Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 179. Sitzung / 167

Opfern von der Republik Österreich erpreßt und erniedrigt. Anders ist die Vorgangsweise im Zusammenhang mit den berechtigten Ansprüchen von Maria Altmann als Erbin der Sammlung Bloch-Bauer nicht zu bezeichnen.

Sie haben ja auch die Gelegenheit, Herr Staatssekretär, und auch die Kolleginnen und Kollegen, nachzulesen, wie das von Juristen beurteilt wird. Diese Vorgangsweise ist lupenreine Erpressung. Ich meine, daß genau in dem Moment, in dem das Bundesarchivgesetz, das auch eine nicht unwesentliche Geste der Republik Österreich in bezug auf die Aufarbeitung der jüngeren Geschichte darstellt, beschlossen wird, darauf hinzuweisen ist. Es wäre ein leichtes, das Rückstellungsgesetz zu präzisieren und Klarstellungen vorzunehmen.

Es ist noch keine inhaltliche Bewertung, wer recht und wer unrecht hat, wenn man die Forderung aufstellt, einfach das AVG für das Rückstellungsgesetz anwendbar zu machen. Dieser Weg wurde, wie wir jetzt alle wissen, damals bewußt nicht gegangen. Hätten wir uns damals dafür entschieden, dann hätte heute nämlich Maria Altmann Parteienstellung im Verfahren. So ist sie zu einer bloßen Bittstellerin degradiert und kann nicht Einfluß nehmen auf das, was ihr rechtlich zustehendes Erbe ist.

Den gewählten Weg halte ich in dem gesamten bisherigen Verfahren für eine nicht adäquate Handlungsweise, und ich bitte Sie, Herr Staatssekretär, jetzt in erster Linie auf Frau Ministerin Gehrer dahin gehend einzuwirken, daß sie dafür sorgen möge, daß damit nicht die internationale Reputation, die sich Österreich durch die im Zusammenhang mit der Historikerkommission zuvor genannte Vorgangsweise und das diesbezügliche Gesetz erworben hat, in der Sache der Rückstellung der Bloch-Bauer-Sammlung und der Klimt-Bilder in Frage gestellt wird. Noch ist es nicht zu spät, noch kann man da Korrekturen vornehmen. Aber wenn nichts dergleichen geschieht, Herr Staatssekretär, dann befürchte ich, daß sehr viel von der Arbeit der letzten Monate umsonst gewesen ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Einen Antrag haben Sie nicht eingebracht, Frau Abgeordnete.

Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Morak. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.06

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte erstens darauf hinweisen, daß ich einer der ersten war, der auf die Notwendigkeit eines Archivgesetzes hingewiesen hat, und zwar sowohl hier im Hohen Haus als auch in der Presse.

Zweitens: Ein Archivgesetz bezieht seine Aktualität natürlich nicht nur aus der Historikerkommission, aber sehr wohl auch, aber vor allem aus der Notwendigkeit heraus, daß wir auf die Suche nach unserem Geschichtsbewußtsein gehen – das ist hier in diesem Land immer angesagt – und auf die Suche nach unserer Identität. Es ist über allem natürlich auch eine Anpassung an die europäischen Standards zur Bewahrung und Nutzung der Archive.

Das Archivgesetz ist aber auch notwendig geworden, damit der Zugriff der Wissenschaft auf die Archivalien aufrecht bleibt beziehungsweise geschaffen wird, der durch die heute beschlossene Datenschutzregelung wesentlich eingeschränkt worden wäre.

Zu sehen ist dieses Archivgesetz aber auch im Zusammenhang mit dem Denkmalschutzgesetz, das vorsieht, daß bei Gefahr in Verzug Firmenarchive gesichert werden können. Es geht dabei primär um die Rolle staatsnaher Betriebe, und dies vor allem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Es ist heute schon des öfteren vermerkt worden, daß sich das vorliegende Archivgesetz ausschließlich mit den Archiven des Bundes beschäftigt und auf diese bezieht und die Chance, ein für alle Archive gültiges Bundesgesetz zu kreieren, leider vertan wurde. Man muß schon sagen: Die für die dafür zuständigen Ressorts Verantwortlichen haben da einem alten föderalistischen


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