Anfragen im Jahr erhöhen.

Man kann aber meines Erachtens nicht, wie dies Kollege Kier gegenüber der APA ausgedrückt hat, von einem regelrechten Datenschwarzmarkt mit Fixpreisen für Computerauskünfte sprechen. Mir erscheint die Entscheidung, daß ab Mitte des nächsten Jahres in der EDV-Abteilung nach dem Zufallsprinzip stichprobenartige Kontrollen durchgeführt werden, wichtig und notwendig, denn somit kann niemand mehr sicher sein, ob nicht gerade sein Zugriff zu den Daten stichprobenartig kontrolliert wird. Bei 34 Millionen Datenabfragen kann man aber auch künftig den einen oder anderen Amtsmißbrauch nicht ausschließen.

In der Dringlichen Anfrage wird nicht bestritten, daß die Gesamtkriminalität gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen ist. Es wird jedoch beklagt, daß die sicherheitspolizeilichen Befugnisse zur Überwachung der in Österreich lebenden Bürgerinnen und Bürger ständig ausgeweitet werden. Meine Damen und Herren! Wie sieht die Realität aus? Was verlangen und wünschen sich die Österreicher? – Sie wollen in einem Land leben, in dem ihre persönliche Sicherheit gewährleistet ist, sie wünschen sich, daß ihnen der Staat Schutz und Sicherheit bietet, und da können wir auf eine gut ausgebildete und ausgerüstete Exekutive verweisen.

Wir haben rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und schon unter Minister Löschnak hier im Hohen Haus die Sicherheitsmilliarde beschlossen, wodurch es möglich wurde, daß mehr Exekutivbeamte beschäftigt und die Ausrüstung und Ausstattung verbessert werden konnten.

Warum ist all das notwendig geworden, meine Damen und Herren? – Weil sich im Sicherheitsbereich in Europa, ja auf der ganzen Welt sehr viel verändert hat. Es sind Strukturen aufgebrochen und Systeme zerfallen. Die Menschen in den davon betroffenen Ländern sind mobil geworden, Millionen von Menschen haben ihre Heimat verlassen, teils weil sie den politischen Druck in ihren Ländern nicht mehr ausgehalten haben, zum überwiegenden Teil aber deswegen, weil sie sich im Westen bessere wirtschaftliche Verhältnisse und Lebensbedingungen erwartet haben.

Die organisierte Kriminalität hat die Exekutive vor neue Herausforderungen gestellt. Mit den herkömmlichen Methoden kann man dem neuen Bandentum nicht mehr begegnen, weshalb Polizei und Gendarmerie gezwungen sind, sich mit neuen Mitteln dieser internationalen Herausforderung zu stellen.

Es ist aber auch notwendig, daß die Befugnisse der Exekutive erweitert werden, damit sie ihre Aufgaben erfüllen kann, wobei die strenge rechtsstaatliche Kontrolle sichergestellt sein muß. Ich glaube den Aussagen des Herrn Bundesministers, daß er sich jeder Aushöhlung des Rechtsstaates entschieden entgegenstellt und daß es seit Inkrafttreten des Gesetzes über die erweiterten Ermittlungsbefugnisse, Lauschangriff und Rasterfahndung, zu keiner Ausdehnung polizeilicher Befugnisse gekommen ist.

Meine Damen und Herren! Ich sage daher ein klares und eindeutiges Ja zur österreichischen Exekutive. Und wenn man ein klares und eindeutiges Ja zur Exekutive sagt, hat man auch ein klares und eindeutiges Ja zu modernen und zeitgemäßen Gesetzen zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

17.39

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Dringliche Anfrage der Grünen beginnt mit einem Zitat des ehemaligen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes Adamovich. Sie können es nachlesen, wenn Sie wollen, Sie können aber auch alle 22 Seiten dieser Dringlichen Anfrage studieren – ich kann Sie aber beruhigen: Es steht nichts Neues drinnen, es steht nichts Wesentliches drinnen, und Sie werden beim Durchlesen nicht gescheiter! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte ebenfalls mit einem Zitat beginnen, nämlich mit einem unseres Klubobmanns Khol, der – und dies ist sehr vernünftig – gesagt hat: Wenn der Verbrecher mit einem Porsche fährt, dann kann die Exekutive nicht mit einem VW fahren. Ich glaube, in diesem Zitat ist alles enthalten, was mit Waffengleichheit zwischen Verbrecher und Exekutive gemeint ist. Übersetzt heißt das, meine Damen und Herren: Wenn die Verbrecher, wenn die organisierte Kriminalität, wenn die Mafia, wenn die internationalen Banden ihre Verbrechen und ihre Kriminaldelikte mit modernsten elektronischen Hilfsmitteln durchführen, dann können diese nur bekämpft werden, wenn es Waffengleichheit gibt, wenn die Waffen des Rechtsstaates zumindest jenen der Verbrecher ebenbürtig sind.

Ich gebe Ihnen recht, meine Damen von den Grünen – Herren sind momentan keine anwesend –, wenn Sie Bedenken gegen Mißbrauch haben. Bedenken sind bei solchen Gesetzen immer notwendig und richtig. Ich gebe Ihnen recht, wenn Sie befürchten, daß da oder dort im wörtlichen oder übertragenen Sinn über das Ziel geschossen werden kann. Ich gebe Ihnen recht, wenn Sie Vorfälle, die passiert sind, aufzeigen, als beispielsweise zwei Beamte aus dem Innenministerium – gewerbsmäßig, möchte ich sagen – Daten verkauft haben. Aber ich gebe Ihnen nicht recht, wenn aufgrund von Waffenungleichheit Verbrechen nicht bekämpft, verhindert oder aufgeklärt werden können. Ich gebe Ihnen nicht recht, wenn Sie moderne Fahndungsmethoden verhindern und ablehnen wollen. Und ich gebe Ihnen überhaupt nicht recht, wenn die Täter mehr Rechte als die Opfer bekommen sollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! In einem modernen demokratischen Rechtsstaat heißt es: Opfer vor Täter. In einem modernen demokratischen Rechtsstaat heißt es: Opferschutz vor Tätersympathie. Und es gilt: Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten! (Beifall bei der ÖVP.)

Bei der Überwachung, bei den modernen Fahndungsmethoden haben wir Filter eingebaut. Wir haben Filter eingebaut für den Lauschangriff, für die moderne Überwachung, für die Rasterfahndung, die nur unter richterlicher Erlaubnis und bei mit besonders hohen Strafen bedrohten Delikten durchgeführt werden kann. (Abg. Scheibner: Wer’s glaubt!) – Sie sagen: Wer’s glaubt! Deshalb ist es notwendig, daß eine entsprechende Kontrolle gegeben ist. (Die Abgeordneten Jung und Scheibner: Richtig! Richtig!) Aber das heißt nicht, daß der Nicht-Glaube Kontrolle verhindern soll. (Abg. Jung: Können Sie das erklären?) – Sie müssen mir erklären, was Sie meinen. Sie haben überhaupt ab und zu sehr erklärungsbedürftige Einwände, denen niemand so recht folgen kann. Aber wir können uns dann draußen ein bißchen darüber unterhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es gibt in der Bevölkerung ein Rechtsempfinden und ein Sicherheitsempfinden. Das ist auch angesichts der Daten und der organisierten Verbrechen, die immer mehr um sich greifen, sehr groß.

Kollege Spindelegger hat in seiner Rede die organisierten Einbrüche angeführt. Meine Damen und Herren! Ich erzähle Ihnen einen Fall aus meiner Heimatstadt Grieskirchen, wo ein Fotogeschäft dreimal in der Nacht total "ausgeräumt" wurde. Die Diebe haben alles mitgenommen. Jetzt muß man den Ärger des Besitzers bedenken. Es sind auch die höheren Prämien, die wir alle für Versicherungen zu bezahlen haben, nicht zu vergessen! Denn wenn es um Einbruchdiebstahl geht, sind nämlich nicht nur die einzelnen betroffen, sondern über die gesamte Risikogemeinschaft werden mit der Zeit auch die Versicherungsprämien steigen.

Man ist draufgekommen, daß es sich dabei um eine zehnköpfige polnische Einbrecherbande gehandelt hat, die Gott sei dank durch die Exekutive gefaßt wurde. (Abg. Scheibner: So etwas sagt man nicht! – Abg. Aumayr: Ausländerfeindlich!) Die Exekutivbeamten haben gesagt, daß das nur ein kleiner Teil dieser hundertköpfigen Bande ist, die durch Österreich zieht und gewerbsmäßig einbricht, organisiert einbricht, mit modernsten Mitteln und modernsten Geräten einbricht. Und diese Bande gehört mit solch modernen Geräten bekämpft, die auch sie anwendet. Deshalb: Waffengleichheit für unsere Exekutive! (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt weltweit ein Sicherheitsbedürfnis. Sie brauchen sich nur die Wahlergebnisse anzuschauen. Schauen Sie nur nach New York! Voriges Jahr hat Bürgermeister Giuliani, der New York vom organisierten Verbrechen "gesäubert" hat, sensationell gewonnen. Schauen Sie andere Staaten an, die die Sicherheit in den Vordergrund gestellt haben! Ich denke etwa an Südtirol, an Bayern. Denken Sie daran, wie die Sicherheit von der dortigen Bevölkerung bewertet wird, nämlich bei der Abstimmung am Wahltag.

Das heißt, wir haben es dabei mit einer ganz sensiblen und für die Bevölkerung sehr wichtigen Materie zu tun. Wir haben die Verpflichtung und das Recht, danach zu trachten, daß diesem Sicherheitsbedürfnis durch geeignete Maßnahmen zum Recht verholfen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Minister! Mißbrauch – darin sind wir alle uns einig – gehört bekämpft. Der Emmentaler im Innenministerium, der hier oder dort zweifellos gegeben ist, soll durch geeignete Enzyme in einen Hartkäse umgewandelt werden. (Abg. Dr. Fekter: Äh! – Abg. Kiss: In einen Grieskirchner!) – In einen Tiroler Bergkäse, wenn man ihn schon so bezeichnet! (Beifall bei der ÖVP.)

Damit meine ich einen wirksamen Kontrolldienst und Schutz, der verschiedenartig sein kann. Wir diskutieren über eine Kontrollinstanz, die außerhalb der Beamtenschaft steht, die selbst operiert. Sie haben das zuerst erwähnt. Ich glaube, daß das ein gangbarer Weg wäre.

Herr Bundesminister! Wir haben bei allen menschlichen Bedürfnissen – dort, wo Menschen beisammen sind, menschelt es – kein Verständnis, wenn organisiert, gewerbsmäßig Daten weitergegeben werden oder so, wie in Salzburg, beauftragt Daten besorgt werden. Wir alle wissen, daß es Mißbrauch gibt, daß immer wieder etwas passieren kann. (Abg. Jung: Soronics!) Ich möchte Ihnen persönlich keinen Vorwurf machen, Herr Bundesminister, ich möchte Sie nur auffordern, alles daranzusetzen, daß im Zusammenhang mit diesen Befugnissen beim Sicherheitspolizeigesetz, das beschlossen werden soll, daß im Zusammenhang mit Rasterfahndung, Lauschangriff und so weiter sichergestellt ist, daß Mißbrauch möglichst unterbunden ist, sodaß die Bevölkerung nicht nur in die Sicherheit Vertrauen haben kann, sondern auch in die Sicherheitskontrollen im Innenministerium. (Beifall bei der ÖVP.)

17.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

17.47

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Nach diesem Ausflug in die Automobil- und Käsereiwirtschaft zurück zur Dringlichen Anfrage. Die Grünen nehmen es nicht mehr so ernst. Die letzten Getreuen, die jetzt noch hier sind und die Diskussion über ihre eigene Dringliche Anfrage verfolgen, lesen Zeitung.

Ich glaube, es hat sich auch gezeigt – einige Vorredner haben das auch schon dargelegt –, daß bei den Grünen in solchen Dingen immer wieder eine doppelbödige Haltung zu verzeichnen ist. Auf der einen Seite hat man ein gesundes – oder wohl eher krankes – Mißtrauen gegenüber dem Polizeiapparat – vor allem dann, wenn es darum geht, ihre Sympathisanten in Schutz zu nehmen. Ich sage nur: Purtscheller, ich sage nur: verschiedene Aktivitäten in der "berühmten" Wielandgasse im X. Wiener Bezirk oder etwa die "berühmte" Aktionsgemeinschaft der Schottengasse und so weiter.

Aber auf der anderen Seite wartet man vergeblich auf derartige Argumente und Wehklagen, Frau Kollegin Kammerlander, wenn etwa im Zuge irregeleiteter Ermittlungen, und zwar politisch irregeleiteter Ermittlungen in der Briefbombenaffäre, 80jährige Leute observiert werden, bei 80jährigen Leuten Hausdurchsuchungen stattfinden – nur deshalb, weil sie eine Zeitung abonniert haben. (Abg. Mag. Kammerlander: Nichts als Anschüttungen! Das ist Ihre einzige Art, argumentieren zu können! Nichts als Anschüttungen!) Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Kammerlander! Dazu würden wir uns auch Ihr mahnendes Wort, Ihre Stimme und Dringliche Anfragen von Ihnen erwarten, denn dann wäre das glaubwürdig. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Mag. Kammerlander.)

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Für uns ist das ganz klar: Alles, aber wirklich alles, was möglich ist, für eine taugliche und offensive Verbrechensbekämpfung! (Abg. Mag. Kammerlander: A la Pretterebner?) – Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Kollegin Kammerlander, stehen wir dazu, daß jeder, der in diesem Staat ein Verbrechen verübt, damit rechnen muß, daß der Staat gegen ihn vorgeht, und daß modernste Mittel zur Verfügung stehen, um Verbrechen zu bekämpfen. Deshalb bin ich sehr dafür, daß etwa die DNA-Untersuchungen durchaus auch flächendeckend ausgeweitet werden. (Abg. Mag. Kammerlander: Das ist eindeutig Mißbrauch!) Das ist, so glaube ich, eine sehr taugliche Maßnahme, um auch in Zukunft – vor allem im Bereich der Sexualdelikte – der Verbrecher rasch und effizient habhaft zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Innenminister! Auf der anderen Seite ist es genauso wichtig, daß die Kontrolle im sensiblen Bereich der Überwachungen und vor allem auch der präventiven Überwachungen funktioniert. Und ich meine, daß da noch nicht alles zum Besten steht. Nur ein Beispiel: etwa die parlamentarische Kontrolle der Staatspolizei und auch der Heeres-Nachrichtendienste. In jedem Staat, der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hochhält, gibt es einen funktionierenden parlamentarischen Apparat, der alle Vorgangsweisen – er ist der Verschwiegenheit verpflichtet – in diesem Bereich wirkungsvoll und effizient kontrollieren kann. Was im österreichischen Parlament bei beiden Diensten eingerichtet ist, ist eine Farce. Sie wissen das ganz genau, Herr Innenminister!

Wir stellen dort Fragen wie in einem normalen Ausschuß, bekommen irgendwelche lapidaren Antworten, die überhaupt nichts mit geheimen oder tatsächlichen Informationen zu tun haben, die Kontrollmöglichkeiten ergeben würden, und diese nichtssagenden Informationen sind dann auch noch geheim. Dann wird darüber diskutiert, was man aus diesen Informationen machen kann. Da wären wir im Hohen Haus gefordert, einmal eine effiziente Kontrolle einzurichten und die Sinnhaftigkeit dieser Ausschüsse zu überdenken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

17.51

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich fasse mich kurz, es ist nicht viel Zeit, auf die Ausführungen meine Vorredner einzugehen.

Herr Innenminister! Sie haben vorhin gesagt, daß Sie allen Hinweisen nachgehen werden, die mißbräuchliche Verwendungen aufzeigen, und haben das im Zusammenhang mit der Soronics-Affäre ziemlich flapsig abgetan. In diesem Fall wurden – das müssen Sie auch wissen, wenn Sie den Fernsehbericht gesehen haben – ganz eindeutig Akten, und zwar Originale, von diesem Herrn einbehalten, die er dort in unverständlich ungeschickter Weise vorgezeigt hat. Das wäre nachzuverfolgen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Herr Soronics der einzige war, der das gemacht hat, er war vielleicht der Ungeschickte, der es vorgezeigt hat. Es waren eindeutig Geheimakten, und man müßte nachsehen, ob dieser Mißbrauch nicht auch unter anderen Ministern stattgefunden hat. (Zwischenruf des Abg. Kiss.) – Regen Sie sich nachher auf, ich habe jetzt leider keine Zeit, darauf einzugehen!

Wenn wir schon bei den Krokodilstränen sind, Herr Minister: Sie haben betrauert, daß das Militärbefugnisgesetz noch nicht da ist. Gerade jener Bereich der militärischen Dienste, die am meisten kritisiert werden, ist das Abwehramt. Zu diesem hat gerade Ihre Partei sehr gute Beziehungen. Ich erinnere mich daran, daß vor nicht allzu langer Zeit – im Zuge der Zilk-Affäre war es – ranghohe Beamte des Abwehramtes, unter ihnen der unselige Herr Feldmann, wenn ich richtig gesehen habe, in den Klub der SPÖ gewandert sind. Also es bestehen durchaus gute Kontakte. Herr Feldmann ist auch in reger Korrespondenz mit Ihrem Klubobmann. Die Probleme müssen Sie dann woanders anbringen. Sie haben einen direkten Draht dorthin. (Abg. Dr. Kostelka: Er war bei Ihnen auch bereits in der Fraktion!)

Nun zu Aufnahmen, Filmen und Kamera-Kritik von seiten der Grünen: Demonstrationen werden aufgenommen – demonstrare: sich zeigen. Zweck ist, sich bei solchen Demonstrationen zu zeigen. Man scheut sich ja auch nicht, den ORF anzurufen, damit man ins Fernsehen kommt. Und was ist denn daran schlimm, wenn durch Aufnahmen des Innenministeriums aufgezeigt wird, daß einer gegen ein Auto tritt, einen Kotflügel ruiniert oder eine Auslage einschmeißt, Frau Kammerlander, oder verteidigen Sie die Kriminellen? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kammerlander: Entschuldigen Sie, aber Sie haben keine Ahnung vom Grundrecht! Keine Ahnung! Das ist ja ungeheuerlich!) – Ungeheuerlich ist das, was Sie verlangen, nämlich daß Kriminelle gedeckt werden.

Nun zu Ihrem Papier, in dem Sie sagen, es sei nicht nachvollziehbar, warum neue Maßnahmen gefordert werden. (Abg. Mag. Kammerlander: Ein Bürgerrecht ist das! Sie haben eine Gesinnung! Das ist schrecklich!) Sie sind deswegen notwendig, weil es eine neue Form der Kriminalität gibt, eine ungeheuer gefährliche Form der Kriminalität, die Sie leugnen. Und da gibt es zweifellos Fehler im österreichischen System. Diese Mißstände sind technischer Art, im Innenministerium sind sie methodischer Art, und sie sind organisatorischer Art. Im Innenministerium glaubt man, nur durch die Beschaffung von Gerät Kompetenz erwerben zu können. Das ist zu wenig, Herr Minister! (Rufe und Gegenrufe zwischen der Abg. Mag. Kammerlander und den Freiheitlichen.)

Wenn Ihnen Ihre Beamten das einreden, dann täuschen sie sich. Man kann nicht jahrzehntelange Erfahrung erwerben. Hier wäre Kooperation anstelle kleinlicher Streitereien im internen Bereich angesagt.

Das gleiche betrifft, Herr Bundesminister, auch andere Bereiche der Zusammenarbeit, denn die Kriminalität ist international. Es ist internationale Zusammenarbeit notwendig, und es ist die Zusammenarbeit der Behörden untereinander notwendig. Man wird darüber nachdenken müssen, ob es nicht neuere und bessere Wege der notwendigen – denn sie sind notwendig – Nachrichtendienste gibt. Daß wir Probleme wegen der Staatspolizei von früher haben, ist ein anderes Kapitel.

Es geht im wesentlichen aber auch – das muß abschließend auch gesagt werden – um eine bessere Kontrolle. Denn diese liegt bei uns im argen, und um diese geht es. Es soll nicht nur eine Kontrolle sein, denn diese Ausschüsse sollten in diesem Rahmen eigentlich auch über die Arbeit der Dienste informiert werden. Denn würden sie über die Arbeit der Dienste informiert, dann wäre viel von den unsinnigen Vorurteilen, die immer wieder gebracht werden, vom Tapet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Die restliche Redezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte.

17.54

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Grünen haben Ihre Anfrage in zwei Teile untergliedert: I und II. "I. Inland im engeren Sinn": Meine Vorredner haben sich damit auseinandergesetzt, ich werde nicht darauf zu sprechen kommen.

Nur eine Bemerkung zum Herrn Innenminister: Er hat erklärt, seinerzeit bei der Einführung von Lauschangriff und Rasterfahndung seien die Vorstellungen der Opposition berücksichtigt worden. – Nur in einer bestimmten Phase vor der Beschlußfassung hat man uns gegenüber erklärt, das könne man alles machen. Aber gekommen sind dann Rudi Machacek als Rechtsschutzbeauftragter und die Befristung, die niemand ernst nimmt. Machacek möge es mir verzeihen: Er ist ein Feigenblatt in diesem Zusammenhang und nicht mehr, und die Befristung ist eine Alibihandlung.

Jetzt zu meinem eigentlichen Thema: Bitte unterziehen Sie sich der Mühe – es ist tatsächlich mühsam, ich möchte das dem Autor gegenüber nicht geringschätzig sagen – und lesen Sie den umfangreichen Teil II der Beschwerde! Er ist außerordentlich aufschlußreich. Er zeigt, daß alles, was im Teil I steht, womit wir uns jetzt stundenlang auseinandergesetzt haben, eigentlich ein Schmarren ist, ein echter Schmarr’n im Vergleich zu dem, was international bereits über uns hereingebrochen ist.

Die Amerikaner hören – das ist völlig unbestritten, alle Insider wissen das, und es ist Gegenstand von Papieren, die in diesem Teil II zitiert werden – alles an Telefongesprächen, alles, was an Fax unterwegs ist, alles, was mit E-Mail unterwegs ist, auf der ganzen Welt ab. Mit Schlüsselwörtern holen sie sich heraus, was sie brauchen. Der Vorwand ist die Bekämpfung des Terrorismus, die Bekämpfung der Kriminalität, aber sie machen das ein wenig nach ihrer traditionellen Cowboy-Manier und achten darauf, daß sie wirtschaftlich nicht zu kurz kommen.

Es ist so, daß sie sich durch dieses umfangreiche Wissen einen Wettbewerbsvorteil in Bereichen der Wirtschaft verschaffen, der nicht zu unterschätzen sind, der immer gleich in Milliarden-Dollar-Höhe pro Anlaßfall geht und mit maßgeblich dafür sein soll, daß sich die Vereinigten Staaten derzeit wirtschaftlich gar so leicht tun.

Mir ist ein Fall aus meiner Praxis bekannt, daß im österreichischen Bereich von diesen AWACS-Maschinen, von diesen Spionagemaschinen, die angeblich unterwegs sind, um in Bosnien nach dem Rechten zu sehen, in die Datenbanken österreichischer Wirtschaftsbetriebe geschaut wurde. Die Maschinen, die wie Verkehrsmaschinen ausschauen, die ein merkwürdiges Gestell oben haben, werden dazu verwendet, elektronisch in die zivilen Datenbanken auch – unter Anführungszeichen – "neutraler" Länder wie Österreich zu schauen. Das muß man alles wissen, das muß man berücksichtigen!

Das ist die Globalisierung, meine Damen und Herren! Das sind die Auswirkungen der Globalisierung, wie wir sie zur Kenntnis nehmen müssen. Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät, daß wir uns doch nach Kräften dagegen wehren können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte über die Dringliche Anfrage beendet.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4619/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächstes gelangen wir, wie angekündigt, zur Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit der Ordnungszahl 4619/AB.

Die entsprechende Anfragebeantwortung ist in schriftlicher Form verteilt worden, sodaß sich eine Verlesung erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Sie wissen, daß nach § 57a GOG kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf – mit Ausnahme des Begründers. Der Erstredner oder die Erstrednerin hat zur Begründung eine Redezeit von maximal 10 Minuten.

Frau Abgeordnete Dr. Schmidt wird als Antragstellerin des Verlangens die Debatte eröffnen. – Bitte.

17.59

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute eine Debatte über eine schriftliche Beantwortung einer Anfrage der Liberalen beantragt, weil wir enttäuscht waren – das ist der wohlwollende Ausdruck, Frau Ministerin –, daß aus Ihrer Beantwortung nicht hervorgeht, daß Sie einerseits spüren, in welcher Situation die Menschen sind, die von diesen Maßnahmen, über die ich gleich reden werde, betroffen sind, und daß Sie andererseits aber offenbar noch immer davon ausgehen, daß Datenschutz in Österreich funktioniert. Wir haben noch Zeit, etwas zu verhindern, das vor der Türe steht. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf ein bißchen dahin zurückblenden, als die Liberalen diese Frage aufgegriffen haben: Wir haben Ende Juli in Erfahrung gebracht, daß das AMS Testinstitute sucht; Testinstitute, um die fachliche, gesundheitliche, aber auch psychische Qualifikation von Menschen zu testen, die arbeitslos sind und daher zum AMS kommen, um Arbeit zu bekommen und von ihm vermittelt zu werden.

Bei diesen Ausschreibungsunterlagen sind uns verschiedene Dinge aufgefallen, die uns erschreckt haben. Bei den abzutestenden Aspekten werden zum einen gesundheitliche Voraussetzungen erwähnt. Da ist zum Beispiel folgendes anzugeben: Feststellung gesundheitlicher Einschränkungen, Schädigungen am Bewegungs- und Stützapparat, Allergien, psychiatrisch diagnostizierte Erkrankungen, Suchterkrankungen und ähnliches mehr, wobei man weiß, daß das Arbeitsrecht glücklicherweise insofern einen Schutz der Privat- und Intimsphäre vorsieht, als dem Arbeitgeber die Konkretheit bestimmter Krankheiten nicht anzugeben ist.

Da wird etwas abgefragt, und dann wird großartig dazugeschrieben: Die Ausführungen zu diesem Punkt werden nur der Vollständigkeit halber erwähnt und dienen ausschließlich zu Ihrer Information. – Ich sagte schon vorher, was davon zu halten ist. Welche "Sicherheit" da gegeben ist, ist ja bekannt.

Das alleine war es aber noch nicht, obwohl das schon schlimm genug wäre. Dann kommen noch die zu erfassenden Eigenschaften wie allgemeine Intelligenz, Lernfähigkeit, Gedächtnis, formal-logisches Denken, Fähigkeit zum Strukturieren, Verläßlichkeit, Streßresistenz, Verträglichkeit und ähnliches mehr. Darunter steht zu lesen: Sämtliche erhobene Daten gehen in den Besitz des AMS Wien über.

Das, Frau Ministerin, hat uns dazu veranlaßt, einmal in der Öffentlichkeit Alarm zu schlagen, weil hier von Menschen in einer bestimmten Situation, nämlich in einer Streßsituation, Daten angefertigt werden, die sie in ein Eck stellen, aus dem sie nie wieder herauskommen. Man muß sich einmal die psychische Lage jemandes vorstellen, der noch dazu langzeitarbeitslos ist, sich Tests unterziehen zu müssen. Aus diesem Augenblickszustand heraus werden Daten festgehalten, diese werden noch dazu beim AMS gespeichert, und davon wird abhängig gemacht, wie künftig mit diesem Menschen umzugehen ist und ob er noch für einen bestimmten Arbeitsplatz geeignet ist. Das ist die Betonierung einer schlechten Ausgangslage eines Menschen und nicht das Geben einer Chance.

Nachdem wir in die Medien gegangen sind, haben sich bei uns eine Menge Leute gemeldet. Das hat uns bestätigt. Es hat sich zum Beispiel ein arbeitsloser Akademiker gemeldet, der erzählt hat, daß er eine Therapie gemacht hat und daß seine Beraterin dann gesagt hat, er solle ein neurologisches Gutachten beibringen, denn ansonsten werde man sich bei der Weitergewährung der Notstandshilfe etwas überlegen müssen.

Eine andere Arbeitsuchende hat einen AMS-Kurs gemacht und war dort vielleicht nicht so brav, wie man es eben von Menschen, die in einer Situation sind, in der sie auf andere angewiesen sind, erwartet, nämlich daß sie schön still und brav sind und nicht widersprechen. Diese Frau war – das gibt sie selber zu – ein "bisserl renitent", wie sie es selber ausdrückt, worauf die Kursleiterin zu ihr gesagt hat, sie solle ein wenig ruhig sein, denn mit Vorstrafen sei das Pochen auf eigene Rechte sowieso nicht angebracht. – Soweit zum Datenschutz.

In dieser Situation haben wir dann erfahren, daß das Rote Kreuz ohnehin schon seit eineinhalb Jahren derartige Tests durchführt, und zwar mit Unterstützung des AMS. Nachdem wir das an die Öffentlichkeit gebracht hatten, hat sich – das ist ja noch bemerkenswert, wenn auch eine späte Einsicht – der Wiener Landesgeschäftsführer des AMS, Herr Klaus Werner, gemeldet und hat gesagt: Er hat das Rote Kreuz angewiesen, derartige Tests nicht mehr durchzuführen, weil eine Vermischung von Untersuchungen – jetzt auf einmal! – nicht mehr zulässig erscheint. – Ich teile seine Meinung, interessant ist nur, daß er erst aufgrund des Öffentlichmachens zu dieser Einsicht gekommen ist.

Dann haben wir Liberale gleich am ersten Plenartag an Sie, Frau Ministerin, eine Anfrage gerichtet, weil uns einerseits die Freiwilligkeit dieser Tests, wie sie in den Medien geschildert wurde, nicht glaubwürdig erschien – und immer noch nicht glaubwürdig erscheint – und weil wir andererseits Sorge hatten, welche Daten, und zwar sensible Daten, hier gesammelt werden, die sich dann beim AMS befinden – und das alles im Lichte sämtlicher Maßnahmen, die dieses Hohe Haus mit seinen Mehrheiten ständig beschließt: von Lauschangriff über Rasterfahndung bis hin zu einem bevorstehenden Sicherheitspolizeigesetz, mit all den Lücken, die wir kennen, und mit all den Durchlässigkeiten, die dann eine Persönlichkeitsschicht betreffen, von der wir einmal gesagt haben, daß sie geschützt gehört.

Und dann, Frau Ministerin, geben Sie uns eine Antwort – und diese ist der Grund, warum wir heute darüber reden wollen –, in der Sie sagen:

"Die beabsichtigten Testungen sind freiwillig und stehen in keiner Verbindung zur Beurteilung der AlVG-Leistungen. Die Teilnahme oder Verweigerung eines Tests hat daher keine Auswirkungen auf den weiteren Leistungsbezug, sondern dient der Beurteilung der Adäquatheit der angebotenen oder gewünschten Schulungen."

Frau Ministerin! Daß das eine Formalantwort ist, wie man sie dauernd bekommt, weiß man ja, aber wenn wir eine parlamentarische Anfrage in der Sensibilität dieser Frage an Sie richten, hoffen wir, daß Sie die Situation dieser Menschen ja kennen, denn das ist Ihr Ressort, Sie haben mit diesen Menschen ständig zu tun. Sie wissen daher, daß da von Freiwilligkeit überhaupt keine Rede sein kann. Sie wissen, daß Mitarbeiter des AMS, die einen Arbeitsuchenden vor sich haben und darüber entscheiden, ob dieser weitervermittelt wird oder nicht oder ob ihm die Notstandshilfe gestrichen wird, noch dazu belobigt werden, wenn sie Sanktionsmaßnahmen wie das Aussetzen von Zahlungen ergreifen. Es liegt also auf der einen Seite auf den Leuten des AMS ein gewisser Druck und auf der anderen Seite selbstverständlich ein umso größerer Druck bei den sogenannten KundInnen. Wenn einem so ein AMS-Mitarbeiter gegenübersitzt und fragt: Wollen Sie einen Test machen? und man dann mit einem Nein antwortet, weiß man doch, was das für einen bedeutet.

Sie gehen mit keinem Wort auf eine solche Situation ein, sondern Sie sagen formal, das sei freiwillig. – Die Formalität kannten wir schon, nur stimmt sie mit der Realität nicht überein. Und wir haben vermißt, daß Sie diese Situation auch nur mit einem Satz ansprechen. – Das ist die eine Seite.

Wenn Sie dann davon reden, wem diese Daten zur Verfügung stehen, und sagen, das Arbeitsmarktservice gebe die Testergebnisse nur an die getesteten KundInnen selbst weiter, ohne in irgendeinem Satz auch nur zu relevieren, daß auch Sie wissen, daß das nur formal richtig ist, in der Realität aber oftmals "durchlöchert" wird, oftmals dagegen verstoßen wird, dann haben wir einfach Angst und Sorge, daß Sie sich hier der Dimension nicht bewußt sind. Daher fragen wir uns: Wozu sind diese Tests überhaupt notwendig? Wozu ist es notwendig, einen Betrag von sage und schreibe 28 Millionen Schilling dafür auszugeben?

Dieser Betrag von 28 Millionen Schilling in eine aktive Arbeitsmarktpolitik investiert, brächte diesen Menschen nämlich etwas. Aber hier um einen Haufen Geld eine Alibiaktion zu setzen, um dann noch die Möglichkeit zu haben, daß man vielleicht bei Gelegenheit – Gefahrenbeobachtung ist wichtig, wie bekannt ist – so im Vorfeld weiß, mit welchen Leuten man es zu tun hat, wo es denn Datenbanken gibt, in denen Daten betreffend die psychische und körperliche Gesundheit erfaßt sind, wo man schauen kann, daß man Gefahren von der übrigen Bevölkerung abwendet, halten wir für nicht vertretbar. Es kann ja so sein, daß es vielleicht eine Detektei gibt, die sich auf dieses Gebiet spezialisiert, die unter Umständen von da oder dort auch eine Zusammenfassung erhält. – Wir wissen doch alle, daß das alles bereits passiert ist. Im Lichte all dessen starten Sie eine Aktion, in deren Rahmen Sie Testinstitute suchen, die Ihnen derartige Datenbanken liefern können. Und das, Frau Ministerin, halten wir für nicht vertretbar!

Da dies alles erst nächstes Jahr stattfinden soll, und wir jetzt noch in der Situation sind, das zu verhindern, appellieren wir an Sie: Stoppen Sie diese Aktion! Es wurden nicht nur von den Liberalen und von politischen Mandataren Bedenken geäußert. Sie haben ja gelesen und gesehen, wie Psychologen die Tauglichkeit solcher Tests in Frage gestellt – das Ausmaß an Wissenschaftsgläubigkeit wundert mich in diesem Zusammenhang bei Ihnen – und auch erkannt haben, welch sensibler Bereich da festgehalten wird, der einerseits nicht repräsentativ sein muß für ein Leben und andererseits schon gar nicht sicher ist vor Zugriffen durch andere. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Daher, Frau Ministerin, unser Appell: Stoppen Sie die Aktion und investieren Sie dieses Geld besser! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt die Frau Bundesministerin. – Bitte.

18.09

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Sehr geschätzte Frau Abgeordnete Dr. Schmidt, ich darf zunächst anmerken: Ich mache keine Aktion. Das ist keine Aktion von mir, auch nicht eine meines Ressorts, sondern dabei handelt es sich im Rahmen der Aufgabenstellung des Arbeitsmarktservices um eine Initiative. Ich möchte daher wirklich klar festhalten, daß das keine Aktion von mir ist und diese auch nicht unmittelbar in meinem Verantwortungsbereich anzusiedeln ist.

Sie haben mir eine parlamentarische Anfrage gestellt; ich habe mich bemüht, diese nach bestem Wissen und Gewissen so zu beantworten, daß die genaue Botschaft "rüberkommt" – inhaltlich und auch emotional. Ich bedauere, daß Sie diese beiden Botschaften nicht in der gleichen Form gelesen haben, wie ich Ihren jetzigen Ausführungen entnehmen konnte, aber ich glaube, daß auch parlamentarische Beantwortungen in erster Linie Fakten festzuhalten haben und auf Fakten zu beziehen sind.

Daher, sehr geschätzte Frau Abgeordnete, betrachte ich es schon als eine Art Unterstellung, wenn Sie, wenn hier das Faktum der Freiwilligkeit festgehalten wird – von mir mehrmals hinterfragt –, dieses wieder indirekt in Frage stellen, ob es auch eine tatsächliche Freiwilligkeit sei.

Ich darf Ihnen folgendes sagen: Ich bin jahrzehntelang Betriebsrätin gewesen, ich bin seit Jahrzehnten Gewerkschafterin. Ich habe Erfahrung im Umgang mit Menschen in schwierigen Situationen, ich habe auch Erfahrung im Umgang mit den Betroffenen im Arbeitsmarktservice, den Beschäftigten. Ich weiß, daß da sensible Betroffenheiten aufeinandertreffen. Aber ich weiß auch, daß die Kolleginnen und Kollegen des Arbeitsmarktservices mit großer Qualität und auch Verantwortungsbewußtsein sowie Sensibilität an ihre Aufgabe herangehen.

Wenn Sie hier Beispiele erwähnen, wenn Ihnen Unzukömmlichkeiten unterkommen – ich habe das auch schon gegenüber anderen Damen und Herren dieses Hauses gesagt –, darf ich Sie bitten: Nennen Sie mir konkret dieses Beispiel! Sagen Sie mir, wo und wem so etwas passiert ist! Nur dann kann ich auch in der Aufsichtsfunktion, die ich habe, die mein Haus hat, handeln und kann, wenn eine Fehlentscheidung getroffen wird, ein Fehlverhalten oder auch ein unsensibles Verhalten feststellbar ist, versuchen, das abzustellen, damit genau in jener gemeinsamen Verantwortung gehandelt wird, die Sie sich wünschen, die ich mir wünsche, die sich dieses Haus auch wirklich wünscht.

Sehr geschätzte Frau Abgeordnete! Ich glaube doch, daß die Anfragebeantwortung in einer Form ausführlich gewesen ist, die erkennen läßt, mit welchem Zugang auch ich diese Frage betrachte und beleuchte. Ich meine aber, daß das Arbeitsmarktservice schon auch in Umsetzung eines öffentlich-rechtlichen Auftrages die Verantwortung hat, sehr wirkungsvoll im Positiven umzugehen, Kolleginnen und Kollegen, die Arbeit suchen, die Beratung brauchen, die gewisse Qualifikationen brauchen, wirklich zu sehen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und die richtigen Angebote zu machen.

Es liegt in der Erfahrung des Arbeitsmarktservices, in meiner, aber auch in jener der Privatwirtschaft, daß verschiedene Formen von Tests, daß verschiedene Formen von Befragungen, daß Erhebungen wesentlich dazu beitragen können, daß in qualifizierterer, effizienterer und daher auch für die Betroffenen besserer Form Entscheidungen getroffen, Maßnahmen gesetzt werden können.

Erlauben Sie mir, nur eines zu sagen, was mich gerade bei Ihnen, Frau Dr. Schmidt, wundert. Hier wird ausschließlich betreffend Arbeitsmarktservice eine Form eines Tests hinterfragt und kritisiert. Wenn Sie gegen derartige Maßnahmen sind, dann müssen Sie diese aber auch in der Privatwirtschaft anprangern und sagen: Das ist kein gangbarer Weg, ich will, daß es auch in der Privatwirtschaft nicht möglich ist, derartige Formen des Screenings, der Persönlichkeitserfassung, des Hinterfragens zu machen! Es darf keine Fragebögen, es darf keine Personalfragebögen, es darf keine Assessment Center geben, es darf überhaupt nichts geschehen.

Ich meine, diese differenzierte Haltung zu dem, was dem AMS zugestanden wird und was in der Privatwirtschaft als richtig, notwendig und angebracht gesehen wird, ist ein Widerspruch, den ich persönlich nicht verstehe – gerade bei einer Partei wie dem Liberalen Forum, bei einer Person und Persönlichkeit, wie Sie, Frau Dr. Schmidt, es sind.

Ich glaube daher, daß es in der Verantwortung des Arbeitsmarktservices liegt, zur Wahrnehmung der Aufgabe bei Wahrung aller Datenschutzvoraussetzungen geeignete Methoden zu finden. Ich habe keine Veranlassung – und ich habe das wirklich hinterfragt –, daran zu zweifeln, daß irgendwo datenschutzrechtliche Vorschriften verletzt werden. Ich weiß auch, daß hinsichtlich der Sensibilität der Verantwortlichen im Arbeitsmarktservice, insbesondere aufgrund der öffentlichen Diskussion, insbesondere aufgrund der Transparenz, die bei allen Handlungen gegeben sein muß, verantwortungsbewußt umgegangen wird.

Ich bitte Sie, auch dem Arbeitsmarktservice zuzugestehen, neue Formen, wie man in der Beratung, in der Vermittlung, aber auch in der gemeinsamen Beurteilung eines Weges in der Privatwirtschaft umgeht, anwenden zu dürfen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir setzen in der Debatte fort.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. Für Sie und die folgenden Rednerinnen und Redner gilt eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

18.16

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Anfrage des Liberalen Forums durch Herrn Kollegen Kier enthält den Vorwurf an das Arbeitsmarktservice, daß die psychologischen Tests – ich sage jetzt einmal – nicht auf freiwilliger Basis hinsichtlich der Eignung für bestimmte Arbeitsplätze und hinsichtlich bestimmter Qualifikationsmaßnahmen durchgeführt werden. Gleichzeitig wird unterstellt, daß das Arbeitsmarktservice mit den bei diesem Screening gewonnenen Daten nicht sorgfältig umgeht.

Frau Kollegin Dr. Schmidt! Frau Ministerin Hostasch hat gerade sehr deutlich klar gemacht – und ich möchte es noch einmal festhalten –, daß der Vorwurf, den Sie dem AMS machen, eigentlich etwas eigenartig erscheint. Wenn man Tageszeitungen aufschlägt – und ich brauche Ihnen das sicherlich nicht zu sagen –, ist es in Wirklichkeit so, daß Stellenangebote über Personalvermittlungsfirmen oder über Personalberatungsfirmen gehen und Stellen ausschließlich aufgrund sehr – ich sage jetzt einmal – diffiziler Testungen vergeben werden.

Das geschieht aus einem bestimmten Grund: Solch ein Personalberatungsunternehmen will ja selbstverständlich für seinen Auftraggeber den Auftrag so erledigt wissen, daß die geeignete Person, die gesucht wird, auch diesen Arbeitsplatz bekommt. Ich frage mich nur, ob dort auch mit derselben Sorgfalt bei der Datenwahrung umgegangen wird, wie Sie sie vom AMS verlangen. Wie die Frau Ministerin schon gesagt hat, würde ich mir für das AMS, nachdem es aus der unmittelbaren Bundesverwaltung ausgegliedert worden ist, auch wünschen, daß es sich auch mit denselben Spielregeln wie Private auf dem Markt behaupten kann. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Ob Datenschutzbestimmungen überall, Herr Kollege Öllinger, so eingehalten werden wie beim AMS, möchte ich auch manchmal bezweifeln.

Es gibt seit Jahren immer wieder dahin gehend Kritik am Arbeitsmarktservice, daß Bewerber zu Firmen geschickt werden, obwohl deren Qualifikation nicht paßt beziehungsweise sie dem Anforderungsprofil, welches die Unternehmen verlangen, eben nicht entsprechen.

Jetzt versucht eine Stelle des Arbeitsmarktservices in einem Projekt, das ordnungsgemäß ausgeschrieben wurde und worüber es jede denkbare Transparenz gibt – das muß man auch dazusagen –, das zu tun, was, wie gesagt, Private schon seit langer Zeit oder seit Jahrzehnten tun, meist weniger durchsichtig – so ehrlich müssen Sie auch sein –, und plötzlich gibt es seitens des Liberalen Forums um dieses Projekt des Arbeitsmarktservices einen Riesenwirbel im Zusammenhang mit dem Schutz der Arbeitsuchenden und dem Datenschutz. (Abg. Öllinger: Berechtigten Wirbel, oder nicht?)

Ich möchte, daß Sie einmal ein konkretes Beispiel nennen und nicht immer irgend etwas sagen, was nicht greifbar und nicht nachvollziehbar ist. (Abg. Öllinger: Kommt schon! – Abg. Dr. Schmidt: Sie wissen doch, daß diese Menschen ...!)

Folgende Frage stellt sich für mich wirklich: Was will man damit eigentlich erreichen? – Wenn Sie allen Einrichtungen, einschließlich dem AMS, verbieten wollen, Personaltests durchzuführen – das hat auch die Frau Ministerin schon gesagt –, weil diese den Persönlichkeitsschutz gefährden könnten, dann muß es auch klar und deutlich gesagt werden. Dann muß diese Regelung aber, Herr Kollege Öllinger, auch für alle Privaten gelten. (Abg. Öllinger: Das ist aber kein Problem!) Es kann ja nicht so sein, daß es die einen dürfen, denen macht man keine Vorwürfe, aber die anderen dürfen es nicht und denen werden laufend Vorwürfe gemacht.

Um folgendes klarzustellen: Natürlich müssen dabei die rechtlichen Vorschriften auf Punkt und Beistrich beachtet werden und auch nachvollzogen werden können. Das ist ja ganz selbstverständlich! Aber dem stellt sich das AMS auch. Und natürlich gilt für das AMS als Körperschaft öffentlichen Rechts eine andere Form der Transparenz als für private Unternehmen. Das ist uns ebenfalls bewußt. Es darf jedoch nicht passieren, daß die Verwaltung im AMS und auch im Ministerium dadurch lahmgelegt wird, daß jedes Schriftstück und jedes Telefonat des AMS von der Aufsichtsbehörde und vom Parlament überwacht und womöglich schon im vorhinein kontrolliert wird. Die Kontrolle ist im gesetzlich vorgesehenen Umfang durchzuführen, aber nicht als Schikane und auch nicht als Verhinderungsstrategie. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Großruck.)

18.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

18.21

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es war sicherlich eine sehr wesentliche und zukunftsweisende Entscheidung, als die Arbeitsmarktverwaltung vor fünf Jahren ausgegliedert worden ist und den Landesorganisationen, aber auch dem regionalen Arbeitsmarktservice mehr Kompetenzen und mehr Zuständigkeiten übertragen worden sind. Das war eine wichtige Entscheidung – eine Entscheidung, die auch erfolgreich war, wie wir das in den letzten Jahren schon mehrfach feststellen konnten.

Das AMS Wien ist also für das, was dort geschehen ist, verantwortlich, und nicht die Frau Bundesministerin! Das AMS Wien können wir aus dieser Verantwortung nicht entlassen, das muß ganz klar und eindeutig festgestellt werden. Deshalb hat nicht nur Frau Abgeordnete Dr. Schmidt, sondern auch Frau Abgeordnete Ridi Steibl eine Anfrage an die Frau Bundesministerin gerichtet, in der gefragt wird: Was ist eigentlich los beim AMS Wien? Warum gibt es dort so viele Notstandshilfebezieher? Warum ist die Zahl der Arbeitslosen in Wien wesentlich höher als in den anderen Bundesländern?

Sie hat zwei Fragen gestellt: Liegt das an der regionalen Wirtschaftspolitik oder daran, daß sich das AMS Wien einer anderen Praxis in der Arbeitsmarktverwaltung bedient als die anderen Bundesländerorganisationen? – Wir haben gehört: In Wien wird eine andere Praxis geübt, diese Praxis des AMS Wien war und ist jedoch nicht erfolgversprechend!

Meine Damen und Herren! Ich habe schon im Sommer auf diesen Mißstand hingewiesen und die Durchführung der Tests kritisiert, denn ich bin der Meinung, daß das nicht Aufgabe des AMS ist. Man sollte es auch nicht mit der Aufnahme eines Arbeitnehmers in ein Unternehmen vergleichen. Wenn ich jemanden für eine bestimmte Funktion brauche, benötige ich mehr Informationen als das AMS für eine Vermittlung. Dieser Vergleich ist also sicherlich nicht richtig.

Ich würde dem AMS Wien empfehlen, sich darüber zu erkundigen, was die übrigen Landesorganisationen machen. So konnte etwa das AMS Oberösterreich durch die "Aktion Triathlon" eine große Anzahl Jugendlicher erfolgreich in den Arbeitsmarkt eingliedern. (Zwischenruf des Abg. Meisinger.) Ich würde dem AMS Wien empfehlen, sich über die "Aktion Aktiv" in den anderen Bundesländern zu informieren und sie in Betracht zu ziehen, bei der es darum geht, Frauen den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu ermöglichen. Es wurden durch diese Aktion bereits großartige Erfolge in anderen Bundesländern erzielt – nur eben in Wien nicht, meine Damen und Herren! Und ich möchte weiters empfehlen, daß die Führungsstrukturen des AMS Wien endlich einmal durchleuchtet und geklärt werden – eine ganz wichtige Aufgabe, die das AMS Wien zu erfüllen hätte! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, daß – und damit komme ich schon zum Schluß – es wünschenswert wäre, daß sich auch das AMS Wien, das Arbeitsmarktservice – wohlgemerkt: Service! – Wien so wie alle anderen Landesorganisationen bemühte, den Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung in Österreich umzusetzen. Ich habe den Eindruck, dieser Aktionsplan wird vom AMS Wien nicht in jenem Ausmaß akzeptiert und umgesetzt, wie das in vielen anderen Landesorganisationen der Fall ist.

Meine Damen und Herren! Es gäbe noch andere Punkte, die man zu diesem Thema erwähnen könnte. Nicht primär die Frau Ministerin ist daran schuld, das muß ganz klar gesagt werden! Ich bin der Meinung, daß die Frau Ministerin korrekt und ehrlich geantwortet hat – das ist zu unterstreichen und zu begrüßen! (Demonstrativer Beifall der Abg. Steibl.) Aber die Tätigkeit des AMS Wien kann ich nicht verteidigen, sondern muß ich kritisieren, so wie ich das an anderer Stelle auch schon getan habe. Seine Tätigkeit unterscheidet sich grundsätzlich von den erfolgreichen arbeitsmarktpolitischen Aktivitäten anderer Landesorganisationen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Bundesministerin Hostasch hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.25

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir einige ergänzende Bemerkungen zum Debattenbeitrag des Herrn Abgeordneten Dr. Feurstein.

Es scheint die Information darüber nicht ausreichend gewesen zu sein, daß Wien – das heißt, das Land Wien, die Stadt Wien und das Arbeitsmarktservice Wien – als erstes Bundesland einen Territoriale Beschäftigungspakt abgeschlossen und somit eine Pionierleistung – auch für die anderen Bundesländer – in der Umsetzung des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung vollbracht hat. Ich halte das angesichts der Kritik, daß Wien nicht so funktioniere wie andere Bundesländer, für erwähnenswert. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Zum zweiten ist, glaube ich, festzuhalten, daß der Wiener Arbeitsmarkt Besonderheiten aufweist, da es in allen Großstädten Europas – und damit auch in der Großstadt Wien – ganz andere Probleme gibt als in ländlichen Regionen, in kleinen und mittelgroßen Städten.

Wien ist besonders betroffen vom Strukturwandel und von der restriktiven Einstellungspolitik nicht nur der öffentlichen Hand, sondern auch des Banken-, Versicherungs- und Sozialversicherungsbereiches – also Großunternehmen, die in der Vergangenheit immer das Potential gehabt haben, Schulabgänger, aber auch Arbeitssuchende, Absolventen von Hochschulen aufzunehmen. – Das sind nur einige Beispiele, die unterstreichen sollen, daß die Wiener Arbeitsmarktsituation nicht unbedingt mit jener in anderen Bundesländern vergleichbar ist. (Beifall bei der SPÖ.)

18.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

18.27

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben es gerade selbst gehört: Herr Kollege Feurstein hat die Frau Bundesministerin insofern kritisiert, als das AMS Wien durch Erfolglosigkeit glänzt, nichts zustande bringt und seine Zahlen wesentlich schlechter sind als jene der AMS-Stellen der anderen Bundesländer.

Nun hören wir von der Frau Bundesministerin, daß genau das Gegenteil der Fall sei: Das AMS Wien vollbringt eine Pionierleistung für die Bundesländer. – Wir wissen nicht mehr, wer die Wahrheit spricht, wer auch nur annähernd das Richtige sagt!

Meine liebe Frau Bundesministerin! Sie sind aus mehreren Anfragebeantwortungen bereits bekannt dafür, wie Sie Ihre Antworten geben. Aber das, was Sie uns bei dieser Beantwortung liefern, geht darüber hinaus! Sie schreiben beispielsweise in der Antwort zu Frage 9: "Soweit Sie allerdings noch weitere Fragen haben ..." (Bundesministerin Hostasch spricht mit der an der Regierungsbank stehenden Abg. Dr. Schmidt.) Die Anfragestellerin Schmidt informiert sich direkt bei Ihnen! (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Darf ich um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit bitten, Frau Bundesministerin? (Abg. Meisinger: So eine Unhöflichkeit! – Abg. Dr. Graf: Keine politische Kultur, Frau Kollegin Schmidt!) Ich hoffe, daß das von meiner Redezeit abgezogen wird.

"Soweit Sie allerdings noch weitere Fragen haben, bin ich selbstverständlich gerne bereit, Sie über alles zu informieren, um Ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Arbeitsmarktservice zu zerstreuen." – Frau Bundesministerin! Deshalb hat ja Kollege Kier diese Anfrage gestellt: damit Sie ihm die Antwort schriftlich geben. Er hat zwei Monate darauf gewartet, und jetzt verweisen Sie darauf, daß Sie gerne bereit seien, ihm diese Fragen zu beantworten.

Sie stehlen sich damit überhaupt aus der Verantwortung, denn Sie schreiben, daß Sie, seit das Arbeitsmarktservice aus der Bundesverwaltung ausgegliedert sei, "nur mehr die Aufsicht" über das AMS hätten – nur mehr die Aufsicht! Aber wenn 28,3 Millionen Schilling für ein Psycho-Screening verschleudert werden, von dem Sie nach Ihren eigenen Angaben überhaupt nicht wollen, daß es für den Betroffenen danach irgendeine Rolle spielt, dann muß ich Sie fragen: Mit welchen Maßstäben messen Sie?

Sie heißen ein Screening gut, das 28 Millionen Schilling kostet! Wird von einer Oppositionspartei, in diesem Fall vom Liberalen Forum, aufgezeigt, daß dieses Screening Ihrer Ansicht nach nicht in Ordnung ist, dann sagen Sie: Dieser Psychotest braucht nicht gemacht zu werden; wenn er gemacht wird, dann soll er für den betroffenen Arbeitssuchenden auf keinen Fall auch nur die geringste Auswirkung auf sein berufliches Fortkommen haben.

Frau Bundesministerin, warum lassen Sie, wenn Sie über das AMS die Aufsicht haben, dieses Psycho-Screening um 28 Millionen Schilling weiter durchführen? – Es fragt sich wirklich jeder: Fehlen diese Millionen nicht dem AMS für aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen? Hat das AMS nicht Wichtigeres zu tun als an eine Privatfirma eine Studie in Auftrag zu geben, deren Inhalt das AMS, wie es auch weiß – so beantworten Sie zumindest die Anfrage –, überhaupt nicht verwerten darf, da es zu keiner Diskriminierung kommen darf. (Bundesministerin Hostasch verneint.) Jetzt schütteln Sie den Kopf! (Bundesministerin Hostasch: Weil es nicht stimmt!) Hätten die Anfragenden Sie nicht darauf hingewiesen, dann wären Sie gar nicht draufgekommen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller.)

Ich bin nicht gegen diese Psycho-Befragung. Jemand, der in ein teures Umschulungsprogramm – und das ist eine teure Maßnahme! – aufgenommen wird, soll sich auf freiwilliger Basis auch diesem Psycho- Screening unterziehen können, damit er auch eine teure Umschulung, die möglichst seinem gewünschten Ziel und nicht einem verordneten Ziel entspricht, machen kann. Denn dieser Test dient in erster Linie – das geht auch aus Ihrer Beantwortung hervor – dazu, die Adäquatheit zwischen der gewünschten und der angebotenen Schulung festzustellen.

Nun sagen Sie aber in der Anfragebeantwortung, es gehe nicht um die Adäquatheit – Sie sagen es nicht wörtlich –, es dürfe aus diesem Test kein Nachteil für den Arbeitssuchenden entstehen. (Bundesministerin Hostasch: Wieso denn? Das ist doch nicht wahr!) Wenn er aber nicht die von ihm geforderte und gewünschte Schulung bekommt, sondern nur eine Schulung, die das AMS für richtig und wichtig hält, dann ist das eine direkte Konsequenz aus diesem Psychotest. Daher hat es doch Folgen, wenn sich der Arbeitssuchende diesem Test unterzieht. Und das ist meiner Ansicht nach auch nicht schlecht, denn jemand, der über ein privates Vermittlungsinstitut einen adäquaten Job haben will, muß sich dafür oft selbst ein teures Umschulungsprogramm finanzieren und möchte dann auch wissen, ob er dafür geeignet ist oder nicht. Er fragt sich sicherlich: Ist es richtig, daß ich mein eigenes Geld in diese Umschulung investiere oder nicht? Das AMS arbeitet mit öffentlichen Geldern und soll daher auch wissen, ob es das Geld richtig investiert oder nicht.

Frau Bundesministerin! Sie brauchen keinen Rückzieher zu machen, denn diese Screeningtests sind nicht schlecht! Aber Sie sagen, sie dürfen nicht verwertet werden. (Bundesministerin Hostasch: Wieso denn nicht?) Wenn Sie sie nicht verwerten, dann sparen Sie sich diese 28 Millionen Schilling für die Screeningmaßnahmen und stecken Sie dieses Geld statt dessen in eine aktive Arbeitsmarktpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

18.33

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine Klubobfrau hat in ihrem Redebeitrag bereits ein paar wesentliche Aspekte angesprochen, und Sie, Frau Bundesministerin, sind dankenswerterweise zum Teil auch darauf eingegangen. Nur sind wir trotzdem nicht wirklich glücklich und vor allem auch nicht zufrieden damit. Glücklich müssen wir nicht sein – das ist keine Kategorie in diesem Geschäft –, aber mit der Beantwortung zufrieden sollten wir schon sein.

Frau Bundesministerin! Ich möchte noch ein paar Punkte zusätzlich beleuchten. Sie haben die Freiwilligkeit stark herausgestrichen. Sie haben sie stark herausgestrichen, Sie haben darauf insistiert. Aber man sollte sich die Anfragebeantwortung genau ansehen. Ich lese Ihnen nun eine Frage, eine Teilfrage, und die Antwort darauf vor. Eine Teilfrage war:

"Haben die Testpersonen einen Rechtsanspruch auf den Erhalt der vollständigen Testergebnisse?"

Ihre Antwort lautete: "Es gibt keinen Rechtsanspruch auf den Erhalt der vollständigen Testergebnisse, trotzdem ist das Testinstitut vertraglich verpflichtet, die Testpersonen vom Ergebnis zu informieren."

Wenn man das gründlich und sorgfältig analysiert, dann kommt man zum Ergebnis, daß Sie in Ihrer Eigenschaft als Aufsichtsbehörde – das räume ich gerne ein, und auf diesen Aspekt werde ich auch noch näher eingehen – der Meinung sind, es gebe zwar keinen Rechtsanspruch, aber das Testinstitut sei vertraglich verpflichtet. Es ist richtig, daß ein solcher Vertrag mit dem Testinstitut besteht, daher wäre es überhaupt keine Schwierigkeit, diesen Vertrag dreiseitig zu machen, sodaß auch die Testperson Rechtsansprüche direkter Art gegenüber dem Testinstitut hat. Aber das wird nicht gemacht, daher hat die Testperson, wie Sie richtig gesagt haben, keinen Rechtsanspruch. Das Testinstitut ist nur gegenüber dem AMS vertraglich dazu verpflichtet, und ob das dann eingehalten wird oder nicht, ist ungewiß.

Vor solchen Hintergründen und angesichts des Umstandes, daß jene Menschen, die die betroffene Person fragen, ob sie getestet werden will, dieselben sind, die über Wohl und Wehe und insbesondere über Weiterzahlung oder Nichtweiterzahlung der Notstandshilfe entscheiden, relativiert sich diese Freiwilligkeit auf einen Formalakt. Sie können noch so viele Dokumente entwerfen, die Sie die Leute dann unterschreiben lassen, daß Sie das freizeichnen und die Freiwilligkeit mehrfach durch Unterschrift bestätigen, am wirklichen Gehalt der Freiwilligkeit, die eine innere Frage ist, ändert das nichts, wenn die Rahmen so eng gesteckt sind.

Frau Bundesministerin! Sie haben in Ihrer Anfragebeantwortung darauf hingewiesen, daß wir doch eigentlich ganz glücklich und zufrieden sein müßten, weil das AMS, die frühere AMV, ausgegliedert wurde, und es doch den politischen Vorstellungen des Liberalen Forums entspräche, wenn etwas ausgegliedert wird. Dazu muß ich Ihnen sagen: Sie haben zwar recht damit, aber Sie haben nicht zugehört, welche Kritik wir in den letzten Wochen und Monaten in puncto AMS geäußert haben. Wir haben nämlich gesagt, daß es eine mißlungene Ausgliederung war, und zwar aus dem einfachen Grund, weil einerseits ausgliederungsfähige Aufgaben und öffentliche Aufgaben der sozialen Hoheitsverwaltung – Sie haben selber gesagt, daß das AMS einen öffentlich-rechtlichen Auftrag hat – in einem gemeinsamen Paket ausgegliedert wurden, mit dem großen Nachteil, daß nun all das, was tatsächlich öffentlich-rechtlich und sehr streng zu betrachten ist, nicht mehr in Ihrem Haus, sondern in einer ausgegliederten Stelle administriert wird, und weil andererseits all das, was durchaus ausgliederungsfähig war und ist und gewesen wäre und wie immer Sie es nennen wollen, jetzt gemeinsam mit den öffentlich-rechtlichen Aufgaben ausgegliedert ist, sodaß das eine das andere behindert. Solange Sie nicht die Vermittlungs- und Schulungstätigkeit von der Alimentationsfrage und der Notstandshilfefrage et cetera – also alles, was öffentlich-rechtlich ist – im Sinne einer echten Teilung trennen, so lange werden Sie nicht wirklich weiterkommen.

Das steckt auch hinter dem Dilemma dieser komischen Fragebögen. Wenn Sie der Privatwirtschaft vorwerfen, daß es dort auch Screenings oder Assessment Center gibt, dann verwechseln Sie die Wirkungszusammenhänge, denn jene Menschen, die sich in der Privatwirtschaft einem Assessment Center stellen oder einem anderen Test unterwerfen, sind nicht von der Entziehung der Notstandshilfe bedroht.

Daher ist es meiner Meinung nach zwar richtig, daß das nicht Ihr unmittelbarer Wirkungsbereich ist, aber die politische Verantwortung liegt bei Ihnen, denn Ausgliederungen, die mißlungen sind, kann man auch reparieren! Das heißt nicht, daß wir sie zurückgenommen wissen wollen, aber es wäre reparierbar. Sie könnten auf der Ebene Ihres Ministeriums einiges dafür tun: Sie haben eine ganze Sektion mit hervorragenden Leuten, die das perfekt beherrschen, die Sie durch die Ausgliederung de facto brachgelegt haben, und Sie wundern sich darüber, daß das überfrachtete AMS das alles nicht leisten kann.

Ich möchte noch einen Schlußsatz zum Roten Kreuz sagen. Sie haben selbst erwähnt, daß es aufgrund der öffentlichen Diskussion abgestellt wurde. Es stellt sich aber dann die Frage: Warum war das vorher eineinhalb Jahre lang möglich und zulässig, und warum hat das niemand bemerkt? Auf diese Aspekte in unserer Anfrage sind Sie leider nicht wirklich eingegangen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich wiederhole daher: Die nun vorgesehenen neuen Tests für 2 800 S pro Testperson mit einer begleitenden Kontrolle von zwei Jahren mit dem Aspekt, sowohl die psychische als auch die fachliche Qualifikation zu testen – das wird es nicht sein können! Frau Bundesministerin, die nächste Anfrage ist Ihnen gewiß. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

18.40

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Feurstein, eine kurze Anmerkung: Ihre Absicht merke ich wohl – und bin deshalb verstimmt. So einfach und so billig, sich bezüglich der Arbeitslosigkeit in Wien am AMS Wien abputzen zu wollen, darf man es sich meiner Meinung nach nicht machen. Das ist mir zuwenig. Die oberösterreichische Methode, Langzeitarbeitslose durch kurzfristige Beschäftigung in Kursen in neue Arbeitslose umzuwandeln, ist kein Rezept, das für die Arbeitsmarktpolitik für die Zukunft gut geeignet wäre.

Ich komme zum eigentlichen Thema; das ist mir nämlich wichtiger. Da bin ich auch schon bei den anderen Bundesländern. Das Erstaunliche im Zuge dieser Debatte war auch, Herr Abgeordneter Feurstein, daß es nicht nur Wien war, das Testungen durchgeführt hat. Auch in anderen Bundesländern wird wild und munter drauflosgetestet. Natürlich sind alle sehr darauf erpicht, daß das nicht öffentlich wird, weil niemand das Schicksal des Wiener AMS erleiden möchte, das in dieser Debatte – und Sie waren jetzt offen genug – deutlich aufgezeigt worden ist.

Frau Bundesministerin! Ich möchte auf einige Punkte eingehen. Sie haben gesagt, es sei keine Aktion, die das Bundesministerium zu verantworten hat.

Erste Frage: Die Aktion des Roten Kreuzes ist eine sehr mysteriöse Angelegenheit. Da wurden und werden durch die regionalen Geschäftsstellen in Wien die Leute zu Gesundheitstestungen hingeschickt, und da wird ihnen erklärt, was man mitbringen soll und wer die Untersuchungsergebnisse erhält. Da heißt es: Diese Untersuchungsblätter werden ausschließlich an Ihren Betreuer/Ihre Betreuerin im AMS übersandt, an Dritte werden von uns keine personenbezogenen Daten weitergegeben. – Nicht einmal die Berater dieser regionalen Geschäftsstellen haben gewußt, daß beim Roten Kreuz Psycho-Screenings gemacht wurden.

Meine Information ist – und da frage ich jetzt ganz offen –, daß offensichtlich auch das Landes-AMS an der Auswertung dieser Psycho-Screenings nicht interessiert war, sondern nach meinen Informationen ist es das Bundesministerium. Ich hätte also gerne diesbezüglich auch eine Klarstellung von Ihrer Seite. – Sie schütteln den Kopf.

Ein zweiter Punkt. – Sie haben gesagt: Kein Zusammenhang dieser Fragebogenaktionen mit dem Bundesministerium. Mir liegt ein Brief vor, den der Leiter des Bundes-AMS, Herbert Buchinger, an Sie geschrieben hat bezüglich Psychotests im AMS: Vorschläge zur Beruhigung der Kritik, so heißt es da. Das ist abgeändert aufgrund einer Anregung von Walter Pfneisl. Dieser Herr ist auch aus Ihrem Ministerium.

Herbert Buchinger macht da also Vorschläge, wie man der öffentlichen Aufregung und Kritik vorbeugen könnte, indem bei allen Fragebogenaktionen in Zukunft jeder, der einen Fragebogen absolviert, drei Erklärungen unterschreiben soll, drei Zustimmungserklärungen.

Erstens: eine Zustimmungserklärung zu Eignungstests und Verwertung der Ergebnisse.

Zweitens: eine Zustimmungserklärung, daß die Testergebnisse in elektronischer Form aufgehoben werden und in Zukunft für gleiche Zwecke verwendet werden, für die sie ursprünglich angefertigt wurden.

Drittens: eine Erklärung, daß diese erste und zweite Erklärung ohne Druck und freiwillig abgegeben wurden.

Dann wird interpretiert: Wer nur die erste und dritte Erklärung unterschreibt, kann zum entsprechenden Test zugelassen werden. Wer nur die erste Erklärung unterschreibt, insbesondere wenn die dritte Erklärung verweigert wird, kann nicht zu einem Eignungstest zugelassen werden. Allenfalls kommt eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit gemäß § 8 Arbeitslosenversicherungsgesetz in Frage.

Die Sanktion: In § 8 – gesundheitliche Testung – ist natürlich der Ausschluß aus der Leistung festgelegt. – Das wird dann auch in weiterer Folge von Herbert Buchinger angeführt; ich kann es Ihnen vorlesen.

Diese Untersuchungen, bei deren Verweigerung eine Sanktion nach § 8 Abs. 2 AlVG droht, sollten gar nicht über das fragliche Testinstitut laufen. – Das ist immerhin der Vorschlag des Leiters des Bundesamtes, der an Sie adressiert war und der in puncto Freiwilligkeit eine, wie mir scheint, leider nicht sehr eindeutige Antwort auf die von uns gestellten Fragen gibt.

Frau Bundesministerin, ein anderer Punkt: Das Landes-AMS sagt sehr klar, die Daten sollen nur dem Betroffenen übergeben werden. Da gibt es einen Beschluß des Landesdirektoriums. Von Ihrer Seite höre ich in der Anfrage, die Daten sollen aufgehoben werden.

Frau Bundesministerin! Es sind mehr Fragen offen, als Antworten gegeben wurden, und ich ersuche deshalb um eine weitere und intensive Behandlung dieses Themas. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

18.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme jetzt die Verhandlungen über den 5. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Mir liegt noch eine Wortmeldung vor, und ich bitte, für die entsprechende Präsenz zu sorgen. Wir stimmen nach dieser einen Rede ab, wenn nicht noch zusätzliche Wortmeldungen einlangen.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung 5 Minuten. – Bitte.

18.46

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich soll nun also die Debatte zurückführen zu einem Bergarbeiterschutzproblem, denn ein Problem scheint es zu sein, Frau Bundesministerin, auch wenn Sie keinen Zusammenhang zu Lassing sehen und auch wenn Sie im letzten Jahr keinen Handlungsbedarf in dieser Frage sahen.

Ich möchte Sie doch darauf verweisen, daß am 1. Juli 1997 der Ministerrat diese Vorlage dem Ausschuß mit der Aufforderung oder mit dem Wunsch zur Verfügung stellte, diese zur Kenntnis zu nehmen. Wenn man diese Übereinkunft liest, dann kann man nicht übersehen, Frau Bundesministerin, daß die Übereinkunft dann zu ratifizieren überflüssig wird, wenn die Bestimmungen durch nationale Gesetzgebung und durch Praxis bereits jenen Level der Sicherheit erreicht haben, den die Übereinkunft vorsieht.

Meine Damen und Herren! Das, glaube ich, hat sich im Kopf der Minister abgespielt, als sie lediglich um eine Kenntnisnahme dieser Übereinkunft ersucht haben. Das ist auch der geistige Horizont, den wir aus einer Anfragebeantwortung von Herrn Bundesminister Farnleitner erfahren. Frau Kollegin Petrovic fragt ihn bezüglich Lassing, und er antwortet zu Punkt 49: Die Präventivmaßnahmen auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit im Bergbau sind erfolgreich und grundsätzlich erfreulich.

Wenn man also von der Voraussetzung ausgeht, daß wir beste gesetzliche Regelungen haben, dann ist kein Handlungsbedarf gegeben. Nichtsdestoweniger unterstützen wir diese Übereinkunft. Wir haben im Ausschuß zugestimmt und werden auch heute hier zustimmen, weil wir eben nicht der Ansicht sind, daß alles Rechtens ist.

Frau Bundesministerin! Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, daß es, seit es Aufzeichnungen über Bergwerksunfälle gibt, kein einziges Jahr gab – ich korrigiere mich –, nur ein einziges Jahr gab, in dem es keine tödlichen Bergwerksunfälle in Österreich gab, das war das Jahr 1990. In jedem anderen Jahr gab es solche Unfälle, und zwar: 1985 drei, 1986 vier, 1987 drei, 1988 zwei und so weiter. Es sind dies traurige Ergebnisse in einem Arbeitsbereich, der zugegebenermaßen höchst gefährlich ist.

Es hat keinen Sinn, die Augen davor zu verschließen, denn auch die Zahl der schweren Unfälle im Bergbau, Frau Bundesministerin, hat sich in der Zeit der Aufzeichnung, etwa in diesem Jahrhundert, unwesentlich reduziert. Seit es Aufzeichnungen gibt: Je Million verfahrene Arbeitsstunden schwere Unfälle etwa 1988 17,3, 1993 18,8. Das ist eine konstante Entwicklung, die wieder einmal deutlich zeigt: Bergbau ist gefährlich!

Wir haben einen Rückgang des Grubenrettungswesens im untertägigen Bergbau zu verzeichnen, und das "Österreichische Handbuch für Montanwesen" stellt fest, daß es lediglich noch zwei Betriebe in Österreich sind, die Grubenrettungsdienste halten.

Das heute zu ratifizierende Abkommen sieht vor, daß der Grubenrettungsdienst in entsprechendem Maße auszubauen ist, und selbstverständlich ist genau in diesem Bereich auch für uns Handlungsbedarf. Frau Bundesministerin! Es kann nicht angehen, daß lediglich in zwei Firmen solche Dienste existieren. Ich weiß, es gibt Übereinkünfte mit Deutschland, ich weiß, daß auch beim Bundesheer ein solcher Dienst existiert, aber das kann es nicht sein. Es muß ganz einfach die Feuerwehr oder es müssen andere Organisationen hier einspringen.

Lassing hat das deutlich gezeigt, Frau Bundesministerin, auch wenn Sie sich dagegen wehren, daß da ein Zusammenhang besteht. Ich verstehe eigentlich nicht, daß Sie diesen Zusammenhang nicht von sich aus herstellen wollen. Was ist denn Böses daran, wenn man aus diesem furchtbaren Ereignis lernt? Einige haben daraus gelernt, und ich habe das Gefühl, daß diese heute zu beschließende Vorlage natürlich schon vom Zeitlauf und vom Inhalt her mit Lassing zu tun hat und eine Lehre daraus ist. Hoffentlich ist es eine positive Lehre. Verschließen wir nicht die Augen davor, und geben wir einfach zu, daß wir vor einem Jahr den Inhalt verschlafen haben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine weitere Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Seitens des Berichterstatters wird kein Schlußwort gewünscht.

Ich bitte die Plätze einzunehmen, denn wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkommen (Nr. 176) über den Arbeitsschutz in Bergwerken in 1463 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Genehmigung sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Die Genehmigung wird mehrheitlich erteilt.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, die Empfehlung (Nr. 183) betreffend den Arbeitsschutz in Bergwerken in 1463 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme der Empfehlung sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Die Empfehlung wird mehrheitlich angenommen.

6. Punkt

Erste Lesung des Antrages 863/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Antragsteller ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile ihm als erstem Redner das Wort. – Bitte.

18.53

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Damen und Herren! Wir haben diesen Antrag eingebracht, weil im Zusammenhang mit unserem Begehren, die Liste der Berufskrankheiten um die in der Europäischen Berufskrankheitenliste vorgesehenen Krankheiten zu ergänzen und zu erweitern, dieser Punkt, der uns sehr wichtig war und nach wie vor ist, kaum erörtert wurde.

Seit Jahren fordern die Arbeitnehmervertretungen, aber nicht nur diese, daß sich auf dem Gebiet der Berufskrankheiten in unserem Land etwas ändern muß. Ich habe – das ist vielleicht schon fast ein persönliches Hobby – es mir immer zur Aufgabe gemacht, darauf hinzuweisen, daß Österreich auf dem Gebiet der Berufskrankheiten ein europäisches Unikat darstellt. Während sich in allen anderen europäischen Ländern die Berufskrankheiten in den letzten 10 bis 20 Jahren vermehrt haben beziehungsweise nur dort, wo es sehr guten Gesundheitsschutz gegeben hat, vermindern konnten, haben wir in Österreich seit Beginn der neunziger Jahre das Phänomen, daß die Zahl der Berufskrankheiten nicht wächst, auch nicht stagniert, sondern stark rückläufig ist.

Das beginnt mit dem Jahr 1989. Im Jahr 1988 hatten wir noch 2 800 Berufskrankheiten, 1989 waren es 1 750, also um 40 Prozent weniger. Die Statistik der Unfallversicherung weist dazu aus, es handle sich nur um Probleme in der EDV-mäßigen Erfassung in diesem Jahr, im nächsten Jahr werde dieses Manko wieder beseitigt sein.

Liest man sich dann die Berufskrankheitenentwicklung in den weiteren Jahren durch, so wird man feststellen, daß dieser Knick, der im Jahr 1989 erfolgt ist, sich im Prinzip in allen weiteren Jahren fortsetzt und wir uns in Österreich 1996/97 bei, so glaube ich, 1 300 oder 1 400 Berufskrankheiten befinden; das wäre eine Halbierung gegenüber den achtziger Jahren.

Diese Halbierung ist nicht wissenschaftlich nachzuvollziehen. Es ist nicht nachweisbar, daß sich auf dem Gebiet des Arbeitnehmerschutzes oder des Schutzes vor Berufskrankheiten in Österreich tatsächlich etwas so gravierend positiv verändert hätte. Diese Halbierung findet auch keine Entsprechung in der Statistik, von der es ja geheißen hat, es sei nur eine EDV-mäßige Umstellung notwendig gewesen. Das sollte eigentlich Anlaß sein, Alarm zu schlagen, meine Damen und Herren, daß hier einiges im argen liegt.

Einer der Punkte, der dazu führt, ist neben vielen anderen Punkten, die ich hier gar nicht erwähnen will, natürlich die finanzielle Situation der Unfallversicherungsanstalt, die diese Krankheiten bezahlen muß und die, anstatt nicht nur die Krankheiten zu bezahlen, sondern auch Prävention zu leisten, jedes Jahr in seliger Übereinstimmung zwischen Rot und Schwarz lieber Beiträge an das Bundesbudget abgeliefert hat, weil eh so viel Geld da ist und eh so wenig zu machen ist.

Gleichzeitig wissen wir aber, meine Damen und Herren, daß in Österreich – und das läßt sich in den Statistiken an einem anderen Punkt nachvollziehen; die Kollegin Reitsamer kann mir da sicher zustimmen; die Statistiken über vorzeitige Alterspensionierungen wegen Krankheiten machen das deutlich – sehr viele Menschen, die vorzeitig in die Alterspension gehen müssen, deshalb gehen müssen, weil sie zu krank sind zum Arbeiten, weil sie zu "vernutzt" sind. Alle diese Krankheiten, die sich eigentlich in den Berufskrankheitenlisten finden müßten – wenn die Bandscheiben ruiniert sind, weil man als Maurer am Gerüst gearbeitet hat, weil man als Fernfahrer gearbeitet hat oder weil man als Krankenschwester gearbeitet hat –, finden sich jedoch nicht darin, sondern sie finden sich in der Liste der vorzeitigen Alterspensionierungen, und es wird den Menschen, die deshalb so krank geworden sind, weil sie im Beruf so "vernutzt" worden sind, auch noch zum Vorwurf gemacht, daß sie diese Pensionierung beanspruchen.

Angesichts dessen frage ich mich: Was ist das für ein System von Unfallschutz und Unfallprävention, in diesem Sinn auch Berufskrankheitenprävention, das die Kosten an einem anderen Ort potenziert, verdreifacht, vervierfacht, weil der Gesundheitsschutz und der Bereich, in dem sich diese Zahlen wiederfinden müßten, so extrem vernachlässigt wird? Das ist das eigentliche Problem. Einer der Punkte, der dafür verantwortlich ist, ist auch eine Generalklausel – um die geht es hier in diesem § 177 Abs. 2 –, die nämlich keine Generalklausel in dem Sinn ist, daß sie alle Krankheiten, die nicht taxativ in der Berufskrankheitenliste aufgeführt worden sind, als Berufskrankheiten zulassen würde, wenn sie nur eindeutig nachgewiesen sind, sondern die nur bestimmte Krankheiten als Berufskrankheiten zuläßt, nämlich wenn sie durch Arbeitsstoffe oder durch Strahlen hervorgerufen worden sind.

Das heißt, Belastungen durch Tragen, Heben, durch Nässe, Kälte, Hitze, Streß können selbst dann nicht als Berufskrankheiten anerkannt werden, wenn sie eindeutig – eindeutig, was ja nicht immer einfach nachzuweisen ist – dadurch verursacht worden wären.

Der zweite Punkt in dieser sogenannten Generalklausel, die keine Generalklausel ist, ist der, daß diese Krankheiten nur dann Anerkennung finden, wenn sie eine Erwerbsminderung um mindestens 50 Prozent bedeuten würden, während die sonst übliche Regelung, daß schon 20 Prozent Erwerbsminderung zur Anerkennung ausreichen, bei dieser Generalklausel nicht gültig ist.

Da haben wir einen Punkt gefunden, einen unter vielen, an dem nachvollziehbar ist, daß diese Generalklausel nicht nur falsch ist und keine Generalklausel ist, sondern daß sie unter vielen anderen Ursachen mit eine Ursache dafür ist, daß so wenige Menschen tatsächlich Anerkennung für ihre Berufskrankheit finden, obwohl sie tatsächlich durch den Beruf krank geworden sind.

Das ist der Punkt, der zur Debatte steht, meine Damen und Herren. Der Gesetzgeber ist aufgerufen, aus dieser falschen Generalklausel eine echte Generalklausel zu machen. Alle sprechen sich dafür aus – nicht nur die Arbeiterkammer, nicht nur, soweit ich weiß, auch das Arbeitsinspektorat, auch die Unfallversicherung, zumindest wesentliche Exponenten sprechen sich dafür aus, daß es eine echte Generalklausel geben soll, und trotzdem gibt es eine solche nicht.

Meine Damen und Herren! Das ist der Punkt und der Grund, warum wir diesen Antrag einbringen: weil die darin geforderten Maßnahmen unserer Meinung nach vielen Menschen, dem Krankenpflegepersonal, den Lastwagenfahrern und vielen anderen Berufsgruppen, die gar nicht durch Heben und Tragen, sondern durch Berufskrankheiten geschädigt werden, die zum Teil erst jetzt richtig erfaßt und erkannt worden sind, eine Möglichkeit bieten würden, auch eine Anerkennung ihres Schadens zu erhalten.

Die Tatsache, daß sich auf diesem Gebiet bisher so wenig bewegt hat und daß der Gesetzgeber und die zuständigen Sozialversicherungsanstalten, aber auch das Ministerium bisher nicht bereit waren, entsprechende Maßnahmen zu setzen, spricht Bände und zeigt eigentlich, wie schlecht entwickelt die Bereitschaft der verantwortlichen Stellen ist, den Betroffenen zu etwas mehr Rechten, zu etwas mehr Anerkennung zu verhelfen und dadurch auch sicherzustellen, daß das, was in der Arbeitswelt noch immer Leid und Krankheit verursacht, minimiert werden kann.

Meine Damen und Herren! Das wäre eigentlich ein Anliegen, das uns alle hier in diesem Hohen Haus einen sollte, und ich bin deshalb sehr gespannt darauf, wie die anderen Parteien und ihre Vertreter auf diesen Vorschlag der Grünen antworten werden. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Motter und Smolle.)

19.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dietachmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.03

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich denke, Herr Kollege Öllinger, die wichtigsten Maßnahmen in diesem Zusammenhang wären natürlich zu setzen. Ich weiß schon, daß es nicht möglich ist, alles auf einmal umzusetzen, aber ich glaube, das wichtigste wäre, überhaupt einmal Vorsorge dafür zu treffen, daß Berufskrankheiten erst gar nicht entstehen.

Mir ist schon klar, daß immer etwas vorkommen wird, aber daß die Zahl der Berufskrankheiten zurückgeht, wie Sie das angesprochen haben, ist, denke ich, die Auswirkung dessen, daß in den letzten Jahren im Arbeitnehmerschutz sehr viel geleistet wurde, daß sehr viel Vorsorge betrieben wurde und zahlreiche Präventivmaßnahmen gesetzt wurden, um die Zahl der Berufskrankheiten einzudämmen.

Der Antrag der Grünen unterscheidet sich vom derzeitigen Gesetzestext in § 77 Abs. 2 nur durch die wenigen Worte: "durch die Verwendung schädigender Stoffe und Strahlen". Das ist der Unterschied zwischen dem von Ihnen vorgeschlagenen Text und dem derzeitigen Gesetz.

Aus der Sicht der Arbeitnehmer ist anzumerken, daß derzeit nur der Unfallversicherungsträger diese Generalklausel in Anspruch nehmen kann. Der einzelne Versicherte kann sich auf diesen § 77 Abs. 2 eben nicht berufen. Es ist schon richtig, was Sie gesagt haben: Nur wenn die Unfallversicherung feststellt und auch nur dann, wenn gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, kommt diese Generalklausel zur Anwendung.

Wünschenswert wäre unter Umständen, daß sich der Versicherte selbst auf diese Generalklausel berufen könnte. Es wäre auch denkbar, daß der Versicherte einen Antrag gemäß Abs. 2 stellt. Die Unfallversicherung müßte in der Folge einen entsprechenden Bescheid erlassen, der vom Versicherten dann vor Gericht bekämpft werden könnte. Das wäre auch eine Möglichkeit, die es wert ist, diskutiert zu werden.

Außerdem wäre in diesem Zusammenhang noch zu überlegen, ob nicht die Beweislast anders verteilt werden könnte. Man könnte ja die Beweislast so aufteilen, daß der Versicherte nur beweisen muß, daß er erstens mit schädigenden Stoffen gearbeitet hat und zweitens schwer erkrankt ist. Wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, soll der Anscheinbeweis einmal dafür sprechen, daß die Erkrankung des Versicherten mit seiner beruflichen Tätigkeit in Verbindung steht. (Abg. Öllinger: Da sind wir sofort dabei!) Erst wenn die Unfallversicherung beweisen kann, daß die Erkrankung aus einem anderen Grund – etwa durch Vererbung oder irgend etwas anderes – eingetreten ist, könnte gelten, daß keine Berufskrankheit vorliegt. Auch das wäre ein gangbarer Weg. (Abg. Öllinger: Macht einen Antrag!)

Meine Damen und Herren! Sie sehen, das ist eine gar nicht einfache Materie. Im Zuge oberstgerichtlicher Entscheidungen wurde wiederholt ganz deutlich gesagt, daß die Entscheidungen bisher eher nicht im Sinne der Arbeitnehmer getroffen wurden.

Als Beispiel habe ich hier eine oberstgerichtliche Entscheidung aus dem Jahr 1987, in der es heißt: "Ob eine Krankheit als Berufskrankheit gemäß § 77 Abs. 2 ASVG gilt, kann nicht als Vorfrage im sozialgerichtlichen Verfahren geprüft werden." – Das ist eine ganz eindeutige Aussage.

Eine zweite Entscheidung aus 1988 lautet: "Die Anerkennung auch anderer Krankheiten als der bereits in Anlage 1 erfaßten ist nur durch den Träger der Unfallversicherung möglich."

Meine Damen und Herren! Im Zuge der 32. ASVG-Novelle 1976 haben wir schon einmal diese Generalklausel, allerdings in der zitierten eingeschränkten Form, diskutiert und auch festgelegt. Es ist in der letzten Zeit auch eine Reihe weiterer Krankheiten dem Bild der Berufskrankheiten nähergerückt. Strittig sind zum Beispiel Sehnenscheidenerkrankungen sowie Erkrankungen der Wirbelsäule.

Ich finde, es war richtig, daß die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales die Unfallversicherungsanstalt ersucht hat, die Problematik der Aufnahme berufsbedingter Wirbelsäulenschäden und Sehnenscheidenerkrankungen in die Liste der Berufskrankheiten bis Ende 1999 einer fundierten Prüfung zu unterziehen. Ich denke, wenn diese Unterlagen vorliegen, dann können wir im Ausschuß auch entsprechend darüber beraten und gegebenenfalls eine Gesetzesänderung durchführen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

19.09

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Antrag, der von Herrn Kollegen Öllinger und Freunden eingebracht wurde, hat sicherlich keinen besonderen Seltenheitswert. Wir haben uns mit diesem Thema schon in mehreren Sozialausschußsitzungen beschäftigt. Zugegeben, wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß sich auch auf diesem Gebiet laufend Veränderungen ergeben, gleichzeitig können wir aber auch darauf verweisen, daß wir gerade im Arbeitnehmerschutz nicht nur modern, sondern aktuell und problembezogen vorgehen. Es ist im großen und ganzen, wie ich meine, ein sehr gutes Gesetz, mit dem wir uns hier auseinanderzusetzen haben.

Die Berufskrankheitenliste ist gesetzlich genormt. Sie ist zwar, was die Zahl der ausgewiesenen Krankheiten anlangt, sicherlich nicht so breit angelegt wie die diesbezügliche Richtlinie der Europäischen Union, es besteht aber keinerlei Verpflichtung, diese Richtlinie einzuhalten.

Darüber hinaus möchte ich auch sehr deutlich feststellen, daß wir mit unserer Berufskrankheitenliste auf unseren Arbeitsmarkt, auf unsere Wirtschaft, auf unsere Ansprüche, aber auch auf unsere Besonderheiten und Gefährdungen Bezug nehmen, während die Europäische Union in ihren Richtlinien auf die Weite und Breite der Union und auf die Gefährdungspotentiale aller Mitgliedsländer in hohem Maße Bezug nimmt.

Herr Kollege Öllinger hat davon gesprochen, daß die Generalklausel, die wir haben, seiner Ansicht nach eher eine Art Spezialklausel darstellt. – Herr Kollege Öllinger! Ich sehe das ganz anders. Wir haben eine korrekte Auflistung der Berufskrankheiten, und darüber hinaus ist die Möglichkeit gegeben, daß das Ministerium in Einzelfällen, nämlich dann, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit 50 Prozent und mehr beträgt und wenn man ermessen kann, daß diese Schädigung ausschließlich aufgrund der beruflichen Tätigkeit entstanden ist, in einem Genehmigungsverfahren zustimmen kann. Ich finde, daß das vorerst ausreicht.

Wir haben uns in einer der letzten Ausschußsitzungen dahin gehend geeinigt, daß es eine Kommission, einen Ausschuß geben soll, der sich mit dieser Frage beschäftigt, und daß wir in diesen Beratungen natürlich auch auf die aktuellen Erfordernisse eingehen müssen.

Ich möchte aber den Vertretern des Ministeriums in meinem Debattenbeitrag schon sehr deutlich sagen, daß ich verwundert darüber bin, daß in diesem Ausschuß, in dieser Arbeitsgruppe die AUVA vertreten ist, der Hauptverband und das Ministerium vertreten sind, keine Frage, aber daß die Sozialversicherungsanstalt der Bauern als zweitgrößter Unfallversicherungsträger nicht die Möglichkeit hat, an der Beratung mitzuwirken. Ich meine, daß das nachgeholt werden muß, weil auch wir unser Wissen, unsere Anliegen und unsere Erwartungen mit einbringen wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Man kann über die Erweiterung der Berufskrankheitenliste selbstverständlich diskutieren. Man wird sich damit befassen müssen. Aber wir sollten sehr deutlich und klar zum Ausdruck bringen, daß die Berufskrankheitenliste nach wie vor auf die echten berufsbedingten Probleme Bezug nehmen muß und nicht auch jene Krankheiten mit aufnehmen kann, die erblich bedingt sind und nicht von beruflichen Einflüssen her rühren.

Aus diesem Grund glaube ich, daß eine Umgestaltung und eine Erweiterung der Generalklausel genauso eine Diskussion wert ist wie die Überlegung, daß die Liste der Berufskrankheiten als solche vielleicht bedarfsorientiert erweitert werden soll. Wir sind jedenfalls für sachliche Gespräche jederzeit zu haben.

Eines ist allerdings Voraussetzung: Es müssen die medizinischen, die wissenschaftlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden, und wir müssen in dieser Diskussion auch auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse Bezug nehmen. Wir müssen außerdem natürlich auch klar sehen, daß wir gewisse Beschränkungen brauchen, weil wir nicht alles über die gesetzliche Unfallversicherung abwickeln können. Wir haben uns auch in der Beratung dahin gehend zu orientieren, daß wir uns wirklich nur auf jene Krankheiten beschränken können, die in der derzeitigen Berufskrankheitenliste noch nicht erfaßt sind, aber aufgrund der geänderten Umstände in der Arbeitswelt Eingang in diese Liste finden sollen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Jawohl!)

19.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.14

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Eingangs meiner Ausführungen möchte ich gleich feststellen, daß Frau Bundesministerin Hostasch anscheinend sehr wenig Interesse am Thema Berufskrankheiten hat. Und ich stelle das schon mit einer gewissen Verwunderung fest, denn gerade sie kommt ja aus einer Partei oder aus der Partei, die sich immer noch anmaßt, die Vertreter der Arbeiter in Österreich zu sein. Und gerade um eine Verbesserung der Situation im Arbeiter- und Angestelltenbereich geht es ja bei dieser Materie.

Ich bin seit 1990 hier im Nationalrat, und bereits ein Jahr später hat die Opposition – haben die Grünen und die Freiheitlichen – begonnen, auf Verbesserungen im Bereich anerkannter Berufskrankheiten zu drängen. Es ist auch nicht der erste Antrag, den Kollege Öllinger in diesem Zusammenhang einbringt. Wir Freiheitlichen haben seinen früheren diesbezüglichen Anträgen natürlich zugestimmt und würden das auch heute sofort tun, wenn es nicht erst die erste Lesung wäre.

Aber folgendes muß man schon, wie ich meine, feststellen: Es ist so typisch für diese Regierungskonstellation, die wir in Österreich haben und die von den Sozialdemokraten dominiert wird, daß es bis Juli 1998 gedauert hat, also etliche Jahre, bis man geringfügige Verbesserungen in Gang gesetzt hat, kleine Reparaturen vorgenommen hat, die man dann in altbewährter Manier als soziale Großtat verkauft hat.

Das Strickmuster ist immer das gleiche: Die Regierung braucht immer Jahre! Zuerst wird überhaupt dementiert, daß so etwas notwendig ist, und dann braucht es Jahre, um Verbesserungen in Gang zu setzen. Die Verbesserungen, die heuer im Juli beschlossen wurden, waren wirklich geringfügig, und gerade in den mir wichtig scheinenden Bereichen hat sich nichts getan.

Ein Bereich von Berufskrankheiten, der immer stärker im Wachsen begriffen – das Thema ist heute schon angesprochen worden –, sind Erkrankungen und Schädigungen des Bewegungs- und Stützapparates, vor allem die sogenannten Bandscheibenschäden. Kollege Öllinger hat nun in seinem Antrag festgestellt, daß ein Unfallversicherungsträger aufgrund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse feststellen soll, daß diese Krankheit ausschließlich und überwiegend bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung entstanden ist.

Dazu ist zu sagen, daß es besonders Frauen sind – zum Beispiel Kellnerinnen, zum Beispiel Arbeiterinnen in Fabriken –, die davon betroffen sind. Und bei den Frauen kommt noch ein Problem hinzu, und das möchte ich in diesem Zusammenhang auch einmal hier präsentieren: Immer wieder kommen bedauernswerte Frauen zu mir, die sich nach mehreren Bandscheibenoperationen trotz Stützmiedern und ähnlichem kaum noch aufrecht halten können, aber weil sie keinen Berufsschutz haben, weil sie unter Umständen auch noch das "Pech" haben, verheiratet zu sein, und daher für sie kein unmittelbarer Notstand ausgebrochen ist, werden sie wieder auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zurückgeführt, obwohl ihr Gesundheitszustand – und das ist ja durch die Erkenntnisse des Arbeits- und Sozialgerichtes erwiesen – es nur zulassen würde, daß sie maximal zwei bis drei Stunden täglich arbeiten, und das abwechselnd in sitzender, stehender und gehender Haltung. Ein geeigneter Arbeitsplatz ist für diese Frauen natürlich nicht zu finden.

Diese Frauen können daher in diesem Zustand auch keine Pensionszeiten erwerben. Es wäre also wirklich sinnvoll, wenn man zumindest auch in diesem Bereich anerkennen würde, daß die Schädigung durch die Ausübung des Berufes entstanden ist und daß sie zumindest einen Anspruch auf eine Invaliditätsrente haben, wenn man ihnen schon aufgrund des fehlenden Berufsschutzes alles andere verweigert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt einen Punkt, auf den ich neuerlich hinweisen möchte. Derzeit passiert folgendes in Österreich: Man versucht auf Kosten der Freiwilligkeit Arbeitsplätze zu schaffen, und zwar im Bereich der Pflegehelfer, im Bereich der – das ist derzeit geplant – Notfallsrettungssanitäter. Diese Menschen haben eine Ausbildungszeit von 1 200 Stunden. Bei den Pflegehelfern ist es schon so, bei den Notfallsrettungssanitätern ist es geplant, aber es gibt für sie keinen Berufsschutz!

Wie stellt man sich das vor? – Wenn diese Rettungssanitäter 20 Jahre lang Menschen über Stiegen hinauf- und hinuntertragen müssen, dann haben sie mit 50 ein kaputtes Kreuz, und dann stehen sie da, können keinen Beruf mehr ausüben und haben keinen Anspruch auf irgendeine staatliche Unterstützung. Ich finde, da müßte man sich seitens der Sozialdemokraten wirklich einmal etwas überlegen. Und wenn Kollege Dietachmayr gesagt hat: Ja, da wäre schon etwas denkbar, aber so einfach ist die Materie nicht!, dann frage ich ihn wirklich: Wenn etwas denkbar wäre, warum haben Sie es dann noch nicht getan?! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

19.19

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich kann mich in Anbetracht der Tatsache, daß sich die VorrednerInnen schon ziemlich klar geäußert haben, kurz fassen. Ich halte es für wirklich wichtig, daß wir in das einschlägige Gesetz eine Bestimmung hineinbringen, die im Effekt die eigentliche Bestimmung wäre, nämlich die Generalklausel im eigentlichen Sinne des Wortes, in einer moderaten Form formuliert, sodaß sich das, was wir bisher gemacht haben, nämlich die taxativen Aufzählungen, dann als das darstellt, was es ist: als Fälle, bei denen außer Zweifel steht, daß eine Berufskrankheit vorliegt.

Wir brauchen diese Generalklausel deswegen, weil sonst ein "Bäumchen wechsle dich"-Spiel mit den Betroffenen gespielt wird, letztlich ausschließlich zur Schonung der Kassen der verantwortlichen Sozialversicherungsträger. Aber das kann es nicht sein. Daher hoffe ich, daß wir sehr bald im Ausschuß Gelegenheit haben werden, über diesen Antrag zu diskutieren und zu einer möglichst baldigen, hoffentlich einstimmigen Beschlußfassung zu kommen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte.

19.20

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Daß dieser Antrag nicht nur eine humanitäre Dimension aufweist, daß dieser Antrag nicht nur eine sozialpolitische Notwendigkeit ist, sondern daß dieser Antrag auch ganz wesentliche volkswirtschaftliche Dimensionen hat, möchte ich Ihnen kurz darlegen. Dazu zitiere ich ein Schreiben der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt:

"Auch in Österreich wird zunehmend gefordert, Wirbelsäulenerkrankungen und Erkrankungen der Sehnenscheiden in die Liste der Berufskrankheiten aufzunehmen. Aus unserer Sicht" – Allgemeine Unfallversicherungsanstalt – "bestehen massive Bedenken gegen eine Erweiterung, da zu befürchten ist, daß der damit verbundene Aufwand ohne Beitragserhöhung nicht finanzierbar ist."

Es geht also darum, daß das nicht finanziert werden soll, weil es anscheinend nicht finanziert werden kann. Reine Finanzkriterien werden herangezogen, um zu entscheiden, ob jemand Zuschläge und Zuschüsse erhält, weil er im Arbeitsprozeß geschädigt wurde, im Arbeitsprozeß geschunden wurde, im Arbeitsprozeß unter gesundheitlich bedenklichen Bedingungen arbeiten mußte.

Das ist der wahre Kern! Das ist der Hintergrund, und deswegen hat dieser Antrag sehr wohl auch eine wirtschaftliche, eine volkswirtschaftliche Dimension. Bedenken Sie: Die Leute, die aufgrund der Arbeitsbedingungen krank geworden sind, fallen ja durch die Sozialversicherung durchaus der Allgemeinheit zur Last. Sie finanzieren durch Ihre Beiträge die Behandlung dieser Leute, die gesund wären, hätte man ihre Arbeitsplätze umgestaltet und ihre Arbeitsbedingungen geändert.

Der Antrag dient dazu, Druck zu erzeugen, daß Initiativen entstehen, die Arbeitswelt insgesamt gesünder, menschenwürdiger und humaner zu gestalten, sodaß die Krankheitsfolgen nicht der Allgemeinheit zur Last fallen und nicht der Allgemeinheit in die Geldbörse gegriffen wird.

Es geht darum, daß wir jetzt an den Wurzeln arbeiten. Und Druck kann nur entstehen, wenn der Anspruch auf eine Rente besteht, die auch die Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Belastungen, die man im Arbeitsleben ertragen hat, dokumentiert. Das ist für mich auch ein Ansatzpunkt, der über das Humane, über das Sozialpolitische hinaus weit in das Volkswirtschaftliche hineinstößt und der in Ihren Ohren normalerweise eher Widerhall und Echo findet als andere Argumentationsketten.

Ich ersuche Sie deshalb, diesem unseren Antrag in der parlamentarischen Diskussion in den Ausschüssen auch unter diesem Gesichtspunkt sehr viel Bedeutung zuzumessen. Es geht um die Humanisierung und auch um eine günstigere volkswirtschaftliche Gestaltung der Arbeitswelt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Blünegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.23

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! In der Praxis kommt es immer wieder vor, daß Arbeitnehmer frustriert sind: erstens weil sie keine Berufsunfähigkeitspension erhalten, zweitens weil ihre Krankheit nicht als Berufskrankheit im ASVG aufgezählt ist. Und es gibt noch verschiedene andere Gründe.

Im Einzelfall sollte die Möglichkeit bestehen, dann, wenn eine Krankheit überwiegend beziehungsweise nur bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung entsteht und die medizinischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigen, daß sie berufsbedingt ist, eine Berufskrankheit festzustellen.

In diesem Sinne begrüße ich den Antrag des Abgeordneten Öllinger. Wir Freiheitlichen werden ihm sicher die Zustimmung geben. Denn in der Praxis schaut es ja auch so aus: Ob im Baugewerbe, in der Industrie oder im Dienstleistungsbereich, es kommt überall zu Berufskrankheiten, die in keinem Katalog enthalten sind und dadurch von Haus aus nicht berücksichtigt werden.

Wir Freiheitlichen werden diesen Antrag im Sozialausschuß sicher mitgestalten und in diesem Sinne eine gerechtere Situation schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung des Abgeordneten Gaugg vor. Auch bei Ihnen stelle ich 4 Minuten ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.25

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Einer der Vorredner meinte, es sei ein Rückgang bei der Zahl der Berufskrankheiten feststellbar, aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn wahr ist vielmehr auch, daß vielfach die alten Krankheitsbilder beziehungsweise die alten Berufskrankheiten noch gelten, die es heute in diesem Umfang und Ausmaß zum Teil nicht mehr gibt. Und Kollege Donabauer macht es sich überhaupt am leichtesten. Er sagt, EU-Richtlinien gebe es schon, aber die setzen wir nicht um. – Also überall dort, wo Richtlinien gut sind für die Regierungsparteien, werden sie umgesetzt, aber bei jenen, die im Interesse der arbeitenden Bevölkerung wären, zögert man. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir erleben immer wieder, daß bei Einzelfällen darauf hingewiesen wird, daß mehr als 50 Prozent Erwerbsfähigkeit nicht mehr gegeben sind, daß aber die Erwerbsunfähigkeit zu 100 Prozent aus der Berufsausübung erfolgen muß. Jetzt frage ich Sie: Wenn jemand Bandscheibenprobleme hat und in seinem Leben jemals Tennis gespielt hat, kann er dann nie mehr eine Berufskrankheit haben? – Das kann ja nicht im Interesse des Gesetzgebers sein.

Was noch hinzugekommen ist: Es gibt neue Berufskrankheiten, nämlich auch psychischer Art, von Mobbing bis hin zu psychischem Druck, der auf weibliche Bankangestellte an den Schaltern ausgeübt wird und ähnliches mehr. Diese neuen Krankheiten, diese neuen Erscheinungsbilder im Arbeitsprozeß sollte man verstärkt berücksichtigen. Die Kriterien dafür sollten objektiv und nachvollziehbar sein.

Nächster Punkt: Für mich ist ein fehlerhaftes System bei den Kuraufenthalten feststellbar. Es gibt Menschen, die jahrelang, jahrzehntelang fleißig arbeiten und dann aufgrund ihrer angeschlagenen Gesundheit auf Kur fahren möchten. Diese kommen nicht dran. Andererseits gibt es aber Angestellte, die sich "rechtzeitig" – unter Anführungszeichen – ihre Kuraufenthalte haben bewilligen lassen, und die können dann in regelmäßigen Abständen Kuraufenthalte in Anspruch nehmen und werden begünstigt.

In vielen Entscheidungen berufen sich die Arbeits- und Sozialgerichte, bei denen auch ich als Laienrichter tätig bin, auf die bestehenden Gesetze, nämlich darauf, daß sie Berufskrankheiten nicht in jenem Umfang zur Verfügung haben, um zu entscheiden, daß man tatsächlich in vorzeitige Alterspension gehen kann, obwohl sie dies gerne täten. Daher appelliere ich eindringlich an die Regierungsparteien, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Die erste Lesung ist damit beendet, und ich weise den Antrag 863/A dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zu.

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1442 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (1511 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1441 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird (1512 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1159 der Beilagen): Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region (1514 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1388 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (1515 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 811/A der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Studien an den Universitäten (Universitäts-Studiengesetz – UniStG), BGBl. I Nr. 48/1997, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 38/1998, geändert wird (1351 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nun zu den Punkten 7 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde zu allen Tagesordnungspunkten verzichtet.

Wir beginnen jetzt sofort mit der Debatte.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Krüger das Wort. (Abg. Dr. Krüger bleibt neben den Sitzreihen der Freiheitlichen stehen. – Abg. Dr. Graf: Wo ist Minister Einem?) Ist jetzt klargestellt: Bleibt es bei der Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Krüger? Ich habe ihn aufgerufen! (Neuerlicher Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Warten Sie eine Sekunde! (Rufe bei den Freiheitlichen: Der Minister ist nicht da! – Abg. Dr. Graf: Ist er zurückgetreten? – Präsident Dr. Neisser erkundigt sich nach dem Eintreffen von Bundesminister Dr. Einem.)

Ich unterbreche kurz die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 19.30 Uhr unterbrochen und um 19.31 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und begrüße Herrn Bundesminister Dr. Einem.

Herr Abgeordneter Dr. Krüger, ich erteile Ihnen jetzt noch einmal das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Krüger – auf dem Weg zum Rednerpult zu Bundesminister Einem –: Grüß Gott, Herr Bundesminister!)

19.32

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß es an der Zeit wäre, daß der Herr Bundesminister zu Fragen der Wissenschaft und der Studierenden klar Stellung bezieht. (Abg. Aumayr: Die SPÖ-Fraktion ist weg!) Es ist zunächst einmal mit Bedauern festzustellen, daß bei einer so wichtigen Debatte wie der Wissenschaftsdebatte und angesichts der Tatsache, daß ein Minister der SPÖ-Fraktion hier auf der Regierungsbank sitzt, so wenig Zuhörer in den Reihen der SPÖ vorhanden sind. Ich weiß nicht, ob das schon ein Zeichen von Mißtrauen ist, das die SPÖ-Fraktion dem eigenen Minister hier entgegenbringt (Widerspruch bei der SPÖ), wenn da lediglich vier Abgeordnete von der SPÖ den Minister an einem für ihn sicher schweren Tag unterstützen, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn das, was sich jetzt im Wissenschaftsbereich abspielt, ist gewissermaßen nur der Prolog für weitere, teilweise schon angekündigte Aktionen in der Verkehrsdebatte. Das ist sozusagen nur die Einleitung dazu.

Herr Minister, worum geht es denn? – Ich habe gesehen, daß die Kollegin Ablinger als Zweitrednerin zu Wort gemeldet ist. – Mich interessiert vor allen Dingen eines, Herr Bundesminister und Kollegin Ablinger als Linzer Abgeordnete – ich möchte Ihnen die Atmosphäre aus dem Ausschuß schildern –: Wir haben bereits bei der letzten Reform des Studienwesens in Österreich den Antrag gestellt, für die Linzer Hochschule für industrielle Gestaltung, jetzt Universität, einen eigenen Titel, und zwar den "Magister des Designs" einzuführen. Das entspricht einem alten Wunsch der Linzer Universität, einem alten Wunsch der Studenten dort und einem alten Wunsch auch des Rektors, der, wie ich bereits im Ausschuß erwähnt habe, mir wegen dieses Titels die Tür einrennt.

Ich bin schon erstaunt, Kollege Niederwieser, daß du mir zwar dein Wohlwollen zu dieser Antragstellung ausdrückst, daß du mir im Einklang mit dem geschätzten Kollegen Koppler, der auch von der Notwendigkeit dieses Titels für die Linzer Kunstuniversität beziehungsweise für die Studenten dort überzeugt ist, die Zustimmung dazu signalisierst, daß du aber dann, wenn es um die tatsächliche Einführung dieses Titels geht beziehungsweise wenn es darum geht, die Tagesordnung um diesen Gesetzesantrag zu ergänzen, dagegen stimmst, daß dieser Antrag überhaupt behandelt wird, und zwar mit dem lapidaren Hinweis: Na wir kommen schon noch rechtzeitig dazu, das hat ja alles keine Eile! Eine Novelle wird ja irgendwann einmal in den nächsten Monaten ins Haus stehen!

Das ist eine zutiefst unfaire Vorgangsweise: zwar für eine Sache zu sein, aber nur deswegen, weil es von der freiheitlichen Opposition vorgeschlagen und eingebracht wurde, justament dagegen zu sein.

Kollegin Ablinger! Ich bin wirklich schon neugierig, was du hier dazu sagen wirst. Aber wir werden in Linz unter die Leute bringen, daß die Fraktion, die für die Linzer Studenten der Kunstuniversität etwas macht, nicht etwa die SPÖ, sondern die FPÖ ist und daß von der SPÖ nur blockiert wird und Hindernisse in den Weg gelegt werden. Das muß man einmal klar sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ist es denn eine derartige Peinlichkeit für die SPÖ, dem zuzustimmen, obwohl sie in der Sache dafür ist?

Das zweite – Herr Bundesminister, da wiederhole ich meine Aufforderung, Farbe zu beken-
nen –: Ich entnahm der heutigen Ausgabe des "Kurier" die Mitteilung, daß die bisherige Parole von Minister Caspar Einem – ich zitiere wörtlich – "zum Reizthema Studiengebühren ein kompromißloses Njet war". Nun ist es schon einmal bemerkenswert, Herr Bundesminister, daß Sie nicht etwa ein Nein oder ein No sagen, sondern ein Njet sagen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Einem.)

Nein, Herr Bundesminister, davon bin ich weit entfernt, sondern ich glaube, daß es für Sie doch schwer ist, Ihre ideologischen Wurzeln ganz abzuschlagen – nicht zum Kommunismus sowjetischer Prägung, so weit gehe ich nicht – zum kommunistischen Gedankengut. Daß Sie damit sympathisieren, können Sie nicht ganz verleugnen. (Abg. Dr. Graf: Sympathie zum Marxismus!)

Herr Bundesminister! Ich habe einen prominenten Zeugen, nämlich Herrn Professor Khol, was die Sympathie der SPÖ zum Kommunismus betrifft. (Abg. Dr. Graf: Zum Marxismus!) Herr Klubobmann und Professor Khol! Es stammt doch aus Ihrer Feder die Feststellung, daß die SPÖ in Wahrheit auch für die Ziele des Kommunismus eintritt, allerdings auf einem anderen Weg. Das steht ja in Ihrem Buch geschrieben. Ich befinde mich also in bester Gesellschaft, wenn ich glaube, daß dieses Ihr "Njet", Herr Bundesminister, doch auch auf Reste eines nach Osten hin gewandten Gedankengutes zurückzuführen ist. (Abg. Dr. Khol: Sie haben nicht verstanden, was Sie da gelesen haben!)

Von Ihnen, Herr Klubobmann Khol, wissen wir ja, daß Sie sich heute davon distanzieren, was Sie gestern gesagt haben. Sie sind ja für Ihre "Geradlinigkeit" bekannt, das ist ja kein Geheimnis. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Welches Buch meinen Sie?)

Sie haben zu mir schon vor Monaten gesagt, daß Sie sich bei meinem Kollegen Haigermoser entschuldigen werden dafür, daß Sie gesagt haben, er habe einen 30-Millionen-Schilling-Betrug begangen. Obwohl Sie im Unrecht sind, haben Sie sich bis heute dafür nicht entschuldigt. Von Ihrer "Geradlinigkeit" halten wir wirklich sehr viel, Herr Professor Khol! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich würde auch nicht so weit gehen wie Sie in Ihrer Analyse, der SPÖ zu unterstellen, daß sie kommunistische Verhältnisse in unserem Land wünscht. Das würde ich nicht unterstellen! (Abg. Dr. Khol: Welches Buch meinen Sie denn?)

Nun wende ich mich Bundesminister Einem zu. Ich glaube, einer der wichtigsten Diskussionspunkte im Studienwesen ist doch die Frage der Studiengebühr. Da stelle ich fest, daß der Wissenschaftsminister seine Haltung, sein Njet zur Einführung von Studiengebühren aufgegeben hat und sich jetzt unter bestimmten Umständen Studiengebühren vorstellen kann. (Zwischenruf des Abg. DDr. Niederwieser.) In diesem Zusammenhang sei auch das Verdienst des Herrn Kollegen Niederwieser, der mich jetzt mit Zwischenrufen zu stören versucht, genannt, der ja auch als Befürworter eines Weges der Einführung von Studiengebühren auftritt. Da gilt es jetzt, Farbe zu bekennen.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich bin ja nicht verantwortlich für das neue Programm der SPÖ, aber soweit ich mich erinnern kann, erteilt dieses neue Programm der SPÖ – ich glaube, Herr Bundesminister, Sie zeichnen dafür ja auch verantwortlich – der Einführung von Studiengebühren eine klare Absage, hat es ein Njet, um bei Ihrer Sprache zu bleiben, dazu gegeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Sie müssen sich jetzt schon entscheiden, was Sie eigentlich wollen. Werden Sie das Parteiprogramm wieder ummodeln? Doch das soll nicht meine Sorge sein! Aber es ist die Sorge der Studenten in Österreich, ob sie nach diesem Anschlag auf die studentischen Interessen Österreichs auch noch gewärtigen müssen, mit der Einhebung von Studiengebühren zu leben. Dazu erwarte ich mir von Ihnen eine ganz klare Aussage. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte zu einem anderen Punkt auch etwas sagen: Sehr interessant waren, Herr Minister, auch Ihre Ausführungen zu den Befürchtungen der Linzer Universität betreffend Schließung oder mögliche Einschränkung des Instituts für technische Physik. Ich möchte Sie auch in diesem Punkt in aller Form ersuchen, eine Klarstellung zu treffen zu dem Arthur-D.-Little-Plan, der so ohne weiteres und lapidar die Feststellung trifft, daß die Studenten zuviel kosteten, daß der Output zu gering sei und überhaupt nicht qualitativ gearbeitet werde.

Herr Bundesminister! Wie ist dazu Ihre Haltung? Sagen Sie dazu auch ein Njet, erteilen Sie diesen Plänen auch eine Absage, respektieren Sie nach wie vor die Autonomie der Universität, oder wollen Sie über die Anliegen der Linzer Studenten auch drüberfahren genauso wie Kollege Niederwieser unter der Assistenz der Kollegin Ablinger, die leider auch drüberfährt über den berechtigten Antrag der Linzer Studenten, die wirklich nachgewiesen haben – auch dem Kollegen Koppler –, daß sie durch die Nichteinführung dieses Titels und die Beschränkung ihres Titels auf den Magister der Künste wirkliche Nachteile im Wettbewerb haben? Ich bitte, dazu ein Bekenntnis abzugeben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ablinger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.41

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Herr Kollege Krüger, ich habe geglaubt, daß wir zumindest ein Wort zu den Studienförderungsgesetzen von Ihnen hören würden. (Abg. Dr. Graf: Sind Sie auch für die Einführung von Studiengebühren?) Nein, aber ich komme noch darauf zu sprechen! – Ich nehme daher zunächst einmal an, daß es von seiten der Freiheitlichen die ungeteilte Zustimmung zu diesem Gesetz gibt. Es war dir dieses Gesetz, über das wir im Ausschuß verhandelt haben, nicht eines Wortes wert. Das verstehe ich überhaupt nicht! Das zum ersten. (Abg. Dr. Graf: Es sind mehrere Gesetzesvorlagen auf der Tagesordnung, Frau Kollegin! Fünf Vorlagen sind auf der Tagesordnung, wovon nur eine die Studienförderung betrifft!)

Zum zweiten, zur Frage des Mag. des. ind., kann ich folgendes sagen: Im Ausschuß hat es erstens immer die Bereitschaft gegeben, darüber zu reden, und zweitens ist darauf hinzuweisen – das kommt bei vielen Diskussionen zum Ausdruck, und wenn du ehrlich bist, gibst auch du es zu –, daß seriöse Unternehmen nicht auf den Titel schauen, sondern auf das, was die Leute können. Ich kenne viele Unternehmen, die nicht einmal darauf schauen, ob jemand studiert hat oder nicht, sondern darauf, was jemand gemacht hat, welche Erfahrungen jemand einbringt.

Noch einmal: Es gibt – und das hat auch schon Kollege Niederwieser gesagt – eine Bereitschaft, sich darüber zu unterhalten, ob man diesen Titel einführen soll. Aber wir sind – und das sage ich dir schon – nicht davon überzeugt, daß es in dem von dir geschilderten Ausmaß Benachteiligungen gibt. Wir wissen aus vielen Erfahrungen – und das läßt sich nicht abstreiten, das weißt du genauso wie ich –, daß es entscheidend ist, welche Erfahrungen die Leute mitbringen, und nicht, welchen Titel sie haben. Es gibt Leute, die etwas studiert haben, was nichts mit dem zu tun hat, was sie dann in ihrer Tätigkeit ausüben. Punkt! (Abg. Dr. Krüger: Dann können wir alle Titel abschaffen!) Nein, aber das ist die Realität! (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) Nein, das ist überhaupt nicht richtig! Ich kenne genügend Leute, die etwas studiert haben, was nichts mit dem zu tun hat, was sie dann in ihrer Tätigkeit machen.

Wir haben im Ausschuß darauf bestanden, über das zu reden, was unserer Meinung nach das Wichtigste dabei ist, und das ist das Studienförderungsgesetz und damit im Zusammenhang der Bericht zur sozialen Lage. Ich habe im Ausschuß gefunden, daß es ein sehr interessanter und ein sehr guter Bericht war, ein Bericht, der sehr gut die Veränderungen in den letzten Jahren wiedergegeben hat, vor allem in bezug auf die Verbindung von Studium und Beruf. Darauf soll ja mit einem Teil dessen, was wir heute beschließen, reagiert werden.

Die betreffenden Zahlen schauen folgendermaßen aus: Während im Jahre 1990 42,5 Prozent der Studierenden nicht erwerbstätig waren, waren es fünf Jahre später nur noch 25 Prozent. Ich glaube, die Zahl aus 1997 liegt bei ungefähr 18 oder 19 Prozent. Das heißt, es verändert sich die Zahl jener Studierenden, die gar nicht erwerbstätig sind, rasant. In gleichem Ausmaß steigt die Zahl jener Studierenden, die regelmäßig erwerbstätig sind, und zwar von 21 Prozent im Jahre 1990 auf 34,5 Prozent im Jahre 1995.

Ein weiterer Punkt in diesem Bericht zur sozialen Lage, den ich sehr interessant gefunden habe, ist der Umstand, daß die Studienanfänger und -anfängerinnen immer älter werden, was offensichtlich auch mit der Tatsache zu tun hat, daß sie Arbeit und Studium verbinden, daß man sich dafür entscheidet, zuerst zu arbeiten und dann erst zu studieren. Diese Entwicklung nimmt ständig zu.

Wir reagieren mit diesem heutigen Gesetz auf diese Entwicklung. Mit dieser Regelung der Studienabschlußphase wird meiner Meinung nach eine wesentliche Verbesserung für diese Entwicklung, nämlich die Tatsache, daß immer mehr Leute arbeiten und studieren, erreicht, weil sie sich im letzten Studienjahr tatsächlich auf den Abschluß konzentrieren können, da sie entsprechende Förderungen erhalten. Damit werden wir in Zukunft die Drop-out-Raten reduzieren können, die sich vor allem auch bei jenen Studenten finden, die lange Zeit studieren, aber den Abschluß nicht schaffen, weil das intensive Studium in der Zeit des Abschlusses nicht möglich ist neben der beruflichen Tätigkeit.

Insofern glaube ich, daß wir heute einen guten ersten Schritt gesetzt haben, der ja hier im Hohen Haus bis auf das Liberale Forum, nehme ich an, breite Zustimmung findet, wiewohl wir uns gemeinsam dazu entschlossen haben, daß wir einen weiteren Schritt setzen werden. So haben wir uns, was die Frage des Teilzeitstudiums betrifft, vorgenommen, uns noch viel mehr darauf zu konzentrieren und uns mit Fragen der Förderungsmittel zu beschäftigen. Und da könnte man vielleicht durchaus ein russisches Wort verwenden: Dawai, dawai! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.46

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte natürlich die Worte meiner Vorrednerin beherzigen und über das Studienförderungsgesetz reden und nicht in andere Bereiche abschweifen. Wenn sie einmahnt, daß wir uns auf die Tagesordnung konzentrieren sollen, dann tue ich das hiemit sehr gerne.

Was ist eigentlich der Sinn dieses Gesetzes? – Herr Lukesch, Sie haben es heute in einer Presseaussendung richtig dargestellt, und ich möchte Ihnen dazu gratulieren.

Der Sinn dieses Gesetzes ist es, einen Teil des Sparpaketes 1997 wieder abzufedern. (Abg. Dr. Lukesch: Lesen Sie weiter!) Das ist, finde ich, eine richtige Äußerung! Sie reparieren das, was Sie im Prinzip verbrochen haben: Der Bund sparte nämlich 1997 über die Sparpakete rund 450 Millionen Schilling. Durch die völlige Streichung von Schulfahrtbeihilfe und Schülerfreifahrten lukrierte der Staat eine Ersparnis von 530 Millionen Schilling. Eine Verschärfung bei der Regelung für Kinderabsetz- und Unterhaltsabsetzbeträge ergab ein Einsparungsvolumen von 160 Millionen Schilling.

Jetzt haben wir demgegenüber eine Erweiterung um 200 Millionen Schilling. Ich kann nur sagen: Höchste Zeit! Ich habe nichts dagegen, wenn man zielsicher fördert. Dagegen habe ich überhaupt nichts! Aber zu sagen und zu behaupten, das wäre ein Fortschritt gegenüber einem Zustand, den Sie selbst herbeigeführt haben, nämlich daß es den Studentinnen und Studenten in der letzten Zeit schlechter gegangen ist, halte ich wirklich für eine Anmaßung.

Eine Reform in Form eines Fleckerlteppichs ergibt zum Schluß doch keinen Perserteppich. Das ist es, was ich kritisiere! Sie stellen nicht die Individualbedürfnisse in den Vordergrund, sondern Sie stellen einen Raster in den Vordergrund, in welchen sich der Student oder die Studentin hineinzupressen hat. Das ist es, was wir kritisieren!

Wir haben nichts gegen Fortschritte, allerdings glauben wir nicht, daß wir dann, wenn wir drei Punkte in dem ganzen Konzept angehen, damit eine große Errungenschaft erzielt haben. Wir würden es eher anders gestalten wollen. Es gibt keinerlei Flexibilität. Bei den Nebeneinkommensgrenzen ist es so, daß man, wenn man einen Schilling mehr verdient, als die Grenze vorsieht, durch den Rost fällt. Es ist kein Einschleifen, keine Flexibilität möglich.

Bei den Studienabschlußstipendien, die in der Intention eine sehr gute Maßnahme darstellen, sind die Bedingungen so, daß man aus dem Erwerbsleben total ausscheiden muß, was soviel heißt, daß man kündigen muß. Das halte ich für keine sinnvolle Vorgangsweise. Man läßt keinen Raum für individuelle Arrangements mit seinem Arbeitgeber, daß man beispielsweise nur noch einen Tag pro Woche arbeitet und dafür ein reduziertes Entgelt in Anspruch nimmt.

Damit würde man wirklich den Bedürfnissen der Studentinnen und Studenten gerecht werden, aber das, was man jetzt vorsieht, nämlich daß man nur Entweder-Oder-Lösungen zuläßt, ist wirklich nicht liberal, und das kreiden wir Ihnen an. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Lukesch: Liberal wäre, wenn die Studierenden Klagen gegen die Eltern einbringen würden!) Sie wollen alle über einen Kamm scheren, Herr Kollege Lukesch. Das funktioniert nicht mehr! Die Leute sind in bezug auf ihre Bedürfnisse individueller geworden. Doch das wollen Sie nicht respektieren. Ich glaube, daß Sie das wirklich einmal ernst nehmen sollten.

Wenn Sie von einem "Abfedern" sprechen, so gebe ich Ihnen recht. Abfedern müssen Sie, denn die Situation der Studentinnen und Studenten ist wirklich nicht mehr so, daß man von Durchlässigkeit sprechen kann. Im Sozialbericht ist eindeutig nachgewiesen, daß weniger Studentinnen und Studenten, die Kinder von Eltern aus niedrigeren Einkommensschichten sind, als vorher an die Hochschulen kommen. Das halten wir auch für sehr bedauerlich. Deshalb ist es sinnvoll, sich darauf zu konzentrieren, daß die Durchlässigkeit wieder erhöht wird. Aber so, wie es jetzt gemacht wird, ist das nicht möglich.

Es gibt keine Jahresdurchrechnungen – eine Forderung, die von der ÖH massiv erhoben worden ist. Sie selbst sagen, es wäre eine Regelung im Sinne von 80 000 plus 50 000 wertvoll. Warum, bitte, machen Sie das nicht? (Abg. Dr. Lukesch: Weil die Frau Sozialministerin das blockiert hat!) Warum lassen Sie die Grenzen so, wie sie jetzt sind? Warum lassen die Begrenzungen in puncto Alter so, wie sie jetzt sind? – 30 Jahre; und wenn man alles mögliche nachweisen kann, wird man bis zum Alter von 35 Jahren gefördert. Was ist denn für Sie das lebenslange Lernen? Das ist ja in dem System nicht umsetzbar, das Sie da haben. (Abg. Dr. Krüger: Lebenslang muß lebenslang bleiben!) Kein Wort über Erwachsenenbildung steht in dem ganzen Gesetz. Das sind die Punkte, die wir haben wollen.

Herr Ettl hat heute eine Presseaussendung über das lebenslange Lernen gemacht. Herr Bundesminister! Bitte nehmen Sie sich das zu Herzen, auch wenn Sie das für sehr witzig halten. Bei der Einkommensgrenze, die Sie haben, haben Sie überhaupt kein Problem, irgend jemand in der Familie zu fördern. (Beifall beim Liberalen Forum.) Lachen würden Sie nicht mehr, wenn Sie nur ein Minimum dessen verdienen würden. Dann würde Ihnen das Lachen beziehungsweise das Lachen Ihrer Kinder wahrscheinlich vergehen. Das ist das, was wir ankreiden. (Abg. Dr. Krüger: Sie verdienen auch nicht so schlecht!)

Ich stehe nicht an zu sagen, daß ich es für einen Fortschritt halte, daß jetzt zum Beispiel auch Zeiten von Zivil- und Präsenzdienst berücksichtigt werden. Ich halte es auch für einen Fortschritt, Reisekostenzuschüsse und Sprachstipendien zu ermöglichen. Ich halte es für einen Fortschritt, die Förderung von behinderten Studierenden flexibler zu gestalten, obwohl ich sagen muß, daß dies der Willkür unterliegt, weil Sie über die Handhabung erst eine Verordnung erlassen müssen. Das heißt, daß diese behinderten Studentinnen und Studenten im Prinzip in der Hand der jeweiligen Minister sind. Das halte ich nicht für eine gelungene Maßnahme, obgleich ich Ihnen bestätigen möchte, daß es da zumindest einen Fortschritt gegeben hat.

Kurz zum Studentenheimgesetz: Diesem werden wir zustimmen. Die kurzfristige Vergabe von Heimplätzen halten wir für einen Vorteil. Die unterschiedlichen Bestimmungen betreffend Kündigungsfrist halten wir für einen Vorteil. Daß die soziale Bedürftigkeit Vorrang vor der Vergabe an andere Studierende hat, halten wir für einen Fortschritt. Daß Jahresabschlüsse durch Wirtschaftstreuhänder für größere Einheiten – ab 500 Plätzen – gemacht werden sollen, halten wir in puncto Transparenz auch für einen Fortschritt.

Was ich noch ankreiden möchte: Mein Kollege hat über Linz gesprochen; ich möchte dort etwas anderes ankreiden. Es gibt in Linz ein Studentenheim, in dem mit Hilfe der Schlüssel von Studierenden, die dort gewohnt haben, registriert worden ist, um wieviel Uhr sie nach Hause gekommen sind. Dies ist protokolliert worden, und mittels Kameraüberwachung ist genau kontrolliert worden, welche Bewegungen auf den Gängen geschehen, das heißt, wer in welche Zimmer geht, wer wann herauskommt und so weiter.

Man kann einerseits sagen, daß manche Studierende in Studentenheimen ein erhöhtes Schutzbedürfnis haben. Das verstehe ich, und vielleicht kann man für Personen, die sich besonders gefährdet fühlen oder besonderen Schutz für sich selbst verlangen, ein eigenes Stockwerk einrichten. Aber daß man generelle Überwachungen durchführt, sodaß der Portier genau Bescheid weiß, wer wohin geht, um wieviel Uhr das passiert und wer wie lange in welchem Zimmer ist, das halte ich wirklich nicht für eine sehr schöne Sache. Die Linzer haben das schon längst angekreidet. Es wurde rechts und links urgiert, zu überlegen, wie man diese Situation beenden kann. Ich hoffe, daß das mittlerweile geschehen ist. Aber ich halte es für eine merkwürdige Vorgangsweise eines Studentenheimbetreibers, daß er solche Kontrollwünsche entwickelt. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. Freiwillige Redezeit: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.55

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Krüger! Lassen Sie mich zunächst festhalten, daß es sehr merkwürdig ist, wenn Sie als Wissenschaftssprecher der FPÖ angesichts einer bedeutenden Novelle des Studienförderungsgesetzes 90 Prozent Ihrer Zeit dafür verwenden, den "Mag. des. ind." in Linz entsprechend zu bewerben, und dann in 10 Prozent der Zeit über die möglicherweise geänderte Haltung des Herrn Bundesministers zu Studienbeiträgen sprechen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist aber nicht Ihre Angelegenheit! – Abg. Dr. Graf: Wieso sprechen Sie nicht zur Sache? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wobei ich Ihnen noch zeigen werde, wie Lügner kurze Beine haben können. Sie haben heute gesagt, daß von der FPÖ die Studienfinanzierung über Gebühren abgelehnt wird. Dafür stehen Sie nicht zur Verfügung. Da gibt es aber dieses Sprichwort von den kurzen Beinen, das ich jetzt nicht auf Sie anwende. Ich werde Ihnen aber zeigen, wie es manchmal doch sehr rasch in Erfüllung gehen kann.

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Gredler hat richtigerweise gesagt, daß diese Studienförderungsgesetznovelle ihren Ursprung an sich in einem Auftrag dieses Hauses hat, nämlich in dem Auftrag, die soziale Lage der Studierenden zu untersuchen: einerseits hinsichtlich der Auswirkungen des Sparpakets im Bereich der Studierenden und andererseits in bezug auf jenen Bereich, in dem wir sehen, daß das Studieren und Arbeiten eigentlich zu einem relativ häufigen Lebensentwurf der Studenten geworden ist, um zu überprüfen, ob unsere Förderungsinstrumente diesen neuen Lebensentwürfen in der Tat entsprechen oder nicht.

Ich denke, im ersten Bereich gibt die Studienförderungsgesetznovelle eine sehr gute Antwort auf die Frage nach der Betroffenheit von den notwendigen Sparmaßnahmen. Es sind hier in ganz anderer Art und Weise, liebe Frau Kollegin Gredler, jetzt zusätzliche Mittel in die Hand genommen worden, die verteilt werden auf die effizient Studierenden, die zügig Studierenden, die erfolgreich Studierenden aus jenen Einkommensschichten, die sich ein Studium mit dem elterlichen Einkommen sonst nicht leisten könnten. Diese gezielte Verausgabung zusätzlicher Mittel stößt auf die Zustimmung der Österreichischen Volkspartei. Das war ein wichtiger Schritt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben hier auch eine ganze Reihe neuer Akzente gesetzt, die ich begrüße. Nicht nur eine Anpassung an den Lebensunterhaltsbedarf unserer Studierenden ist gelungen, sondern es geht auch um eine Ausweitung des Kreises der berechtigten Bezieher, insbesondere jener aus dem Mittelstand, der immerhin um etwa 10 Prozent angehoben wird.

Eine ganze Reihe anderer Maßnahmen, die schon genannt worden sind, halte ich ebenfalls für sehr wichtig.

Bei der Studienabschlußförderung sollten wir Erfahrungen gewinnen. Frau Kollegin Gredler, Sie haben recht, es kann zweierlei passieren: Entweder ist diese Maßnahme zu rigide, sodaß zu wenige davon Gebrauch machen können – dann hätte sie ihr Ziel verfehlt. Oder sie ist zu großzügig. Das könnte auch sein, und es wäre über ein Anpassungsverhalten der werktätigen Studierenden eine Überraschung möglich. Daher ist es bemerkenswert, daß wir hier eine "Sunset"-Gesetzgebung eingeführt haben und beobachten wollen, wie sich das entwickelt, um dann entsprechend korrigieren zu können. (Abg. Dr. Gredler: "Evaluieren" heißt das!) Das ist ein neues Element der Studienförderung, und es ist ein wichtiges Element der Studienförderung – keine Frage!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einiges ist mit der Studienförderung gelungen. Aber Frau Kollegin Ablinger hat auch schon gesagt, daß einiges nicht gelungen ist. Ich bedauere das und bin enttäuscht über die bürokratische und eigentlich lebensferne Begrenzung des Hinzuverdienens, wonach nicht mehr als 3 830 S pro Monat neben dem Stipendium verdient werden dürfen. Das ist bürokratiekostenintensiv, das ist mißbrauchsanfällig. Es ist eigentlich nicht einzusehen, warum Studierende nicht einmal in einem Monat, wenn Arbeit für sie da ist – ob es Gelegenheitsarbeit ist oder auch eine Arbeit in einem qualifizierteren Bereich, etwa wenn sich in technischen Büros die Arbeit staut –, dort eintreten und im Rahmen eines Pauschalbetrages, im Rahmen eines Durchrechnungsbetrages auf pauschalierter Ebene dazuverdienen sollten. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Mir ist klar – und das gebe ich durchaus zu –, daß die Umsetzung dieser Maßnahme Konsequenzen für andere Bereiche des Arbeits- und Sozialrechtes hat. Aber bei einigem guten Willen, bei einiger Entschlossenheit und Verständnis der Frau Sozialministerin hätte das bei dem Einsatz des Herrn Bundesministers Einem und natürlich bei der massiven Unterstützung von Familienminister Bartenstein eigentlich gelingen sollen. Daher wird die ÖVP gemeinsam mit Kollegen Niederwieser einen entsprechenden Entschließungsantrag einbringen, um diese Lücke in der Studienförderung, die der studentischen Realität einfach nicht gerecht wird, bis Mitte des kommenden Jahres zu schließen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Warum nicht gleich?) Das ist jedenfalls die Absicht der Wissenschaftssprecher von SPÖ und ÖVP. Ich sage Ihnen – und sage das auch den jungen Menschen auf der Galerie –: Wir werden sehr genau darauf achten, ob das tatsächlich – Sie haben gesagt "Dawai! Dawai!", okay – verfolgt und dargestellt wird. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist eine richtige Drohung! – Abg. Dr. Krüger: Was haben Sie gegen Linz, Herr Kollege? – Weitere Zwischenrufe.)

Jetzt zu Ihnen, Herr Kollege Krüger. Sie haben gesagt: Studienfinanzierung über Studienbeiträge kommt nicht in Frage; das kommt für die FPÖ nicht in Frage. – Da kennen Sie Ihre eigenen Papiere nicht. Ich habe hier die "Freien Argumente". Da gibt es so etwas wie eine freiheitliche Wissenschaftspolitik, und da schreibt unser Dritter Präsident Willi Brauneder zur Einführung von Studiengebühren: Derzeit nicht; es sollten sich die Verhältnisse verbessern. Für die Zukunft mag jedoch gelten: Aufgrund staatlicher Vorschriften kann die Universität bestimmen, ob sie von den Studierenden Beiträge einhebt. (Abg. Scheibner: Nehmen Sie zur Kenntnis, daß unsere Abgeordneten eine eigene Meinung haben!) Allerdings sollten die Mittel im autonomen Bereich verbleiben, für die Lehre verwendet werden und so weiter. Die Höhe der Beiträge legt die einzelne Universität differenziert nach Studienrichtungen – also autonom – fest. (Abg. Dr. Khol: Nicht dumm! Keine dumme Sache! – Abg. Scheibner: Darf man bei Ihnen keine eigene Meinung haben? – Abg. Dr. Khol: Brauneder ist Ihnen wohl zuzurechnen, oder nicht?)

In diesem Zusammenhang zu sagen, daß die FPÖ gegen die Einführung von Mitfinanzierungen der Studierenden bei der Studienfinanzierung ist, das halte ich einfach für doppelbödig. Das erklärt meine vielleicht nicht ganz der parlamentarischen Courtoisie entsprechende Einleitung. (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber ich darf auch dem Herrn Bundesminister sagen: Ich halte es nicht für sinnvoll und günstig – auch nicht in denkbaren Ausnahmefällen Studienbeiträge letztlich auf der Basis von Leistungen der Eltern zu verlangen, um dann mit diesen Mitteln eine zweite Umverteilung durchzuführen. Da sollte man viel eher, wenn man darüber diskutiert, aus den Erträgen der Studien für den Studierenden – also aus seinem späteren Einkommen heraus – eine Finanzierungsmöglichkeit suchen. Ein gewisses Umdenken mag ich an dem Einem-Plan, dessen Standpunkt ich zwar nicht teile, immerhin erkennen.

Insgesamt meine ich aber, daß diese Novelle zum Studienförderungsgesetz zu begrüßen ist. Die Chancengerechtigkeit in Österreich wird stärker ausgebaut, sie wird erhalten. Ich darf allen versichern, daß dieses Geld gut angelegt ist: Wir werden gut ausgebildete junge Akademiker bei dem internationalen Wettbewerb in der Zukunft nötiger brauchen denn je! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schöggl. Eine freiwillige Redezeit von 5 Minuten wird angezeigt.

20.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Falls Herr Minister Einem in absehbarer oder in kürzester Zeit generelle Studiengebühren einführen wird, dann hoffe ich, daß Herr Wissenschaftssprecher Lukesch im Sinne der Studenten mit uns dagegen kämpft und daß wir diese Studiengebühren dann im Sinne der Studenten verhindern können. (Abg. Dr. Lukesch: Sie haben gesagt, sie sind verfassungswidrig!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst mit zwei – in unseren Augen unnotwendigen – internationalen Abkommen beschäftigen. Das ist einerseits das Abkommen über die Anerkennung von Qualifikationen in der europäischen Region. Für alle, die dieses Abkommen nicht gelesen haben – daß sie das nicht getan haben, ist verständlich, denn es ist nahezu unlesbar –, kurz die Quintessenz daraus: Darin steht, daß die Diversifikation der Ausbildungswege in der europäischen Region vor allem in den Ostländern rasend schnell fortschreitet; daß die Ausbildungswege nicht mehr vergleichbar sind, daß ständig neue und außeruniversitäre Ausbildungswege dazukommen und daß es unmöglich ist, die Qualifikationen auf einfachem Weg zu vergleichen.

Dennoch wird durch dieses Übereinkommen ein Zwang ausgeübt, die unterschiedlichsten Systeme vergleichbar zu machen, und im Falle einer Nicht-Anerkennung liegt die Beweislast bei der anerkennenden Stelle. Das wird zu einer Fülle von langen Verfahren führen, das wird zu einer Aufblähung der Bürokratie führen, und es wird vor allem nicht im Sinne der Antragsteller sein. Dabei muß aber darauf hingewiesen werden – und es wird bereits in dieser Vorlage darauf hingewiesen –, daß bei der Anerkennung von Qualifikationen besonders großzügig und flexibel vorgegangen werden soll, und zwar auch dann, wenn die Nachweise für Studien von den Antragstellern nur unvollständig beigebracht werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Andererseits sind neue Stellen einzurichten, etwa eine Informationsstelle, und es sind Anerkennungsbehörden zu akkreditieren. Das ist wiederum eine Aufblähung der Bürokratie mit sehr geringem Nutzen für die Studierenden.

Einerseits kann bei der Anerkennung der Studien der Zugang zu den Universitäten nicht verwehrt werden, andererseits ist die Anwendung von Numerus clausus und anderen restriktiven Maßnahmen durchaus zulässig. Wir sehen daher in diesem ganzen multilateralen Vertrag sehr wenig Substanz, vor allem deshalb, weil in den Erläuterungen hinzugefügt wird, daß die Auswirkung der Anerkennungsregeln auf die Zulassung zu bestimmten Berufstätigkeiten, wenn überhaupt, nur indirekter Natur sein kann. Im Text steht dann, daß die Hochschulqualifikation auch die folgenden Formen annehmen kann, nämlich: Gutachten zum Zweck allgemeiner Erwerbstätigkeit. Es gibt also Widersprüche. Wir halten dieses Abkommen für unnotwendig, vor allem auch deshalb, weil es eine große Menge von Kann-Bestimmungen enthält.

Ich fasse zusammen, daß dieses Übereinkommen unnotwendig ist, Geld kosten wird, Bürokratie mit sich bringen wird und daher von uns vor allem so lange abgelehnt werden wird, solange es dabei bleibt, daß Auslandsösterreicher, die ihre Studienberechtigung in anderen EU-Staaten erworben haben, in Österreich nicht studieren können.

Zum zweiten Abkommen – dem Abkommen zwischen Österreich und der Republik Slowenien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit – ist zu sagen, daß wir Freiheitlichen jede Art der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn befürworten. Wir sind davon überzeugt, daß die guten nachbarschaftlichen Beziehungen insbesondere zwischen den Universitäten Graz und Laibach gepflegt werden sollen und gepflegt werden. Andererseits halten wir den Abschluß zwischenstaatlicher Abkommen – und in diesem Fall handelt es sich aufgrund der lapidaren Formulierungen um ein Alibi-Abkommen – für nicht notwendig. Sosehr wir die projektbezogene Zusammenarbeit zwischen Österreich und den slowenischen Forschern auch befürworten, meinen wir doch, daß dieses Abkommen nicht notwendig ist.

Zum Schluß möchte ich mich mit den Studentenvertretungen an den Fachhochschulen beschäftigen. Die Fachhochschüler sind noch nicht von den Studentenvertretungen erfaßt. Wir sind allerdings der Ansicht, daß das Modell des Minderheitenprogramms der durch Zwangsmitgliedschaft geprägten ÖH für eine solche Vertretung ungeeignet ist, und unterbreiten daher den Vorschlag, daß die Fachhochschul-Studiengänge ihre eigenen Vertreter und deren Stellvertreter wählen sollen. Diese würden sich nach dem Modell der Rektorenkonferenz zu einer Gesamtvertretung der Fachhochschulstudenten zusammenschließen, um fachschulrelevante Probleme übergreifend und österreichweit lösen zu können. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist kein Tagesordnungspunkt! Das ist außerhalb der Sache!) Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf und Dr. Krüger ein. (Abg. Dr. Lukesch: Herr Präsident! Zur Sache!) – Sie sprechen auch nicht immer zur Sache.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl, Dr. Graf, Dr. Krüger und Kollegen betreffend Schaffung einer gesetzlichen Interessenvertretung für Studierende an Fachhochschul-Studiengängen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, umgehend entsprechende Maßnahmen zur Schaffung einer gesetzlichen Interessenvertretung für Studierende an Fachhochschul-Studiengängen einzuleiten und dabei sicherzustellen, daß keine Anbindung der Interessenvertretung für Studierende an Fachhochschul-Studiengängen an die bestehende Vertretung der Studierenden an den Universitäten besteht und daß deren Vertreter, die sich zu einer Konferenz der Vorsitzenden der Fachhochschul-Studiengänge zusammenschließen, direkt von den Studierenden der Fachhochschul-Studiengänge gewählt werden."

*****

Sehr geehrter Herr Minister! Abschließend: Die heutige "Kurier"-Meldung trägt sicherlich nicht zur Beruhigung der Studenten bei. Auch ich hoffe, daß Sie sich hier zum Thema Studiengebühren eindeutig und öffentlich deklarieren. – Glückauf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Moser. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.10

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Galerie! Das Studienförderungsgesetz ist für mich ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein. Dieser heiße Stein heißt "Sparpaket 1" und "Sparpaket 2". Diese zwei Maßnahmen im Sinne der Maastricht-Kriterien sowie der Budgetkonsolidierung gingen auf Kosten der Studierenden, und das Studienförderungsgesetz will das ein bißchen ausgleichen. Dieses Bißchen ist zwar positiv, aber auf der anderen Seite stehen sehr massive Einschränkungen.

Nicht umsonst wurde in einer empirischen Studie von Mag. Mario Steiner vom IHS festgestellt:

"Nachdem für die Periode von 1991 bis 1993 ein gewisser Ausgleich sozialer Ungleichheitsrelationen festgestellt werden kann, ist anschließend innerhalb von zwei Jahren, 1993 bis 1995, der Anteil der Eltern von StudienanfängerInnen mit nur mittlerer Bildung um mehr als 3,5 Prozent gesunken, jener mit höherer Bildung im gleichen Ausmaß gestiegen. Vom Wintersemester 1995/96 zum Wintersemester 1997/98 kann eine weitere, nochmals beschleunigte Abnahme um 4,3 Prozent und damit eine Verschiebung zuungunsten Erstimmatrikulierender, deren Eltern nur mittlere Bildung aufweisen, verzeichnet werden." – Ende des Zitats.

Diese sehr differenzierte Darstellung des Mißverhältnisses bedeutet einfach ausgedrückt: Diejenigen, deren Eltern nicht genügend verdienen beziehungsweise deren Eltern unter dem Durchschnitt liegen, haben massive Beschränkungen im Hinblick auf ihr Studium und sind mehr oder weniger stark behindert, einen höheren Bildungsweg einzuschlagen. – Das war das Ergebnis der Sparpakete, und dieses Ergebnis versuchen Sie jetzt auszugleichen. Dieser Ausgleich ist aber minimal und halbherzig, und deshalb werden wir dieses Studienförderungsgesetz ablehnen, denn dieser Ausgleich ist für uns zu gering und macht das nicht wett, was durch die Sparpakete verursacht worden ist. (Beifall bei den Grünen.)

Auch weiterhin besteht der Zwang für viele Studierende, während des Studiums zu arbeiten, und es gibt wieder Leute, die länger studieren müssen, weil sie nebenbei arbeiten. 20 bis 25 Prozent der Studierenden haben im Durchschnitt nur 1 000 S frei verfügbares Einkommen, und das ist weit unter jeglichem Existenzminimum, das ist unwürdig! Deshalb meinen wir, daß dieses Studienförderungsgesetz nichts wettmacht, was auf der anderen Seite zugemutet worden ist.

Der zweite Aspekt, den wir diskutieren wollen, ist die Frage des Wahlrechts bei den Hochschülerschaften. Hier sehen wir einen gewissen Fortschritt. Ursprünglich hatte der Entwurf wirklich die Funktion eines Meilensteins und war ein konstruktiver Beitrag zur generellen Ausweitung des passiven Wahlrechts auf alle Ausländerinnen und Ausländer. Dann gab es aber Diskussionen, und in der Folge wurden zwei Klassen geschaffen: die Ausländer im EWR-Bereich und die Ausländer außerhalb des EWR-Bereichs. – Das ist für uns indiskutabel, denn wir meinen, daß Ausländer, ganz egal, aus welchem Bereich sie kommen, an den Universitäten das passive Wahlrecht innehaben sollen. Sie sollen gewählt werden können. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Wir sehen darin ein wesentliches Menschenrecht, das auch universitär zu verankern ist. Daher plädieren wir dafür, daß in diese Richtung doch noch ein Schritt unternommen wird, und stellen folgenden Abänderungsantrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Petrovic, Freundinnen und Freunde zum Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden an den Universitäten (Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998), 1513 der Beilagen

1) In § 35 soll Abs. 1 lauten:

(Verfassungsbestimmung) "Die ordentlichen Studierenden sind unabhängig von der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Wahl von Organen der Österreichischen Hochschülerschaft und der Hochschülerschaft an den Universitäten aktiv und passiv wahlberechtigt."

2) § 35 Abs. 2 entfällt, die Absätze 3 bis 8 werden entsprechend zu den Absätzen 2 bis 7.

*****

Das wäre für uns die wahre Demokratie an der Hochschule: wenn nicht eine Zweiklassenwahlberechtigung, sondern ein wirklich einheitliches Wahlrecht herrschen würde.

Vor diesem Hintergrund wird unsere Abstimmung zu diesem großen Tagesordnungspunkt sehr differenziert ausfallen: Wir werden das Studienförderungsgesetz und das Hochschülerschaftsgesetz ablehnen, zu den anderen Bereichen lassen sich teilweise Zustimmungen erzielen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Einem. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.15

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Erlauben Sie mir, ein paar Sätze zu diesem heutigen Gesetzespaket zu sagen. Für mich ist manches doch ein bißchen überraschend, nicht zuletzt auch das, was Frau Abgeordnete Moser soeben ausgeführt hat.

Sie meint, daß aus der Untersuchung zur sozialen Lage der Studierenden entsprechende Konsequenzen zu ziehen sind. Das wurde in den Ausschußberatungen auch allgemein anerkannt. Es ist notwendig, zur Kenntnis zu nehmen, daß die soziale Herkunftssituation, die Lebenssituation, die Familiensituation und das Alter der Studierenden sich heute insgesamt anders zusammensetzen als früher, und es gilt nun, daraus entsprechende Schlußfolgerungen zu ziehen.

Wir legen Ihnen daher heute einen Entwurf des Studienförderungsgesetzes vor, der darauf abzielt, in diesem Bereich Verbesserungen zu schaffen. Dazu sagen die Grünen, daß sie nicht zustimmen, weil es zwar Verbesserungen gibt, aber zu wenige. – Frau Abgeordnete Moser! Ich denke mir, daß Sie, wenn wir in die richtige Richtung gehen, auch zustimmen hätten können, und die Studierenden hätten Ihnen das wahrscheinlich auch gedankt. Als Oppositionsfraktion sagen Sie, daß Sie gerne viel mehr hätten, und das verstehe ich gut, denn ich hätte auch gerne mehr, das kann ich Ihnen versichern. Aber ich meine, es geht jetzt nicht darum, was wir gerne hätten, sondern darum, was wir heute für die Studierenden tun können. Und wir unternehmen heute einen konkreten Schritt zur Verbesserung! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Lassen Sie mich zwei Anmerkungen zur Novellierung des Gesetzes betreffend die Österreichische Hochschülerschaft machen. – Es ist einerseits kritisch angemerkt worden – und ich teile die diesbezügliche Auffassung zumindest teilweise –, daß die Frage der Vertretung der Fachhochschulstudierenden noch nicht gelöst ist und daß da etwas geschehen muß.

Hohes Haus! Ich bekenne mich rückhaltlos dazu, daß ich diese Frage nicht ohne Befassung der Betroffenen selbst lösen will. Daher habe ich schon vor geraumer Zeit das Gespräch mit den Studierendenvertretungen an den verschiedenen Fachhochschulstudiengängen gesucht und diese eingeladen, sich zusammenzufinden, um gemeinsam – vor allem miteinander – darüber zu befinden, wie eine angemessene Organisation ihrer Vertretung gestaltet werden könnte. Ich betone noch einmal: Ich halte es für sinnvoll, zweckmäßig und unverzichtbar, daß wir die Betroffenen dabei mit einbeziehen. (Abg. Dr. Graf: Wie sind die Vertreter der Fachhochschulen gewählt worden? – Gar nicht! Sie sind nicht legitimiert!)

Darüber hinaus hat es eine ganze Reihe von Kontakten zwischen diesen Studierenden und Vertretern der Österreichischen Hochschülerschaft mit dem Ziel gegeben, eine gemeinsame Regelung zu finden. Wenn diese Diskussionen ausgestanden sind, dann werden wir einen entsprechenden Vorschlag machen. Haben Sie aber bitte Verständnis dafür, daß ich diesen Vorgang nicht präjudizieren will. Denn es wäre in der Tat ein bißchen seltsam, wenn ich als Ressortchef einen Vorschlag mache, wie ich mir vorstelle, daß meine Kontrahenten auszusehen haben. Die Klärung dieser Fragen sollte doch den Betroffenen überlassen werden, wobei ich Sie um die notwendige Geduld und das notwendige Verständnis ersuche.

Zweiter Punkt: Die Frage des Wahlrechtes zur ÖH wurde schon angesprochen, und ich teile die Kritik, die geäußert wurde. Auch ich meine, daß wir keinen guten Weg gehen, wenn wir eine neuerliche Differenzierung zwischen solchen und solchen Nichtösterreichern und Nichtösterreicherinnen schaffen. Wir wären gut beraten gewesen, einen einheitlichen Weg zu gehen, insbesondere wenn man bedenkt, daß die Zahl derer, die wir jetzt ausschließen, in der Größenordnung von etwa 7 000 liegt. Das ist, bezogen auf 220 000 Studierende, lächerlich wenig und kann auch nicht mit der Sorge um das Entstehen irgendwelcher besonders zu fürchtender Listen begründet werden. (Abg. Dr. Graf: Das ist doch erst Gegenstand des nächsten Tagesordnungspunktes!)

Ich denke, daß wir, wenn wir für die Internationalisierung der Wissenschaft und der Forschung eintreten – und das tun wir, soweit ich das sehe, gemeinsam –, auch dafür eintreten sollten, daß alle, die zu uns kommen, um hier zu studieren, auch wahlberechtigt sind. Diejenigen, die sie nicht wählen wollen, brauchen sie ja nicht zu wählen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Krüger ist leider nicht da, aber er hat eine Reihe von Fragen gestellt. (Abg. Dr. Graf: Hätte er gewußt, daß Sie jetzt schon über die ÖH sprechen, dann wäre er sicherlich hier!) Ich möchte Sie bitten, ihm die Antworten auszurichten.

Erstens hat er die Frage aufgeworfen, wie es um die Zukunft der Linzer Universität und insbesondere der naturwissenschaftlich-technischen Studienrichtungen dieser Universität bestellt ist. – Verehrte Abgeordnete der Freiheitlichen! Sie wissen es besser als ich oder zumindest gleich gut wie ich, weil ich es Ihnen schon erklärt habe, aber ich kann es Ihnen gerne noch einmal erklären: Wir haben mit den Vertretern der Universitäten voriges Jahr vereinbart, daß die Universitäten in die Lage versetzt werden sollen, in Ausübung ihrer Autonomie entsprechende Verhandlungen miteinander zu pflegen, um gegebenenfalls Schwerpunktbildungen an den Universitäten vorzunehmen, indem bestimmte Kapazitäten zwischen den Universitäten ausgetauscht werden, und zwar nach einem Verfahren, das festgelegt wurde und mit dem Gutachten eines externen Beraters unterstützt ist.

Das externe Beratungsunternehmen Arthur D. Little hat tatsächlich eine solche Studie gemacht, die sich ausschließlich auf die Größe der Institute und auf die Kosten der Institute pro Absolvent bezieht.

Jetzt kann man darüber diskutieren, ob das eine sinnvolle Methode ist. Wenn Sie sagen, daß das jedenfalls kein geeigneter Maßstab ist, um allein angelegt zu werden, dann haben Sie meine volle Zustimmung. Das ist aber überhaupt nicht das Problem. Vielmehr geht es darum, daß die Universitäten selbst ein entsprechendes Gutachten haben wollten. Das haben sie jetzt. Daraus ergibt sich – das ist richtig –, daß die Absolventen an den naturwissenschaftlichen Studiengängen in Linz pro Kopf relativ teuer sind. Es hat allerdings niemand vorneweg festgelegt, daß es vor allem darum geht, Kosten zu sparen oder Kosten pro Kopf zum Kriterium zu machen. Worum es geht, ist, vernünftige Schwerpunkte zwischen den Universitäten auszuhandeln, und da auch die Universitäten selbst in der Lage sind, zu erkennen, daß die Absolventen der Linzer naturwissenschaftlichen Studienrichtungen über eine hohe Qualifikation verfügen, gehe ich nicht davon aus, daß man gerade diese Studiengänge auflassen wird.

Hohes Haus! Ich denke, wir sollten uns die Sorgen machen, die der Sache nach naheliegend sind, und nicht unbedingt diejenigen, die wir gerne hätten, damit wir daraus eine Diskussion entstehen lassen können! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Krüger hat zuletzt beziehungsweise relativ früh in seiner Rede mich dafür in Anspruch genommen, daß im "Kurier" berichtet wurde, daß ich zu irgend etwas, nämlich zur Einführung von Studiengebühren, "njet" gesagt hätte. – Hohes Haus! Ich bekenne mich nachhaltig dazu, daß wir die Österreicherinnen und Österreicher vermehrt zum Fremdsprachenstudium gewinnen sollen. "Njet" ist, soweit ich weiß, ein russisches Wort, und dagegen spräche an sich überhaupt nichts.

Tatsache ist allerdings, daß ich – trotz Ihrer Auffassung, daß mein linksextremer Hintergrund dies nahelegen würde – weder albanisch noch russisch spreche, sondern nur französisch und englisch (Abg. Dr. Khol: Das ist schon recht viel!), und daß es sich bei dem vom "Kurier" Wiedergegebenen nicht um ein Zitat, sondern um eine Interpretation handelt. – Ich bitte, auch das Herrn Abgeordneten Krüger ausrichten zu wollen.

Lassen Sie mich zum Abschluß noch etwas deutlicher zur Frage der Studiengebühren Stellung nehmen. Hohes Haus! Ich schätze mich außerordentlich glücklich, daß heute hier von nahezu allen Fraktionen ein klares Bekenntnis gegen Studiengebühren abgegeben worden ist. Ich freue mich auch deshalb darüber, weil die einzige Fraktion, die in dieser Frage bereits seit geraumer Zeit einen wirklich eindeutigen Standpunkt vertritt, die SPÖ ist. Ich freue mich, für diese Partei tätig zu sein, und ich bekenne mich umstandslos zu ihrem Programm, das ich mit beschlossen habe. Ich verweise nur darauf, daß ich auch in dem vom "Kurier" zitierten Papier gesagt habe, daß ich Studiengebühren für absolut ungeeignet halte, um damit die Finanzierung auch nur eines nennenswerten Teiles der Studien zu übernehmen. – Dies ist mein Standpunkt, und dazu stehe ich! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man genau schaut, dann findet sich im "Kurier" – richtig zitiert – auch, daß ich gesagt habe: Es gibt, wenn man mich zwingt, über diese Fragen zu diskutieren, nur eine Bedingung, unter der ich gegebenenfalls bereit wäre, darüber zu diskutieren. – Betrachten Sie das nicht als ein Angebot, denn es ist kein Angebot! Ich halte es für falsch, Studiengebühren einzuführen, ich halte es für unnotwendig, sie einzuführen, und sofern sich die Meinung meiner Fraktion durchsetzt, werden auch keine Studiengebühren eingeführt werden. Das ist die Aussage, die dazu zu treffen ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Anmerkung des Herrn Abgeordneten Lukesch, daß es zweckmäßiger wäre, Studiengebühren nicht in der Weise zu finanzieren, daß die Studenten diese auf Kosten ihrer Eltern zahlen, sondern daß die Absolventen sie nachher auf Basis des später erzielten Einkommens zahlen sollten, möchte ich sagen: Das ist eine hübsche Diskussion, Herr Abgeordneter, aber von besonderer Verwaltungsökonomie ist auch sie nicht gekennzeichnet.

Denn ob die heute gut Verdienenden oder die morgen gut Verdienenden das finanzieren, ist ziemlich Wurscht. Entscheidend ist, daß diejenigen, die über die notwendigen Mittel verfügen, dazu beitragen, daß es vernünftige Studienangebote gibt, die offen zugänglich sind, um die Begabungspotentiale unserer Bevölkerung und auch derer, die zu uns kommen, auszuschöpfen. Diejenigen, die das Geld haben, dafür zu zahlen, sollen das auch tun. Das ist meine Auffassung! (Beifall bei der SPÖ.)

20.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte.

20.26

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Spoštovani gospod predsednik! Gospod minister! Visoki Dom! Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Freunde! (Abg. Dr. Khol: "Visoki Dom" heißt "Hohes Haus"!) "Visoki Dom" heißt "Hohes Haus"! In diesem Sinne habe ich speziell auch an Herrn Khol gedacht, der in der ersten Reihe andächtig meinen Ausführungen lauschen wird.

Meine Damen und Herren! Es geht nicht so sehr darum, ob wir einige Brocken russisch oder einige Brocken französisch oder englisch sprechen können. Wichtig ist vielmehr, daß wir eine Materie zu verhandeln haben, die zumindest in Ansätzen die Mobilität der Studierenden anregen soll. Wenn man die Materie allerdings genau durchliest, dann besteht nicht mehr die Zufriedenheit, die die Überschrift zunächst suggeriert: "Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich". In Wirklichkeit ist nämlich nach wie vor für jene Damen und Herren, die im Ausland Qualifikationen erworben haben, ein sehr dorniger Weg zu beschreiten, denn die sogenannten Nostrifikationen ziehen sich meist jahrelang hin, sind oft sehr spitzfindig, nicht immer ganz – ich möchte es so sagen – durchschaubar und transparent, und die Ergebnisse sind nicht immer ganz gerechtfertigt.

Herr Minister! Insgesamt wäre es wahrscheinlich notwendig, überhaupt einen anderen Weg zu beschreiten, nämlich die Bildungsinstitutionen in Europa gemeinsam zu verifizieren und ein Parallelschulsystem zu errichten, damit jemand, wenn er zum Beispiel in Finnland eine gewisse Hochschule und Ausbildungsstufe absolviert beziehungsweise einen Grad erreicht hat, die Möglichkeit hat, in einem anderen Staat entsprechend einzusteigen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das wäre ein ganz anderer, neuer Ansatz. Das heißt: Wir müssen dem Bürger die Bürokratie abnehmen. Die Formalien sollen im Rahmen der Bürokratie selbst erledigt werden, und wir sollten endlich in der Lage sein, ein gutes europäisches Bildungssystem – bei aller Buntheit natürlich – anzubieten. Das wäre eine lohnende Aufgabe, das wäre einmal etwas Neues!

Wenn man dieses Übereinkommen liest – in diesem Punkt muß ich einem Vorredner von den Freiheitlichen recht geben –, dann ist man sozusagen Analphabet und muß noch einmal lesen lernen. Dieser Analphabetismus, den wir bei manchen Bürgern immer so bedauernd zur Kenntnis nehmen, befällt ja auch uns oft, wenn wir ganz ehrlich sind! In dieses Übereinkommen wurde sehr viel verpackt, man könnte sagen, man spürt richtig, wie der Computer gearbeitet hat, so quasi: Dieser Absatz bleibt, er paßt hinein, er muß nur ein bisserl umformuliert werden.

Das Liberale Forum wird diesem Abkommen von Lisboa vom 17. Juli 1998 als einem Schritt in Richtung Mobilität zustimmen. Es ist jedoch ein Rahmenabkommen geblieben, und daher hat man immer ein bißchen Bauchweh. Der gute Wille ist vorhanden, aber die Tat kommt nicht. Daher wäre es ganz wichtig, europäische Kriterien zu schaffen und dann die Bürokratien untereinander streiten zu lassen, welche Qualifikation wer hat, anstatt sozusagen alles dem Bürger aufzuerlegen.

Ich weiß nicht, ob jemand von Ihnen schon ein solches Nostrifzierungsverfahren über sich ergehen lassen mußte. Dafür sind eine Menge an Papieren und ein großer Zeitaufwand erforderlich. Außerdem sind dann noch – wie Sie sehen – spezielle Auskünfte extra einzuholen. Als ob man nicht in der Lage wäre, seine Schule authentisch zu beschreiben, um dann, anstelle langwieriger Verfahren, von der jeweiligen Regierung den notwendigen Stempel als Bestätigung, die Verifizierung, zu bekommen, daß ein gewisses Studium absolviert wurde, das anerkannt wird und – vielleicht mit kleinen Ergänzungen, zwei oder drei zusätzlichen Prüfungen – ins System paßt.

Ein bißchen hat man immer den Eindruck, daß das eine Methode ist, den Arbeitsmarkt im intellektuellen Bereich "österreichisch" zu halten, anstatt ihn mit ganz neuen Wissenschaftlern zu durchmischen.

Herr Minister! Das betrifft zwar nicht nur Ihr Ressort, sondern teilweise auch den Innenminister, aber ich meine, daß es an der Zeit wäre, diese völlig sinnlosen, komplizierten Verfahren für ausländische Studierende einmal in Frage zu stellen. Sie müssen sich einmal vorstellen, wie kompliziert es ist, bei einer ausländischen Behörde vorstellig zu werden und Papiere vorzulegen, und das jedes Jahr! Warum ist man nicht in der Lage, für jemanden, der hier ein Studium absolvieren will, ein Visum für die durchschnittliche Studiendauer mit der Verpflichtung auszustellen, sich jedes Jahr zu melden und den Meldezettel und einen Inskriptionsnachweis vorzulegen? – Damit hätte sich die Sache.

Denn wie geht es jetzt vor sich? – Im Herbst wird um das Visum angesucht, im Feber bekommt der Studierende es, im Juni fährt er heim, und sein Visum ist verfallen. Im Herbst muß er neuerlich ansuchen, weil er mit einem Touristenvisum nicht anschließen darf. – Das ist unsinnig! Den Bürokraten möchte ich einmal kennenlernen, der dies erfunden hat, damit ich ihm sagen kann: Du mußt jetzt den ganzen Vorgang einmal selbst über dich ergehen lassen, den du hier zusammenverkompliziert hast! Denn wenn er selbst betroffen ist, dann wird er alles sofort ändern.

Es sind zum Beispiel gerade aus den Nachbarländern Studierende in Österreich, die halb hier und halb zu Hause wohnen. Wie wir wissen, müssen auch diese ein Sparguthaben von 70 000 S nachweisen. Herr Minister! Vielleicht verrate ich Ihnen jetzt ein Bundesgeheimnis oder ein Studentengeheimnis: Es gibt da ein paar Sparbücher mit einem Guthaben von 75 000 S, und damit geht abwechselnd heute der eine, morgen ein anderer und übermorgen der nächste inskribieren. – So rächt sich ein kleiner Hörer für solche Unsinnigkeiten! Denn das ergibt ja keinen Sinn, weil diese Studenten ohnedies nach Hause fahren. Und es gibt auch in Slowenien, in Ungarn, in der Slowakei oder in Tschechien eine Unterhaltspflicht der Eltern, und die Eltern sind dort nicht schlechter als hier: Sie sorgen für den Unterhalt ihrer Söhne oder Töchter, die bei uns studieren.

Vor allem betreffend die Nachbarländer, die potentiellen neuen EU-Länder, müßte man in diesem Zusammenhang großzügig und vernünftig sein, auch im Interesse der Qualität an unseren Hochschulen. Denn wir brauchen neue Wissenschaftler und diesen neuen Geist der Öffnung. Und "Öffnung" soll nicht nur für mich, sondern auch für andere gelten! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Noch ein paar Worte zum Vertrag zwischen Österreich und Slowenien: Ich begrüße ihn, aber auch dieser ist nur ein Rahmenvertrag. Wenn damit dazu beigetragen wird, den an sich bereits funktionierenden Austausch noch besser zu gestalten, dann sage ich ja zu diesem Abkommen. Es hilft den Bürokraten in Slowenien und in Österreich, ein bißchen leichter zu kooperieren. Man muß aber festhalten, daß die einzelnen Bildungsinstitutionen dieses Abkommen nicht direkt gebraucht haben, denn sie kooperieren ohnedies gut, vor allem die Slawisten in Wien und Graz kooperieren sehr gut, und es gibt ausgezeichnete technische Gutachten zum Beispiel vom Institut Jožef Stefan der Universitδt Ljubljana, auch fόr φsterreichische Firmen.

Herr Forschungsminister! Wir sind im Begriffe, eine sehr vernünftige Lösung für eine andere Sache zu finden, die ich Ihnen ansonsten jetzt vorgetragen hätte. Erlauben Sie mir dazu – nämlich zur Frage der Tätigkeit der Historikerkommission – nur einen Satz. Meine Damen und Herren! Ich hoffe, es wird mir morgen gelingen, einen guten Antrag zu stellen, und ich hoffe auch auf Ihr Einvernehmen, womit ich alle Fraktionen meine. Es geht darum, daß die Historikerkommission befürchtet, daß ihr Archivalien abhanden kommen. Lesen Sie den "Kurier" von heute! Ich könnte Ihnen dazu noch einige Unterlagen vermitteln, aber ich will jetzt nicht unfair sein, weil Sie nur ein Teil der Bundesregierung sind. Wir werden morgen aber an die gesamte Bundesregierung – ich hoffe, mit Kraft des ganzen Hauses – einen Appell richten, daß verhindert wird, daß Akten noch heute beziehungsweise in diesen Stunden und in den nächsten Tagen vernichtet werden, die wir benötigen, um unsere Historie aufzuarbeiten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Es ist sehr notwendig, daß der Appell erfolgt, die Bundesregierung möge Vorsorge treffen, daß alle Archive, die kirchlichen Archive, die Landesarchive und die Privatarchive, zugänglich sind, und Möglichkeiten schaffen, daß man vor allem dort, wo auch öffentliches Geld für die Archivierung aufgewendet wurde, an die Unterlagen herankommt.

Es ist vielleicht auf den ersten Blick eine eher harmlose Angelegenheit. Wenn ich aber an die Skartierung von alten Unterlagen in der Schweiz denke, dann habe ich als gelernter Österreicher und ausübender Kärntner doch eine gewisse Furcht, daß einiges unter dem Titel "Altmaterial" irgendwohin verschwinden könnte. – Helfen Sie mir dabei, das Material zu retten, für uns, für unsere Nachfahren, aber ganz konkret auch für die Historikerkommission! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.36

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geschätzte Damen und Herren! Auch ich möchte mich mit dem Studienförderungsgesetz beschäftigen, weil ich zutiefst davon überzeugt bin, daß es ein gutes Gesetz zum Wohle der Studenten geworden ist. Wenn von manchen Vorrednern negativ polemisiert und die getroffenen Regelungen als Reparaturmaßnahmen dargestellt wurden, dann möchte ich sagen: Mir ist es immer noch lieber, es werden Reparaturmaßnahmen getroffen, als es gibt überhaupt keine Reparatur!

Wenn wir von manchen dieser Oppositionsredner über alles andere etwas erfahren haben, jedoch nichts über das Studienförderungsgesetz, dann mag das ein Eingeständnis sein, daß wirklich eine gute Adaptierung vorgenommen wurde. Als Beispiel möchte ich nur den Exkurs über das "Njet" unseres Herrn Bundesministers anführen. In diesem Zusammenhang gebe ich Kollegin Ablinger hundertprozentig recht: Ein Wissenschaftsausschußvorsitzender hätte mehr Substanz in die Debatte einbringen können! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun aber einige Gedanken zum Inhalt: Ich begrüße sehr, daß für die berufstätigen Studierenden Erleichterungen geschaffen wurden. Man kann verschiedenster Ansicht sein, warum Studenten berufstätig sind: weil sie es aufgrund ihres sozialen Umfeldes tatsächlich brauchen oder weil sie diese Berufstätigkeit für sich in Anspruch nehmen, um entsprechende Erfahrungen zu sammeln, um später einmal leichter in den Arbeitsmarkt einsteigen zu können, oder auch aufgrund der Tatsache – das wurde heute auch schon kritisiert –, daß die Studienanfänger immer älter werden. Die Antwort auf diese Frage ist ganz einfach: Die Gesellschaft hat sich verändert. Sind die Menschen früher bei ihrem erlernten Beruf geblieben, so sind sie heute bereit, sich ständig weiterzubilden. Das lebenslange Lernen ist kein Schlagwort mehr, sondern wird tatsächlich umgesetzt. Außerdem werden diese jungen Menschen ja letztlich daran gemessen, was sie an tatsächlichem Können vorweisen können, und nicht bloß daran, welchen Abschluß sie haben.

Ich begrüße es, daß für Berufstätige Abschlußstipendien eingerichtet werden, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, daß es für einen berufstätigen Studenten nicht ganz einfach ist, innerhalb eines gewissen Zeitraums den Abschluß zu schaffen. Wir werden – da hat Kollege Lukesch hundertprozentig recht – in Zukunft sehen, wie sich diese Vorgangsweise der Unterstützung und Förderung bewähren wird.

Ich verstehe aber auch die Forderung der Studierenden, die im Hinblick auf einen Zusatzverdienst lieber eine Durchrechnung der Jahresverdienstsumme gehabt hätten. Denn es ist mitunter tatsächlich ein Problem, aus einem wirtschaftlichen Projekt wieder auszusteigen, um die Studienbeihilfe beziehungsweise die Förderung nicht zu verlieren. Und gerade an der Mitarbeit an solchen Projekten werden unsere jungen Absolventen gemessen werden!

Abschließend zu den Auslandsstipendien: Auch diese bedeuten einen gewaltigen Fortschritt. Denn wir alle erwarten, daß sich unsere jungen Menschen in Europa und in der Welt nicht nur auskennen, sondern auch die entsprechenden Wissenschaften und Gepflogenheiten bestens beherrschen.

Alles in allem glaube ich, daß all das, was im heutigen Wissenschaftsblock beschlossen werden wird, eine insgesamt gute und runde Sache für unsere Studierenden und in weiterer Folge für die Leistungsfähigkeit Österreichs ist. (Beifall bei der SPÖ.)

20.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.40

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Vorweg möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl, Dr. Krüger, Dr. Graf, Haller, Madl und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (1442 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (1511 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. In Artikel II wird nach Z 1 folgende Z 1a eingefügt:

"1a. § 30j wird folgender Abs. 3 angefügt:

,(3) Lehrlingen sind Teilnehmer an Lehrgängen und Lehrlingsstiftungen nach dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz in bezug auf die Beförderung zwischen der Wohnung und dem Ausbildungsplatz gleichgestellt.‘"

2. In Artikel II wird nach Z 1a folgende Z 1b eingefügt:

"1b. § 30m wird nach Abs. 2 folgender neuer Abs. 3 eingefügt:

,(3) Lehrlingen sind Teilnehmer an Lehrgängen und Lehrlingsstiftungen nach dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz in bezug auf die Beförderung zwischen der Wohnung und dem Ausbildungsplatz gleichgestellt.‘"

3. Die bisherigen Absätze 3 bis 6 in § 30m erhalten die Bezeichnung "4" bis "7".

4. In Artikel II Z 2 wird dem Text von § 50 I die neue Bezeichnung "(1)" vorangestellt; § 50 I wird folgender Abs. 2 angefügt:

"(2) § 30j Abs. 3 und § 30m Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/1998 treten rückwirkend mit 1. November 1998 in Kraft."

*****

Herr Minister, Sie mögen sich jetzt fragen, was dieser Antrag mit den vorliegenden Vorlagen zu tun hat. Ich sage es Ihnen auch gleich, weil es vielleicht nicht jedem hier bewußt ist.

Es wird mit dem Tagesordnungspunkt 7 auch das Familienlastenausgleichsgesetz geändert, weil – und das sage ich dazu – hier von der Koalition wieder einmal ein Privileg geschaffen wird, unter anderem auch für Funktionäre, in diesem Fall Kammerfunktionäre bei der Österreichischen Hochschülerschaft. Diesen soll nämlich in Zukunft, wenn sie eine Funktion übernehmen, zwei Jahre länger die Familienbeihilfe gewährt werden. Ich halte das in der heutigen Zeit wirklich für extrem falsch, daß man das so ansetzt, denn in Wirklichkeit handelt es sich hier um Kammerfunktionäre. (Abg. Dr. Mertel: Welcher Kammer gehört denn ein Student an?) Daß erwachsene Kammerfunktionäre in Zukunft Familienbeihilfe erhalten sollen, das muß man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. (Abg. Mag. Wurm: Welcher Kammer? Welcher Kammer?)

Im Gegenzug aber hat die Koalition vergessen (Abg. Dr. Mertel: Herr Abgeordneter, welcher Kammer gehört denn ein Student an?) – der Österreichischen Hochschülerschaft, und diese ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und daher im wesentlichen eine Kammer, sollten Sie das nicht wissen –, jenen Lehrlingen – und hier erinnere ich Sie an das Versprechen von Bundeskanzler Klima, daß jeder Lehrling einen Lehrplatz erhalten wird –, die keinen Ausbildungsplatz erhalten, die in Stiftungen oder sonstigen Ausbildungsstätten unterkommen, in Zukunft ebenso die Familienbeihilfe beziehungsweise Fahrtenbeihilfe zu gewähren.

Ich erwähne das, weil es zu diesem System paßt und damit man einmal die Ungleichgewichtung sieht: Auf der einen Seite schafft man Privilegien für ÖH-Funktionäre, und auf der anderen Seite ist man nachlässig und versäumt es, den Lehrlingen das ihnen Zustehende auch tatsächlich zuteil werden zu lassen.

Auch das kann man jetzt reparieren – ich habe vorhin gerade gehört, daß man die Zeit hier auch dazu nützen kann, Fehler, die man begangen hat, oder Versäumnisse zu reparieren. Dies ist ein Anlaß zu einer solchen Reparatur, und wir laden Sie ein, dem zuzustimmen, damit den Lehrlingen auch in diesem Punkt Gerechtigkeit widerfährt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch ein Punkt, Herr Minister: Sie haben sich, was die Studiengebühren betrifft, sehr eloquent, wie immer – das muß man Ihnen lassen –, aus der Affäre gezogen. Es ist dann in weiterer Folge mit Nebelgranaten herumgeschmissen worden. Da wird gesagt, die Freiheitlichen reden nicht zu den Anträgen et cetera. Herr Minister, ich möchte Sie erinnern, Sie haben auch zum ÖH-Gesetz gesprochen, obwohl es jetzt nicht zur Debatte steht, sondern erst beim nächsten Tagesordnungspunkt. Da komme ich dann ohnedies noch gesondert darauf zu sprechen. Ihre Erstrednerin, Frau Kollegin Ableidinger (Ruf bei der SPÖ: Wer? – Ablinger!) – Ablinger –, macht mit unserem Kollegen Krüger hier eine Abrechnung, die eigentlich sofort wiederum sie selbst widerlegt: Sie spricht zum Studentenbericht, der auch nicht auf der Tagesordnung steht! Das war im Ausschuß, das hat sie verschlafen. Das heißt im wesentlichen: Wenn schon diese Kritik kommt, dann bitte auch ein bißchen Selbstkritik, denn dann haben alle am Thema vorbei gesprochen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber ich möchte Sie – weil es nun einmal schon zur Debatte steht – dennoch nicht so einfach entlassen. Ganz können Sie Ihre marxistische ideologische Vorbildung nicht verleugnen. Denn wenn Sie einerseits dafür eintreten, daß es keine Studiengebühren geben soll, und dann als letzten Schlenzer damit drüberfahren, daß Sie sagen, Sie können sich aber vorstellen, daß die Reichen zahlen sollen und die Armen etwas bekommen (Bundesminister Dr. Einem: Steuern, ja! Steuern!) – das haben Sie nicht dazugesagt, Sie haben diesen Schlenzer bewußt stehengelassen –, dann ist das auch der falsche Weg. Denn dann sind Sie schon wieder durch die Hintertür, die Sie sich hier im Hohen Haus offenlassen, hereingetreten und sind schon wieder für die Uni-Gebühren. Hier müssen Sie schon wiederum einem Erklärungsbedarf nachkommen, denn so kann man das nicht stehenlassen. Sie können nicht mit dem letzten Schlenzer drüberfahren und damit in Wirklichkeit schon wieder eine Türe aufmachen. (Abg. DDr. Niederwieser: Sagt einmal, was ihr wollt!)

Kollege Niederwieser weiß genau, wovon ich spreche. (Abg. DDr. Niederwieser: Sagt einmal, was ihr wollt!) Sie sind auch ein Exponent der Studiengebühren. (Abg. DDr. Niederwieser: Jetzt steht nicht die SPÖ am Rednerpult! Sagen Sie einmal, was Sie wollen!) Dagegen habe ich gar nichts. Die Diskussion ist gut, und, Herr Minister, ich war eigentlich recht froh darüber, daß Sie gesagt haben, man soll über Umverteilung diskutieren. Wenn die Umverteilung so funktioniert, daß man an den österreichischen Hochschulen von den Leistungsunwilligen zu den Leistungswilligen umverteilt, dann wird man in uns einen Gesprächspartner finden. Denn um nichts anderes geht es als darum, einen Anreiz zu schaffen, entsprechende Leistungen zu honorieren, auch an der Hochschule (Abg. DDr. Niederwieser: Leistungsunwillige bekommen ohnedies kein Stipendium!), damit es eben nicht mehr so sein muß, daß man wieder Hintertürln offenlassen muß und daß die Studenten Dazuverdienstmöglichkeiten erhalten müssen, die sie dann wiederum versteuern müssen et cetera. Herumgemurkst wird in diesem Bereich schon lange genug.

Herr Minister! Sie sind wirklich aufgefordert, klar Stellung zu beziehen. Was meinen Sie wirklich mit "Reiche sollen zahlen"? Wer ist in Ihren Augen reich? Deklarieren Sie sich: Wer ist reich? Meinen Sie: reiche Eltern? Und ab wann beginnt "reich"? – Das möchte ich alles wissen, das interessiert die Studenten. Fängt der Reichtum bei Ihnen bei 15 000 S netto an, oder wo fängt er an? Wer wird in Zukunft Ihrer Meinung nach zahlen müssen, und wer wird etwas bekommen? – Das interessiert die studierende Bevölkerung im höchsten Ausmaße und nicht, ob irgendwelche Funktionäre ein Privileg eingeräumt bekommen und noch zwei Jahre länger eine Familienbeihilfe erhalten, nur weil sie ein ach so tolles Amt innehaben (Abg. Mag. Wurm: Demokratie kostet etwas!), das vielleicht ohnehin nur als politisches Karrieresprungbrett verwendet wird.

Herr Minister! Sie haben hier Erklärungsbedarf, und ich bitte Sie, diesem nachzukommen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.47

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! (Abg. Dr. Graf: Ihr seid ja auch für Studiengebühren, oder?) Ich bin ganz überrascht, mit welcher Verve hier die Gesamtstudien- und Universitätsdebatte geführt wird, sodaß ich es ja besonders leicht habe, ein ebenso in Diskussion stehendes Thema anzuschneiden und hiezu die Position der ÖVP zu skizzieren. Ich will das nicht in einen logisch notwendigen Zusammenhang mit der Studienförderung stellen, aber aufgetaucht ist diese Debatte jedenfalls, nämlich um das Bakkalaureat, zur gleichen Zeit.

Aus dem Ministerium selbst, im besonderen von seiten des Sektionschefs für Hochschulen, ist die Meinung zu vernehmen, daß wir uns unbedingt der Dreigliedrigkeit des amerikanischen Bildungswesens zu unterwerfen oder uns an diesem zu orientieren hätten. Ich glaube, da liegen wir schief, wenn wir das tun, und ich kann Anneliese Rohrer von der "Presse" recht geben, wenn sie aus unmittelbarer Kenntnis des amerikanischen Schul- und Studienwesens sagt, daß die durchschnittlichen Colleges und Universitäten die ersten drei Jahre brauchen, um die Studentinnen und Studenten etwa auf österreichisches Maturaniveau zu bringen. (Abg. DDr. Niederwieser: Das haben wir schon!) Das Maturaniveau haben wir schon, genau. Von dem gehen wir aus.

Wir haben im Land doch eine vier Jahre dauernde Debatte zum Universitäts-Studienrecht geführt und uns aus guten Gründen von den dreijährigen kulturwissenschaftlichen Studien abgewendet und gesagt: Es gibt für diese verkürzten Studien kein dezidiertes Berufsziel. Durch den Entfall der Kombinationspflicht und die dadurch ungenügende Ausprägung der Wissenschaftsorientierung kann das den jungen Leuten als Studium nicht zugemutet werden. Ich denke auch, daß wir richtig liegen, wenn wir uns europäisch orientieren, indem wir nämlich nicht der Fiktion einer Totalhomogenisierung des Systems aufsitzen, sondern viel mehr von dem tun, was wir heute auch machen, nämlich Studien anerkennen, Modulsysteme austauschen, respektieren und so weiter. Es geht also um Großzügigkeit in der Anerkennungspolitik. (Abg. DDr. Niederwieser: Und als Besonderheit: Latein!) Ich denke, daß es wichtig ist, hier nicht "Studienzeitkosmetik" oder "Studienstatistikretusche" oder sonst irgend etwas zu betreiben und die Abbrecher mit einem Titel zu versehen. Das ist nicht wirklich sinnvoll.

Ich glaube daher, daß das Bakkalaureat erst dann Sinn macht, wenn es ein definiertes und dezidiertes Studien- und Berufsziel gibt und wenn es darüber Verständigung gibt. Anzusetzen ist gemäß der Orientierung am amerikanischen System insofern, als man viel eher das berufsbildende mittlere und höhere Schulwesen ausbauen müßte, diversifizieren sollte.

Um die Brücke zum Studienförderungsgesetz zu schlagen: Ich denke, daß es ein Fortschritt ist, sagen zu können, wir haben nach dem letzten Strukturanpassungsgesetz in etwa 1 Milliarde Schilling an Leistungen zurückgenommen und jetzt einen gerechteren, wenngleich noch nicht – hier müßte man mit Platon fragen: was ist Gerechtigkeit? – einen absolut gerechten Weg gefunden.

Worin ist dieser Weg, den wir heute beschreiten, noch nicht ganz gerecht? – Einerseits gibt es noch keine Gleichstellung von studierenden Berufstätigen, die das in selbständiger Weise tun, und solchen, bei denen dies im Rahmen unselbständiger Erwerbstätigkeit erfolgt. Weiters gibt es noch keine Jahresdurchrechnung, die aber notwendig ist, weil in der Tat – da muß ich Herrn Kollegen Rada, einem meiner Vorredner, recht geben – die Projektorientierung einen anderen Umgang mit der Zeit erfordert.

Das ist für mich das Stichwort zu einem anderen Aspekt, nämlich dem der Berufstätigkeit selbst: Wie nimmt sich diese Frage überhaupt in der Wahrnehmung der Studenten aus? – Dem Bericht war nicht zu entnehmen, daß das Studien-Eintrittsalter massiv angestiegen ist. Ich habe hingegen Berichten entnommen, daß die Verweildauer im universitären Bereich eine längere ist, daß diese Frage daher anders gelöst werden muß.

Ich denke, ich treffe hier auf Zustimmung bei den unmittelbar dieses Leben Praktizierenden: Studieren wird in gewisser Weise eine Lebensform. Das meine ich mit allem Charme und mit aller Sympathie für diese Lebensform, weil sie nämlich dann übergeht in das lebenslange Lernen, Frau Kollegin Gredler, beziehungsweise sich mit diesem lebenslangen Lernen verquickt und wir dafür nicht sozusagen das lebenslange Stipendium schaffen können.

Wenn es einen richtigen Weg gibt, dann gehen wir diesen, glaube ich, mit der Förderung von Berufstätigen, mit dem Äquivalent von Erwerbseinkommen in der Höhe von etwa 15 000 S für den Durchstart beziehungsweise für den Studienabschluß nach einer bestimmten Beschäftigung (Abg. DDr. Niederwieser: Doppelleben!) – oder dem "Doppelleben" zwischen Erwerb und Studium. Viele von uns in diesem Saal, unter anderem auch ich, sind solche Doppelleben-Studierende gewesen, und viele von uns hätten sich mit einem solchen Stipendium damals leichter dabei getan, sich für die Diplomarbeit oder für die Dissertation Zeit zu nehmen.

Wir sind auf dem richtigen Weg – das ist zwar fast schon eine Platitüde, aber in diesem Fall stimmt es genau, ähnlich wie auch beim Studentenheimgesetz. Ich denke, daß auch diese Novelle der anderen Lebensweise, der erhöhten Mobilität der Studierenden besser entspricht. Auch die Möglichkeit, die Häuser dadurch zu haben, daß Gastverträge abgeschlossen werden können, ist ein guter Weg, um die Zahl der Studierenden weiterhin in dem Maße ansteigen zu lassen, in dem es die Studierenden selbst wünschen. Daß die Zahl der Rechtswissenschafts-Studenten zurückgegangen ist, macht Sinn, wenn ich an die Verankerung im Berufsleben denke.

Im Grunde sind wir also richtig orientiert. Über das ÖH-Gesetz reden wir dann, wenn es auf der Tagesordnung steht. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Mag. Posch zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. DDr. Niederwieser: Von den anderen kann leider keiner mehr reden, denn von ihnen ist fast keiner mehr da!)

20.53

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Regelmäßig taucht in den Wissenschaftsdebatten, wie das Ungeheuer von Loch Ness, die Frage der Studiengebühren auf, auch wenn sie keinen konkreten Gegenstand hat. Daher, Herr Minister, herzlichen Dank (Abg. Dr. Lukesch: Herr Kollege, jetzt hat sie einen Namen: Der "Einem-Plan" heißt sie jetzt! – Heiterkeit des Redners sowie des Abg. Schwarzenberger) für die klare Aussage zu den Studiengebühren, ungeachtet der hochinteressanten Marxismus-Exegese von Kollegen Graf: Es wird keine Studiengebühren geben. Sie sind budgetär irrelevant, wenn sie eine bestimmte Höhe nicht überschreiten würden, und sie sind verteilungspolitisch äußerst problematisch.

Ein wenig wundere ich mich über die Nichtzustimmung der Grünen zum Studienförderungsgesetz. Es ist mir völlig unverständlich, einschneidende Maßnahmen, die es im Zuge des Sparpaketes sicherlich gegeben hat, mit dem Studienförderungsgesetz zu junktimieren, weil eben dieses Studienförderungsgesetz eine ganze Reihe von Verbesserungen bringt, abgesehen von den Zahlen: Im Jahr 1997 hat die Studienförderung in Österreich 1,49 Milliarden Schilling betragen, 1998 1,63 Milliarden Schilling, und jetzt sind wir bei rund 1,84 Milliarden Schilling angelangt – also eine beachtliche Steigerung allein in den letzten zwei Jahren. 200 Millionen Schilling betrug die Steigerung allein im letzten Jahr, wobei die Kosten aufschlüsselbar sind wie folgt: 107 Millionen für die Erhöhung der Beihilfe, 30 Millionen für die Ausweitung des Bezieherkreises und 36 Millionen für die Schaffung von Studienabschlußstipendien. Es gibt also eine ganze Reihe von Verbesserungen.

Was mich besonders freut, ist, daß auch Studenten, die eine Fachhochschule absolviert haben und ein Doktoratsstudium beginnen, in Zukunft in den Genuß der Studienbeihilfe kommen werden und daß es auch für Behinderte eine Reihe von Verbesserungen geben wird: daß sie angesichts des erhöhten finanziellen Aufwands, den sie in der Regel zu tragen haben, weshalb sie oft mit längerer Studiendauer rechnen müssen, durch den § 19 Abs. 3 und 4 dadurch Abhilfe bekommen, daß Studierende, die zu über 50 Prozent behindert sind, Anspruch auf eine längere Bezugsdauer für die Studienbeihilfe haben und daß zweitens der Minister per Verordnung die Bezugszeit für Stipendien sogar um zwei Semester pro Studienabschnitt verlängern kann.

Erfreulich ist auch die Schaffung der Studienabschlußförderung, die in § 52b geregelt wird, wonach monatlich 15 000 S, also immerhin 180 000 S im Jahr, ausgeschüttet werden, vorausgesetzt, daß man mit seinem Studium fast fertig ist und nur noch etwa 20 Semesterwochenstunden zu absolvieren hat beziehungsweise am Beginn der Diplomarbeit steht. Dies ist für Studenten gedacht, die in den letzten vier Jahren gearbeitet haben, also für Werkstudenten.

Erfreulich ist auch die Regelung bei den Auslandsstipendien, da statt wie bisher zehn Monate lang nunmehr 20 Monate lang gefördert werden kann, und zwar bis zu einem Betrag von 8 000 S monatlich, wobei der Minister per Verordnung festlegt, welche Beträge für welches Land vorgesehen werden.

Abschließend möchte ich auf die generelle Erhöhung der Höchststudienbeihilfe um zirka 10 Prozent, nämlich nunmehr 8 330 S pro Monat – das sind fast 100 000 S im Jahr –, hinweisen.

Das bedeutet, daß eine ganze Reihe von Verbesserungen in diesem Studienförderungsgesetz enthalten ist. Ich finde daran absolut nichts Negatives auszusetzen, und daher wird unsere Fraktion diesem Gesetz ganz sicher zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Frau Abgeordnete Dr. Moser-Starrach zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.57

Abgeordnete Dr. Sonja Moser-Starrach (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte zum Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden, sprechen.

Im wesentlichen geht es in dem Abänderungsantrag um zwei Dinge: erstens um Lehrlinge, die sich im Rahmen des nationalen Beschäftigungsplanes – also Teilnehmer an Lehrgängen und Lehrlingsstiftungen nach dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz – vorerst bis zum 31. Dezember 2001 in Ausbildung befinden. Sie sollen den übrigen Lehrlingen im dualen Ausbildungsplan gleichgestellt werden. Das heißt, sie sollen selbstverständlich die Sachleistungen der Schülerfreifahrt aus dem Familienlastenausgleichsfonds erhalten.

Zweitens liegt eine geringfügige Modifikation zu bestehenden Ausnahmeregelungen für den Bezug von Familienbeihilfe vor. Es ist eine Korrektur von Einzelfällen für Präsenz- und Zivildiener.

Die Regelungen zur Studienförderung und zum Bezug der Familienbeihilfe beinhalten des öfteren problematische bis divergierende Bestimmungen. Das Studienförderungsgesetz nimmt auf die soziale Komponente Rücksicht, das Familienlastenausgleichsgesetz auf die familienpolitische. Sie sind nicht 1 : 1 anwendbar. Auch die Bezieherzahl ist völlig verschieden: 80 000 Bezieher für Familienbeihilfe und 30 000 für Stipendien. Die Nachbesserung für Lehrlinge, Präsenz- und Zivildiener liegt nun schriftlich vor, und die ÖVP gibt dazu sehr gerne ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

Weil ich gerade den Vorsitzenden der ÖH auf der Besucherbank sehe, möchte ich auch einen Satz anführen, den er zitierte und der mir besonders gut gefallen hat: daß das Familienministerium immer versucht hat, entschärfende Maßnahmen zu finden. Danke für die Zustimmung. Es bedarf aber auch weiterhin all unserer Anstrengungen, Probleme beim Bezug der Familienbeihilfe zu lösen, zum Beispiel bei einem Studienwechsel.

Die nunmehr vorliegende Wiedereinstiegsmöglichkeit zum Bezug der Familienbeihilfe nach Studienwechsel brachte aus Sicht der Familienbeihilfenbezieher Erleichterungen. Ungereimtheiten sind aber immer noch vorhanden. Ein Student bezieht zum Beispiel im ersten Studienabschnitt in den ersten beiden Semestern Familienbeihilfe, wechselt dann das Fach, kann wieder zwei Semester Familienbeihilfe beziehen, wechselt dann erneut und bezieht wiederum Familienbeihilfe. Es wird ihm aber keine Familienbeihilfe gewährt, wenn er jeweils den ganzen ersten Studienabschnitt – also vier Semester – absolvierte, und das ist in der Praxis öfters der Fall.

Auch der Übertritt in eine Fachhochschule ist mit dem Verzicht auf die Familienbeihilfe verbunden, wenn nicht das komplette vorangegangene Studium an der Universität anerkannt werden kann. Studierte jemand also vier Semester Wirtschaft und wechselt dann zur Betriebswirtschaft in eine Fachhochschule, wird ihm die Familienbeihilfe gewährt. Wechselt er aber in eine andere Fachrichtung an einer Fachhochschule, kann ihm nach bestehender Gesetzeslage keine Familienbeihilfe gewährt werden.

Meine Damen und Herren! Es bedarf also noch weiterer Anstrengungen, familienpolitisch geringfügige Modifizierungen in Einzelfällen machbar zu gestalten. Ich freue mich, daß Einsparungen, die für die Budgetkonsolidierung notwendig waren, nun wieder zurückgenommen werden können und weitere Bezugsmöglichkeiten der Familienbeihilfe gegeben sind. Die Familienbeihilfe ist nun einmal eine Zukunftssicherung für unsere Jugend und Familien.

Ich bekenne mich auch weiterhin zur Budgetkonsolidierung. Die Begrenzung des Zuwachses öffentlicher Verschuldung kommt ja unserer Jugend zugute. Mit dem neuen Studienförderungsgesetz wird ein Teil der Sparmaßnahmen, die 1995/96 notwendig waren, kompensiert. Es kommt den Erfolgreichen entgegen und berücksichtigt das Familieneinkommen; besonders der Bezieherkreis aus dem Mittelstand kann durch die Erhöhung der Einkommensgrenze neu bedacht und erweitert werden. Die Abdeckung der Krankenversicherung älterer Studierender wird gefördert. Die Erhöhung der Zahl und Verlängerung der Studien im Ausland sind möglich. Bei der Studienabschlußförderung gibt es gute Neuerungen: Es ist möglich, für ein Jahr aus dem Beruf auszusteigen und das Studium abzuschließen. Laufende Evaluierungen sollen die Auswirkungen begleiten.

Alle sind aufgerufen – Wissenschaftsministerium, Familienministerium, Frauenministerium, Sozialministerium –, komplexe, vernetzte Systeme für materielles Dazuverdienen unserer Studierenden zu ermöglichen. Drei Viertel aller Studierenden arbeiten während des Studiums und in den Ferien sowohl für ihren Lebensunterhalt als auch zum Erwerb von Praktika. Teilzeitstudenten gibt es in steigendem Maße. Hochschulrechtlich, arbeitsrechtlich und sozialrechtlich muß Dazuverdienen im Lichte der neuen Lebensweise und -planung unserer Studierenden ermöglicht werden. (Beifall bei der ÖVP.)

21.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.02

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Wissenschaftsministerium hat in den letzten Jahren in vorbildlicher Weise etliche Studien und Untersuchungen zur sozialen Lage der Studierenden erstellt. Eines zeigen diese Studien unisono: Immer mehr Studierende arbeiten vor und während des Studiums. Müssen sie oder wollen sie?

Starke gesellschaftliche Veränderungen in den letzten Jahren führten dazu, daß der klassische Student, die klassische Studentin zur Minderheit unter den Studierenden gehört: Nur noch ein Fünftel der Studenten und Studentinnen betreibt – unter Anführungszeichen – "nur noch" ihr Studium.

Das bedeutet aber auch, daß sich die Studenten immer stärker in verschiedene Gruppen aufgliedern. Ich würde sagen, es sind drei Gruppen: einmal die vollzeitbeschäftigten Studenten und Studentinnen, dann die klassischen Studenten und Studentinnen und schließlich die teilzeitbeschäftigten Studenten und Studentinnen. Auf diese verschiedenen Gruppen muß meiner Meinung nach differenziert eingegangen werden, weil sie ja auch differenzierte, unterschiedliche Bedürfnisse haben. Diesen unterschiedlichen Bedürfnissen trägt diese von Wissenschaftsminister Caspar Einem vorgelegte Regierungsvorlage Rechnung.

Nun zu den berufstätigen Studierenden. Für mich ist es wirklich eine Freude – es stellt fast einen Quantensprung dar –, daß im Studienrecht nun für werktätige StudentInnen eine Studienabschlußförderung von 15 000 S monatlich vorgesehen ist und daß diese Studenten dazu auch noch sozialversichert sind. Das ist insofern erwähnenswert, weil sich, wie ich glaube, auch in den Köpfen derjenigen, die den Lehrbetrieb an den Universitäten tragen, etwas geändert hat. Ich kann mich erinnern – und so lange ist das noch gar nicht her, weil ich ja auch in der Lage war und sein mußte, Beruf und Studium unter einen Hut zu bringen –, daß ich mir an einem "Tag der offenen Tür" an der Universität Innsbruck noch anhören mußte, wie ein Professor uns gesagt hat: Wer einen Arbeitsplatz hat, braucht keinen Studienplatz. Da, scheint mir, ist jetzt ein anderer Geist, und das freut mich und ist wirklich ein Fortschritt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Brinek.)

Ein weiterer Aspekt dieser Förderung ist – so meine und hoffe ich –, daß werktätige StudentInnen in Zukunft vermehrt auch Studienrichtungen inskribieren, dort dann ihre Diplomarbeiten durchführen und das Studium auch beenden, in denen dies bis jetzt kaum oder nur unter sehr erschwerten Bedingungen möglich war. Ich denke hier an technisch-naturwissenschaftliche Fachrichtungen. Das wäre auch ein kleiner, aber feiner Beitrag zu den Technologie- und Forschungsanstrengungen, die Österreich unternimmt, um weiterhin im Spitzenfeld der Industriestaaten mitmischen zu können. Dasselbe gilt auch für die Förderung von Doktoratsstudien für Fachhochschulabsolventen und -absolventinnen.

Nun zur anderen Gruppe an den Universitäten, zu den sogenannten klassischen StudentInnen. Auch diese sind in diesem Gesetz bedacht, indem sie nämlich mehr Geld zur Verfügung gestellt bekommen, also höhere Stipendien erhalten, um sich voll dem Studium widmen zu können. Das nützt dann in bezug auf die Studiendauer, denn auch das können wir aus den uns vorliegenden Berichten ersehen: daß diejenigen Studenten, die Stipendien beziehen, im Durchschnitt um zirka 20 bis 25 Prozent früher mit dem Studium fertig sind, weil sie sich eben voll dem Studium widmen können.

Was noch zu tun ist, um der wahrscheinlich größten Gruppe der jetzt an den Universitäten Studierenden Rechnung zu tragen, ist die Verankerung der Teilzeitstudenten, also jener Studenten, die Beruf und Studium insofern vereinen, als sie daneben – wie man umgangssprachlich sagt – jobben gehen müssen. Daß die Bundesregierung in diesem Entschließungsantrag aufgefordert wird, Vorlagen zu erarbeiten, um auch dieser Gruppe Rechnung zu tragen, ist, glaube ich, sicher wichtig.

Wichtig wäre mir auch, daß die verschiedenen Gruppen hier nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es ist ja auch von der ÖH dahin gehend Klage geführt worden, daß man gesagt hat, die Studenten, die einer Vollzeitarbeit nachgegangen sind, bedenkt man nun eigens, aber die Teilzeitstudenten werden nicht berücksichtigt. Mit diesem Entschließungsantrag wird dies getan. Das ist wichtig, auch in dem Sinne, daß man die Studenten nicht auseinanderdividiert.

Grundsätzlich ist zu sagen: Mich freut dieses Gesetz! Es wird vielen Studenten und Studentinnen damit geholfen. Es ist ein Anfang zu einer Studienreform, zu einer Studienförderung, die weitergehen muß, und zwar in dem Sinne, daß es ein eigenes Studienrecht für berufstätige Studierende zu geben hat. (Beifall bei der SPÖ.)

21.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stampler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.08

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wissenschaftliche Zusammenarbeit ist wichtig. Wenn diese wissenschaftliche Zusammenarbeit dazu noch grenzüberschreitend ist, ist sie sehr zu begrüßen. Der Vertrag mit der Republik Slowenien, den wir heute hier im Parlament behandeln, ist Ausdruck des Wunsches nach mehr Internationalisierung von Wissenschaft und Technologie.

Österreich hat sich immer als Drehscheibe des Westens in die neuen jungen Demokratien im Osten verstanden. Mit der verstärkten Zusammenarbeit mit der Republik Slowenien auf wissenschaftlicher Ebene werden wir dieser Rolle einmal mehr gerecht. Ziel dieses Abkommens ist es, die Entwicklung direkter wissenschaftlich-technischer Beziehungen zwischen staatlichen Einrichtungen, den Akademien der Wissenschaften, den Hochschulen, den wissenschaftlichen Forschungszentren, den Forschungs- und Technologieinstituten sowie zwischen Unternehmen und anderen Instituten auf beiden Seiten zu unterstützen. Dazu kommt noch die Ausarbeitung gemeinsamer Projekte.

Im Artikel 3 dieses Vertrages sind die Formen der Zusammenarbeit ausgeführt, nämlich Austausch wissenschaftlich-technischer Informationen, Dokumentationen und Veröffentlichungen; Austausch von Wissenschaftlern und Experten im Rahmen bilateraler Projekte, die von Vertragsparteien zur Durchführung der wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit genehmigt werden; weiters Durchführung und Unterstützung gemeinsamer wissenschaftlich-technischer Veranstaltungen und sonstiger wissenschaftlicher Programme unter Berücksichtigung von Initiativen multilateralen Charakters mit der Möglichkeit, gegenseitig Forschungsmaterial, wissenschaftliche Geräte und Ausrüstung zur Verfügung zu stellen; und, viertens, andere Formen der wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit, welche von den Vertragsparteien festgelegt werden. Zur Durchführung dieses Abkommens wird ein gemeinsamer Ausschuß eingesetzt.

Meine Damen und Herren! Es soll keine Verwechslung geben: Mit diesem Abkommen soll nicht staatlich organisierte Zusammenarbeit geschaffen werden, sondern es soll eine Zusammenarbeit, die bereits seit einigen Jahren auf wissenschaftlicher Ebene besteht, auf ein völkerrechtliches Fundament gestellt und von beiden Vertragsstaaten die Förderungswürdigkeit solcher gemeinsamer Projekte zum Ausdruck gebracht werden.

Diese Zusammenarbeit gibt es bereits. – Ich möchte einige Beispiele aus der Steiermark anführen. So gibt es einerseits das Joanneum in Graz, das um eine intensive Zusammenarbeit bemüht ist, und auch die Universität Graz steht in regem Kontakt unter anderem mit den Universitäten in Laibach und Marburg. Im Rahmen der sogenannten Alpen-Adria-Tagung fanden bereits siebenmal gemeinsame Veranstaltungen statt. Es besteht die Möglichkeit, sich im Dissertationsstudium an den Universitäten gemeinsam ausbilden zu lassen. So wurden bisher drei Dissertationen im Rahmen einer solchen Zusammenarbeit geschrieben. Professor Ribitsch aus Graz betreut unter anderem Diplomarbeiten aus dem Bereich physikalische Chemie an der Universität in Marburg. Die Zusammenarbeit konzentriert sich auch auf technische Probleme, wie zum Beispiel das Arbeiten mit polymeren Textilien und Werkstoffen. In diesem Bereich besteht auch eine intensive Kooperation mit der Lenzing AG. Gemeinsam mit den Universitäten Laibach und Marburg wurden auf dem wissenschaftlichen Sektor zirka 30 bis 40 Vorträge gehalten und 20 wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht.

Mit einem Wort: Die Zusammenarbeit funktioniert bereits jetzt hervorragend. Daher war es jetzt an der Zeit, diese Zusammenarbeit auch von staatlicher Seite zu würdigen und auf eine – wie ich schon sagte – völkerrechtliche Grundlage zu stellen. Reichen wir unseren Nachbarn die Hand! Wir können daraus alle positiven Nutzen ziehen! (Beifall bei der ÖVP.)

21.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

21.14

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich ganz kurz den "mainstream" der Hochschulpolitik in Österreich in den letzten Jahrzehnten formulieren: Ich glaube, die Studentenzahlen an sich sprechen eine deutliche Sprache vom Leistungsbild dieser Hochschulpolitik der letzten Jahrzehnte. Wenn man bedenkt, daß sich die Anzahl der männlichen Studierenden seit 1970 gut verdreifacht und die Anzahl der weiblichen Studierenden fast verneunfacht hat und Männer wie Frauen fast in der gleichen Stärke an österreichischen Universitäten vertreten sind, dann kann man, wie ich meine, davon reden, daß die Rahmenbedingungen doch entsprechend sind und die österreichische Hochschulpolitik letztendlich in diesen Jahrzehnten erfolgreich war.

In Einzelfällen wurden natürlich in den gesetzlichen Grundlagen Optimierungen vorgenommen und müssen auch heute mit den Abänderungen, die wir noch beschließen, vorgenommen werden. – Ich habe die ehrenvolle Aufgabe, einen Abänderungsantrag einzubringen, den meine Kollegin Sonja Moser schon diskutiert und kommentiert hat, und es ist jetzt wirklich höchste Zeit, diesen Antrag vorzutragen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Lukesch, DDr. Niederwieser, Dr. Ilse Mertel, Sonja Ablinger, Dr. Sonja Moser und Genossen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage 1442 der Beilagen: Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (1511 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. In Artikel II erhält die Ziffer 2 folgende Fassung:

"2. § 2 Abs. 1 lit. g lautet:

g) gilt für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 26. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 27. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,"

2. In Artikel II wird folgende Ziffer 3 eingefügt.

"3. § 6 Abs. 2 lit. f lautet:

f) in dem Monat, in dem sie das 26. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 27. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,"

3. In Artikel II werden folgende Ziffern 4 und 5 eingefügt:

"4. nach § 30j Abs. 2 wird ein Abs. 3 eingefügt, der lautet:

(3) Für Teilnehmer an Lehrgängen und Lehrlingsstiftungen nach dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, BGBl. I Nr. 91/1998 (JASG), gilt für die Geltungsdauer des JASG deren Weg zwischen der Wohnung im Inland und dem Ort der Ausbildung als Weg zwischen der Wohnung und der betrieblichen Ausbildungsstätte. Für die Erlangung einer Lehrlingsfreifahrt oder einer Fahrtenbeihilfe für Lehrlinge gelten die Teilnehmer nach dem JASG als in einem gesetzlich anerkannten Lehrverhältnis stehend.

5. Nach § 30k Abs. 3 wird ein Abs. 4 eingefügt, der lautet:

(4) Die in dem im Abs. 1 zur Erlangung der Freifahrt oder der Fahrtenbeihilfe vorgesehenen Vordruck notwendigen Bestätigungen hat für die in § 30j Abs. 3 genannten Teilnehmer der nach dem JASG zuständige Ausbildungsberechtigte zu leisten."

4. In Artikel II erhält die Ziffer 2 die Bezeichnung Ziffer 6, wobei die bisherige Formulierung des § 50l die Bezeichnung Abs. 3 erhält und folgende Absätze 1 und 2 einzufügen sind:

"§ 50l. (1) Die §§ 2 Abs. 1 lit. g und 6 Abs. 2 lit. f in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx treten mit 1. Oktober 1996 in Kraft.

(2) Die §§ 30j Abs. 3 und 30k Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx treten mit 15. November 1998 in Kraft und mit 31. Dezember 2001 außer Kraft."

*****

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und ersuche Sie um Unterstützung unseres Abänderungsantrages, wofür ich sehr herzlich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Antrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Morak. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.19

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Ich möchte ein paar Sätze zum Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in den EU-Regionen von mir geben. (Abg. Dr. Mertel: Wir verstehen Sie nicht! Ich möchte Sie nicht nur optisch, sondern auch akustisch wahrnehmen!) Ich werde etwas lauter sprechen! (Abg. Dr. Lukesch: In Burgtheater-Deutsch bitte!)

Es gibt auf allen Gebieten von wissenschaftlicher Zusammenarbeit und Kulturaustauschprogrammen natürlich Stipendienprogramme. Es ist also logisch, daß man auch über eine Anerkennung von Studien in internationalen Abkommen spricht und auch dementsprechend handelt. Derzeit werden Anerkennungsfragen zwischen den europäischen Staaten in verschiedenen Abkommen behandelt, nämlich in vier Abkommen des Europarates und in einem Abkommen im Rahmen der UNESCO. Und weil heute schon zweimal von den Fortschritten beziehungsweise Nichtfortschritten gesprochen wurde, die in diesem Gesetzestext zu finden wären, möchte ich sagen, seien wir bescheiden: Es ist schon als Fortschritt zu bezeichnen, daß wir ein Abkommen zustande gebracht haben, das diese fünf Abkommen ersetzt, insbesondere in Anbetracht dessen, daß eines dieser Abkommen auf das Jahr 1957 zurückgeht. Das hat möglicherweise einen historischen Reiz, jedenfalls muß auf diesem Gebiet aber sehr dringend etwas geschehen.

Im Rahmen dieses Gesetzes bleiben die autonomen Entscheidungen der einzelnen Hochschulen erhalten, und durch einzelne innerstaatliche Regelungen bleibt ausreichend Spielraum für die Universitäten. Entscheidend sind die zuständigen Anerkennungsbehörden, die Ministerien, Regierungsstellen und Hochschuleinrichtungen, welche die Evaluation und Bewertung vornehmen.

Das neue Abkommen soll der Diversifizierung auf dem Hochschulsektor Rechnung tragen. Nicht die formale Struktur, sondern die Qualität der Lehre ist entscheidend. – An diesem Punkt wird wahrscheinlich Kritik einsetzen, denn wer jemals ein Qualitätsmonitoring erlebt hat, weiß, wie dabei um Buchstaben und Sätze gestritten werden kann. Den anderen nicht mitteilen werden die Vertragsparteien ihre Bewertungskriterien und -verfahren.

Mit diesem Gesetz tragen wir der gestiegenen beziehungsweise extrem wachsenden Mobilität der Studenten Rechnung. Sicherlich ist richtig, was Kollege Smolle gesagt hat, daß wir uns etwas Besseres vorstellen können. Selbstverständlich wären bindende Zielvorgaben für das Studium an den Hochschulen in Europa schön. Aber wenn man den Gesetzestext liest und weiß, was hineinreklamiert wurde und welche Interventionen es gab, um seine Selbständigkeit zu bewahren, dann muß man sagen: Trotzdem war es ein Schritt in die richtige Richtung.

Ich meine, daß die Diversifizierung eine feine Sache ist. Demokratie in einer diversifizierten Gesellschaft bedeutet allerdings ein hartes Stück Arbeit, und das strahlt das Gesetz natürlich aus. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann zu Wort gemeldet. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.22

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Für Studierende ohne ordentlichen Wohnsitz am Hochschulort stellt sich insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht die Frage nach der Wohnmöglichkeit. Für diese Studierenden bedeutet das höhere Lebenshaltungskosten und für solche aus sozial schwächeren Familien die Überwindung geographischer wie sozialer Barrieren.

Wohnen in Studentenheimen ist nach dem Wohnen im elterlichen Haushalt die preisgünstigste Form. Studentenheime und deren Träger sind für viele Studierende zentrale Faktoren, um die angesprochenen Barrieren zu überwinden. Studentenheime bieten mehr als preiswertes Wohnen: Sie bieten Gemeinschaft, soziales Miteinander-Leben, Hilfe, Unterstützung, Serviceleistung und nicht zuletzt gemeinsam erlebte Zeit bis zum Beginn von Lebensfreundschaften.

Sozialdemokraten ist die wirtschaftliche und soziale Unterstützung der Studierenden ein Hauptanliegen. Am Beginn der Ersten Republik war es ein mutiges, zukunftsorientiertes Unterfangen des sozialdemokratischen Parlamentsklubsekretärs und späteren Bundespräsidenten Dr. Adolf Schärf, die Wirtschaftshilfe für Arbeiterstudenten zu installieren, um durch den Bau von Studentenheimen Jugendlichen aus Arbeiterfamilien ein Hochschulstudium zu ermöglichen. Die Gründung dieser Wirtschaftshilfe war eine Pionierleistung, um das Grundrecht auf Bildung zu verwirklichen.

Über Initiative von Wissenschaftsminister Dr. Heinz Fischer wurde 1986 ein Studentenheimgesetz beschlossen, das die Rechtsbeziehung zwischen Studentenheimbewohnern und -trägern regelt. Dieses bewährte Gesetz wird durch die jetzige Novelle aktualisiert. Weitere Anliegen von Studentenheimbewohnern werden realisiert: flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten bei kurzfristiger Vergabe von Heimplätzen durch flexible Vertrags- und Preisgestaltung mit dem Ziel, die Preise möglichst gering zu halten, mehr Mobilität und Flexibilität für die Studierenden bei ausreichender Dispositionsmöglichkeit für die Heimträger durch die Änderung von Kündigungsfristen, Schaffung einer Koordinationsebene der Heimsprecher und Heimträger, Mitwirkungsmöglichkeiten der Hochschülerschaften bei der Erstellung von Investitionsförderplänen, Definition der Voraussetzungen wie soziale Bedürftigkeit und günstiger Studienfortgang, Schaffung von mehr Transparenz.

Dank und Anerkennung gebühren den Studentenheimträgern wie dem Wissenschaftsministerium, und zwar den Studentenheimträgern dafür, daß sie mit öffentlicher Förderung und erheblicher Eigeninitiative Studentenheime errichten und betreiben, und dem Wissenschaftsministerium für das Programm, mit welchem aufgrund finanzieller Fördermaßnahmen mindestens 7 000 zusätzliche Studentenheimplätze innerhalb eines Jahrzehnts errichtet werden können.

Wir Sozialdemokraten sind stolz, daß bereits mehr als 5 400 neue Heimplätze in Österreich geschaffen wurden und zirka 2 000 Heimplätze derzeit realisiert werden. Die im Bundesbudget vorgesehene Investitionsförderung von 300 Millionen Schilling jährlich ermöglicht die Instandhaltung, Sanierung und Standardverbesserung der Studentenheime.

Wir Sozialdemokraten, denen zukunftsorientierte Jugend besonders wichtig und für die das Recht auf Bildung und Arbeit ein unverzichtbares Grundrecht ist, begrüßen diese Maßnahmen und diese Regierungsvorlage, die bedeutend für die soziale Lage dieser und künftiger Studentengenerationen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

21.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Restredezeit Ihres Klubs: 17 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.26

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte nur festhalten, daß die Grünen Ihren heutigen Vorlagen zustimmen werden. Kollegin Gabi Moser hat gemeint, das in einigen Punkten nicht tun zu können, weil ihr die Förderung der Studierenden in einigen Punkten nicht weit genug gehe. Die Grünen stimmen folgenden Gesetzen aber zu: dem Studienförderungsgesetz, dem Familienlastenausgleichsgesetz, dem Studentenheimgesetz, dem Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich und schließlich dem Abkommen mit der Republik Slowenien. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ und ÖVP.)

21.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt auch kein Schlußwort des Berichterstatters.

Daher treten wir in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden, samt Titel und Eingang in 1511 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Lukesch, DDr. Niederwieser und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Graf und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge, der Reihe nach, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Graf und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung neuer Ziffern 1a und 1b in Artikel II bezieht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Damit erübrigt sich eine Abstimmung über die beantragten Änderungen der Absatzbezeichnungen.

Die Abgeordneten Dr. Lukesch und DDr. Niederwieser haben eine Zusatzantrag eingebracht, durch den in Artikel II neue Ziffern 2 bis 5 eingefügt werden. Dies sind die Ziffern 1 bis 3 dieses Antrages.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Zur Abstimmung kommt nunmehr die bisherige Ziffer 2 des Artikels II § 50l.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Graf und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Lukesch und DDr. Niederwieser haben ebenfalls einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel II § 50l bezieht. Dies ist die Ziffer 4 dieses Antrages.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang, nun in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte Sie für den Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt gleichfalls durch die Mehrheit. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1511 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. (E 147.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1512 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist ebenfalls die Mehrheit. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages, nämlich dem Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region, in 1159 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese Genehmigung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung gemäß Artikel 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz, daß die Kundmachung der französischen, russischen und spanischen Sprachfassungen des Staatsvertrages durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten
Dipl.-Ing. Schöggl und Genossen betreffend Schaffung einer gesetzlichen Interessenvertretung für Studierende an Fachhochschul-Studiengängen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages, nämlich Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit, in 1388 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese Genehmigung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Die Genehmigung ist damit erteilt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1351 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1470 der Beilagen): Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998 sowie über die Anträge 183/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 und das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten geändert werden, und 444/A der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 und das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten geändert werden (1513 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun den 12. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Graf vor. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.33

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Minister! Wir gelangen nun zu jenem Thema, das Sie schon beim vorigen Tagesordnungspunkt behandelt haben. Vielleicht kommen wir jetzt dennoch mit Ihnen noch zu einer Diskussion über die Reform des ÖH-Gesetzes.

Ich möchte dazu etwas zitieren, weil ich es völlig richtig finde, was Wolfgang Heppe, seines Zeichens für Organisation und Verwaltung zuständiger ÖH-Vertreter an der Kunsthochschule Wien, anläßlich der 30jährigen Wiederkehr der Ausgabe des "Tritonus" zur ÖH gesagt hat. Seine Aussage trifft den Kern, und Heppe ist nicht – wie Sie vielleicht wissen – der politischen Ausrichtung, der ich angehöre.

Befragt über die ÖH und ob es sich noch um eine adäquate Interessenvertretung handle oder nicht, sagte er:

"Dazu nur soviel: Versuche einmal, die ÖH abzuschaffen, und beobachte dann, wer dagegen auftritt; das wird garantiert einmal die ÖH selbst sein, das werden aber genauso sämtliche Regierungsstellen, die Parteien, die Universitätsdirektoren und so weiter sein. Die eigentliche Klientel, die Studierenden nämlich, werden sich für die ÖH sicherlich nicht zerreißen. Also: Wer braucht die ÖH?"

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem ist wirklich nur wenig hinzuzufügen! Denn im Hinblick darauf, daß die ÖH in der derzeitigen Form bei den Wahlen eine Wahlbeteiligung von weit unter 30 Prozent aufweist, muß man sich wirklich die Frage stellen, ob in diesem Zusammenhang überhaupt noch von einer ausreichenden Interessenvertretung gesprochen werden kann. Wir Freiheitliche meinen, daß eine echte Interessenvertretung durch die ÖH auch aufgrund dieser Reform, die heute zum Beschluß ansteht, nicht und niemals gewährleistet sein wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! In diesem Zusammenhang bin ich auch etwas enttäuscht, daß uns ein demokratiepolitisch äußerst bedenklicher Entwurf vorgelegt wird. Ich habe das schon im Ausschuß zu analysieren versucht und werde auch hier noch einiges dazu ausführen.

Zunächst muß man einmal die herrschenden Zustände kennen, wenn man reformieren will. Es gibt zwei Probleme: Aufgrund der niedrigen Wahlbeteiligung besteht kaum mehr eine Legitimation. Die Studenten fühlen sich durch diese ÖH nicht vertreten, weil sie ganz einfach nicht akzeptiert wird. Diesbezüglich gibt es Reformbedarf. Und außerdem gibt es Reformbedarf, weil es aus Verschulden der ÖVP-nahen Organisation nach der letzten ÖH-Wahl kaum möglich war, überhaupt eine funktionierende Verwaltung einzusetzen; man hat es kaum geschafft, einen Vorsitzenden zu wählen. – Das ist meines Erachtens Anlaß genug für Reformen, abgesehen von dem dritten Problem, das angeschnitten wird, nämlich dem passiven Ausländerwahlrecht. Und dann legen Sie uns so etwas vor, Herr Minister! Die Vorlage dieses Gesetzentwurfes mit Billigung der Regierungsparteien ist wirklich hanebüchen. Daraus möchte ich dann noch einiges zitieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auf der einen Seite hätte ich mir gewünscht, daß man sich bei der ÖH-Reform, wenn man schon zu keiner Mehrheitsbildung mehr fähig ist, weil es starre Fronten gibt, etwas Kreatives überlegt, etwa daß man eine Prozenthürde einführt, um der Zersplitterung entgegenzuwirken, die zugegebenermaßen der Grund dafür ist, daß es kaum mehr zu Mehrheitsbildungen kommt. Das ist auch der Aktionsgemeinschaft der ÖH zu verdanken, denn es gibt an sich eine Mitte-Rechts-Mehrheit, man ist aber komischerweise seitens der Vorfeldorganisation der ÖVP nur auf die linke Seite orientiert. Und das hat alles so schwer gemacht: Es gibt an sich eine klare Mehrheit, Sie haben diese aber nicht wahrgenommen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Man könnte sich überlegen, eine Prozenthürde einzuführen. Man könnte auch, wenn es nach vielen Wahlgängen zu keiner Entscheidung kommt, ganz einfach den Wähler wieder befragen und sagen: Wir sind unfähig, zu koalieren und Mehrheiten zustande zu bringen, wähle daher selbst noch einmal deine Vertretung! – Das wäre demokratiepolitisch das richtige gewesen. Statt dessen führt man die Regelung ein – und da hat sich die ÖVP über den Tisch ziehen lassen, das behaupte ich jetzt einmal und werde es auch begründen –, daß im vierten Wahlgang, wenn es noch zu keiner Mehrheit gekommen ist, plötzlich die relative Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen bei einer bloßen Anwesenheit von einem Drittel der Wahlberechtigten den Vorsitzenden wählen kann. Im Ausschuß wurde ausgerechnet, daß im absoluten Extremfall 9,8 Prozent der Wahlberechtigten den Vorsitzenden bestimmen können. Das ist aber nicht der Fall: Tatsächlich können im Sinne des Gesetzes bereits zwei Wahlberechtigte theoretisch die relative Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen bilden. Und das halte ich wirklich für demokratiepolitisch bedenklich, und ich halte es auch für bedenklich, daß es keine Möglichkeit zu Neuwahlen gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich halte es auch für bedenklich, daß ein derartiger Vorsitzender, wenn ihm das Mißtrauen ausgesprochen wird, nicht abgewählt werden kann, weil man dazu ein Präsenzquorum von 50 Prozent und eine Zweidrittelmehrheit braucht. Das ist meiner Meinung nach wirklich letztklassig und ein Anschlag gegen die Demokratie auf dem Hochschulboden in Österreich! Und die ÖVP hat da mitgespielt, das muß man sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch ein letzter Punkt: Die Wahlkommission, die darüber entscheidet, wer als wahlwerbende Gruppe antreten darf und wer nicht, besteht jetzt nur mehr aus den drei stärksten Fraktionen der letzten Wahl und nicht mehr aus jeder wahlwerbenden Gruppe. – Da haben es sich die Großen wieder gerichtet! Auch das ist demokratiepolitisch bedenklich und gehört gegeißelt! Daher werbe ich dafür, diese gesetzliche Bestimmung nicht in Kraft treten zu lassen, denn auch in diesem Zusammenhang gilt: Besser ein schlechtes altes Gesetz als ein noch schlechteres neues Gesetz. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.39

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es gibt den Spruch: wie der Blinde von der Farbe reden. – Daran habe ich denken müssen, als Kollege Graf von demokratiepolitischen Notwendigkeiten gesprochen hat. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Ich meine, die Freiheitlichen, die hier große Vorträge halten, wie man Vorsitzende wählt oder nicht wählt, jedoch in ihre Landesorganisationen irgendwelche Geschäftsführer mit Videos des Vorsitzenden schicken, der zu wählen ist, haben überhaupt kein Recht, sich hier zu Wort zu melden und sich darüber zu äußern! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Schauen Sie, wie Sie Ihre Vorsitzenden auf demokratische Art und Weise wählen! Da haben Sie noch viel zu tun! Da haben Sie noch sehr viel zu tun! (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Zweiter Punkt: Sie sind jetzt verschiedentlich angetreten, um die gesetzlichen Interessenvertretungen abzuschaffen – es hat Unterschriften gegeben (Abg. Dr. Graf: 20 Prozent Wahlbeteiligung!), es hat Volksbegehren dazu gegeben, oder was immer Sie hier gemacht haben. Sie sind auch damit bisher kläglich gescheitert, und jetzt wollen Sie das bei der Hochschülerschaft wieder versuchen, weil Sie meinen, hier haben Sie einen schwachen Gegner. – Nein, Sie haben dabei nicht nur die Hochschülerschaft als Gegner, Sie haben auch uns als Gegner, wenn Sie die Österreichische Hochschülerschaft abschaffen möchten. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht!)

Was beinhaltet dieses Gesetz? – Dieses Gesetz versucht durchaus, einigen Problemen Rechnung zu tragen, mit denen die Österreichische Hochschülerschaft in den letzten Jahren zu tun gehabt hat, und dazu zählt auch, daß das Engagement für studentische Politik unter den Studierenden hinter den Erwartungen zurückbleibt – sagen wir es einmal so. Es gibt zu wenige, die sich tatsächlich dafür engagieren, die in den Studienkommissionen, auf Institutsebene, in den verschiedenen Gremien studentische Politik machen und sich für die Interessen der Studierenden einsetzen. (Abg. Dr. Graf: Und deshalb muß man so undemokratisch wählen?)

Daher haben wir bewußt, Kollege Graf, nicht nur die von Ihnen kritisierte Anrechnung bei der Familienbeihilfe vorgesehen, wir haben sogar noch mehr gemacht, ein Stück mehr, das Ihnen natürlich auch nicht passen wird: Wir haben erstmals in diesem Gesetz und erstmals in einem Hochschülerschaftsgesetz auch eine Bestimmung aufgenommen, daß bei den freien Wahlfächern für jene, die diese Funktionen ausüben, die Tätigkeit als Studierendenvertreter anrechenbar gemacht wird. (Abg. Jung: ... Pragmatisierung!)

Ja, das habe ich mir schon gedacht, daß Ihnen das auch nicht passen wird. (Abg. Dr. Graf: Funktionärsprivilegien!) Aber es ist eben so (Abg. Dr. Graf: Funktionärsprivilegien!), daß Mitbestimmung auch die erforderliche Zeit braucht (Abg. Dr. Graf: Das versteht doch kein Student in Wirklichkeit!), und zwar nicht nur, um in Gremien zu sitzen (Abg. Dr. Graf: Das interessiert doch gar niemanden! Das will doch niemand, nur Sie!), sondern auch, um sich entsprechend vorzubereiten. Man bedenke nur, was es heißt, sich beispielsweise bei der Erarbeitung eines Studienplanes darauf vorzubereiten, sich inhaltlich in diese Materie einzuarbeiten (Abg. Dr. Graf: Herr Kollege Niederwieser! Ich war voll berufstätig, habe das gemacht und habe in einer relativ kurzen Zeit studiert!): Hier werden unwahrscheinlich viele Qualifikationen vermittelt (Abg. Dr. Graf: Es ist immer nur die Frage, ob ich es will oder nicht!) – wenngleich sicherlich nicht die Qualifikation, irgend jemanden reden zu lassen, diese spreche ich Ihnen gerne ab –, die es rechtfertigen, dies anrechenbar zu machen.

Was ist noch geschehen? – Wir haben eine gesicherte Finanzierung für die Österreichische Hochschülerschaft vorgesehen, einschließlich einer Valorisierung der Beiträge. Wir haben einem Wunsch zur Bundesvertretung Rechnung getragen, der speziell von den Hochschülerschaften der einzelnen Universitäten, von den bisherigen Hauptausschuß-Vorsitzenden gekommen ist, nämlich auch eine Vorsitzenden-Konferenz einzuführen. Wir haben bei diesen einzelnen Universitätsvertretungen differenzierte Größen vorgesehen, wir haben eine Aufwertung der Studienrichtungsvertretungen vorgenommen und entscheidungsbevollmächtigte Ausschüsse verankert. – Darin ist vieles enthalten, bei dem ich ausdrücklich darauf hinweisen möchte, daß seitens der Österreichischen Hochschülerschaft, seitens der dortigen Fraktionen sehr vieles an Ideen und an Vorschlägen eingeflossen ist, was wir umzusetzen versucht haben.

Was aus unserer Sicht noch offen ist, sind zwei Punkte: einerseits die Verankerung einer studentischen Vertretung für den Bereich der Fachhochschul-Studien – das ist mit einem Entschließungsantrag in die Wege geleitet, das braucht etwas mehr Zeit – und andererseits das passive Wahlrecht für alle Studierenden. Hier haben wir bei unserem Koalitionspartner bisher nicht die notwendige Zustimmung gefunden, aber immerhin einen Fuß in der Tür durch die Ausschußfeststellung, daß in einem nächsten Schritt auch die entsprechenden Vorkehrungen getroffen werden, um das passive Wahlrecht für alle vorsehen zu können.

Insgesamt bedeutet dieses Gesetz ein wirksames Instrument für die studentische Politik. Wir sind sicher, daß wir im Bereich der Österreichischen Hochschülerschaft in Zukunft durch dieses Gesetz einen Partner vorfinden werden, der uns mehr fordert und der uns mehr abverlangt, als das bisher der Fall gewesen ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Dr. Gredler. – Bitte.

21.45

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es würde mich eigentlich freuen, ein Gesetz zu unterstützen, das von den Betroffenen selbst getragen wird. Das trifft in diesem Fall aber nicht zu, und das bedauere ich zutiefst.

Ich bedauere zutiefst, daß, obwohl sich die Vorsitzenden der vier größten Fraktionen der ÖH heute in der Presse melden und alle nur eines fordern – nämlich das passive Wahlrecht für ausnahmslos alle ausländischen Kolleginnen und Kollegen –, wir in diesem Hohen Haus ihnen das nicht zugestehen. Das ist ein Skandal! (Beifall beim Liberalen Forum.) Ich halte das wirklich für einen Skandal! (Abg. Dr. Graf: Das ist die Gesetzeslage!)

Ihr schafft eine Kategorie von bösen und von guten ausländischen Studierenden! Ich kann das nicht unterstützen! Ich halte das für das Widerlichste, was wir hier im Haus versuchen: einen Keil hineinzutreiben in eine Gruppierung, die das selbst überhaupt nicht wünscht! (Ruf bei der ÖVP: Nicht so aufregen!) Deshalb halte ich das für verantwortungslos, meine Damen und Herren! Das ist wirklich unglaublich, was hier passiert!

Wir haben seit Jahren versucht, dieses Thema im Plenum in einer entspannten Atmosphäre zu diskutieren, sodaß eben keine Emotionen frei werden – aber jetzt kann ich nicht mehr!

Ich halte das nicht für das richtige Vorgehen, wenn Sie, Herr Kollege Lukesch, befürworten, daß nur EWR-Bürger das passive Wahlrecht erhalten. Sie diskriminieren bewußt andere Leute, die die gleichen Qualifikationen haben, die sich den gleichen Kriterien stellen müssen, damit sie überhaupt auf die Listen kommen. (Abg. Dr. Lukesch: So wird das nicht sein!)

Und noch eines: Wenn man Demokratie in diesem Haus vielleicht als Exportschlager ernst nehmen würde (Abg. Dr. Lukesch: So wird das nicht sein!), dann würde man gerade solche Leute, die bei uns studieren und dann wieder in ihre eigenen Länder zurückkehren, fördern, dann würde man ihnen erlauben, Demokratie mitzuleben und nicht nur von einer Zuschauertribüne aus zu erleben. Wenn wir Demokratie einfordern in Ländern, in denen es schwierig ist, sie einzufordern, dann müssen wir diese Studierenden hier integrieren!

Und was tun Sie? – Sie schließen sie aus! Das halte ich wirklich für eine widerliche ... (Abg. Dr. Graf: Frau Kollegin Gredler, Sie haben einen wortidenten Antrag eingebracht!) Reden Sie nicht von Ausländerintegration, Herr Kollege! (Abg. Dr. Graf: Jetzt sind Sie dagegen, gegen Ihren eigenen Antrag!) Sie könnten den Abänderungsantrag, den ich jetzt noch einbringen werde, unterstützen. Dann bin ich gerne bereit, mit Ihnen zu diskutieren. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und PartnerInnen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1470 der Beilagen): Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998 (1533 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

In § 35 Abs. 2 wird der Ausdruck "erstreckt sich auf die Staatsangehörigen der Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, BGBl. Nr. 909/1993" durch den Ausdruck "erstreckt sich unabhängig von der Staatsangehörigkeit auf alle ordentlichen Studierenden" ersetzt.

*****

Damit würden wir dem, was die Betroffenen wollen, auch wirklich entsprechen.

Ich halte das wirklich für eine Zumutung, wenn Demokratieverständnis bei Ihnen so vorhanden ist, daß es mit Ausgrenzung beginnt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

In diesem Zusammenhang müssen wir uns wirklich überlegen, Herr Kollege, ob die Pflichtmitgliedschaft in einer ÖH, die eine gesetzliche Grundlage hat, die diskriminierend wirken soll, in diesem Rahmen überhaupt noch wünschenswert ist. (Abg. Dr. Puttinger: Ja, meine Güte!) Das ist eine grundsätzliche Überlegung, die wir haben: Mitgliedschaften sollten nach Meinung der Liberalen nur auf freiwilliger Basis bestehen und nicht einer Zwangsrekrutierung gleichkommen.

Das einzige, was ich in diesem Gesetz wirklich als Fortschritt ansehe, ist die durchgehende Anwendung der weiblichen und männlichen Sprachform – dies ist das zweite Gesetz, mit dem ich zu tun habe, bei dem das der Fall ist –, und dafür möchte ich Ihnen danken, Herr Minister.

Was ich noch bedauerlich finde, ist, daß das d’Hondtsche Verfahren im Wahlmodus nur größere Gruppierungen bevorzugen wird. Wir hätten eine andere Variante versucht. Wir haben im Ausschuß einen umfassenden Abänderungsantrag eingebracht, der leider keine Mehrheit gefunden hat, aber wir werden uns erlauben, dieses Thema zu vertiefen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder entsprechende Entschließungsanträge einzubringen.

Daß die Fachhochschul-Studiengänger nicht eingebunden worden sind, bedauern wir. Es ist höchste Zeit, daß die Vertretungsmöglichkeiten an den Fachhochschulen ausgebaut werden. Hier, Herr Bundesminister, besteht ein dringender Handlungsbedarf.

Herr Lukesch, nehmen Sie sich das zu Herzen: Wenn Sie einmal ausgegrenzt würden, würden Sie auch schreien! (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und auch entsprechend unterstützt. Er steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.51

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte zwei Anmerkungen zu diesem neuen ÖH-Gesetz machen. Die Österreichische Volkspartei bekennt sich, Herr Kollege Graf, im Gegensatz zu Ihnen voll zur Körperschaft öffentlichen Rechts, zur Selbstverwaltungskörperschaft öffentlichen Rechts für unsere Studierenden, denn das ist die Basis der Mitbestimmung, dieses Mitbestimmungsmodells, das sich durchaus bewährt hat. Wir bekennen uns dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie sich beklagen, Herr Kollege Graf, daß bestimmte Gruppierungen in der ÖH, etwa bei der AG, nicht mehr mit dem RFS koalieren und zusammenarbeiten, so überlegen Sie, was es bedeutet, mit einer Gruppe zusammenzuarbeiten, die die jetzige und massiv erkämpfte Form der Mitbestimmung und Selbstverwaltungskörperschaft eigentlich gar nicht will! Das ist doch der Punkt! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: 30 Jahre waren wir in einer Koalition, da war das gleiche!)

Nun ja, Sie haben Ihre Ansichten geändert, Herr Graf, ganz einfach! Sie haben Ihre Ansichten geändert, nicht zuletzt unter dem Eindruck (Abg. Dr. Graf: 30 Jahre waren wir in einer Koalition, und da war das gleiche!) – und das ist mein Zeuge – des Herrn Präsidenten Brauneder, der wieder einmal in den freiheitlichen Wissenschaftselogen – wie immer das heißt – sagt, nach dem freiheitlichen Konzept haben die Studierenden – das mögen sie jetzt hören! – ein Anhörungsrecht in allen Prüfungsangelegenheiten und ein Antragsrecht in Studienangelegenheiten, nämlich in bezug auf die Stundenzahl dessen, was studiert werden muß.

Nein, wir halten diese jungen Menschen nicht für unreife Kinder! Sie sollen mitwirken, und wir brauchen sie an der Universität! (Beifall bei der ÖVP.)

Dann, Herr Graf, werfen Sie uns vor, wir wären bei diesem neuen Statut, bei dieser neuen Satzung, bei diesem Gesetz für die Österreichische Hochschülerschaft undemokratisch vorgegangen. Gleichzeitig sagen Sie aber auch – zumindest im Ausschuß haben Sie es gesagt –, die ÖVP hätte sich über den Tisch ziehen lassen (Abg. Dr. Graf: So ist es! So ist es! – Ruf bei den Freiheitlichen: Genauso ist es!), denn wir würden nie mehr den Vorsitzenden bei der Bundesvertretung stellen. Hier kann etwas nicht stimmen – Pardon! Wenn wir uns das Wahlrecht so zusammenstellen würden, daß es für eine bestimmte Gruppierung – für unsere oder für den VSStÖ – besonders angenehm wäre, so hätten wir mit Sicherheit natürlich auch darauf bestanden, daß wir oder sie den Vorsitzenden stellen. Hier kann also irgend etwas nicht stimmen!

In Wirklichkeit haben wir versucht, ein sehr objektives Wahlrecht einzuführen (Abg. Dr. Graf: Aber es ist beim Versuch geblieben! – Abg. Dr. Trinkl: Besser versuchen als versagen!), objektive Strukturen zu schaffen, die ÖH entscheidungsfähiger zu machen, die immer wieder vorkommenden Blockierungsversuche der vielen Gruppen und Splittergruppen in der ÖH etwas zurückzunehmen (Abg. Dr. Graf: Aber das waren doch der VSStÖ, die Liberalen und die Grünen!) und damit die ÖH zu einer stärkeren Interessenvertretung der Studierenden zu machen, sowohl im studentischen Bereich als auch im politischen Bereich. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir nehmen Ihnen also den mühsamen Weg über Wahlen und über die Studierenden nicht ab (Abg. Dr. Graf: Das ist kein Problem!), um in entsprechende Funktionen in der ÖH zu kommen. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP.)

Nun, Frau Gredler, zu Ihrer Frage der Erweiterung des passiven Wahlrechtes: Hier muß zunächst einmal – damit es auch die Kolleginnen und Kollegen zur Kenntnis nehmen – gesagt werden, daß das aktive Wahlrecht allen ordentlichen Hörern an den österreichischen Universitäten – aber das schon seit Jahren – zukommt. – Erster Punkt. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Zweiter Punkt: Es gibt nirgends auf der Welt – nirgends auf der Welt! – ein Organisationsmodell der Universitäten, bei dem die Studierenden in die Mitverantwortung und Mitbestimmung derart einbezogen sind, daß sie bei Behördenentscheidungen mitwirken. Hier stellt natürlich schon das Staatsgrundgesetz eine gewisse Schwelle dar, und darum müssen wir heute auch per Verfassungsbestimmung dieses Gebot, daß an Behörden nur österreichische Staatsbürger mitwirken dürfen, für die Angehörigen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum entsprechend außer Kraft setzen.

Frau Gredler, da können Sie sagen, was Sie wollen! Erstens glaube ich – und davon bin ich überzeugt –, daß ein ausländischer Studierender, der zu uns kommt, in erster Linie deswegen zu uns kommt, um an unseren guten Universitäten etwas zu lernen (Abg. Dr. Gredler: Das schließt das andere aber nicht aus!) und einen Abschluß zu machen, und nicht, um Politik zu betreiben. (Abg. Dr. Gredler: Behaupten Sie, daß die nichts lernen?) Ihr Argument, die sollen Demokratie bei uns lernen, ist (Abg. Dr. Gredler: Behaupten Sie, daß die nichts lernen?) – Pardon! – in Wirklichkeit arrogant und ausländerdiskriminierend! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Smolle: Warum setzen Sie das Staatsgrundgesetz für EU-Bürger außer Kraft? Erklären Sie das!)

Man kann die Sache natürlich von verschiedenen Seiten betrachten (Abg. Smolle: Warum setzen Sie für EU-Bürger das Staatsgrundgesetz außer Kraft?): Das Glas ist halb voll, oder es ist halb leer. (Abg. Smolle: Sie drehen das Gesetz, wie Sie es brauchen! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Weitere Zwischenrufe des Abg. Smolle.) Faktum ist, daß mit der Bestimmung 56 Prozent der ausländischen Studierenden jetzt auch passiv wählbar sind.

Hiezu darf ich schon auch eines sagen: Im Jahr der österreichischen EU-Präsidentschaft ist es ein sehr bedeutendes Zeichen, daß wir quasi in Unterstellung einer europäischen Staatsbürgerschaft auch den EWR-Staatsbürgern die vollen Wahlrechte, aktiv und passiv, einräumen. Das ist ein wichtiges Zeichen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Smolle: Was hat das mit dem Staatsgrundgesetz zu tun?)

Drittens: Wir sollten auch eine gewisse Parallelität (Abg. Smolle: Entweder es sind alle Ausländer oder bestimmte Ausländer ...!) zu den anderen Selbstverwaltungskörperschaften und Kammern wahren. Mit der heutigen Beschlußfassung ist die Österreichische Hochschülerschaft wieder einen Schritt voraus, und ich bin auch froh, daß unsere jungen Menschen Ideale über die Demokratie haben und dafür kämpfen. Das ist ein gutes Zeichen. (Abg. Smolle – von seinem Platz erhoben –: Ihr könnt doch nicht ...! – Ruf aus den Reihen der ÖVP: Setzen!)

Wir sollten aber mit diesem Schritt jetzt einmal Erfahrungen sammeln – und das möchte ich schon zu bedenken geben –, um zu sehen, ob die nationalistischen Ideen denn tatsächlich überwunden sind oder ob es nicht wieder zu ethnischen Zusammenballungen anstatt zu Zusammenballungen nach entsprechenden Zielsetzungen kommt. (Weitere Zwischenrufe des Abg. Smolle.)

Lieber Kollege Smolle! Du brüllst hier herum, aber ich sage dir eines: Eine Kurden-Liste, die gegen eine Türken-Liste antritt, eine Bosnier-Liste, die gegen eine Serben-Liste antritt – das wünsche ich mir nicht an unseren Universitäten! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Wir würden die ethnischen Konflikte zum Schaden der Studierenden, besonders der ausländischen Studierenden, an unsere Universitäten bringen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Gredler.) Wir werden einmal schauen, ob es eine deutsche Liste gibt, die sich dafür einsetzt, daß an der medizinischen Fakultät meiner Heimatuniversität mehr deutsche Staatsbürger zu Lasten der Österreicher Studienplätze und Laborplätze bekommen. (Abg. Smolle: Lukesch liegt falsch! Lukesch liegt falsch! Deine eigenen Leute sagen: Lukesch liegt falsch!)

Zusammenfassend: Machen wir jetzt einen ersten Schritt in der Erweiterung dieses passiven Wahlrechts, sammeln wir Erfahrungen (Abg. Smolle: Lukesch liegt falsch!), und dann werden Sie mich sehr wohl bereit finden, auch einen weiteren dynamischen Schritt zu machen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Graf gemeldet. – Ich bitte, die GOG-Bestimmungen einzuhalten.

21.59

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Abgeordneter Lukesch hat von diesem Rednerpult aus behauptet, daß die AG-Studentenvertretung wegen der Vereinsmäßigkeit mit dem RFS niemals in eine Koalition gegangen ist oder gehen würde. (Abg. Dr. Lukesch: Das habe ich überhaupt nicht gesagt! – Abg. Dr. Puttinger: Das ist falsch!)

Ich berichtige: Tatsache ist, daß die ÖVP-nahe Organisation über 30 Jahre lang mit dem RFS in Koalition gewesen ist. Das war eine Zeit, in der die ÖH noch funktioniert hat – das sage ich auch dazu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abgegangen von der Koalition ist man erst mit dem Erstarken der JES unter Tina Taurer – die kennen Sie vielleicht –, "Krones" genannt (Abg. Dr. Lukesch: Sie mißbrauchen die tatsächliche Berichtigung!): Das ist diejenige, die auch bereits im Jahre 1986 (Abg. Dr. Puttinger: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!) Unregelmäßigkeiten in der Österreichischen Hochschülerschaft gehabt hat (Abg. Dr. Puttinger: Das ist ein Blödsinn! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), und zwar weil damals In-sich-Geschäfte gemacht wurden, und die heute wieder Schlagzeilen macht. Das ist nämlich der Grund, warum Sie von der Koalition mit uns abgegangen sind! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puttinger: Berichtige!)

22.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Karl Öllinger. – Wollen Sie eine Redezeit eingestellt? – Nein.

22.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem die Debatte offensichtlich in ihrem Niveau einen bestimmten Höhepunkt erreicht hat (Abg. Dr. Grollitsch: ... dämpfst du es wieder, nicht wahr?), werde ich mir Mühe geben, dieses Niveau nicht zu unterschreiten. (Ruf bei der SPÖ: Das geht ohnedies nicht mehr! – Heiterkeit.)

Herr Kollege Lukesch! Man kann vieles machen. Man kann natürlich auch den – wie ich meine – tatsächlich primitiven Vergleich, den Sie gezogen haben, hernehmen und sagen: Die Türken und die Kurden, die prügeln sich dann.

Herr Kollege Lukesch! (Abg. Dr. Lukesch: Ich habe das selbst erlebt in Innsbruck im Ausländerreferat!) Ich war selbst Hochschülerschaftsvertreter (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Wo denn? Wo denn?), und ich kann mich an Zeiten in der Hochschülerschaft erinnern, die dadurch (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Auf welcher Liste waren Sie denn?) – seien Sie bitte ruhig, Kollege Bauer! – "geglänzt" haben, daß Kollegen des RFS antisemitische Haßtiraden vom Podium aus dargeboten haben.

Und da kommen Sie mit dem absolut primitiven, abgeschmackten Bild, die Türken und die Kurden würden sich dann prügeln. – Das ist doch wirklich das Letzte, Herr Abgeordneter Lukesch! (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Schließen Sie das aus?) Das bin ich nicht gewohnt, und das haben wir nicht notwendig. Das haben vor allem auch Sie nicht notwendig! Sie haben es wirklich nicht notwendig, in der Debatte über das passive Wahlrecht von ausländischen Studierenden mit schlägernden ausländischen Studierenden zu argumentieren. (Abg. Dr. Lukesch: Das haben Sie erfunden! – Abg. Dr. Puttinger: Sie interpretieren es, wie Sie wollen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lukesch! Sie sagen, innerhalb der EU-Präsidentschaft wurde ein bedeutendes Zeichen gesetzt. Sie wissen aber ganz genau, daß dieses Zeichen in bezug auf das passive Wahlrecht der letztmögliche Wink war, daß wir das machen müssen! Es war dies kein bedeutendes Zeichen, sondern wir müssen das machen! Es gibt keine andere Möglichkeit!

Die EU-Bürger sind uns gleichgestellt. Daran werden Sie sich gewöhnen müssen, und vermutlich wird sich auch die FPÖ irgendwann einmal in ihrem Denken darauf einstellen müssen, daß das tatsächlich der Fall ist. Die Zeiten haben sich geändert, oder – damit auch Kollege Graf es versteht –: tempera mutantur. (Rufe bei den Freiheitlichen: Oje, oje! – Abg. Mag. Stadler: Herr Kollege, der Vokativ war falsch!)

Herr Kollege Lukesch, Sie brauchen daher gar nicht zu argumentieren, daß es ein bedeutendes Zeichen ist, denn es ist eine Anforderung! (Abg. Mag. Stadler: Sie haben den Vokativ falsch gebildet!) Das hat mit dem Vokativ nichts zu tun. Entschuldigung, Herr Kollege Stadler, da ist der Vokativ nicht drinnen – aber bitte! (Abg. Mag. Stadler: Bei Ihnen war er nicht drinnen, aber er gehört hinein!) Ja, ja, bei Ihnen vielleicht, wenn Sie singen. Aber ich singe diese Lieder oder diese Wörter nicht. (Abg. Mag. Stadler: Wenn Sie gescheit sein wollen, dann müssen Sie es schon richtig sagen!)

Meine Damen und Herren! Es ist so, daß wir diese Anforderungen erfüllen müssen. Und ich kann bei dieser Gelegenheit nur darauf hinweisen, Herr Kollege Lukesch: Wir haben zwar jetzt auch mit diesem Gesetz unterschiedliche Klassen von ausländischen Studierenden geschaffen, nämlich solche, die EWR-Staatsbürger sind, und solche, die dies nicht sind, aber wir haben noch andere Gesetze, die wir auch anpassen hätten müssen und mit denen wir noch mehr unterschiedliche Klassen geschaffen haben.

Denn während etwa bei der Wirtschaftskammer die EWR-Staatsbürger gleichgestellt sind – so wie hier in der ÖH –, sind sie bei der Arbeiterkammer nicht gleichgestellt! Dort gilt die Gleichstellung nicht einmal für die EWR-Staatsbürger! Auch dort war es die ÖVP, die mit den "türkischen und kurdischen Horden" argumentiert hat, die sich dann im Betriebsrat, in der Arbeiterkammer und so weiter "die Schädel einschlagen" würden, sobald sie nur hineinkommen. Oder es hat geheißen, was auch ein beliebtes Argument war: "Da werden unsere Betriebe und die wirtschaftliche Organisation dieser Betriebe unterminiert."

Auch Kollege Lukesch hat heute in dieser Debatte über die Studierenden de facto dieses Bild benutzt und in gewisser Weise die Auffassung vertreten: Wenn zu viele Ausländer hineinkommen – vor allem die "falschen" Ausländer, nämlich die türkischen und kurdischen –, dann könnten ja womöglich Wissenschaft und Forschung gefährdet werden (Abg. Dr. Lukesch: Aber Sie können doch die ethnischen Konflikte nicht wegdiskutieren!), dann könnte sich ja all das, was an unseren österreichischen Universitäten positiv ist, in das absolute Gegenteil verkehren! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Das, Herr Kollege Lukesch, war ziemlich tief gegriffen – ich kann nicht anders dazu sagen. Es gibt ein bestimmtes Niveau, auf das wir uns einigen sollten und das in einer Debatte nicht unterschritten werden sollte. Das erwarte ich auch von der ÖVP. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Unruhe im Saal.)

Wenn Sie nicht bereit sind, bestimmte Minimalstandards, die durch die EU vorgegeben sind, einzuhalten, dann werden Sie lernen müssen. Ich garantiere Ihnen bei dieser Gelegenheit – ich habe es Ihnen ja schon einmal gesagt –: Sie werden mit Sicherheit eine Beschwerde von der EU-Kommission – leider nicht für die Studierenden – bekommen. (Abg. Smolle: Aber die Portugiesen, die ...!)

Das, was Sie uns bei den Arbeiterkammerwahlen in bezug auf die EWR-Staatsbürger vorenthalten haben – das waren auch Sie mit Ihrem Stahlhelmbruder Fasslabend, der das an vorderster Front im Ministerrat blockiert hat –, werden Sie noch korrigieren müssen! (Abg. Dr. Maitz: Herr Öllinger, das ist infantil!) Das wird Ihnen, wenn schon nicht der österreichische Nationalrat, der Europäische Gerichtshof oder die Europäische Kommission vor die Füße werfen, weil diese Politik des Ausgrenzens, des Verächtlichmachens, des Niedermachens (Abg. Dr. Maitz: Lächerlich! Lächerlich!) – nur weil einer eine andere Staatsbürgerschaft hat (Abg. Dr. Maitz: Niemand sagt das, nur Herr Öllinger! Lächerlich!) – inzwischen, so hoffe ich, in Europa passé ist. Sie ist pass頖 nicht nur in der Steiermark, sondern auch in Europa. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Maitz: Ende! Gott sei Dank!)

22.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Graf gemeldet. Ich mache auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte.

22.07

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Öllinger hat von diesem Rednerpult aus behauptet, vom Rednerpult des RFS aus seien antisemitische Haßtiraden geäußert worden. – Das ist unwahr!

Ich berichtige tatsächlich: Das Gegenteil ist wahr! (Abg. Dr. Stippel: Das ist doch keine tatsächliche Berichtigung!) Antisemitische Haßtiraden kommen stets nur von den Kommunisten – siehe Rußland heute – und ihren geistigen Urahnen, der Gruppe revolutionärer Marxisten! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Steibl: Was ist das für eine Sprache?!)

22.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Graf, das ist doch keine tatsächliche Berichtigung! (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson.) – Bitte, jetzt keine Zwischenrufe!

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stippel. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Auch ein Kommunist!)

22.08

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das österreichische Hochschülerschaftsgesetz, das wir in Kürze hier beschließen werden, bringt nach meinem Dafürhalten eine Reihe von Fortschritten, von Vorteilen für die Studierenden. Es gibt aber zwei Punkte, die ich von diesem Rednerpult aus schon seit langer Zeit urgiere, die bisher nicht beschlossen wurden und die auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf leider nicht beschlossen werden können.

Ich gehöre mit meiner fast 20jährigen Zugehörigkeit zu diesem Haus zu jenen, die wissen, daß bereits seit der XIII. Gesetzgebungsperiode über das passive Wahlrecht der Studierenden an den österreichischen Hochschulen und Universitäten gesprochen und diskutiert wird. In der XVIII. Gesetzgebungsperiode, Kollege Lukesch, wart ihr von der ÖVP zunächst bereit, dieses passive Wahlrecht für alle ordentlichen Hörer unter den Studierenden zu akzeptieren. Dann aber ist plötzlich der Schwenk gekommen.

Wir beschließen heute die Ausdehnung des passiven Wahlrechtes auf EWR-Staatsangehörige. – Gut, das ist ein Fortschritt. Aber für 3 bis 4 Prozent – mehr sind es ja nicht – der ordentlichen Hörer an unseren Universitäten gilt dieses passive Wahlrecht auch in Zukunft nicht. Wir schließen sie von diesem passiven Wahlrecht aus, und das in einer Zeit, in der wir so viel von Internationalität, von Mobilität und dergleichen mehr sprechen.

Es zählt auch jene Ausrede nicht mehr, deren man sich seinerzeit vor allem an den Kunsthochschulen – jetzt heißen sie anders, aber ich habe hier noch eine Stellungnahme der HochschülerInnenschaft an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst – insofern bedient hat, als man gesagt hat: An den Kunsthochschulen kann man das nicht machen, sonst würden ja die eloquenteren Studierenden aus dem deutschen Nachbarland die Studentenvertretungen dominieren.

Ich zitiere aus der Stellungnahme zum HSG-Entwurf, zu dem heute zu beschließenden Gesetz. Im Detail steht hier unter "Punkt 2.1. Passives Wahlrecht für ausländische Studierende":

"Die Schaffung des passiven Wahlrechtes für alle" – das Wort "alle" ist fett geschrieben – "ausländischen Studierenden ist besonders an den Kunsthochschulen eine Notwendigkeit. Wiederholt haben die Studierendenvertretungen dies auch im Rahmen von Resolutionen gefordert, weil es aufgrund des hohes Anteils an ausländischen Studierenden oft nicht einmal genügend InländerInnen zur Entsendung in die verschiedenen Kollegialorgane gab. Die Einführung des passiven Wahlrechts für alle Studierenden wird daher sehr begrüßt." – Zitatende.

Das war zu einem Zeitpunkt, als die Einführung des passiven Wahlrechtes für alle Studierenden im Entwurf zur Regierungsvorlage noch enthalten war. Jetzt ist es ja leider nicht mehr enthalten, und ich muß sagen, daß ich es bedauere, daß wir diesen Passus heute nicht beschließen können. Der abschließende Satz des Kollegen Lukesch in seiner Wortmeldung von vor wenigen Minuten läßt mich aber hoffen, daß wir bei der nächsten Novellierung vielleicht doch zu dieser Regelung kommen können. In meinen Ohren hat es jedenfalls ein bißchen danach geklungen.

Das zweite Problem ist die Frage der Vertretung von Studierenden an den Fachhochschul-Studiengängen. Vor fünf Jahren haben wir das entsprechende Gesetz beschlossen, und wir haben damals bereits über die Vertretung der Studierenden an den Fachhochschulen diskutiert. Bis heute sind wir noch zu keiner Regelung gekommen. Daher freut es mich, daß zumindest ein Entschließungsantrag vorliegt, und ich bitte den Herrn Bundesminister, diesem Entschließungsantrag möglichst rasch nachzukommen, damit den Studierenden an den Fachhochschulen und Fachhochschul-Studiengängen auch die Möglichkeit der studentischen Vertretung und Mitverwaltung eingeräumt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

22.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

22.13

Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr verehrter Herr Kollege Lukesch! Sie hatten zuerst die "Freundlichkeit" – unter Anführungszeichen –, mich zu einem Zeitpunkt anzusprechen, als ich Ihnen nicht antworten konnte. Sie hatten aber auch die Freundlichkeit, solange zu reden, daß ich Ihnen jetzt doch antworten kann. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Herr Kollege Lukesch! Wenn Sie schon zitieren, dann tun Sie es bitte vollständig! Herr Kollege Lukesch! Wenn Sie schon hier vom Rednerpult aus die Gelegenheit wahrnehmen, nicht nur zum Plenum, sondern auch zu einem anderen Adressatenkreis zu sprechen, dann bitte ich Sie, diesem anderen Adressatenkreis auch einmal zu erklären, warum ein Unterschied zwischen einem Studierenden aus Bratislava – der nächsten Universität von Wien aus – und einem Studierenden aus Passau – der nächsten Universität von Linz aus – besteht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Erklären Sie uns außerdem – und das würde mich als Verfassungsrechtler besonders interessieren –, warum Sie und Ihre Fraktion oftmals keine Bedenken haben, Verfassungsgesetze und Staatsgrundgesetze durch einfache Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen zu ändern, ohne daß dies hier wirklich auffällt, uns aber heute vortragen, welch großes Problem es darstellt, in dieser Frage das Staatsgrundgesetz von 1867 zu ändern. – Ich wäre Ihnen sehr dankbar für die Erklärung, warum Sie auf der einen Seite keine Bedenken haben, die Verfassung sozusagen ohne hinzuhören zu ändern, auf der anderen Seite aber sehr wohl Bedenken haben! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.) Herr Kollege Lukesch! Ich lade Sie ein: Erklären Sie uns das! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Dr. Brinek ist die nächste Rednerin. – Bitte.

22.15

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich denke, wir sollten mit sehr viel kühlerem Kopf zu dem zurückkehren, was uns bewegt und was wir mit diesem vorliegenden ÖH-Gesetz ändern wollen.

Wir haben beim vorigen Tagesordnungspunkt über die neuen Forderungen und Erwartungen der Studierenden und ihrer Vertretung gesprochen. Wir haben davon gesprochen, daß es immer mehr Studierende gibt, die ihr Studium in Teilzeit- und Vollzeitberufstätigkeit absolvieren, und daß diese Studierenden, deren Zahl in einer steilen Kurve angestiegen ist, andere Vertretungsbedürfnisse haben als die traditionellen Vollstudierenden. Die genannten Studierenden sind zum Beispiel weniger an politiktheoretischen Diskussionen, hingegen viel mehr am Service, an der Modernisierung des Studienbetriebes sowie am erleichterten Zugang zu Forschungsprojekten interessiert. Sie erwarten sich Unterstützung in Fragen, die sie direkt angehen. Trotzdem sind diese Studierenden, die, wie ich glaube, die Mehrzahl ausmachen, keine ignoranten Unselbständigen in bezug auf Denken und Handeln, nicht grenzüberschreitungsunfähige Bürger von morgen.

Apropos Bürger: Die Studierendenvertreter sind doch Bürger, die sich zu Recht in ihre eigenen Angelegenheiten einmischen! Ich beobachte zum Beispiel am Standort Universität Wien mit zunehmender Sorge, daß sich viele Studierende in der letzten Zeit – offenbar insbesondere deshalb, weil das Gesetz nicht gerade ihr Ansinnen unterstützt hat – aus der studentischen Vertretung zurückziehen. Sie haben damit Kollegialorgane in die Situation gebracht, daß deren Beschlußfähigkeit gefährdet war beziehungsweise ist, und sie haben ihr faktisches Ausscheiden damit begründet, daß ihnen andere Dinge wichtiger sind, etwa Auslandsstudien, die Teilnahme an anderen Veranstaltungen oder eine andere Artikulation von Bedürfnissen. Ich meine daher, es ist sehr wichtig, daß wir heute beschließen, das Engagement von Studierenden zu berücksichtigen, und zwar erstens bei der Familienbeihilfe und zweitens durch die Anrechnung von bis zu vier Semesterstunden aus dem Wahlfächerbereich im Studienplan.

Ich denke, daß es wichtig ist, zu beobachten, welche Antworten auf welche Probleme gegeben werden. Wir müssen etwa auch den Satz ernst nehmen, den Peter Glotz kürzlich in Österreich im Rahmen der Tagung der Österreichischen Forschungsgemeinschaft gesagt hat – ich zi-tiere –:

"Auf die Explosion der Studentenzahlen hat die Politik falsch reagiert. Statt neuen Managementstrukturen kam Demokratisierung, die allzu oft" – und jetzt wird es spannend – "Bürokratisierung bedeutete." – Ende des Zitats.

Das sind die Worte des Gründungsrektors der Universität Erfurt. Ich finde, wir sollten sie ernst nehmen.

Es ist mir in diesem Zusammenhang auch sehr wichtig, für Dieter Lukesch eine Lanze zu brechen. Er hat weder jemanden verächtlich gemacht, noch sich einen europäischen Ethnien-Popanz aufgebaut, um sich dann seltsam aus der Schlinge ziehen zu wollen. Vielmehr hat er für einen europäischen Weg plädiert. Und wenn jetzt die These im Raum steht, daß der europäische Kreis zu eng ist und Kunststudenten dadurch nicht zu ihrem Recht kamen, dann haben wir jetzt Zeit, diese Thesen zu überprüfen, Entwicklungen zu beobachten und zu evaluieren, wie das neue Wort dafür heißt. Ich stimme ihm zu, wenn er sagt: Der europäische Horizont genügt, es gibt keinen Erweiterungsbedarf. Es ist daher wichtig, hier nicht in eine heißblütige politische Diskussion zu verfallen und damit Vorurteile zu verstärken, statt sie abzubauen.

Ich resümiere: Das ÖH-Gesetz ermöglicht effizientere Strukturen im Sinne dessen, daß sich junge Bürgerinnen und Bürger in ihre eigenen Angelegenheiten einmischen können. Es muß verpflichtend nur mehr drei Referate geben, die Anzahl der Mandatare wird reduziert, und es wird – wie das AG-Vertreter Trummer formuliert – "entsprechend der Hörerzahl die genaue Anzahl der Uni-Mandatare mittels einer Wurzelfunktion zu berechnen" sein. – Ich bin froh, daß wir so viele junge Menschen mit technischem und organisatorischem Know-how haben, die hiezu gute Vorschläge gemacht haben. Wir können diesem Gesetz zustimmen und werden seine Auswirkungen genau beobachten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

22.20

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich zwei Dinge aufgreifen wollte.

Zunächst wollte ich das tiefe Mißtrauen ansprechen, das Sie, Herr Kollege Lukesch, und wahrscheinlich Ihre gesamte Fraktion gegenüber Ausländerinnen und Ausländern, die nicht aus dem EWR-Raum kommen, haben. Es ist bezeichnend, wenn Sie von Listen sprechen, die Bosnier gegen Kroaten und Türken gegen Kurden angeblich aufstellen. Das ist bezeichnend für das Bild, das Sie sich von Ausländerinnen und Ausländern machen! – Ich schätze diese Menschen so ein, daß sie sich nahtlos in die Strukturen, die wir in Österreich haben, einfügen werden und nicht für nationale Gruppierungen kandidieren werden.

Außerdem haben Sie gesagt, daß Ausländer zu uns kommen, um zu studieren. – Damit sprechen Sie eigentlich jenen Studierenden, die sich in den demokratischen Strukturen engagieren, die Fähigkeit ab, zu studieren. Sie meinen: Die "Herrschaften da oben" studieren nicht, sondern machen nur Politik. – Aber da muß ich Ihnen entschieden widersprechen! Die "Herrschaften da oben" studieren und machen Politik! Sie schaffen beides! Und das würden auch Ausländerinnen und Ausländer schaffen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Stippel hat gesagt, er bedauert, diesem Abänderungsantrag heute nicht zustimmen zu können. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion! Ich frage Sie wirklich: Wo bleibt Ihr freies Mandat in einer solchen Angelegenheit? Wo bleibt es, wenn es um die Integration von Ausländerinnen und Ausländern geht? – Ich würde mir wünschen, daß Sie sich in dieser Frage wirklich die Freiheit nähmen, nicht den Interessen des Klubs die oberste Priorität einzuräumen, sondern gemäß der inneren Überzeugung abzustimmen und den Ausländerinnen und Ausländern jene Möglichkeiten der Integration zu bieten, die man sich selbst wünschen würde. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

22.22

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Ausschußfeststellung zu diesem ÖH-Gesetz wurde bisher verschwiegen. In dieser steht, daß die Möglichkeit einer dynamischen Weiterentwicklung des passiven Wahlrechts für Ausländer geprüft werde. – Das kann sich offenbar auch Herr Kollege Lukesch vorstellen.

Herr Kollege Lukesch! Zur dynamischen Weiterentwicklung: Sie haben sich in der Frage des Ausländerwahlrechts sehr "dynamisch" weiterentwickelt. Kollege Stippel rechnet richtig hoch, wenn er meint, daß Sie in ein, zwei Jahren auch dem passiven Wahlrecht für alle Ausländer zustimmen werden. – So "dynamisch" ist Ihre Entwicklung!

Die unsere ist es in diesem Zusammenhang nicht. Wir stellen uns eine ganz andere ÖH vor und können mit Ihrer Einschätzung, daß sich die Körperschaft öffentlichen Rechts bewährt habe, nicht mitgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.) Kollege Lukesch! Es gibt Zeichen, die das bestätigen, und zwar nicht nur die Wahlergebnisse und das, was Kollege Graf richtig zitiert hat. Ich behaupte sogar: Die ÖH in dieser Form geht den Studierenden nicht ab, wenn es sie nicht gibt!

Herr Lukesch erklärt, die "Kolleginnen und Kollegen da oben" auf der Galerie seien reif.  Wie reif dürfen die "Kolleginnen und Kollegen da oben" denn sein? Dürfen sie sich bitte selbst verwalten? Brauchen wir wirklich 58 Paragraphen, um ihnen zu sagen, wie sie sich verwalten dürfen?

Wir rufen doch immer nach der Autonomie der Universitäten! Dürfen die Universitäten und Kunsthochschulen dann bitte selbst festlegen, ob sie ausländische Hörer in jeder Form – als passiv oder aktiv Wahlberechtigte, in einer Vereinsform oder anderen Form der Selbstverwaltung – haben wollen oder nicht?! Sind die "Kolleginnen und Kollegen da oben" so reif? – Meiner Meinung und unserer Meinung nach: Ja! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Geben wir ihnen doch die Autonomie! Geben wir ihnen die Möglichkeit zur Selbstverwaltung, und hören wir auf, sie mit Paragraphen zu gängeln! Diese Reglementierungssucht, die Sie in jeder Zeile dieser Gesetzesvorlage von sich geben, ist wirklich geradezu unerträglich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wurden noch ein paar kleine "Privilegchen" erfunden, wie man das Beamtetentum der Studentenvertreter nur ja absichern und über die Jahre hinüberretten kann. – Vergessen Sie das, Herr Kollege Lukesch! Bitte vergessen Sie es! Wir waren seinerzeit in den späten Sechzigerjahren ÖH-Vertreter mit 85 Prozent Wahlbeteiligung. (Abg. Dr. Mertel: Das war in Leoben!) Wir haben uns nicht um diese öffentlich-rechtlichen Spielereien gekümmert, sondern ganz einfach die Interessen der Studenten vertreten. Und da gab es kein Politisieren und Anlehnen an irgendwelche großen politischen Parteien, die uns zum Vorbild gereicht hätten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Wie Sie das heute sehen oder für sich interpretieren, überlasse ich Ihnen. Eines weiß ich aber sicher, wenn ich in der Kollegiumssitzung bin: Die Bank der Studierenden ist fast leer. Die beamteten ÖH-Vertreter erfüllen die Erfordernisse, die an sie gestellt werden, nicht mehr. Zwei, drei von möglichen 24, die dabei sein dürften ... (Abg. Schieder: Es ist aber zumindest bekannt, daß man beim Reden die Hand aus dem Hosensack nimmt!) – Gewöhnen Sie sich daran, mit dem Vorlieb zu nehmen, was aus dem Mund kommt, und versuchen Sie, über meine Hand hinwegzuschauen! Aber Ihnen zuliebe sei das getan. (Der Redner nimmt die Hand aus der Hosentasche.) Dieser persönliche Angriff, Kollege Schieder, sei Ihnen verziehen.

Ein letztes will ich noch anbringen: Der Herr Bundesminister hat heute erklärt, daß er sich zum Thema Studiengebühren nur dann zu Wort meldet, wenn er dazu gezwungen wird. Gestern, als ich darüber gelesen habe, hatte ich den Eindruck, daß er sich nach der Semmering-Misere wirklich aus der Politik verabschieden möchte, indem er das heißeste Eisen in der Wissenschaftspolitik, die Studiengebühren, aufgreift. Heute hat er diese Aussage relativiert und in seinem Sinne richtiggestellt.

Herr Bundesminister! Sie sollen aber auch wissen: Für Tony Blair etwa ist das überhaupt kein Problem. In sieben EU-Ländern gibt es Studiengebühren, und sie werden sich auf Dauer nicht verhindern lassen. Sie werden – egal, in welcher Form und wann – zwangsläufig kommen. Meiner Ansicht nach haben Sie diese Andeutung nicht sozusagen fahrlässig gemacht, sondern auch Sie werden sich bald in diese Richtung bewegen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

22.27

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen eigentlich nur die Chance eröffnen, alternativ zu dem Abänderungsantrag, den die Liberalen eingebracht haben, einen Abänderungsantrag der Grünen anzunehmen, der sich verbal, aber nicht inhaltlich vom ersteren unterscheidet.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Freundinnen und Freunde zum Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden an Universitäten (Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998), 1513 der Beilagen

1. In § 35 soll Abs. 1 lauten:

(Verfassungsbestimmung) "Die ordentlichen Studierenden sind unabhängig von der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Wahl von Organen der Österreichischen Hochschülerschaft und der Hochschülerschaft an den Universitäten aktiv und passiv wahlberechtigt."

2. § 35 Abs. 2 entfällt, die Absätze 3 bis 8 werden entsprechend zu den Absätzen 2 bis 7.

*****

Meine Damen und Herren, vor allem von der ÖVP! Nützen Sie die Chance zur Vielfalt! Entscheiden Sie sich entweder für den Antrag der Liberalen oder für jenen der Grünen! Die Wahl liegt bei Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)

22.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben vorgetragene Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Es liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1513 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Petrovic, Öllinger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 GOG die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit des verfassungsmäßig vorgesehenen Quorums fest.

Ich werde zunächst über die erwähnten Abänderungsanträge und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Frau Abgeordnete Dr. Petrovic hat einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf § 35 Abs. 1 und 2 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag Petrovic zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt. Daher erübrigt sich auch eine Abstimmung über die beantragten Änderungen der Ziffernbezeichnungen.

Auch Frau Abgeordnete Dr. Gredler hat einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf § 35 Abs. 2 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Antrag Dr. Gredler zustimmen, um ein Zeichen. – Der Antrag ist in der Minderheit geblieben. Er ist daher abgelehnt.

Somit kommen wir zur Abstimmung über § 35 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür stimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit, und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit, angenommen.

Damit kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich darf jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die dazu ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein bejahendes Zeichen ersuchen. – Auch diese Teile des Gesetzentwurfes sind mit der ausdrücklich geforderten Zweidrittelmehrheit angenommen.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, das durch ein Zeichen zu bekunden. – Ich stelle fest, daß die Vorlage bei Vorliegen des erforderlichen Quorums in dritter Lesung mit Zweidrittelmehrheit angenommen wurde.

Im Zuge der Debatte ist auch ein Entschließungsantrag eingebracht worden beziehungsweise wurde dieser dem Ausschußbericht in 1513 der Beilagen beigedruckt.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag in 1513 der Beilagen ihre Zustimmung erteilen, ein Zeichen der Zustimmung geben. – Dieser Entschließungsantrag ist mit Mehrheit angenommen. (E 148.)

Damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt erledigt.

13. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1218 der Beilagen): Amateurfunkgesetz 1998 – AFG (1497 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1250 der Beilagen): Funker-Zeugnisgesetz 1998 – FZG (1498 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1220 der Beilagen): Zusatzprotokoll vom 26. März 1998 zum Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau vom 18. August 1948 samt Unterzeichnungsprotokoll (1499 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1468 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (2. TKG-Novelle) (1496 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 13 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor; wir können daher sofort in die Beratungen eingehen.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Meischberger mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 6 Minuten vor. – Bitte.

22.34

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! In Anbetracht der öffentlich debattierten Themen ist die Auswahl der heutigen Anträge und Debattenbeiträge wirklich ein Skandal. Dieser Skandal hat eigentlich schon im Ausschuß begonnen, das möchte ich hier nicht unerwähnt lassen. Der Ausschußvorsitzende Parnigoni hat gemeinsam mit dem Bundesminister unter Beihilfe der ÖVP verhindert, daß wir heute im Hohen Haus über das debattieren können, was die Österreicher wirklich betrifft und sie tatsächlich interessiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf nur darauf hinweisen, daß wir als Opposition den Antrag gestellt haben, allgemein über offene Fragen zum gesamten Verkehrsressort zu debattieren, um auf diesem Wege Information über den groß beworbenen "Masterplan" zu erhalten.

Wenn die Opposition diese Informationen verlangt, ist das anscheinend schon zuviel! Das verstehe ich nicht, denn es geht dabei immerhin um ein 340-Milliarden-Schilling-Projekt, eine Luftblase, die heute schon groß beworben wird mit einer Werbekampagne im Umfang von 32 Millionen Schilling und mit einer bunten Broschüre, die überall in der Öffentlichkeit aufliegt. Man ist aber letztlich nicht bereit, mit der Opposition über derartige Themen im Verkehrsausschuß zu sprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber damit nicht genug. Darüber hinaus standen Anträge auf der Tagesordnung des Ausschusses, die die österreichische Bevölkerung direkt betreffen. Es handelte sich dabei um so relevante Themen wie die Brenner-Maut, das Maut-Stretching, die Auswirkungen auf die Wirtschaft und so weiter. Es ging aber auch um das leidige Thema Semmering-Basistunnel, das in dieser Woche bereits traurige Berühmtheit durch die Rechnungshofkritik und die eigentlich skandalöse Reaktion des Bundesministers darauf erlangt hat.

Ich kann mir schon denken, wie der Herr Bundesminister hinter mir jetzt dreinschaut, er wird vielleicht sogar lachen, denn Herr Parnigoni lacht auch, aber das ist die übliche Vorgangsweise, wie derartige Anliegen und derartige Themen bei uns im Verkehrsausschuß behandelt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen heute hier und reden über verkehrspolitische Peanuts wie das Funker-Zeugnisgesetz und den Amateurfunk im allgemeinen, also über Dinge, die die Bevölkerung eigentlich wirklich nicht berühren. Herr Bundesminister! Diese Vorgangsweise ist an Arroganz und Ignoranz nicht mehr zu übertreffen!

Ich darf Ihnen allerdings von dieser Stelle aus auch sagen, daß wir Ihnen diese Ignoranz auf Dauer noch abgewöhnen werden. Ihre Strategie ist ganz klar: Erstens wollen Sie die Opposition und jeden Kritiker in der ganzen Debatte dumm sterben lassen. Zweitens wenden Sie zig Millionen Schilling für Werbung auf, um der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen und um in der Bevölkerung Hoffnungen auf Verkehrslösungen zu wecken, die auf Jahre hinaus ausgerichtet sind und die Sie vermutlich niemals umsetzen werden.

Der dritte Punkt Ihrer Strategie ist, diese Werbekampagne für nichts anderes zu mißbrauchen als für eine begonnene Wahlwerbung – ich betone: auch gegen Ihren Koalitionspartner – und für eine eigene Personality-Show, die wirklich peinlich ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weiters darf ich Ihnen in Erinnerung rufen, daß Sie auch die Stirn gehabt haben, den Klubs der Oppositionsparteien einen Brief zu schreiben, in dem Sie um Unterstützung für eine Informationskampagne gebeten haben, die aus Ihrer Sicht so wichtig wäre. – Das Wort "Kampagne" stimmt, und 32 Millionen Schilling sind viel Geld. Aber wo bleibt die Information, Herr Bundesminister?

Wenn vom Plakat heruntergerufen wird "Mami, ich muß mal!" und das als "eine Information des Verkehrsministers" bezeichnet wird, dann muß ich Sie fragen: Worüber wollen Sie die Bevölkerung mit "Mami, ich muß mal!" informieren, Herr Bundesminister? Wollen Sie uns vielleicht daran erinnern, daß es aufgrund Ihrer Verkehrspolitik und aufgrund der Verkehrspolitik Ihrer Vorgänger täglich Staus gibt? Wollen Sie die Bevölkerung darüber informieren? Oder wollen Sie damit die "wichtige" Information des Bundesministers geben: "Ich bin auch gegen die Staus, ich, Euer Verkehrsminister!", und das um 32 Millionen Schilling?!

Herr Bundesminister! Dazu kommt – und das kann doch kein Zufall sein! –, daß in der ganz gleichen Machart eine andere Information, und zwar über das Thema 0,0 Promille, ebenfalls um zig Millionen Schilling läuft, die von Ihnen wiederum als Personality-Show verwendet wird. Und "ganz zufällig" haben auch die Österreichischen Bundesbahnen zur gleichen Zeit eine Kampagne mit dem Titel "Lasterarmer Verkehr" oder "Weg mit den Lastern von der Straße, alles auf die Schiene" laufen. Und diese Kampagne unterstützt genau Ihre Informationskampagne.

Insgesamt, Herr Bundesminister, handelt es sich um rund 80 Millionen Schilling, die derzeit für Ihre Personality-Show mißbraucht werden. Das ist ein Skandal, und diesen Skandal werden wir noch näher betrachten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum Thema Bundesbahnen darf Ihnen noch folgendes sagen: Die Bundesbahnen machen eine Fernsehwerbung, bei der auf Knopfdruck die Laster von der Straße weg sind. – Man tut so, als wären die Bundesbahnen jene Gruppierung, die den Laster von der Straße wegbringt.

Herr Bundesminister! Jetzt stellen wir Ihnen einmal eine ganz klare Frage, und ich erwarte heute von Ihnen eine Antwort darauf: Wer ist denn der größte Frächter Österreichs, und wer betreibt denn die meisten Lastkraftfahrzeuge in Österreich? – Es sind, und das sollte Sie nicht überraschen, die Österreichischen Bundesbahnen mit 800 Lastern, die von den ÖBB täglich auf Österreichs Straßen geschickt werden! – Daher kann ich das, was die erwähnte Werbekampagne vermittelt, nur als Sand-in-die-Augen-Streuen bezeichnen!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Meischberger, ich muß Sie etwas bitten. Es ist heute früh gesagt worden, daß die Tagesordnungspunkte "Amateurfunkgesetz" und "Funker-Zeugnisgesetz" nicht wichtig seien und daß man über andere Themen der Verkehrspolitik sprechen möge. Aber dann ist darüber abgestimmt worden, und der Nationalrat hat mit Mehrheit beschlossen, die Tagesordnung unverändert zu lassen. Ob wir das nun für richtig oder für falsch halten: Diese Tagesordnung steht jetzt zur Diskussion. – Ich bitte Sie, das zu berücksichtigen. (Abg. Silhavy: Demokratieverständnis!)

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (fortsetzend): Herr Präsident! Ich spreche auch genau über diese Tagesordnung und darüber, was mir an dieser Tagesordnung nicht paßt. Das Amateurfunkgesetz ... (Abg. Silhavy: Demokratieverständnis! – Abg. Parnigoni: Es hat eine Einwendungsdebatte gegeben! – Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. – Weitere Zwischenrufe. – Unruhe im Saal.)

Ich glaube, daß es sehr wohl von Interesse ist, auch für das Hohe Haus von Interesse ist, wie im Ausschuß mit wichtigen Anträgen zu anderen Themen umgegangen wird. – Auch das Amateurfunkgesetz und das Funker-Zeugnisgesetz werden nach wie vor von uns behandelt werden.

Ich möchte nur noch ein abschließendes Statement zu diesem Thema geben und darf Ihnen hiezu kurz vorspielen, wie der Herr Bundesminister diese Kampagne für seine eigenen Zwecke mißbraucht.

(Der Redner schaltet das von ihm mitgebrachte Tonbandgerät ein und spielt den Anfang eines aufgezeichneten  Werbespots  ab.  Man  hört  die  mit  kindlicher  Stimme  gesprochenen Worte: "... Verkehrsminister im Fernsehen, mit der Aktion ,Null Promille‘, und meine Mutter hat ihn gesehen ..." – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Unruhe im Saal.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Sie sind am Wort – und nicht ein Tonband. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Unruhe im Saal.)

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (fortsetzend): Wenn das so ist, Herr Präsident, dann kann ich es Ihnen auch vorlesen. – Der Spot des Verkehrsministers lautet (der Redner ahmt den Tonfall des Sprechers aus dem Werbespot nach):

"Gestern war der Verkehrsminister im Fernsehen, mit der Aktion ‚Null Promille‘, und meine Mutter hat ihn gesehen!" (Allgemeine Heiterkeit. – Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) "Und sie hat gesagt: So ein fescher Mann! Und er ist so gescheit! Und von dem kannst du was lernen! Sag ich: von wem? Sagt sie: von Einem! Sag ich: Also, von wem jetzt? Sagt sie: Na, von Einem! Sag ich: Du merkst dir ja nicht einmal den Namen! Sagt sie: Ist ja egal! Hauptsache, du merkst dir: Null Promille, null Probleme – und aus!" (Allgemeine Heiterkeit. – Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen und demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister und liebe Kollegen von den Regierungsparteien! Ich darf Ihnen sagen, daß wir uns zu diesem Thema auch einen Spot haben einfallen lassen, und zwar mit etwas mehr Wahrheitsgehalt. Dieser Spot lautet (der Sprecher ahmt neuerlich den Tonfall des Sprechers aus dem oben zitierten Werbespot nach):

"Heute ist der Verkehrsminister im Parlament! Und ihm fällt zu den wirklichen Verkehrsproblemen schon wieder nichts ein! Auch wenn er den Kopf auf die Seite legt, fällt ihm trotzdem nichts ein! Er tut nur den Menschen Sand in die Augen streuen! ..." (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Dies ist der erste Ruf zur Sache!

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (fortsetzend): Letztlich will er nur die Opposition auf den Arm nehmen, und den Rechnungshof mit. (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen.) Das können wir uns in diesem Hause nicht gefallen lassen. (Der Redner fällt neuerlich in den Tonfall des Werbespots.) Deshalb werden wir heute einen Mißtrauensantrag einbringen – und aus! (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen. – Bravo!-Rufe der Abg. Madl.)

22.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. Ich erteile ihm zu den gegenständlichen Tagesordnungspunkten das Wort.

22.44

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Ofner: Jetzt wirst du dich anstrengen müssen! Du wirst es nicht leicht haben!) Kollege Meischberger! Das war eine peinliche Vorstellung, die Sie hier gegeben haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Das ist regierungsamtlich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es ist bedauerlich, meine Damen und Herren von der FPÖ (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist Regierungswerbung! Kennen Sie die Werbung nicht? Das ist die Werbung des Ministers!), daß Sie nicht zur Kenntnis nehmen, daß wir aufgrund der von Bundesminister Caspar Einem getragenen Aktion "Mehr Verkehrssicherheit" weniger Tote, weniger Verletzte, weniger Unheil in den Familien haben! (Abg. Dr. Graf: Wegen der Werbung?) Und das stellen Sie so polemisch dar! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Meischberger: Das ist ein Mißbrauch! Ein Mißbrauch von Steuergeldern!)

Kollege Meischberger! Sie sprachen von "Peanuts" im Zusammenhang mit der Arbeit im Ausschuß. – Da müssen sich doch alle Mitglieder des Verkehrsausschusses beleidigt fühlen! Wir haben tagelang über Verkehrssicherheit beraten. Wir haben auch in der letzten Ausschußsitzung sämtliche Themen angesprochen und diskutiert. Oder wollen Sie den Rosenstingl-Antrag bei jeder Sitzung behandeln? – Ich weiß es nicht. Ich glaube, Sie können vom Rosenstingl nicht genug bekommen. So scheint es mir zu sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte nur kurz zum Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Regelung der Donauschiffahrt Stellung beziehen.

Erstens: Wir freuen uns darüber, daß ein Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland zustande gekommen ist.

Zweitens freuen wir uns darüber, daß auch mit den Nachfolgestaaten der UdSSR beziehungsweise Exjugoslawiens Nachfolgerechtsverträge zustande gekommen sind und daß die Außerstreitstellung von Kroatien und Moldawien gegeben ist. Das ist für uns wesentlich.

Ich wünsche der Wasserstraße Donau für die Zukunft alles Gute, besonders als wichtige Verkehrsader für die Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße weg zu ökologisch vertretbaren Verkehrsträgern! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Sie sind doch an der Regierung! Sie sind doch kein Oppositionsabgeordneter! – Abg. Scheibner: Von 36 auf 18 Prozent, das ist lächerlich!)

22.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Barmüller. – Bitte.

22.46

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß das, was Herr Abgeordneter Meischberger uns hier vorgeführt hat, uns alle sehr nachdenklich stimmen sollte. Denn, Herr Bundesminister, Sie sehen, wie stark Menschen durch Werbung zu beeinflussen sind! (Heiterkeit beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.) Denken Sie an die Kampagne "Heiße Fracht" und lassen Sie sich das eine Lehre sein! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Was die Mastenmitbenützung anlangt, meine Damen und Herren, halten die Liberalen das für einen überregulierenden Eingriff. Wir glauben, daß das im Rahmen der Wirtschaft selbst gemacht werden kann, und wir sind auch überzeugt davon, daß wir im Ausschuß einmal ernsthaft darüber reden müssen, wie oft das Telekommunikationsgesetz noch geändert werden soll und wie weit es mit dem Wettbewerb in diesem Bereich wirklich her ist.

Das, was heute hier mit der Mastenteilung gemacht werden wird, werden wir jedenfalls nicht unterstützen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Ing. Meischberger: Das war der Pflichtverteidiger des Liberalen Forums!)

22.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fink. – Bitte.

22.47

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Meischberger hat eine Ausschußberichterstattung gebracht. In seiner Rede ist es darum gegangen, festzustellen, was nicht stattgefunden hat. Das zeugt bei ihm – um hier den von ihm selbst verwendeten Ausdruck zu gebrauchen – von Arroganz und Ignoranz, das ist von ihm selbst – wie er sich ausdrückte – Wahlwerbung.

Ich darf zu Meischberger folgendes sagen: Theophil Hansen hatte recht damit, das Parlament der Akropolis nachzubauen. Er hat zwei Theaters gemacht – eines für den Meischberger, auch wenn er damals noch nicht gewußt hat, daß der Meischberger überhaupt in dieses Theater kommt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Krüger: "Theaters"?! Du bist ein Theater! – Abg. Mag. Stadler: "Zwei Theaters"? – Haben Sie das noch gehört auf der Akropolis?)

Aber es geht hier um die Novelle zum Telekommunikationsgesetz, die bestimmte Netzbetreiber verpflichtet, Masten untereinander aufzuteilen, wenn dies technisch möglich ist. (Abg. Mag. Stadler: "Zwei Theaters"! Die "Redners" von der ÖVP!) Die bundeseinheitliche Regelung für die Mehrfachnutzung von Sendemasten tritt mit 1. Jänner 1999 in Kraft. (Abg. Mag. Stadler: Die "Redners" von der ÖVP!) – Ja, es ist leider so. Ihr könnt euch aufregen, wie ihr wollt. Schaut euch euren Meischberger an! Ja, es ist so! (Abg. Mag. Stadler: Die "Redners" von der ÖVP sind gute "Redners"!)

Das Telekom-Forum, ein Zusammenschluß der Handy-Betreiber, sieht das sogenannte Site-Sharing auch positiv. Falls die Betreiber nicht freiwillig kooperieren (Abg. Mag. Stadler: Mit den "Theaters" hat es angefangen, und jetzt hört es mit dem "Sharing" auf!), greift dieses Gesetz und wird von Nutzen sein. Durch dieses Gesetz werden die Handy-Betreiber verpflichtet, auf ihren Sendemasten auch die Montage von Sendeantennen der Konkurrenten zu dulden. (Abg. Madl: "Mitbewerber" heißt das!) – Egal, wie es heißt, es ist jedenfalls so, daß Sendemasten jetzt auch von anderen genutzt werden können.

Weltweit sind derzeit laut WHO ungefähr 200 Millionen Mobiltelefone im Einsatz. Im Jahre 2002 werden es ungefähr 750 Millionen sein. Es ist verständlich, daß die Angst der Bevölkerung aufgrund dieser Entwicklung zunimmt, nämlich die Angst, daß die elektromagnetischen Felder der Geräte gesundheitliche Auswirkungen haben könnten. Es wurde allerdings festgestellt, daß hinsichtlich der Handys keine Gefahr besteht und daß wir auch in den Ländern die Möglichkeit haben, den Anrainern eine entsprechende Parteistellung zu geben.

Wir werden diesem Telekommunikationsgesetz unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

22.50

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Zweifellos hinkt die hier laut Tagesordnung stattfindende verkehrspolitische Diskussion dem tagespolitischen Geschehen hinten nach.

Lassen Sie mich deshalb nur in stenographischer Form, also ganz kurz, einen Aspekt in den Mittelpunkt stellen, nämlich das Telekommunikationsgesetz mit seiner Novelle. Es handelt sich dabei um eine halbherzige Novellierung. Sie geht am Anliegen der Bevölkerung vorbei. Sie umfaßt keine Informationspflicht gegenüber der Bevölkerung darüber, daß Sendemasten aufgestellt werden. Deshalb werden wir sie ablehnen, und deshalb bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend Forschungsoffensive und Informationspflicht im Bereich der GSM-Basisstationen

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, Initiativen in Richtung verstärkter Forschungstätigkeit im Bereich biologische Effekte im Niedrigdosisbereich zu setzen.

2. Die Bundesregierung trifft in geeigneter Weise Vorsorge, daß die Bevölkerung rechtzeitig über die Errichtung von GSM-Basisstationen informiert wird.

*****

Herr Minister! Sie wollen immer die Position der Schwachen unterstützen. Seien Sie diesmal auf der Seite der Bevölkerung. Es geht um Information. Das Telekommunikationsgesetz verbietet jede Kommunikation. Das wollen wir nicht.

Information ist die Voraussetzung für Kommunikation. Das Gesetz soll den Titel "Kommunikationsgesetz" wirklich verdienen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich stelle fest, daß der Entschließungsantrag von Frau Abgeordneter Dr. Moser ordnungsgemäß eingebracht wurde. Er ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Seidinger. – Bitte.

22.52

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Es gibt fünf gute Gründe, das Amateurfunkgesetz zu beschließen.

Zum ersten geht es um die Anpassung der Rechtslage an die technischen Fortschritte, die seit der letzten Novellierung stattgefunden haben, wie Digitalisierung, Benutzungsbewilligung und so weiter.

Zum zweiten haben sich die Motive für die Nutzung geändert. Eine gestiegene Zahl der Nutzer von öffentliche Einrichtungen – Feuerwehr, Rettungsdienste und dergleichen – hat sich ergeben.

Zum dritten geht es um eine Verwaltungsvereinfachung durch Entfall des Zulassungsverfahrens zur Amateurfunk-Prüfung.

Viertens geht es um eine Liberalisierung durch die Herabsetzung der Altersgrenze von 16 auf 14 Jahre für die Erteilung einer Amateurfunk-Bewilligung und durch den Entfall der Altersgrenze als Voraussetzung für die Ablegung der Amateurfunk-Prüfung.

Beim fünften und letzten Beweggrund schließlich geht es um die Anpassung an internationale Vorgaben durch die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Anerkennung von im Ausland erteilten Amateurfunk-Bewilligungen und von im Ausland abgelegten Amateurfunk-Prüfungen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

22.53

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mich würde schon eines interessieren, Herr Präsident – und diese Frage richte ich an Sie –: Was ist Ihre Meinung zu dem Sachverhalt, daß Anträge, die auf der Tagesordnung des Verkehrsausschusses aufgeschienen sind – betreffend Brenner-Maut, Schutz Gesamtösterreichs vor dem Transitverkehr, Maut-Stretching, Wochenend- und Feiertags-Fahrverbot –, auf der auch damals schon bekannten Tagesordnung für die heutige Haussitzung bereits gefehlt haben?

Herr Präsident! Wer war so weitsichtig, wer konnte in die Zukunft schauen und feststellen, was bei dieser Sitzung, die damals noch gar nicht stattgefunden hatte, herauskommen wird? Darauf hätte ich gerne einmal eine Antwort, Herr Präsident: Wie kann es passieren, daß man die Ergebnisse einer noch nicht stattgefundenen Ausschußsitzung bereits kennt und aufgrund dieser Ergebnisse, die es noch nicht gibt, bereits die Tagesordnung für diese Haussitzung erstellt? – Herr Präsident, auf diese Antwort wäre ich sehr neugierig. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Maitz und Kopf.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit geraumer Zeit laufen bei dem so gescheiten und so sympathischen Herrn Verkehrsminister einige Dinge schief (Zwischenruf des Abg. Ing. Meischberger), und ich liste auf, was bei Ihnen alles schiefläuft, Herr Minister.

Im Telekommunikationsbereich regieren die Höchstgerichte, weil Ihre Anlaßgesetzgebung bereits zu unglaublich verworrenen Situationen geführt hat. Ich erinnere nur an die 1 800 Frequenzen (Abg. Parnigoni: Wie viele Frequenzen?), die jetzt das Höchstgericht beschäftigen. Zudem haben Sie es bis heute verabsäumt, die Anrainer der Sendeanlagen mit einem wirksamen Mitspracherecht auszustatten, Herr Minister. (Abg. Parnigoni: Herr Schweitzer! Wie viele Frequenzen?)

Ein weiteres Versäumnis: Herr Verkehrsminister! Sie haben das Nahverkehrs-Finanzierungsgesetz, das bereits seit fünf Jahren vorhanden sein sollte, noch überhaupt keiner Beschlußfassung zuführen können.

Der Bundesverkehrswegeplan, Herr Verkehrsminister, liegt bis heute nicht vor! Sie haben jetzt einen "Masterplan" vorgestellt, der selbst vom Koalitionspartner als völlig illusorisch und unfinanzierbar dargestellt wird.

Herr Verkehrsminister! Ebenso mißlingt Ihnen auf europäischer Ebene jeder Versuch, die Transitproblematik in den Griff zu bekommen. Der Transitvertrag ist völlig wirkungslos, weil die Kontrollen nicht durchgeführt werden können.

Herr Verkehrsminister! Österreich wurde aber wegen der Brenner-Maut verklagt, und die einzige Reaktion, die Sie bis jetzt gesetzt haben, war ein Kuhhandel mit Herrn Kommissar Kinnock, ein Handel, der unter dem Titel "Maut-Stretching" läuft und einmal mehr den Österreichern auf den Kopf fallen wird und einmal mehr für die Österreicher eine zusätzliche finanzielle Belastung bringt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich bin gespannt, ob sich Kollege Kukacka damit auseinandersetzen wird.

Aber Sie investieren – wie von Kollegen Meischberger, wie ich meine, hervorragend ausgeführt – Millionen an Steuergeldern in eine Werbekampagne, weil Sie gegen den Güterverkehr auf der Straße Werbung machen, den Sie selbst zu verantworten haben, weil Sie in Ihrem eigentlichen, ureigentlichen Aufgabenbereich nichts weiterbringen.

Es waren viele Punkte, bei denen Sie bis jetzt nichts zuwege gebracht haben, Herr Verkehrsminister!

Der Gipfelpunkt dieser sagenhaften Serie von Fehlleistungen – das wurde heute schon einmal diskutiert – ist Tagesgespräch in ganz Österreich, nur im Parlament wollen wir nicht darüber reden: daß Ihnen jetzt offiziell bestätigt wurde, daß Sie sinnlos Milliarden in ein Loch verpulvern, das niemandem einen Nutzen bringt, Herr Verkehrsminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist Ihnen von einer Expertengruppe, die zu dem Ergebnis gekommen ist, daß dieses Loch nicht gebraucht wird, jetzt schwarz auf weiß präsentiert worden!

Und Ihre Reaktion, Herr Verkehrsminister? – Es ist Ihnen alles egal! Es wird weitergebaut, solange die Höchstgerichte nicht ausdrücklich verfügen, daß der Bau eingestellt werden muß. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) Schlußendlich interpretieren Sie diesen Bericht als einziger Österreicher sogar als Zustimmung zu diesem Projekt! Ich habe in ganz Österreich niemanden getroffen, der auch zu dieser Interpretation gekommen ist. Ganz Österreich hat das richtig interpretiert und hat gesagt: Herr Verkehrsminister, das ist eine Fehlplanung.

Weil es hier also eine Summe von Verfehlungen gibt, Herr Verkehrsminister, sehen wir uns diesmal genötigt, einen Antrag betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Mag. Stadler und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes und § 55 Abs. 1 GOG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen entzogen."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Gleichzeitig wurde mir ein schriftliches Verlangen nach § 67 der Geschäftsordnung vorgelegt, wonach die unterzeichneten Abgeordneten verlangen, daß die Abstimmung über diese Entschließung, durch die Herrn Bundesminister Dr. Einem das Vertrauen versagt werden soll, auf den zweitnächsten Werktag zu vertagen ist.

Dies bedeutet, daß wir nicht nach Ende der Debatte über diesen Entschließungsantrag abstimmen werden und, da heute Donnerstag, der 26. November ist, auch nicht vor 27. November 24 Uhr und nicht nach 28. November 24 Uhr abstimmen können. Das heißt, nach § 67 der Geschäftsordnung ist im Laufe des Samstags zwischen 0 Uhr und 24 Uhr über diesen Entschließungsantrag abzustimmen.

Wir werden im Laufe des morgigen Tages – ich werde mit den Klubobmännern noch Kontakt aufnehmen – beraten, welche Uhrzeit wir hier hoffentlich einvernehmlich festsetzen.

Wir gehen in der Rednerliste weiter.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jakob Auer. – Bitte.

23.00

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon ein besonders starkes Stück, wenn der freiheitliche Abgeordnete Schweitzer sich hier zu diesem Rednerpult stellt und in Richtung Minister meint, daß manches schieflaufe. (Rufe bei den Freiheitlichen: "Manches"?) Herr Kollege Meischberger meinte sogar, von einem "Skandal" sprechen zu müssen – jemand, der selbst in einen Skandal mit Schmiergeldern und Fußballgeldern verwickelt war, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Abg. Motter.)

Wenn Sie sehen wollen, bei wem etwas schiefläuft, meine Damen und Herren, dann schauen Sie einmal in der FPÖ-Niederösterreich nach. Da hätten Sie genug Dinge herzurichten! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Absurd! Absurd! Nicht im Glashaus sitzen und mit Steinen werfen!)

Zum Telekom-Gesetz: Meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Stadler: Wann tritt Herr Habsburg zurück? Wann tritt Herr Habsburg zurück? – Ruf bei den Freiheitlichen: Kindern in der Dritten Welt Geld stehlen ...!) Ich bin enttäuscht, daß Kollege Barmüller meint, es sei nicht gut, daß quasi die Möglichkeit eingerichtet wird, daß die Masten von mehreren Betreibern benützt werden können. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller.) Ich sage ausdrücklich: Wer mit Rettungsdiensten, Feuerwehren und so weiter zu tun hat, kann dieses Gesetz nur begrüßen. Es bringt Effizienz, es bringt die Möglichkeit, Kosten zu sparen. (Abg. Mag. Barmüller: Kosten sparen können Sie ohne Gesetz auch!) Wir sollten diesem Gesetz daher unter allen Umständen die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang auch die Stellungnahmen, die ständig seitens der grünen Fraktion abgegeben werden. Es wird beklagt, daß die Anrainer zuwenig mitreden könnten. Es wird beklagt, daß die Masten die Landschaft verschandelten. Meine Damen und Herren, wer hat denn gerade im Zuge der Lambach-Debatte die Handys par excellence ausgenützt? – Ihr Freund von Global 2000, Lothar Lockl! Dieser hat in Lambach nichts anderes gemacht, als ständig über Handys die Einsätze der Grünen zu koordinieren, meine Damen und Herren. So wird sich das nicht spielen, daß man zwar per Handy telephonieren, aber die Masten nicht haben will. (Beifall bei der ÖVP.)

Wer diese Einrichtung braucht – und wir bekennen uns dazu –, wird sich auch dazu bekennen müssen, daß derartige Funkfrequenzstationen errichtet und betrieben werden können. Wir stimmen diesem Gesetz zu. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sigl. – Bitte.

23.03

Abgeordneter Robert Sigl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Beruhigung: Ich möchte über die geltende Norm über Funker-Zeugnisse sprechen, die vor über 30 Jahren per Verordnung eingeführt wurde.

Es ist evident, daß man im Zeitalter der Technologisierung auf technische Innovationen rasch und effizient reagieren muß, aber auch dazu braucht man die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen. Deshalb wurde der von uns zu behandelnde Gesetzentwurf so gestaltet, daß lediglich die Rahmenbedingungen für das Funker-Zeugniswesen festgeschrieben wurden und die näheren Ausgestaltungen dem Verordnungsgeber übertragen werden.

Die Neugestaltung der gesetzlichen Grundlage für Funker-Zeugnisse kann mit folgenden Schlagworten skizziert werden: liberaler, regionaler und verwaltungsschonender – liberaler durch den Wegfall der Ausbildungsbestätigung sowie der Verläßlichkeit als Voraussetzung für die Zeugnisausstellung, regionaler durch die Dezentralisierung der Prüfungen und der Ausstellung von Flugfunkzeugnissen zu den Behörden erster Instanz und verwaltungsschonender aufgrund der Vereinfachungen, die sich durch den Entfall des Verfahrens der Zulassung von Ausbildungsunternehmen, aber auch durch die Reduzierung der Zahl der Mitglieder der Prüfungskommissionen ergeben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Regierungsvorlage 1250 der Beilagen, Bundesgesetz betreffend Funker-Zeugnisse, wurde vom Verkehrsausschuß behandelt und unter Berücksichtigung der Abänderungsanträge der Abgeordneten Parnigoni und Kukacka einstimmig angenommen.

Ich ersuche Sie daher abschließend, Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf zu geben, um so dem Fortschritt im Funkwesen auch auf legislativer Ebene Rechnung zu tragen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

23.05

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Bundesminister! (Ruf bei der ÖVP: Wie viele Frequenzen waren das jetzt?) Ich möchte einige Sätze zum eingebrachten Entschließungsantrag der Freiheitlichen sagen.

Abgeordneter Schweitzer hat diesen Antrag eingebracht, und es war ja schon an seinen Ausführungen die "Qualität" dieses Antrags erkennbar. Denn wenn er davon spricht, daß – wie man auch nachlesen kann, nur steht es dort natürlich etwas anders – die Höchstgerichte im Bereich der Telekommunikation regieren und daß man um "1 800 Frequenzen" streitet, dann, meine Damen und Herren (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer) – na selbstverständlich –, ist erkennbar, welche Qualität dieser Antrag hat, nämlich keine! (Die Abgeordneten Mag. Schweitzer und Ing. Meischberger: Achtzehnhunderter-Frequenzen ...!) Herr Abgeordneter Schweitzer kennt sich da überhaupt nicht aus.

Tatsache ist, daß es in diesem Bereich, in dem es um sehr viel Geld geht – die Investitionen in ein solches Netz belaufen sich auf 12 Milliarden Schilling –, selbstverständlich zur Ausjudizierung eines Rechtsstandpunktes kommen kann.

Da Sie zur Nahverkehrsfinanzierung Stellung genommen haben: Es ist ganz klar, daß ein Gesetzeswerk, durch das die Länder gerne alle Macht hätten, der Bund aber alles zahlen soll, in der Begutachtung strittig ist.

Da Sie dem Verkehrsminister vorwerfen, daß der Bundesverkehrswegeplan nicht zeitgerecht vorliegt, sage ich dazu nur: Einem ist erst seit eineinhalb Jahren Minister und hat immerhin nach eineinhalb Jahren Amtszeit als Verkehrsminister den "Masterplan" vorgelegt, und der wurde in der Regierung beschlossen. Es kann also nicht stimmen, daß das Wirtschaftsministerium davon nicht informiert gewesen ist.

Das, was Sie zum Thema Bewältigung der Transitproblematik argumentieren, ist völlig falsch, denn das elektronische Ökopunktesystem funktioniert. Daß jemand, der bei der Vergabe den kürzeren gezogen hat, dann den Rechtsweg beschreitet, ist eine andere Sache.

Bei der Frage Brenner-Maut haben wir das Problem, daß unser Koalitionspartner bis jetzt ein LKW-Road-Pricing leider noch nicht akzeptiert hat. Ich weiß allerdings, daß die ASFINAG diesbezüglich ihre Vorbereitungen getroffen hat, und ich bin überzeugt davon, daß auch die ÖVP den richtigen Weg gehen und das LKW-Road-Pricing (Abg. Dr. Lukesch: Was hat das mit der Brenner-Maut zu tun?) sehr rasch umsetzen wird.

Was die Werbekampagne betrifft, so richtet sich diese, Kollege Schweitzer, nicht gegen den Güterverkehr als solchen (Abg. Dr. Lukesch: Sie kennen sich überhaupt nicht aus! Was hat das mit der Brenner-Maut zu tun?), sondern sie ist darauf ausgerichtet, daß man den Güterverkehr auf die Schiene verlagert. Das ist ein verkehrspolitisches Ziel, hinter dem wir voll stehen. (Abg. Dr. Lukesch: Sie streiten doch die ganze Zeit!) – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kukacka. – Bitte.

23.08

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Meischberger hat davon gesprochen, daß sich im Ausschuß ein "Skandal" abgespielt habe. Davon kann überhaupt keine Rede sein. Wenn wir Anträge der Freiheitlichen vertagen, dann ist das kein Skandal, sondern es liegt nur im Interesse dieser Anträge, denn sie werden zu einem Zeitpunkt diskutiert werden, der wirklich relevant sein wird für diese Themen, nämlich zu einem Zeitpunkt, zu dem der Rechnungshofbericht zum Thema Semmering-Basistunnel bereits vorliegt. Dieser lag damals noch nicht vor, jetzt liegt er vor, und jetzt werden wir dann darüber diskutieren, Herr Kollege. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Der "Masterplan" – Sie haben recht – ist bei Gott kein Meisterplan, und wir haben sehr viele kritische Einwände dazu. Aber es ist jetzt nicht der Zeitpunkt, ihn zu diskutieren, sondern wir diskutieren ihn dann, wenn die Stellungnahmen des Wirtschaftsministeriums, der Bundesbahn sowie der Länder dazu vorliegen. Dann werden wir diesen "Masterplan" diskutieren, dann werden wir ihn auf die Waagschale legen, und dann werden wir ja sehen, was er wiegt. Derzeit wiegt er jedenfalls zu leicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Thema Maut werden wir reden – und noch öfter als einmal –, wenn die Vertragsverhandlungen der Schweiz mit der Europäischen Union abgeschlossen sind, denn das hat ganz wichtige Auswirkungen auf uns. Derzeit gibt es keine neuen Fakten. Wenn aber neue Fakten vorliegen, die wichtig sein werden für uns und für Österreich und für die Konsequenzen unserer Verkehrspolitik, dann werden wir selbstverständlich darüber diskutieren.

Herr Kollege Meischberger! Sie haben gesagt, daß mit der heutigen Diskussion des Amateurfunkgesetzes und des Funker-Zeugnisgesetzes über "Peanuts" geredet werde. Dazu sage ich Ihnen: Jawohl, es gibt wichtigere Gesetze – aber daß das niemanden interessiert, ist wirklich nicht richtig! Das ist eine Abqualifizierung jener Gruppen der Gesellschaft, für die diese Gesetze sehr wohl sehr wichtig sind. Deshalb ist es auch wichtig und notwendig, daß wir heute darüber diskutieren und das beschließen. (Beifall bei der ÖVP.)

Kurz zu Ihrem Entschließungsantrag: Wir sind – damit das auch klargestellt ist – mit der konkreten Realisierung und mit der Umsetzung des Semmering-Basistunnels nicht einverstanden. Wir sind der Meinung, daß in diesem Zusammenhang sehr viele Fehler und Versäumnisse begangen wurden. Darüber werden wir auch noch zu diskutieren haben. Und all jene, die dafür politische Verantwortung tragen, werden das in der Öffentlichkeit auch klar und deutlich einbekennen müssen.

Wir von der ÖVP nehmen den Rechnungshofbericht jedenfalls sehr ernst, und wir werden ihn daher ernsthaft diskutieren. Denn er stellt in einer gewissen Weise auch einen Mängelkatalog sozialdemokratischer Verkehrspolitik dar, an der nicht ein, sondern bereits vier Verkehrsminister beteiligt waren beziehungsweise sind. Und wir sehen es als besonders gravierend an, daß wichtige Entschließungsanträge des Nationalrates zu diesem Thema von diesen Verkehrsministern nicht eingehalten wurden! Und das werden wir sehr kritisch hinterfragen! (Beifall und Bravo!-Rufe bei der ÖVP.)

23.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Firlinger. Restredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

23.12

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn Abgeordneter Kukacka es so bedauert, daß in der Verkehrspolitik nichts weitergeht, dann frage ich mich, warum er ständig mit diesem Minister stimmt! Und dann frage ich mich auch, warum Abgeordneter Khol hier herausgeht und den Minister umarmt, gleichzeitig aber in der "Kronen Zeitung" Stimmung gegen diesen Minister macht. (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Herr Kollege Khol, da stimmt doch etwas nicht!

Meine Damen und Herren! Dieser "Masterplan" wäre es wohl wert gewesen, im Ausschuß diskutiert zu werden. Die drei armseligen Seiten, die Verkehrsminister Einem präsentiert hat, sind wohl das Papier nicht wert, auf dem dieser "Masterplan" – was immer das heißen soll – geschrieben steht!

Meine Damen und Herren! Die "Kronen Zeitung" hat heute vollkommen richtig getitelt: "Was Einem sagt, das ist alles falsch ...". Und darum, meine Damen und Herren, ist unser Mißtrauensantrag gegen Bundesminister Einem gerechtfertigt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber auch Herr Kollege Khol und Herr Kollege Kukacka sollten einmal in ihrer Partei in ihren eigenen Reihen ein bißchen kehren und reinmachen! Denn es genügt auch nicht, Herr Kollege Kukacka, daß Sie hier sagen: Darüber muß man diskutieren, es ist alles völlig falsch. – Wer spricht Landeshauptfrau Klasnic einmal ordentlich ins Gewissen? Denn das, was diese Dame an den Tag legt, ist alles andere als eine faire und saubere Verkehrspolitik! Frau Klasnic hat nämlich ein Geheimgutachten bei der Firma Price Waterhouse bestellt, weil sie der Meinung war, daß dieser Semmering-Basistunnel die steirische Wirtschaft kolossal beflügeln werde.

Herr Kollege Verkehrssprecher von der ÖVP! Jetzt liegt diese Studie vor, und es wird klar, daß dabei nichts herausschauen wird! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie können sich jetzt mokieren. Ich habe Einsicht in diese Studie genommen, und es geht daraus eindeutig hervor, daß da für die steirische Wirtschaft nichts herausschaut. Es ist ein einziges Armutszeugnis! Und daher ist auch dieser Rettungsversuch in bezug auf den Semmering-Basistunnel ein Schuß ins Knie gewesen; er ging ins Leere! Daher sind diese Verkehrspolitik und die Frau Landeshauptfrau am Ende. Daher ist auch dieser Minister am Ende, und daher ist dieser Mißtrauensantrag mehr als gerechtfertigt. Ich bitte Sie: Machen wir diesem bösen Spiel ein Ende! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher ist die Debatte geschlossen.

Der Wunsch auf ein Schlußwort seitens der Berichterstatter liegt mir nicht vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die einzelnen Anträge getrennt vorgenommen wird. – Ich bitte um Aufmerksamkeit!

Zuerst stimmen wir ab über den Gesetzentwurf betreffend das Amateurfunkgesetz 1998 samt Titel und Eingang in 1497 der Beilagen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung ihre Zustimmung erteilen, ein Zeichen geben. – Dies ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß die Vorlage in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen wurde.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Funker-Zeugnisgesetz 1998 samt Titel und Eingang in 1498 der Beilagen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung zustimmen, ein Zeichen geben. – Das ist in zweiter Lesung einstimmig beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß die Vorlage in dritter Lesung einstimmig angenommen wurde.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages betreffend das Zusatzprotokoll vom 26. März 1998 zum Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau samt Unterzeichnungsprotokoll in 1220 der Beilagen zu genehmigen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diese Genehmigung zum Ausdruck bringen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Genehmigung erfolgt einstimmig.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend die zweite TKG-Novelle samt Titel und Eingang in 1468 der Beilagen.

Auch hier darf ich bitten, daß die Damen und Herren, die dieser Vorlage in zweiter Lesung zustimmen, ein Zeichen geben. – Dies ist mit Mehrheit in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß diese Vorlage in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen wurde.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht in 1496 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Entschließung, die dem Ausschußbericht beigedruckt ist, zustimmen, ein Zeichen zu geben. – Diese Entschließung ist mit Mehrheit angenommen. (E 149.)

Wir kommen als nächstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Forschungsoffensive und Informationspflicht im Bereich der GSM-Basisstationen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist die Minderheit, daher ist der Entschließungsantrag abgelehnt.

Was den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Mag. Stadler und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betrifft, habe ich bereits darauf hingewiesen, daß die Abstimmung nicht jetzt stattfindet, sondern daß diese am zweitnächsten Werktag zu erfolgen hat. Das heißt, es ist – um das noch einmal klarzustellen – am 28. November zwischen 0 und 24 Uhr über diesen Mißtrauensantrag namentlich abzustimmen. (siehe 151. Sitzung des NR, S. 14ff.)

17. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 924/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Johannes Jarolim und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht geändert wird (1483 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nunmehr gelangen wir zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Es liegt mir dazu eine Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Krüger vor. – Es steht aber keine Redezeit mehr zur Verfügung. Daher gibt es keine Wortmeldung.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1483 der Beilagen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, dies durch ein Zeichen bekunden. – Die Vorlage ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Ich stelle fest, daß der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen wurde.

*****

Was die Beratung über den Zeitpunkt der Abstimmung des Entschließungsantrages der Freiheitlichen betrifft, habe ich mich vergewissert, daß es sinnvoll ist, für morgen um 10.45 Uhr eine kurze Präsidialsitzung anzuberaumen. Kollege Dr. Neisser wird während dieser Zeit den Vorsitz führen.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 942/A bis 963/A eingebracht wurden und die Anfragen 5225/J bis 5271/J eingelangt sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für morgen, Freitag, den 27. November, um 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung liegt schriftlich vor und ist im Saal verteilt worden.

Die morgige Sitzung wird mit einer Fragestunde beginnen.

Die heutige Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 23.23 Uhr