Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 42

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Moser. ) Ich denke, er würde sagen: Lassen wir das! Lassen wir das in der Praxis doch einfach so durchgehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Lieber Kollege Moser! Der Praktiker in dir ist vielleicht mittlerweile abhanden gekommen, aber ich meine, das ist ein gutes Argument und ein Beispiel, das zeigt, daß diese beiden Dinge im Grunde nicht zu trennen sind. (Abg. Kiss: Wo hat der sein Handwerk gelernt?)

Meine Damen und Herren! Ich möchte auf den Standpunkt der Grünen gar nicht mehr näher eingehen. Aber ich möchte Sie, Frau Kollegin Kammerlander, schon fragen: Wem gegenüber wollen Sie denn die Neutralität, die Sie so gerne in den Vordergrund rücken, bei einem Einsatz in Albanien ausüben? Wem gegenüber wollen Sie denn neutral sein? – Den Geplünderten gegenüber, den Räubern gegenüber, den Mördern gegenüber? (Abg. Mag. Kammerlander: Es fragt sich nur, wo die Räuber sitzen!) Wie wollen Sie sich neutral verhalten? – Neutralität ist in diesem Zusammenhang nicht das richtige Wort. Einsatz vor Ort, Friedenssicherung, das sind die richtigen Bezeichnungen für diese Maßnahme. Daher werden wir diesem Entwurf gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.

11.14

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Herr Klubobmann Khol muß schon Gott anrufen, damit er diese Debatte halbwegs heil übersteht. Herr Kollege Khol! Bei soviel eigenartiger Argumentation, die Ihre Fraktion in den letzten zwei Tagen zu dem Thema Neutralität hier geboten hat, müssen Sie wirklich Gott anrufen, um diese Tage überstehen zu können. Das verstehe ich.

Sie alle wundern sich darüber, daß die Grünen den Standpunkt vertreten, daß mit diesem Gesetz die Neutralität entsorgt würde. Es ist mir klar, daß Sie von der Regierungskoalition das nicht sehen wollen. Es ist mir völlig klar, weshalb ÖVP und SPÖ sagen: Das stimmt nicht. Denn wenn Sie das so sehen könnten, dann hätten Sie ja das Gesetz oder einiges in diesem Gesetz anders formuliert.

Herr Kollege Schieder! Aus welchen Beweggründen Sie auch immer meinen mögen, das sei günstig, muß ich doch darauf hinweisen, daß Sie zum Beispiel erst jüngst beim Parteitag wieder an der Neutralität festgehalten und beschlossen haben, daß Österreich auf absehbare Zeit keinem Militärpakt beitreten soll. Dann aber beschließen Sie hier ein Gesetz mit, das ohne Zweifel – und auch ohne Ihren Widerspruch – alle Eventualitäten abdecken soll. Dieses Gesetz soll – das ist im Ausschuß ganz offen diskutiert worden (Abg. Schieder: Das ist doch keine Beistandspflicht nach § 51!) – alle Eventualitäten abdecken, angefangen damit, daß Österreich zwar jetzt neutral ist, bis zu jener Eventualität, daß Österreich irgendwann einmal einem dieser Militärbündnisse WEU oder NATO beitritt. Es ist klar: Sie müssen hier offensichtlich entsprechend den Beschlüssen Ihres Parteitages einen ganz besonderen Hochseilakt aufführen.

Die Neutralität kommt im Gesetzestext gar nicht mehr vor! Sie haben hier Ihre Finger bemüht, um bis elf zu zählen. Das ist der Punkt: Der Begriff Neutralität, der Hinweis darauf, daß eine der wesentlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs die Neutralität ist, taucht nur mehr in den Erläuternden Bemerkungen auf. Vorne steht: unter Bedachtnahme auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen. Im Gesetzestext werden dann zwei Verpflichtungen aufgezählt, nämlich jene der UNO und jene der Schlußakte von Helsinki. Was wir kritisieren, ist, daß eine der wesentlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen, nach denen sich in der Außenpolitik Österreichs sehr viel zu richten hat, nämlich die Verpflichtung zur Neutralität, nicht erwähnt wird. Sie wird nur in den Erläuternden Bemerkungen erwähnt.

Es steckt doch wohl etwas dahinter, wenn in dem alten Entsendegesetz "unter Bedachtnahme der immerwährenden Neutralität" steht, aber in einem neuen Entsendegesetz diese wesentliche Verpflichtung nur mehr als Erläuterung vorkommt. Irgend etwas müssen Sie sich wohl dabei


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